17. Wahlperiode 06.11.2017 17/18025 Bayerischer Landtag Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Christine Kamm, Katharina Schulze BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 06.06.2017 Fehlende Gewaltschutzkonzepte in der Unterkunft in Arnschwang im Landkreis Cham Der Asylbewerber, der am 03.06.2017 in einer Unterkunft in Arnschwang im Landkreis Cham einen fünfjährigen Jungen getötet, dessen Bruder bedroht und seine Mutter schwer verletzt hat, war den Berichten zufolge ein verurteilter Straftäter . Laut Polizei trug er seit Verbüßung seiner Haftstrafe eine Fußfessel. Bereits im Oktober 2009 hatte das Landgericht München den 41-Jährigen zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren und zehn Monaten verurteilt. Bis Januar 2015 saß er in Haft. Nach seiner Haftentlassung wohnte er im Asylbewerberheim in Arnschwang. Er wurde durch gerichtlichen Beschluss zur Führungsaufsicht angewiesen, sich im räumlichen Umfeld der ihm zugewiesenen Asylunterkunft aufzuhalten. Um diese Aufenthaltsbeschränkung zu überwachen , trug er eine elektronische Fußfessel. Die Tat passierte im früheren „Waldcafé“, etwas außerhalb von Arnschwang. Erste Hilferufe bei der Further Polizeiinspektion waren gegen 16.50 Uhr am Samstag eingegangen . Gleich mehrere Bewohner der Unterkunft hatten per Handy die Notrufnummer 110 angewählt und die Polizei um Unterstützung gebeten. In der Unterkunft lebten um die 20 Personen. Wir fragen die Staatsregierung: 1.1 Welche Behörde war verantwortlich für die Belegung dieser Unterkunft? 1.2 Welches Belegungskonzept wurde für diese Unterkunft angewandt? 1.3 Welche Personen (bitte nach Familienstand, Alter, Geschlecht, Nationalität sortiert angeben) waren am 03.06.2017 dieser Unterkunft zugeteilt? 2.1 Warum wurden – entgegen aller diesbezüglichen Äußerungen des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration (StMAS), dass auf so etwas geachtet würde, allein reisende Männer und Frauen gemeinsam untergebracht, noch dazu in einer abseits des Ortes gelegenen Unterkunft? 2.2 Waren die Sanitärräume strikt voneinander getrennt? 2.3 Waren die Wege zu den Sanitärräumen strikt getrennt? 3.1 Wie viel Zeit pro Woche stand Asylsozialarbeitern, der Unterkunftsleitung, dem Hausmeister, dem Sicherheitsdienst für diese Unterkunft zur Verfügung? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 3.2 Bekam der Täter nach seiner Haftentlassung Bewährungshilfen oder therapeutische Unterstützung? 3.3 In welcher Form wurde die Führungsaufsicht wahrgenommen ? 4.1 Wurden von weiblichen Personen aus dieser Einrichtung Wünsche auf Verlegung oder besseren Schutz und Betreuung geäußert (bitte Zeitpunkt nennen, falls bekannt)? 4.2 Waren die Türen in der Unterkunft (Sanitärbereich, Schlafbereich) abschließbar? 4.3 Gab es außer den Mobiltelefonen der Bewohner noch Festnetztelefone, mit denen Polizei, Rettungsdienst oder Feuerwehr hätten benachrichtigt werden können? 5.1 Ist die Staatsregierung der Auffassung, dass allein reisende Frauen (mit oder ohne Kinder) gemeinsam mit allein reisenden Männern in dezentral, außerhalb von Wohnorten gelegenen Unterkünften und ohne reale Flucht- und Hilfemöglichkeit untergebracht werden können ? 5.2 In wie vielen weiteren staatlichen dezentral gelegenen Unterkünften in Bayern sind allein reisende Frauen (mit und ohne Kinder) und allein reisende Männer gemeinsam und ohne besondere Schutzvorkehrungen untergebracht ? 5.3 Plant die Staatsregierung, dies jetzt zu ändern? 6.1 Warum werden die Empfehlungen der Wohlfahrtsverbände für ein Gewaltschutzkonzept für Frauen und Kinder in allen Flüchtlingsunterkünften in Bayern nicht übernommen? 6.2 Bis wann wird die Staatsregierung ein angemessenes Gewaltschutzkonzept vorlegen? 6.3 Welche Ursache hatte der Tod der Frau des Täters? 7.1 Ging die Staatsregierung davon aus, dass von dem verurteilten Straftäter auch nach Verbüßung der Haft weiter Gefahr ausgeht? 7.2 Wenn nein, warum musste er Fußfesseln tragen? 7.3 Wenn ja, warum wurde er dann gemeinsam mit besonders schutzbedürftigen Personen, also allein reisenden weiblichen Geflüchteten und minderjährigen Kindern untergebracht? 8.1 Welche strafrechtlich relevanten Vorkommnisse wie Schlägereien, Drogensucht, suizidale Handlungen des Täters nach Verbüßung der Haft waren der Polizei bekannt ? 8.2 War dem Täter erlaubt, einer Arbeit nachzugehen? 8.3 Wieso wurde nach Kenntnis der Staatsregierung dieses hohe Gefährdungspotenzial – insbesondere für untergebrachte Kinder und alleinstehende Frauen – in dieser abseits gelegenen Unterkunft nicht erkannt? Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/18025 Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 24.07.2017 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr sowie dem Staatsministerium der Justiz wie folgt beantwortet: 1.1 Welche Behörde war verantwortlich für die Belegung dieser Unterkunft? Bei der Unterkunft in Arnschwang handelt es sich um eine Gemeinschaftsunterkunft, für deren Belegung die Regierung der Oberpfalz zuständig war. 1.2 Welches Belegungskonzept wurde für diese Unterkunft angewandt? Bei der Unterbringung von Asylbewerbern wird im Rahmen der vorhandenen Kapazitäten auf individuelle Umstände wie Herkunft, Geschlecht, Familienverbund, Ethnien und Religion Rücksicht genommen. Die Gemeinschaftsunterkunft in Arnschwang bietet insgesamt 16 Zimmer für 30 bis 32 Personen. Die Verhältnisse vor Ort gestalten sich wie folgt: • 2 Einzelzimmer • 2 Zweipersonenzimmer • 2 Dreipersonenzimmer, bei denen sich Bad und WC jeweils auf dem Flur befinden • 6 Zimmer mit integrierter Dusche und WC auf dem Flur • 4 größere Zimmer mit integrierter Nasszelle (Dusche und WC) für 2 bis 3 Personen Bei der Belegung der Zimmer wurde darauf geachtet, dass Familien und alleinstehende Personen mit Kindern ein Zimmer mit integrierter Nasszelle bekommen. Die betroffene Familie war in einem der größeren Zimmer mit integrierter Nasszelle untergebracht. Im speziellen Fall des Täters bat das Polizeipräsidium München, Kommissariat 22 – Häusliche Gewalt die Regierung von Oberbayern mit Schreiben vom 22.09.2014 zu prüfen, ob der Täter in Nordbayern untergebracht werden könnte. Zudem sollte dem Täter, der während der Haftzeit zum Christentum konvertiert war, aus Sicht der Unterkunftsverwaltung eine Unterkunft gewährt werden, die nicht überwiegend muslimisch geprägt war. Freie Kapazitäten zur Aufnahme des Täters wurden im Regierungsbezirk der Oberpfalz gemeldet. Angesichts des Kriteriums der nicht überwiegenden muslimischen Prägung der Unterkunft bestand eine Unterbringungsmöglichkeit für den Täter im Regierungsbezirk der Oberpfalz nur in Arnschwang . 1.3 Welche Personen (bitte nach Familienstand, Alter, Geschlecht, Nationalität sortiert angeben) waren am 03.06.2017 dieser Unterkunft zugeteilt? Auf die Veröffentlichung des StMAS wird verzichtet, um den Schutz der in einer Unterkunft untergebrachten Person zu gewährleisten, sowie aus Rücksicht auf die Belange der Betroffenen . 2.1 Warum wurden – entgegen aller diesbezüglichen Äußerungen des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Famiklie und Integration (StMAS), dass auf so etwas geachtet würde, allein reisende Männer und Frauen gemeinsam untergebracht, noch dazu in einer abseits des Ortes gelegenen Unterkunft ? Der Freistaat Bayern nimmt den Schutz von Frauen und Kindern in den Asylunterkünften sehr ernst. Dabei wird nach Möglichkeit auf eine getrennte Unterbringung alleinstehender Frauen geachtet. Bei Bedarf stehen spezifische separate Unterbringungsmöglichkeiten für Frauen mit und ohne Kinder zur Verfügung. Die Unterbringungsmöglichkeiten reichen von ausschließlich von Frauen mit und ohne Kinder genutzten Unterkünften mit mehreren Räumen bzw. Wohnungen, über die vorübergehende oder dauerhafte Nutzung von Teilbereichen in Gemeinschaftsunterkünften und Erstaufnahmeeinrichtungen bis hin zu nur zeitweise von alleinstehenden Frauen bzw. von Frauen und deren Kindern belegten Wohnungen. Darüber hinaus bestehen weitere Unterbringungsmöglichkeiten für Familien mit Männern im Familienverbund. Ergänzend besteht nach den Umständen des Einzelfalls auch die Möglichkeit des Erhalts einer Auszugsgestattung aus der Asylunterkunft nach Art. 4 des Aufnahmegesetzes. Gleichwohl ist zu beachten, dass nicht jede allein reisende Frau auch tatsächlich eine separate Unterbringung wünscht. Im speziellen Fall des Täters aus Arnschwang war die Auswahl möglicher Unterkünfte durch die räumliche Beschränkung auf Nordbayern verbunden mit der Berücksichtigung des christlichen Glaubens als Ausdruck der Rücksichtnahme auf individuelle Umstände sehr eingeschränkt, vgl. die Antwort zu Frage 1.2. 2.2 Waren die Sanitärräume strikt voneinander getrennt ? Familien und alleinstehende Personen mit Kindern hatten grundsätzlich eigene Sanitärräume in ihren Zimmern, vgl. die Beantwortung der Frage 1.2. Bei den übrigen Zimmern befanden sich die Sanitärräume auf dem Flur. Bei diesen Zimmern wurden die Sanitärräume nach Absprache mit den Bewohnern auf die jeweiligen Zimmergruppen verteilt. Die einzelnen Gruppen erhielten jeweils eigene Schlüssel für ihren Sanitärbereich. 2.3 Waren die Wege zu den Sanitärräumen strikt getrennt ? Aufgrund der räumlichen Gegebenheiten vor Ort war eine Trennung der Wege zu den Sanitärräumen nicht möglich. Vgl. im Übrigen die Antwort zu Frage 1.2 (integrierte Nasszellen ). 3.1 Wie viel Zeit pro Woche standen Asylsozialarbeitern , der Unterkunftsleitung, dem Hausmeister, dem Sicherheitsdienst für diese Unterkunft zur Verfügung ? Für die Asylsozialberatung gilt im Rahmen der Anschlussunterbringung ein Betreuungsschlüssel von 1:150. Demnach sind von einem Berater je 150 Asylbewerber zu betreuen . In der Gemeinschaftsunterkunft in Arnschwang lebten durchschnittlich 32 Personen. Für Unterkunftsleitung und Hausmeister gilt ein Betreuungsschlüssel von 1 zu 75. Die Mitarbeiter waren durchschnittlich 4 Stunden am Tag vor Ort und damit 20 Stunden pro Woche. Anlassbezogen konnten dies auch mehr Stunden pro Tag sein. Ein Sicherheitsdienst war nicht vor Ort. Drucksache 17/18025 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 3.2 Bekam der Täter nach seiner Haftentlassung Bewährungshilfen oder therapeutische Unterstützung? Mit der Haftentlassung des Täters trat gemäß § 68f Abs. 1 Satz 1 des Strafgesetzbuches kraft Gesetzes Führungsaufsicht ein. Im Rahmen der Führungsaufsicht unterstand der Täter der Leitung und Aufsicht eines Bewährungshelfers sowie der örtlich zuständigen Führungsaufsichtsstelle. Zu dem zuständigen Bewährungshelfer bestand weisungsgemäß regelmäßiger persönlicher und telefonischer Kontakt. Darüber hinaus absolvierte der Täter entsprechend ihm auferlegter Weisungen ein Anti-Gewalt-Training und mehrere Suchtberatungsgespräche. Beide Maßnahmen wurden regulär abgeschlossen. 3.3 In welcher Form wurde die Führungsaufsicht wahrgenommen ? Neben den unter Frage 3.2. genannten Maßnahmen und anderen Weisungen wurde dem Täter auferlegt, eine elektronische Aufenthaltsüberwachung zu dulden und hierfür eine sog. „elektronische Fußfessel“ zu tragen. Ferner war der Täter angewiesen, den Landkreis Cham nicht ohne Erlaubnis der Führungsaufsichtsstelle zu verlassen . Für die Wahrnehmung des Anti-Gewalt-Trainings in Regensburg wurde die Gebotszone vorübergehend um das Stadtgebiet Regensburg sowie die Landkreise Regensburg und Schwandorf erweitert. Die Einhaltung der Aufenthaltsweisung wurde durch die „elektronische Fußfessel“ überwacht. Des Weiteren bestand für den Täter u. a. die Weisung, sich regelmäßig bei der für seinen Wohnsitz zuständigen Polizeidienststelle zu melden. 4.1 Wurden von weiblichen Personen aus dieser Einrichtung Wünsche auf Verlegung oder besseren Schutz und Betreuung geäußert (bitte Zeitpunkt nennen, falls bekannt)? Insgesamt stellten zwei weibliche Personen einen Antrag auf Verlegung. Die Mutter des Opfers stellte Mitte 2016 einen Antrag auf Umverteilung nach Furth im Wald. Mangels freier Plätze in Furth im Wald wurde der Betroffenen als Alternative die Gemeinschaftsunterkunft Windischbergerdorf angeboten. Dieses Angebot lehnte die Frau allerdings nach einer Besichtigung ab. Eine weitere Frau beantragte im Herbst 2016 eine Umverteilung aufgrund eines Arbeitsverhältnisses in Nürnberg. Der Antrag wurde von der Dame telefonisch selbst zurückgenommen . Ein paar Monate später stellte dieselbe Dame noch mal einen Umverteilungsantrag aus privaten Gründen. Dieser wurde abgelehnt, da gemäß § 9 Abs. 6 der Asyldurchführungsverordnung eine Umverteilung grundsätzlich nur wegen Ehegatten sowie Eltern und ihren minderjährigen Kindern berücksichtig, werden soll. Wünsche nach besserem Schutz wurden hingegen nicht geäußert. 4.2 Waren die Türen in der Unterkunft (Sanitärbereich, Schlafbereich) abschließbar? Ja, jeder Bewohner hatte einen eigenen Zimmerschlüssel und einen Schlüssel für seinen jeweiligen Sanitärbereich, vgl. oben. 4.3 Gab es außer den Mobiltelefonen der Bewohner noch Festnetztelefone, mit denen Polizei, Rettungsdienst oder Feuerwehr hätten benachrichtigt werden können? Ja, es gibt ein fest installiertes Nottelefon vor Ort. Der Anrufer wird dabei automatisch mit der Polizeidienststelle verbunden . 5.1 Ist die Staatsregierung der Auffassung, dass allein reisende Frauen (mit oder ohne Kinder) gemeinsam mit allein reisenden Männern in dezentral, außerhalb von Wohnorten gelegenen Unterkünften und ohne reale Flucht- und Hilfemöglichkeit untergebracht werden können? Die Staatsregierung achtet auf eine sichere Unterbringung aller in Bayern untergebrachten Asylbewerber. Sollten gleichwohl Gefahrensituationen vorliegen, bestehen in jeder Unterkunft reale Flucht- und Hilfemöglichkeiten für die Untergebrachten . Im speziellen Fall Arnschwangs war bei der Belegungssteuerung die Auswahl möglicher Unterkünfte durch die räumliche Beschränkung auf Nordbayern verbunden mit der Berücksichtigung des christlichen Glaubens als Ausdruck der Rücksichtnahme auf individuelle Umstände sehr eingeschränkt , vgl. die Antwort zu Frage 1.2. 5.2 In wie vielen weiteren staatlichen dezentral gelegenen Unterkünften in Bayern sind allein reisende Frauen (mit und ohne Kinder) und allein reisende Männer gemeinsam und ohne besondere Schutzvorkehrungen untergebracht? Eine Unterbringung von Asylbewerbern ohne Schutzvorkehrungen (z. B. Asylsozialberatung, Personal der Regierungen bzw. Kreisverwaltungsbehörden, Zugang zu Polizei, medizinische Versorgung) findet nicht statt. 5.3 Plant die Staatsregierung, dies jetzt zu ändern? Vgl. die Beantwortung von Frage 5.2. 6.1 Warum werden die Empfehlungen der Wohlfahrtsverbände für ein Gewaltschutzkonzept für Frauen und Kinder in allen Flüchtlingsunterkünften in Bayern nicht übernommen? Vgl. insofern die Antwort zu Frage 1 der Schriftlichen Anfrage der Frau Abgeordneten Christine Kamm vom 30.11.2016 betreffend „Situation und Schutz von Frauen in Flüchtlingsunterkünften “ (Drs. 17/14954). 6.2 Bis wann wird die Staatsregierung ein angemessenes Gewaltschutzkonzept vorlegen? Vgl. insofern die Beantwortung von Frage 6.1 sowie die Antwort zu Frage 2.2 der Schriftlichen Anfrage der Frau Abgeordneten Christine Kamm vom 30.11.2016 betreffend „Situation und Schutz von Frauen in Flüchtlingsunterkünften“ (Drs. 17/14954). 6.3 Welche Ursache hatte der Tod der Frau des Täters? Der Staatsregierung liegen keine Informationen über einen Tod der Ehefrau des Täters vor. Die Ehefrau des Bruders des Täters verstarb aufgrund eines vom Bruder des Probanden begangenen Tötungsdelikts. 7.1 Ging die Staatsregierung davon aus, dass von dem verurteilten Straftäter auch nach Verbüßung der Haft weiter Gefahr ausgeht? Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/18025 7.2 Wenn nein, warum musste er Fußfesseln tragen? 7.3 Wenn ja, warum wurde er dann gemeinsam mit besonders schutzbedürftigen Personen, also allein reisenden weiblichen Geflüchteten und minderjährigen Kindern untergebracht? Das zuständige Gericht und die weiteren im Rahmen der Führungsaufsicht zuständigen Stellen gingen bei Haftentlassung von einem hohen Rückfallrisiko gegenüber der geschiedenen Ehefrau sowie weiteren Familienangehörigen aus. Vor diesem Hintergrund wurden dem Täter die unter Frage 3.2 und 3.3 genannten umfassenden Führungsaufsichtsweisungen erteilt, insbesondere auch die Weisung, eine elektronische Aufenthaltsüberwachung zu dulden. 8.1 Welche strafrechtlich relevanten Vorkommnisse wie Schlägereien, Drogensucht, suizidale Handlungen des Täters nach Verbüßung der Haft waren der Polizei bekannt? Bei der Beantwortung der Frage 8.1 werden entsprechend der Fragestellung nur strafrechtlich relevante Vorkommnisse bzw. Erkenntnisse zu suizidalen Handlungen bzw. Drogensucht dargestellt. Nach seiner Haftentlassung am 15.01.2015 wurden dem örtlich zuständigen Polizeipräsidium Oberpfalz im Rahmen der präventivpolizeilichen Betreuung des Täters folgende Erkenntnisse bekannt: • Am 03.10.2015 fügte sich der Täter in der Asylbewerberunterkunft in Arnschwang-Wöhrmühle eigenhändig Schnitte mit einer Rasierklinge im Bauchbereich und am linken Handgelenk zu. Es erfolgte zunächst eine medizinische Versorgung der laut Arzt nicht lebensbedrohlichen Verletzungen im Krankenhaus Cham. Im weiteren Verlauf wurde er durch die Polizeiinspektion Cham wegen Selbstgefährdung ins Bezirksklinikum Regensburg eingewiesen, wobei er bei Bekanntgabe der Maßnahme den Verband von der bereits ärztlich versorgten Bauchwunde riss und die genähten Schnitte wieder eröffnete. Als er deswegen zu Boden gebracht, fixiert und gefesselt werden musste, beleidigte er die handelnden Polizeibeamten . Am 12.02.2016 wurde der Täter am Bahnhof in Furth im Wald von der Bundespolizei alkoholisiert angetroffen, nachdem zuvor eine Zugschaffnerin Mitteilung über einen auffälligen Fahrgast gemacht hatte. Durch die zugezogene Polizeiinspektion Furth im Wald wurde eine Anzeige wegen eines Weisungsverstoßes (Alkoholkonsumverbot) vorgelegt. Laut Auskunft der Führungsaufsichtsstelle wurde in diesem Fall von einer Strafantragstellung abgesehen. Seitens der Bundespolizei wurde Anzeige wegen Hausfriedensbruchs erstattet und der Beschuldigte deshalb am 04.10.2016 vom Amtsgericht Cham zu einer Geldstrafe von 70 Tagessätzen zu je 10,00 Euro verurteilt. Bei einer verdachtsunabhängigen Personenkontrolle im Rahmen der Schleierfahndung in einem Zug der Oberpfalzbahn zwischen Schwandorf und Furth im Wald am 21.03.2017 konnte in der Geldbörse des Täters eine Subutex-Tablette aufgefunden werden. Wie sich im Nachhinein herausstellte, war diese Tablette ärztlich verordnet und somit rechtmäßig im Besitz des Täters. 8.2 War dem Täter erlaubt, einer Arbeit nachzugehen? Dem Täter wurde zuletzt am 02.06.2017 eine Duldung erteilt . Gemäß den Nebenbestimmungen der Duldung war ihm die Erwerbstätigkeit nach Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit gestattet. 8.3 Wieso wurde nach Kentniss der Staatsregierung dieses hohe Gefährdungspotenzial – insbesondere für untergebrachte Kinder und alleinstehende Frauen – in dieser abseits gelegenen Unterkunft nicht erkannt? Am 11.12.2014 beauftragte das Polizeipräsidium Oberpfalz die für den Wohnsitz örtlich zuständige Polizeiinspektion Furth im Wald mit der konzeptionellen präventivpolizeilichen Betreuung des Täters. In diesem Zusammenhang wurde u. a. sichergestellt, dass sowohl das Polizeipräsidium Oberpfalz als auch die Polizeiinspektion Furth im Wald fortlaufend mittels des Vorgangsverwaltungssystems der Bayerischen Polizei über alle dort bayernweit erfolgten Eintragungen betreffend den Täter informiert wurden. Im Rahmen der präventivpolizeilichen Betreuung des Täters ergaben sich für das Polizeipräsidium Oberpfalz keine konkreten Hinweise auf die erneute Begehung von Gewaltstraftaten zum Nachteil anderer Personen, insbesondere von Frauen und Kindern in der Gemeinschaftsunterkunft in Arnschwang. Aufgrund der Regelprüfung zur Fortdauer der elektronischen Aufenthaltsüberwachungsanordnung (psychiatrisches Gutachten und polizeiliche Stellungnahme) wurde die elektronische Aufenthaltsüberwachungsanordnung mit Beschluss vom 04.01.2017 für weitere zwei Jahre verlängert .