Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Harry Scheuenstuhl SPD vom 21.06.2017 Bauunterhaltspflicht bei Kirchen in Bayern Ich frage die Staatsregierung: 1. Wer ist für den Bauunterhalt von Kirchenbauten in Bayern zuständig (bitte mit Angabe der Rechtsgrundlage )? 2. a) Wer ist konkret für den Bauunterhalt des Münsters in der Stadt Heilsbronn zuständig? b) Wie weit ist eine evtl. notwendige Abklärung hierfür fortgeschritten? 3. Welche Fördermöglichkeiten bestehen, um notwendige Sanierungsmaßnahmen und evtl. Umbauten an Kirchen vornehmen zu können, sofern der Bauunterhalt nicht beim Freistaat Bayern liegt? Antwort des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 17.07.2017 1. Wer ist für den Bauunterhalt von Kirchenbauten in Bayern zuständig (bitte mit Angabe der Rechtsgrundlage )? Grundsätzlich obliegt es dem Eigentümer, sein Eigentum (baulich) zu unterhalten. Bei Kirchengebäuden gilt dies im Wesentlichen jedoch nur, wenn sie sich im Privatbesitz befinden (Schloss- und Klosterkirchen, Kapellen). Insbesondere im Bereich der Pfarrkirchen regelt sich die Pflicht zur baulichen Unterhaltung nach dem historisch tradierten Recht der Kirchenbaulast. Bei der Baulast geht es um echte (einklagbare) Rechtspflichten zur Errichtung oder baulichen Unterhaltung eines kirchlichen Gebäudes, nicht um freiwillige Leistungen aus Gründen der Kulturpflege. Das Baulastrecht umfasst alte kirchliche und staatliche Normen (z. B. Regelungen des Konzils von Trient, die Ansbacher Konsistorialordnung von 1594, den Bayerischen Codex Maximilianeus Bavaricus Civilis von 1756, das Preußische Allgemeine Landrecht von 1794), ferner Observanzen, örtliches Herkommen, erwerbende Verjährung, Vergleiche, Urteile oder Anerkenntnisse. In der Regel trägt die primäre (vorrangige) Baulast die jeweilige Kirchenstiftung (kirchliche Stiftung des öffentlichen Rechts). Wenn diese die notwendigen Maßnahmen nicht finanzieren kann, können subsidiär (nachrangig) Baulastpflichtige zur Leistung herangezogen werden. Auch der Staat, Kommunen oder sonstige Private können primär oder subsidiär baulastpflichtig sein. Schon im 19. Jahrhundert wurde in Bayern ein staatliches Baulastkataster angelegt, dessen Eintragungen zwar keine rechtsbegründende Wirkung haben, die aber für den Einzelfall wichtige Indizien für das Bestehen oder Nichtbestehen einer staatlichen Baupflicht darstellen. Die staatlichen Baulastverpflichtungen gründen sich immer auf ganz bestimmte , aus der konkreten Geschichte des einzelnen Bauwerks resultierende Verhältnisse. Eine staatliche Baulast besteht an 328 evangelisch-lutherischen und 193 römisch-katholischen Kirchengebäuden, insgesamt somit an 521 (kircheneigenen) Kirchengebäuden in Bayern. Darüber hinaus hat der Freistaat Bayern bei 55 (49 katholischen, 6 evangelisch-lutherischen) staatseigenen Kirchengebäuden mit kirchlicher Nutzung für die bauliche Erhaltung aufzukommen. Für die römisch-katholischen Kathedralkirchen in Bayern besteht nach dem Bayerischen Konkordat die staatliche Verpflichtung, „das Fehlende“ für die bauliche „Unterhaltung“ der Domkirchen zu „ergänzen“, soweit die eigentlich dazu verpflichteten kirchlichen Rechtsträger hierzu nicht in der Lage sind. Insgesamt gesehen besteht eine staatliche Baulast oder eine Pflicht zur Erhaltung von Kirchengebäuden aus dem staatlichen Eigentum nur für einen vergleichsweise kleinen Teil der in Bayern vorhandenen Kirchengebäude, d. h. für weniger als 10 Prozent. Zusammenfassend ist festzustellen, dass eine allgemeingültige Aussage darüber, wer für den Bauunterhalt von Kirchenbauten in Bayern zuständig ist, nicht getroffen werden kann. Vielmehr ist jeder Fall für sich gesondert zu betrachten . 2. a) Wer ist konkret für den Bauunterhalt des Münsters in der Stadt Heilsbronn zuständig? Der Freistaat Bayern ist im Grundbuch als Eigentümer des Münsters Heilsbronn eingetragen, bestreitet jedoch bereits seit mindestens 1935 das Eigentum am Münster. Für die Evangelisch-Lutherische Kirchengemeinde Heilsbronn ist im Grundbuch ein Nießbrauchrecht für das Querschiff des Münsters, welches ¼ Raumanteil des Münsters ausmacht, eingetragen. Für den von der Kirchengemeinde genutzten Teil des Münsters ist der kirchliche Rechtsträger primär baupflichtig . Obwohl der Staat das Eigentum am Münster Heilsbronn bisher bestritten hat, wurden die erforderlichen Bauunterhaltsmaßnahmen am staatlich genutzten Teil des Münsters bisher zurlasten der Staatskasse durchgeführt. Die Kosten für den Bauunterhalt am kirchlich genutzten Teil des Münsters sind gemäß Vereinbarung zwischen dem Freistaat Bayern und der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern vom 30.09.1984 grundsätzlich vom Staat zu übernehmen, wobei Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 18.10.2017 17/17844 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/17844 sich die Kirchengemeinde an den Maßnahmen mit 5 Prozent der Kosten des Staats beteiligt. b) Wie weit ist eine evtl. notwendige Abklärung hierfür fortgeschritten? Das Staatsministerium beabsichtigt, das Bestreiten des Eigentums am Münster aufzugeben. In diesem Zug soll mit der Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinde und Kirchenstiftung Heilsbronn eine Vereinbarung abgeschlossen werden, welche Rechte und Pflichten (insb. auch hinsichtlich des Bauunterhalts) der Vertragspartner am Gebäude festschreibt. Ziel der Vereinbarung ist es, sowohl eine Vereinfachung im Vollzug als auch mehr Rechtssicherheit für beide Vertragspartner herzustellen. Zu diesem Zweck wird derzeit staatsintern ein Vereinbarungsentwurf erstellt und abgestimmt. Aufgrund der komplexen Rechtslage und des großen Umfangs an erforderlichen Regelungen (z. B. Eigentumsverhältnisse, Umfang des Nutzungsrechts und der Baulast, Verkehrssicherung etc.) hat dieser Vorgang bereits einige Zeit in Anspruch genommen. Es ist jedoch beabsichtigt, der Kirche noch im Jahr 2017 den staatsintern abgestimmten Vertragsentwurf zukommen zu lassen und hierüber in Verhandlungen einzutreten. 3. Welche Fördermöglichkeiten bestehen, um notwendige Sanierungsmaßnahmen und evtl. Umbauten an Kirchen vornehmen zu können, sofern der Bauunterhalt nicht beim Freistaat Bayern liegt? Bei Kirchengebäuden, die sich im Eigentum eines kirchlichen Rechtsträgers befinden und für die keine Baulast des Staates (oder eines Dritten) besteht, hat der kirchliche Rechtsträger (in der Regel eine Kirchenstiftung) für die Erhaltung aufzukommen. Handelt es sich um ein denkmalgeschütztes Kirchengebäude , stehen grundsätzlich verschiedene Förderprogramme zur Verfügung, die in Anspruch genommen werden können . Insbesondere wäre dabei an eine Inanspruchnahme des Entschädigungsfonds nach dem Denkmalschutzgesetz zu denken. Der Entschädigungsfonds wird gemeinsam vom Land und den Kommunen finanziert. Nach den einschlägigen Förderkriterien werden Zuschüsse für die Förderung von Sanierungsmaßnahmen an Pfarrkirchen nur im Ausnahmefall (bei nationaler Bedeutung) gewährt. Die Förderung sonstiger Kirchenrenovierungen (etwa bei Filialkirchen oder Wallfahrtskirchen) erfolgt häufig und macht rd. 15 Prozent der Projekte des Entschädigungsfonds aus. Die Förderhöhe beträgt maximal 50 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten , eine zusätzliche Obergrenze bildet der denkmalpflegerische Mehraufwand. Im Kulturfonds gibt es zwar keinen gesonderten Förderbereich für die Förderung von Baumaßnahmen an Kirchen. Aus dem Kulturfonds (Bereich Denkmalpflege) kann aber die Instandsetzung herausragender Baudenkmäler gefördert werden, wobei hier nur der substanzerhaltende Aufwand bezuschusst werden kann. Die Kategorisierung, ob es sich um ein herausragendes Baudenkmal handelt, nimmt das Landesamt für Denkmalpflege vor. Allerdings gilt für den Kulturfonds allgemein, dass dieses Förderinstrument nur in Anspruch genommen werden kann, wenn andere (staatliche ) Haushaltsmittel dafür nicht zur Verfügung stehen. Auch eine Förderung durch die Landesstiftung ist bei entsprechender denkmalpflegerischer Bedeutung des Kirchengebäudes grundsätzlich möglich. Allerdings erfolgt seit dem 01.01.2017 keine Förderung für Maßnahmen mehr, die aus dem Entschädigungsfonds gefördert werden (keine gleichzeitige Förderung). Die Förderung kann auch bei Kirchen erfolgen, für die eine staatliche Baupflicht besteht. Die Förderung bezieht sich dabei allerdings nur auf den kirchlichen Kostenanteil. Bei Kirchenrenovierungen spielen auch die Zuschüsse der (Erz-)Diözesen bzw. der Landeskirche eine wichtige Rolle. In einigen Fällen bestehen noch kommunale Baulasten oder Baulasten von Privatpersonen aus Patronaten. Denkbar ist schließlich eine Förderung durch nichtkirchliche Stiftungen. Bezüglich der bayerischen Stiftungen kann unter der Internetadresse www.stiftungen.bayern.de recherchiert werden .