Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ruth Müller SPD vom 16.06.2017 Therapeutische Erstversorgung an bayerischen Traumaambulanzen An den Zentren Bayern Familie und Soziales (ZBFS), welche für die Durchführung des Opferentschädigungsgesetzes verantwortlich sind, wurden in Zusammenarbeit mit psychiatrischen Kliniken bayernweit elf Traumaambulanzen eingerichtet. Deren Unterstützungsangebote sind jedoch auf Personen bis 21 Jahre begrenzt. Ich frage die Staatsregierung: 1. Inwieweit bemüht sich die Staatsregierung als Träger der Zentren Bayern Familie und Soziales (ZBFS) und somit in ihrer Funktion als Betreiber der Traumaambulanzen , den steigenden Bedarf an traumatherapeutischer Erstversorgung von Erwachsenen abzudecken? 2. Gibt es vonseiten der Staatsregierung Pläne, das gegenwärtige System der Traumaambulanzen altersmäßig zu erweitern, um das Risiko für Erwachsene zu reduzieren, aufgrund langer Wartezeiten auf einen Therapieplatz behandlungsbedürftig an posttraumatischen Belastungsstörungen zu erkranken? 3. a) Sind der Staatsregierung Pläne auf Bundesebene zur Reform des Opferentschädigungsgesetzes mit einer Erweiterung des Betreuungsbedarfs für Erwachsene bekannt (falls ja, bitte Konkretisierung von Inhalt und zeitlichem Umsetzungsrahmen)? b) Falls nein, plant die Staatsregierung die derzeitige Betreuungslücke auf Landesebene zu schließen? 4. Wie lauten die aktuellen Auslastungszahlen an den elf bayerischen Traumaambulanzen – bitte jeweils unterteilt pro Einrichtung und für den Zeitraum zwischen 2010 und 2017 nach: a) Zahl der behandelten Personen (Geschlecht, Alter); b) Umfang der Personen, die aufgrund der Altersgrenze von 21 Jahren abgewiesen werden mussten; c) Umfang der bezahlten und pro Person in Anspruch genommenen Sitzungen; d) Dauer der Wartezeit bis zum ersten Behandlungstermin ; e) Anzahl des für die Betreuung zuständigen medizinischen und pflegerischen Personals (bitte unter Angabe des für die Tätigkeit zugewiesenen prozentualen Stellenanteils)? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 17.07.2017 1. Inwieweit bemüht sich die Staatsregierung als Träger der Zentren Bayern Familie und Soziales (ZBFS) und somit in ihrer Funktion als Betreiber der Traumaambulanzen, den steigenden Bedarf an traumatherapeutischer Erstversorgung von Erwachsenen abzudecken? Um die traumatherapeutische Erstversorgung von Kindern und Jugendlichen, die Opfer von Gewalttaten wurden, zu verbessern, hat das Zentrum Bayern Familie und Soziales (ZBFS) auf freiwilliger Basis mit elf psychiatrischen Kliniken in Bayern Verträge über die Einrichtung von sog. Traumaambambulanzen abgeschlossen. Dabei wurde vertraglich vereinbart, dass Kinder und Jugendliche, die aufgrund einer Gewalttat dringend eine traumatherapeutische Erstversorgung benötigen, in den Traumaambulanzen bevorzugt behandelt werden. Eine Betreiberschaft von Traumaambulanzen wurde damit nicht begründet. Durch Gewalttaten traumatisierte erwachsene Menschen, die dringend eine traumatherapeutische Erstversorgung benötigen , werden vom ZBFS regelmäßig an niedergelassene Therapeuten sowie an psychiatrische Institutsambulanzen verwiesen. Diese decken den Bedarf an traumatherapeutischer Behandlung von Erwachsenen ab. 2. Gibt es vonseiten der Staatsregierung Pläne, das gegenwärtige System der Traumaambulanzen altersmäßig zu erweitern, um das Risiko für Erwachsene zu reduzieren, aufgrund langer Wartezeiten auf einen Therapieplatz behandlungsbedürftig an posttraumatischen Belastungsstörungen zu erkranken ? Die vertraglich vereinbarte Einrichtung von Traumaambulanzen (vgl. oben) hat sich bewährt. Aktuell gibt es keine Pläne der Staatsregierung, das Angebot der Traumaambulanzen für Kinder und Jugendliche, die Opfer einer Gewalttat wurden, auf erwachsene Gewaltopfer zu erweitern. Es sind bislang keine Fälle bekannt, bei denen ein Erwachsener, der Opfer einer Gewalttat wurde, aufgrund langer Wartezeiten auf einen Therapieplatz behandlungsbedürftig an posttraumatischen Belastungsstörungen erkrankt wäre. Das ZBFS ist stets bemüht, die betroffenen Personen bei der Suche nach einem geeigneten Therapieplatz zu unterstützen. 3. a) Sind der Staatsregierung Pläne auf Bundesebene zur Reform des Opferentschädigungsgesetzes mit einer Erweiterung des Betreuungsbedarfs für Erwachsene bekannt (falls ja, bitte Konkretisierung von Inhalt und zeitlichem Umsetzungsrahmen)? Bund und Länder arbeiten bereits seit längerer Zeit an einer grundlegenden Reform des Opferentschädigungsrechts, Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 18.10.2017 17/17804 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/17804 das rechtssystematisch in einem eigenen Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB XIII) verortet werden soll. In diesem Kontext ist auch geplant, den für Gewaltopfer vorgesehenen Leistungskatalog um Traumaambulanzen zu ergänzen. Der konkrete Inhalt der neuen Regelungen und die zeitliche Umsetzung müssen zwischen Bund und Ländern noch abgestimmt werden. Eine Umsetzung könnte erst in der nächsten Legislaturperiode des Bundes erfolgen. b) Falls nein, plant die Staatsregierung die derzeitige Betreuungslücke auf Landesebene zu schließen? Entfällt, siehe Antwort zu Frage 3 a. 4. Wie lauten die aktuellen Auslastungszahlen an den elf bayerischen Traumaambulanzen – bitte jeweils unterteilt pro Einrichtung und für den Zeitraum zwischen 2010 und 2017?: Aufteilung nach – in Anspruch genommenen – Traumaambulanzen Jahr Josefinum Augsburg Bezirkskran - kenhaus Bayreuth Inntalklinik Simbach Psychotherapie Klinikum rechts der Isar München Bezirksklinikum Regensburg Summe 2010 – 3 – – – 3 2011 9 3 – – 2 14 2012 7 5 4 1 1 18 2013 5 4 11 1 2 23 2014 1 2 2 – – 5 2015 – 2 6 – – 8 2016 – 1 3 – – 4 2017 (01–06) – – 2 – – 2 Summe 22 20 28 2 5 77 4. a) Zahl der behandelten Personen (Geschlecht, Alter ); Im Zeitraum 2010 bis Juni 2017 wurden insgesamt 77 Personen in den bayerischen Traumaambulanzen behandelt: Jahr Männlich Weiblich Gesamt Altersspanne 2010 1 2 3 2–13 Jahre 2011 4 10 14 5–17 Jahre 2012 4 14 18 2–17 Jahre 2013 9 14 23 3–23 Jahre 2014 2 3 5 10–17 Jahre 2015 1 7 8 2–20 Jahre 2016 2 2 4 8–21 Jahre 2017 (01-06) 0 2 2 15 Jahre Summe 23 54 77 b) Umfang der Personen, die aufgrund der Altersgrenze von 21 Jahren abgewiesen werden mussten Der Staatsregierung liegen hierzu keine Zahlen vor. c) Umfang der bezahlten und pro Person in Anspruch genommenen Sitzungen Von den Traumaambulanzen wurden bislang in insgesamt 41 Fällen für zusammen 163 probatorische Sitzungen Rechnungen gestellt. Dies entspricht einer durchschnittlichen Zahl von vier Sitzungen pro Person. d) Dauer der Wartezeit bis zum ersten Behandlungstermin Die Traumaambulanzen wurden eingerichtet, um lange Wartezeiten für Kinder und Jugendliche, die aufgrund einer Gewalttat kurzfristig eine traumatherapeutische Erstversorgung benötigen, zu vermeiden. Gewaltopfer sollen möglichst frühzeitig einer qualifizierten Untersuchung unterzogen werden, damit erforderliche Maßnahmen der Stabilisierung sowie Therapien schnellstmöglich beginnen können. Die exakte Dauer der Wartezeit bis zum ersten Behandlungstermin ist der Staatsregierung nicht bekannt. e) Anzahl des für die Betreuung zuständigen medizinischen und pflegerischen Personals (bitte unter Angabe des für die Tätigkeit zugewiesenen prozentualen Stellenanteils) Der Staatsregierung liegen hierzu keine Zahlen vor. Es ist Aufgabe der jeweiligen Klinik, das für die Traumaambulanzen erforderliche Personal vorzuhalten.