17. Wahlperiode 10.10.2017 17/17778 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian Streibl FREIE WÄHLER vom 04.05.2017 Klöster in Bayern Ich frage die Staatsregierung: 1. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, wie viele Klöster es aktuell in Bayern gibt (Stand: 01.04.2017), in denen noch Ordensangehörige leben? 2. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, wie viele Menschen bei diesen Klöstern bzw. den Einrichtungen/ Unternehmen dieser Klöster beschäftigt sind? 3. Wie hoch sind die Ausgaben, die der Freistaat Bayern für diese Klöster zu leisten hat, bitte aufgeschlüsselt nach • den einzelnen Jahren seit 2012, • Ausgaben für den Erhalt der Immobilien und • Ausgaben für das Personal (weltliches bzw. geistliches Personal)? 4. Welche zusätzlichen Ausgaben kämen auf die öffentliche Hand (Bund, Land, Landkreis, Gemeinden) zu, wenn die Klöster mittelfristig ihre Aufgaben im Bildungsbereich nicht mehr leisten würden? 5. Wie viele Schülerinnen und Schüler wurden, bitte aufgeschlüsselt nach den einzelnen Schularten, seit dem Schuljahr 2000/2001 an klösterlichen Schulen zum jeweiligen Schulabschluss geführt? 6. In welchem Maße tragen die einzelnen bayerischen Klöster zur Stärkung des Tourismus in der jeweiligen Region bei? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. Antwort des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 28.06.2017 Die Schriftliche Anfrage wird in Abstimmung mit dem Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie wie folgt beantwortet: 1. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, wie viele Klöster es aktuell in Bayern gibt (Stand: 01.04.2017), in denen noch Ordensangehörige leben? Die Beantwortung der Frage ist nur in begrenztem Umfang möglich. Dies hängt zum einen mit der Unschärfe des Begriffs „Kloster“ zusammen, zum anderen mit dem eingeschränkten Bestand der dem Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst (StMBW) vorliegenden Daten. Eine einheitliche Terminologie besteht nicht. Das innerkirchliche Gesetzbuch der Römisch-Katholischen Kirche, der Codex Iuris Canonici, verwendet die Begriffe „Institute des geweihten Lebens“ und „Gesellschaften des apostolischen Lebens“. Das Sozialgesetzbuch VI (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3) spricht im Zusammenhang mit der Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Rentenversicherung von satzungsmäßigen „Mitgliedern geistlicher Genossenschaften, Diakonissen und Angehörigen ähnlicher Gemeinschaften“. In Art. 26a des Bayerischen Kirchensteuergesetzes werden „Orden und ähnliche Vereinigungen“ behandelt. Welche organisatorischen Teile eines Ordens oder einer ordensähnlichen Vereinigung (Häuser, Niederlassungen) als „Kloster“ bezeichnet werden können, lässt sich angesichts der bestehenden Vielfalt an Organisationsformen nicht allgemeingültig feststellen. Die die Ordensgemeinschaften betreffenden Akten des StMBW wurden am Ende des Zweiten Weltkriegs zerstört. In der Folgezeit wurde versucht, verlorene Informationen wiederzugewinnen und Unterlagen über die Ordensgemeinschaften zu beschaffen. Somit liegen dem Staatsministerium vereinzelt Kopien älteren Schriftguts und Akten aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg vor. Bei den Bemühungen um eine Übersicht über die Gemeinschaften, die Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, hat sich ergeben, dass derzeit bei 154 römisch-katholischen Ordensgemeinschaften , Ordensprovinzen, Niederlassungen, Abteien, Klöstern und Instituten davon auszugehen ist, dass sie in Bayern den Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts besitzen (90 im Bereich der Frauenorden und 64 im Bereich der Männerorden). Rechtlich unselbstständige Niederlassungen dieser Körperschaften werden dabei ebenso wenig umfasst wie Ordensgemeinschaften, die keine Körperschaften des öffentlichen Rechts sind. Erfasst als Körperschaften des öffentlichen Rechts sind ferner zwei evangelisch-lutherische Diakonissenanstalten/Diakoniewerke und eine evangelischlutherische Communiät. Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/17778 2. Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse vor, wie viele Menschen bei diesen Klöstern bzw. den Einrichtungen /Unternehmen dieser Klöster beschäftigt sind? Hierzu liegen der Staatsregierung keine Zahlen vor. 3. Wie hoch sind die Ausgaben, die der Freistaat Bayern für diese Klöster zu leisten hat, bitte aufgeschlüsselt nach • den einzelnen Jahren seit 2012, • Ausgaben für den Erhalt der Immobilien und • Ausgaben für das Personal (weltliches bzw. geistliches Personal)? Ordensgemeinschaften als solche erhalten vom Freistaat Bayern keine Staatsleistungen. Daher werden für das weltliche oder geistliche Personal keine staatlichen Ausgaben geleistet. Verpflichtungen zur baulichen Unterhaltung von Gebäuden, die von Ordensgemeinschaften genutzt werden, bestehen nur bei solchen, deren Eigentümer der Freistaat Bayern ist (staatseigene Klosteranlagen). Die Ausgaben hierfür sind in der beigefügten Tabelle 1 dargestellt. Die Ausgaben für die bauliche Unterhaltung von staatseigenen Klosteranlagen, die einem Orden oder sonstigen Dritten durch einen Mietvertrag überlassen wurden, sind in dieser Aufstellung nicht enthalten. Wie andere Antragsteller auch können Ordensgemeinschaften , Ordensprovinzen, Niederlassungen, Abteien, Klöster und Institute jedoch als Träger von (geförderten) Einrichtungen (z. B. Schulen, Krankenhäuser etc.) in den Genuss öffentlicher Zuwendungen kommen. Eine gesonderte Erfassung der Zuschüsse an diese Gemeinschaften erfolgt nicht, so dass sich die Frage insoweit nicht beantworten lässt. Darüber hinaus können die genannten Gemeinschaften für ihre denkmalgeschützten Gebäude Zuwendungen aus dem Entschädigungsfonds nach dem Denkmalschutzgesetz erhalten. Tabelle 2 enthält eine Übersicht über die Instandsetzungsmaßnahmen , für die im genannten Zeitraum Zuwendungen aus dem Entschädigungsfonds nach dem Denkmalschutzgesetz geleistet worden sind. 4. Welche zusätzlichen Ausgaben kämen auf die öffentliche Hand (Bund, Land, Landkreis, Gemeinden) zu, wenn die Klöster mittelfristig ihre Aufgaben im Bildungsbereich nicht mehr leisten würden? Soweit Schülerinnen und Schüler, die bisher eine Ersatzschule in Trägerschaft eines Ordens besuchen, künftig eine öffentliche, d.h. staatliche oder kommunale Schule besuchen würden, obläge die Tragung des Personal- und Schulaufwands entsprechend der Zuordnung im Bayerischen Schulfinanzierungsgesetz (insbes. Art. 6, 8 und 15 Bay- SchFG) dem Freistaat Bayern (Personalaufwand bei staatlichen Schulen) sowie den jeweils zuständigen Kommunen (Schulaufwand bei staatlichen und kommunalen Schulen, zudem Personalaufwand bei kommunalen Schulen). Im Gegenzug entfielen für diese Schüler Leistungen der staatlichen Privatschulfinanzierung. Eine Angabe etwaiger Kosten ist nicht möglich, da zum einen die Schülerzahl an klösterlichen Schulen nicht differenziert erfasst wird (vgl. unten die Antwort zu Frage 5) und zum anderen der Status der ersatzweise besuchten Schulen (insbes. öffentliche Schule oder wiederum Ersatzschule) Kostenträger und Zuschussströme beeinflusst. Einzige Hochschule in der Trägerschaft eines Ordens ist die Hochschule für Philosophie in München, deren Träger die Deutsche Provinz der Jesuiten (Körperschaft des öffentlichen Rechts) ist. Sie erhielt im Jahr 2016 staatliche Zuschüsse in Höhe von insgesamt 650.400– Euro. Demgegenübersteht ein Gesamtaufwand von mehr als 3,1 Mio. Euro. Geht man von der Differenz zwischen den beiden Zahlen aus, so kämen auf die öffentliche Hand zusätzliche Ausgaben i. H. v. rd. 2,5 Mio. Euro zu, wenn der Träger seine Aufgaben nicht mehr leisten könnte. 5. Wie viele Schülerinnen und Schüler wurden, bitte aufgeschlüsselt nach den einzelnen Schularten, seit dem Schuljahr 2000/2001 an klösterlichen Schulen zum jeweiligen Schulabschluss geführt? In den Amtlichen Schuldaten wird bei Schulen in kirchlicher Trägerschaft nicht zwischen Schulen mit einem Orden, einer kirchlichen Stiftung oder einer sonstigen kirchlichen Einrichtung als Träger unterschieden. Wie viele Schülerinnen und Schüler an klösterlichen Schulen zum Schulabschluss geführt wurden, lässt sich im Rahmen der amtlichen Schulstatistik somit nicht beantworten. 6. In welchem Maße tragen die einzelnen bayerischen Klöster zur Stärkung des Tourismus in der jeweiligen Region bei? Die bayerischen Klöster erfüllen unterschiedliche Funktionen für den Tourismus. Sie sind zunächst ein elementarer Bestandteil des Landschaftsbildes und wirken als typische Sightseeing-Punkte attraktiv für Touristen. Als äußeres Zeichen prägen Klöster auch das Image der bayerischen Regionen und können dadurch die Aufmerksamkeit der Besucher auf die jeweilige Urlaubsdestination lenken. Darüber hinaus erfüllen Klöster ein vertieftes kulturtouristisches Interesse anspruchsvollerer Besucher. Seit jeher sind Klöster zudem Orte der religiösen Einkehr und Ziel von Pilgern und Wallfahrern. Zum Teil geht mit den Klöstern auch ein gastronomischer Betrieb einher, in dem bayerische Produkte und Spezialitäten zum Nutzen der ganzen Urlaubsregion angeboten werden und das touristische Erlebnis abrunden. Diese Reisemotive im Zusammenhang mit den Klöstern bieten die Chance, unterschiedliche Gästegruppen zu erschließen, konkrete Urlaubsangebote zu entwickeln und die Zahl der Besucher und Übernachtungen in den Regionen zu erhöhen. Die Bayern Tourismus Marketing GmbH als Landesmarketingorganisation bindet seit Ende des Jahres 2015 Teile der Klosterlandschaft im Rahmen der Produktlinie „stade Zeiten“ intensiv in ihre Marketingarbeit für das Urlaubsland Bayern ein. Klöster werden als Orte der Stille, der Besinnung und der Entschleunigung beworben und mit vielfältigen Angeboten für spirituelles Reisen gebündelt, von der Auszeit im Kloster bis hin zu Pilgerreisen. Davon profitieren gerade die ländlichen Räume in Bayern, die mit ihren Klöstern als Ganzjahresdestinationen für spirituelles Reisen und Entspannungsurlaub gestärkt werden. Drucksache 17/17778 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Anlage 1 Tabelle 1 Zusammenstellung der „Netto“-Ausgaben des Freistaates Bayern für die staatseigenen Klosteranlagen in Bayern (Kostenerstattungen und pauschalierte Bauunterhaltskostenbeiträge berücksichtigt} Jahr 2012 2013 2014 2015 2016 Karmelitenkloster Oberaudorf-Reisach (Oberbayern) 2.762,41 26.482,92 133.128,26 14.962,36 7.956,79 München Priesterhaus der Jesuiten bei St. Michael * (Oberbayern) 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 München Priesterhaus der Dominikaner St. Kajetan bei der Theatinerkirche * (Oberbayern) 0,00 0,00 0,00 0,00 0,00 Franziskanerkloster Dietfurt (Oberpfalz) 483,14 –103.822,97 81.063,38 99.920,34 27.109,76 Franziskanerkloster Marienweiher (Oberfranken) –5.124,41 159.180,97 381.193,78 11.197,11 514,36 Franziskanerkloster Gößweinstein (Oberfranken) 4.109,19 3.694,06 –6.475,09 –13.049,62 –12.821,01 Franziskanerkloster Vierzehnheiligen (Oberfranken) 0,00 10.373,35 1.872,56 5.950,00 22.120,16 Benediktinerabtei Ottobeuren** (Schwaben) 474.318,67 1.649.117,42 1.039.719,02 669.705,17 751.713,62 gesamt: 476.549,00 1.745.025,75 1.630.501,91 788.685,36 796.593,68 * Im Betrachtungszeitraum wurden keine gesonderten Ausgaben für den als „Kloster“ genutzten Teil der jeweiligen Liegenschaft erfasst. Nachdem beim Bauunterhalt zwischen dem Kirchengebäude und dem Priesterhaus nicht getrennt wird, kann aber nicht ausgeschlossen werden, dass im Rahmen des Bauunterhalts Mittel verausgabt worden sind, die zulasten des Bauunterhalts des jeweiligen Kirchengebäudes verbucht wurden. Eine genaue Ermittlung wäre nur unter großem Aufwand möglich (Einzelkontrolle der Auszahlungsbelege). ** Die Zahlen umfassen alle Bauausgaben (Bauunterhalt und Anlage S). Beim Bauunterhalt wäre eine Trennung zwischen Kloster und Kirchengebäude nur unter großem Aufwand möglich (Einzelkontrolle der Auszahlungsbelege) Tabelle 2 Übersicht über Zuschüsse aus dem Entschädigungsfonds Jahr 2012 2013 2014 2015 2016 Speinshart, Prämonstratenser-Abtei {Oberpfalz) 1.900.000,00 Kelheim, Kloster Weltenburg (Niederbayern) * 760.000,00 350.000,00 Kammeltal, Kloster der Dominikanerinnen zur HI. Rosenkranzkönigin (Schwaben) 120.000,00 Eresing, Erzabtei St. Ottilien (Oberbayern} 120.000,00 Thyrnau, Zisterzienserinnen-Abtei St. Josef (Niederbayern) 540.000,00 gesamt: 2.660.000,00 120.000,00 0,00 1.010.000,00 0,00 * 2015 Nachfinanzierung Anlage 2