17. Wahlperiode 06.11.2017 17/18007 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Florian von Brunn, Georg Rosenthal SPD vom 23.06.2017 Offene Fragen beantworten und Spessart als dritten Nationalpark ernsthaft in Erwägung ziehen Großteile der Bevölkerung, inklusive kommunale Volksvertreter , haben immer noch ein Informationsdefizit, was die positiven Auswirkungen eines Nationalparks betrifft. Doch die Abfrage von Informationen abwarten ist kontraproduktiv, die Staatsregierung ist in Bringschuld. In den Bereichen des Betretungsrechts, der Jagd sowie der Holznutzung gibt es noch viele offene Fragen, die es zu klären gilt und die an die Öffentlichkeit getragen werden müssen. Deshalb fragen wir die Staatsregierung: 1. a) Welche Regelungen und Genehmigungsverfahren gibt es im Nationalpark Berchtesgaden für das gewerbsmäßige Sammeln von Pilzen und Beeren? b) In welchen räumlichen und zeitlichen Bereichen dürfen von der Bevölkerung Speisepilze und Beeren im Nationalpark Berchtesgaden gesammelt werden? c) Inwiefern könnten die naturschutzrechtlichen, jagdrechtlichen oder lebensmittelhygienischen Vorgaben und Regelungen von Fragen a und b im Spessart übernommen werden? 2. a) Wie viele Kubikmeter bessere Eichenstämme oder Stammabschnitte mit einem Mittendurchmesser über 65 cm wurden jährlich in den zurückliegenden 10 Jahren aus dem Forstbetrieb Rothenbuch im Höchstgebotsverfahren oder Freihand verkauft? b) Welcher Anteil davon blieb in Unterfranken? c) Welcher Anteil dieser Eichenstämme oder Stammabschnitte stammt aus der vorgesehenen Gebietskulisse für einen Nationalpark? 3. a) Wie viele Kubikmeter bessere Eichenstämme oder Stammabschnitte mit einem Mittendurchmesser über 65 cm waren außerplanmäßige bzw. zwangsweise Nutzungen nach Schädlingsbefall? b) Wäre eine verlässliche Regelung (Bonussystem) denkbar, mit der die bessere Spessarteiche zukünftig grundsätzlich bei den heimischen Furnier- und Sägewerken in der Region bleibt? c) Besteht die Absicht im Falle der Ausweisung eines Nationalparks , die im Schutzgebiet liegenden Nadelholzbestände aktiv umzubauen, um die Eichenbestände mittel- bis langfristig zu stärken? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 4. a) Erfüllen die Wälder in der Gebietskulisse im Spessart die Voraussetzungen als Teilflächen des UNESCO- Weltnaturerbes Buchenurwälder? b) Ist beabsichtigt, diese Auszeichnung auch im Falle eines Nationalparks im Spessart anzustreben? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 27.07.2017 Gemäß Ministerratsbeschluss vom 18.07.2017 wird der Spessart nichtweiterverfolgt. Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten wie folgt beantwortet: 1. a) Welche Regelungen und Genehmigungsverfahren gibt es im Nationalpark Berchtesgaden für das gewerbsmäßige Sammeln von Pilzen und Beeren? Gemäß § 6 Abs. 2 der Verordnung über den Alpen- und den Nationalpark Berchtesgaden bezweckt der Nationalpark keine wirtschaftsbestimmte Nutzung, wozu auch das gewerbsmäßige Sammeln von Pilzen und Beeren zählt. b) In welchen räumlichen und zeitlichen Bereichen dürfen von der Bevölkerung Speisepilze und Beeren im Nationalpark Berchtesgaden gesammelt werden? Die Verordnung über den Alpen- und den Nationalpark Berchtesgaden enthält keine gesonderte Regelung zum Sammeln von Speisepilzen und Beeren für den Eigenbedarf . Deshalb ist auch im Nationalpark Berchtesgaden die grundsätzliche Regelung des § 39 Abs. 3 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) einschlägig, wonach es zulässig ist, aus der Natur an Stellen, die keinem Betretungsverbot unterliegen, u. a. Früchte und Pilze in geringen Mengen für den persönlichen Bedarf pfleglich zu entnehmen und sich anzueignen. Im Nationalpark Berchtesgaden gibt es mit Ausnahme der Salzgrabenhöhle, für die eine Zugangsbeschränkung gilt, kein Betretungsverbot. c) Inwiefern könnten die naturschutzrechtlichen, jagdrechtlichen oder lebensmittelhygienischen Vorgaben und Regelungen von Fragen a) und b) im Spessart übernommen werden? Die naturschutzrechtlichen Vorgaben und Regelungen für den Nationalpark Berchtesgaden gemäß den Fragen 1 a und 1 b könnten grundsätzlich auch für einen Nationalpark im Spessart übernommen werden. Dies dürfte grundsätzlich auch für die im Nationalpark Berchtesgaden geltenden Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/18007 jagdrechtlichen oder lebensmittelhygienischen Vorgaben und Regelungen gelten, die jedoch bei der Beantwortung der Fragen 1 a und 1 b keine Rolle spielen. 2. a) Wie viele Kubikmeter bessere Eichenstämme oder Stammabschnitte mit einem Mittendurchmesser über 65 cm wurden jährlich in den zurückliegenden 10 Jahren aus dem Forstbetrieb Rothenbuch im Höchstgebotsverfahren oder FreiHand verkauft ? In den letzten zehn Geschäftsjahren der Staatsforsten AöR (SF) wurden im Forstbetrieb Rothenbuch insgesamt etwa 14.000 Festmeter bessere Eichenstämme oder Stammabschnitte mit einem Mittendurchmesser über 65 cm im Höchstgebotsverfahren oder frei Hand verkauft. Bezogen auf die Einzeljahre schwankte die Menge zwischen rd. 1.000 bis 2.200 Festmeter jährlich (im Mittel 1.400 Festmeter je Jahr). b) Welcher Anteil davon blieb in Unterfranken? Von den insgesamt in den letzten 10 Geschäftsjahren verkauften rund 14.000 Festmetern besserer Eichenstämme und Stammabschnitte mit einem Mittendurchmesser von 65 cm verblieben mehr als die Hälfte (53 Prozent) in Unterfranken . Die Spitzenqualitäten davon (schwankend zwischen 5 Prozent und 25 Prozent der o. g. 14.000 Festmeter) verblieben überwiegend in der Region. c) Welcher Anteil dieser Eichenstämme oder Stammabschnitte stammt aus der vorgesehenen Gebietskulisse für einen Nationalpark? Zwei Drittel (67 Prozent) dieser Eichenstämme stammen aus den Forstrevieren des Forstbetriebs Rothenbuch, die von der Gebietskulisse für einen möglichen Nationalpark im Hochspessart tangiert wären. 3. a) Wie viele Kubikmeter bessere Eichenstämme oder Stammabschnitte mit einem Mittendurchmesser über 65 cm waren außerplanmäßige bzw. zwangsweise Nutzungen nach Schädlingsbefall? Der Anteil der außerplanmäßigen bzw. zwangsweisen Nutzung bei besseren Eichenstämmen bzw. Stammabschnitten über 65 cm lag im niedrigen einstelligen Prozentbereich. b) Wäre eine verlässliche Regelung (Bonussystem) denkbar, mit der die bessere Spessarteiche zukünftig grundsätzlich bei den heimischen Furnierund Sägewerken in der Region bleibt? Eine Bevorzugung von bestimmten Kundengruppen oder Regionen ist aufgrund des Staatsforstengesetzes (StFOG) nicht diskriminierungsfrei möglich. Die Versorgung regionaler Verarbeiter liegt in der unternehmerischen Entscheidung der SF und kann derzeit gewährleistet werden (siehe Antwort zu Frage 2 b). c) Besteht die Absicht im Falle der Ausweisung eines Nationalparks, die im Schutzgebiet liegenden Nadelholzbestände aktiv umzubauen, um die Eichenbestände mittel- bis langfristig zu stärken? Auf einem Anteil von bis zu 25 Prozent der Nationalparkfläche (sogenannte „Pflegezone“) könnte in einem Nationalpark u. a. dauerhaft aktives Waldmanagement betrieben werden. Dies könnte im Spessart den aktiven Umbau von Nadelholzbeständen zur mittel- bis langfristigen Stärkung der Eichenbestände einschließen. Allerdings ist das Potenzial gering. So beträgt in der Suchkulisse der rechnerische Anteil von Nadelholzmischbeständen 12 Prozent und der von Nadelholzreinbeständen 3 Prozent. 4. a) Erfüllen die Wälder in der Gebietskulisse im Spessart die Voraussetzungen als Teilflächen des UNESCO-Weltnaturerbes Buchenurwälder? Die abschließende Entscheidung über die Anerkennung von Flächen als UNESCO-Weltnaturerbe trifft die UNESCO. Das aktuelle internationale Bewerbungsverfahren ohne Beteiligung Deutschlands zur Erweiterung des bestehenden seriellen transnationalen Weltnaturerbes „Buchenurwälder der Karpaten und Alte Buchenwälder Deutschlands“ ist bereits weit fortgeschritten. Deshalb erscheint ein Ergänzungsantrag zu diesem Bewerbungsverfahren nicht als kurzfristig realisierbare Option. b) Ist beabsichtigt, diese Auszeichnung auch im Falle eines Nationalparks im Spessart anzustreben? Siehe einleitenden Satz.