Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Ludwig Hartmann BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 14.06.2017 Das Ammergebirge als möglicher Nationalpark? Deutschland hat bei großräumiger Betrachtung naturschutzfachlich zwei weltweit einzigartige Regionen zu bieten: Im Norden die Küste mit Wattenmeer, Boddenlandschaften und Kreidefelsen, im Süden die Alpen. Die deutsche Küstenregion ist mit fünf Nationalparks repräsentiert, in den Alpen gibt es lediglich einen Nationalpark. Angesichts der geologischen und ökologischen Vielfalt des bayerischen Alpenraums bedarf es entsprechender Schutzmaßnahmen, um dieses wertvolle Naturerbe zu erhalten. Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Hat das Landesamt für Umwelt (LfU) in den vergangenen Jahren eine Vorschlags- bzw. Rangliste mit potenziellen Nationalparkgebieten in Bayern erarbeitet? b) Wenn ja, zu welchem Ergebnis kam das LfU, bzw. wenn nein, warum nicht? c) Wenn ja, mit welcher jeweiligen Begründung kam das LfU zu diesem Ergebnis? 2. a) Hat das LfU in den letzten Jahren eine Einschätzung zu einem potenziellen Nationalpark Ammergebirge abgegeben ? b) Wenn ja, welche Schlüsse hat die Staatsregierung daraus gezogen? c) Wenn nein, warum nicht? 3. a) Gibt es seitens des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) bzw. des Landesamts für Umwelt eine Machbarkeitsstudie für das Nationalpark- Vorschlagsgebiet Ammergebirge? b) Wenn nein, warum nicht? c) Wenn nein, ist eine solche Machbarkeitsstudie geplant ? 4. a) Welche Haltung nimmt nach Informationen der Staatsregierung die österreichische Bundesregierung bzw. das Land Tirol zur Einrichtung eines grenzüberschreitenden Nationalparks ein? b) Gab es diesbezüglich bereits Gespräche zwischen den zuständigen Ministerien, z. B. auf Arbeitsebene? 5. a) Wie hoch war der Holzeinschlag des Forstbetriebs Oberammergau in den Jahren 2004 bis 2016 jährlich im Nationalpark-Vorschlagsgebiet Ammergebirge (in Festmeter (fm), wenn möglich aufgeschlüsselt nach Forstrevier)? b) Wie hoch war der Holzeinschlag des Forstbetriebs Oberammergau in den Jahren 2004 bis 2016 jährlich auf der Gesamtfläche des Forstbetriebs (in Festmeter (fm), wenn möglich aufgeschlüsselt nach Forstrevier)? c) Auf wie vielen Hektar (ha) des in etwa 23.000 ha umfassenden Nationalparkvorschlags wurde vom Forstbetrieb Oberammergau in den letzten 10 Jahren ein Holzeinschlag vorgenommen? 6. a) Wie viele Hektar Waldfläche des Staatsforsts in Zuständigkeit des Forstbetriebs Oberammergau sind im Nationalpark-Vorschlagsgebiet Ammergebirge derzeit verpachtet? b) Wie viele Hektar Weidefläche in Zuständigkeit des Forstbetriebs Oberammergau sind im Nationalpark- Vorschlagsgebiet Ammergebirge derzeit verpachtet? c) Welche Hütten oder ähnliche Liegenschaften in Zuständigkeit des Forstbetriebs Oberammergau sind im Nationalpark-Vorschlagsgebiet Ammergebirge derzeit verpachtet? 7. a) Welche Rechte haben die angrenzenden Kommunen im Staatswald des Nationalpark-Vorschlagsgebiet sAmmergebirge, das sich in Zuständigkeit des Forstbetriebs Oberammergau befindet? b) Welche Pflichten bzw. Aufgaben obliegen den angrenzenden Kommunen im Staatswald des Nationalpark- Vorschlagsgebiets Ammergebirge, das sich in Zuständigkeit des Forstbetriebs Oberammergau befindet? 8. a) Wie viele Hektar der im Naturschutzkonzept Oberammergau angegebenen Klasse-1 und Klasse-2-Wälder liegen in der Suchkulisse des potenziellen Nationalparks Ammergebirge? b) Wie groß ist die Holzbodenfläche der bayerischen Staatsforsten im Bereich der Suchkulisse des potenziellen Nationalparks Ammergebirge? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 07.08.2017 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Vonseiten der Staatsregierung besteht für das Ammergebirge kein Nationalpark-Vorschlagsgebiet, das darauf be- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 17.11.2017 17/18031 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/18031 zogene Aussagen einschließlich einer entsprechend eingegrenzten Datenrecherche ermöglichen könnte. Aus diesen Gründen wurde näherungsweise auf die Gesamtfläche des Forstbetriebs Oberammergau der Staatsforsten (SF) (Fragen 5. b, 6 und 7) bzw. auf die Fläche des Forstbetriebs im Naturschutzgebiet Ammergebirge (rund 20.000 ha Fläche oder ca. 70 Prozent des Naturschutzgebiets) abgestellt (Fragen 5 a, 5 c und 8). Des Weiteren umfasst die Auswertung den Zeitraum seit Gründung der SF (ab 01.07.2005, entspricht ab Geschäftsjahr 2006). 1. a) Hat das Landesamt für Umwelt (LfU) in den vergangenen Jahren eine Vorschlags- bzw. Rangliste mit potenziellen Nationalparkgebieten in Bayern erarbeitet ? Das Landesamt für Umwelt (LfU) hat auf der Grundlage des Ministerratsbeschlusses vom 30.07.2016 zum angestrebten dritten Nationalpark in Bayern eine Liste mit potenziellen Suchräumen für einen solchen Nationalpark ohne Rangfolge erarbeitet. b) Wenn ja, zu welchem Ergebnis kam das LfU, bzw. wenn nein, warum nicht? c) Wenn ja, mit welcher jeweiligen Begründung kam das LfU zu diesem Ergebnis? Das LfU hat für einen dritten Nationalpark in Bayern anhand folgender Kriterien • naturschutzfachliche Eignung der betreffenden Gebiete gemäß § 24 Abs. 1 bis 3 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG), • Staatsflächen mit einer Mindestflächengröße von 10.000 ha gemäß Art. 13 des Bayerischen Naturschutzgesetzes (BayNatSchG), die weitgehend unzerschnitten sind, fachliche Analysen vorgenommen. 2. a) Hat das LfU in den letzten Jahren eine Einschätzung zu einem potenziellen Nationalpark Ammergebirge abgegeben? Das LfU hat das Ammergebirge als potenziellen Suchraum für einen Nationalpark identifiziert, aber keine Eignungsbewertung vorgenommen. b) Wenn ja, welche Schlüsse hat die Staatsregierung daraus gezogen? c) Wenn nein, warum nicht? Ein Nationalpark im Ammergebirge wäre dem bestehenden Nationalpark Berchtesgaden naturräumlich vergleichsweise ähnlich. Zudem erfolgt die Auswahl einer Region gemäß dem Ministerratsbeschluss vom 30.07.2016 zum 3. Nationalpark in Bayern nach einem intensiven Dialogprozess mit den jeweiligen Verantwortlichen. Politische Entscheidungsträger in der Region Ammergebirge haben sich wiederholt gegen einen Nationalpark ausgesprochen, sodass dort kein Dialogprozess eingeleitet worden ist. 3. a) Gibt es seitens des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) bzw. des Landesamts für Umwelt eine Machbarkeitsstudie für das Nationalpark-Vorschlagsgebiet Ammergebirge? Seitens des StMUV bzw. des Bayerischen Landesamts für Umwelt gibt es keine Machbarkeitsstudie für einen Nationalpark im Ammergebirge. b) Wenn nein, warum nicht? Siehe Antwort zu den Fragen 2 b und 2 c. c) Wenn nein, ist eine solche Machbarkeitsstudie geplant ? Eine Machbarkeitsstudie für einen Nationalpark im Ammergebirge ist nicht geplant. Auf die Begründung in der Antwort zu den Fragen 2 b und 2 c wird verwiesen. 4. a) Welche Haltung nimmt nach Informationen der Staatsregierung die österreichische Bundesregierung bzw. das Land Tirol zur Einrichtung eines grenzüberschreitenden Nationalparks ein? Die Haltung der österreichischen Bundesregierung bzw. des Landes Tirol zur Einrichtung eines grenzüberschreitenden Nationalparks ist der Bayerischen Staatsregierung nicht bekannt . b) Gab es diesbezüglich bereits Gespräche zwischen den zuständigen Ministerien, z. B. auf Arbeitsebene ? Es gab diesbezüglich keine Gespräche zwischen den zuständigen Ministerien. 5. a) Wie hoch war der Holzeinschlag des Forstbetriebs Oberammergau in den Jahren 2004 bis 2016 jährlich im Nationalpark-Vorschlagsgebiet Ammergebirge (in Festmeter (fm), wenn möglich aufgeschlüsselt nach Forstrevier)? Nachfolgend der Holzeinschlag des Forstbetriebs Oberammergau innerhalb der Kulisse des Naturschutzgebiets Ammergebirge : Geschäftsjahr Einschlag Erntefestmeter ohne Rinde [Efm o. R.] 2006 14.164 2007 15.965 2008 22.627 2009 26.829 2010 21.085 2011 34.588 2012 29.650 2013 33.845 2014 26.126 2015 24.407 2016 13.846 Der Einschlag umfasst sowohl planmäßige Waldpflege als auch notwendige Waldschutzmaßnahmen bzw. zwangsbedingte Nutzungen (z. B. nach Sturm oder Borkenkäferbefall). Eine revierweise Aufgliederung ist aufgrund von Veränderungen der Revierausformung im Auswertungszeitraum nicht möglich. b) Wie hoch war der Holzeinschlag des Forstbetriebs Oberammergau in den Jahren 2004 bis 2016 jährlich auf der Gesamtfläche des Forstbetriebs (in Festmeter (fm), wenn möglich aufgeschlüsselt nach Forstrevier)? Nachfolgend der Holzeinschlag des Forstbetriebs Oberammergau innerhalb seiner Gesamtfläche: Geschäftsjahr Einschlag Erntefestmeter ohne Rinde [Efm o. R.] 2006 80.831 2007 83.753 2008 87.332 Drucksache 17/18031 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Geschäftsjahr Einschlag Erntefestmeter ohne Rinde [Efm o. R.] 2009 98.307 2010 94.710 2011 102.259 2012 106.149 2013 107.941 2014 105.630 2015 141.591 2016 82.205 Der Einschlag umfasst sowohl planmäßige Waldpflege als auch notwendige Waldschutzmaßnahmen bzw. zwangsbedingte Nutzungen (z. B. nach Sturm oder Borkenkäferbefall). Eine revierweise Aufgliederung ist aufgrund von Veränderungen der Revierausformung im Auswertungszeitraum nicht möglich. c) Auf wie vielen Hektar (ha) des in etwa 23.000 ha umfassenden Nationalparkvorschlags wurde vom Forstbetrieb Oberammergau in den letzten 10 Jahren ein Holzeinschlag vorgenommen? Innerhalb der Kulisse des Naturschutzgebiets Ammergebirge wurden in den Geschäftsjahren 2006 bis 2016 auf rechnerisch insgesamt etwa 7.700 ha Fläche des Forstbetriebs Oberammergau Holzerntemaßnahmen im engeren Sinne durchgeführt. Hinzu kommen in der Regel auf weiteren Flächen zusätzliche Maßnahmen wie Pflanzung, Waldpflege ohne Ertrag und Schutzwaldsanierung. 6. a) Wie viele Hektar Waldfläche des Staatsforsts in Zuständigkeit des Forstbetriebs Oberammergau sind im Nationalpark-Vorschlagsgebiet Ammergebirge derzeit verpachtet? Auf der Fläche des Forstbetriebs Oberammergau gibt es rd. 1.000 Gestattungsverträge, die Dritten Nutzungsmöglichkeiten einräumen, zum Beispiel: • Bergbahnen, Lifte und Wintersporteinrichtungen, • Freizeit- und Tourismuseinrichtungen, • gemeinnützige Flächeninanspruchnahmen, • Ver- und Entsorgungsleitungen und -einrichtungen, • landwirtschaftliche oder almwirtschaftliche Pachtflächen oder • Flächenbereitstellungen für Lagerzwecke. Es sind keine Waldflächen an Dritte zur forstwirtschaftlichen Nutzung verpachtet. b) Wie viele Hektar Weidefläche in Zuständigkeit des Forstbetriebs Oberammergau sind im Nationalpark -Vorschlagsgebiet Ammergebirge derzeit verpachtet ? Am Forstbetrieb Oberammergau sind derzeit insgesamt rund 650 ha Weideflächen zur almwirtschaftlichen Nutzung verpachtet. Zusätzlich werden gut 170 ha talnahe Grünlandflächen durch Dritte im Rahmen von Pachtverhältnissen landwirtschaftlich genutzt. Ferner sind etwa 23.500 ha des vom Forstbetrieb Oberammergau bewirtschafteten Staatsforstbesitzes mit im Grundbuch eingetragenen Weiderechten belastet. c) Welche Hütten oder ähnliche Liegenschaften in Zuständigkeit des Forstbetriebs Oberammergau sind im Nationalpark-Vorschlagsgebiet Ammergebirge derzeit verpachtet? Derzeit sind im Forstbetrieb Oberammergau 23 Hütten und ähnliche Liegenschaften längerfristig, überwiegend an gemeinnützige Institutionen, vermietet. 7. a) Welche Rechte haben die angrenzenden Kommunen im Staatswald des Nationalpark-Vorschlagsgebiet Ammergebirge, das sich in Zuständigkeit des Forstbetriebs Oberammergau befindet? Am Forstbetrieb Oberammergau gibt es zwei größere Holzbezugsrechte von Kommunen mit einem Umfang von insgesamt rund 180 Forstmeter (fm) Langholz pro Jahr sowie zahlreiche kleinere Holzbezugsrechte zum Unterhalt von gemeindeeigenen Anwesen, Wiesstadeln und sonstigen Bauwerken. Daneben verfügen einige Gemeinden über Weide- und Streurechte im Staatswald. Die Inanspruchnahme von Staatswald durch Kommunen zum Zwecke der öffentlichen Daseinsvorsorge ist in Einzelfällen ebenfalls durch Rechte gesichert. Eine exakte Erfassung dieser Rechte ist jedoch mit vertretbarem Aufwand nicht möglich. b) Welche Pflichten bzw. Aufgaben obliegen den angrenzenden Kommunen im Staatswald des Nationalpark -Vorschlagsgebiets Ammergebirge, das sich in Zuständigkeit des Forstbetriebs Oberammergau befindet? Die Aufgaben der Kommunen bzgl. der in ihrem Gemeindegebiet liegenden oder daran angrenzenden Staatswaldflächen ergeben sich grundlegend aus Art. 83 der Bayerischen Verfassung (BV) und Art. 6 der Gemeindeordnung für den Freistaat Bayern (GO). Hinzu kommt u. a. die Entwicklung des Tourismus, z. B. durch das Vorhalten und Pflegen von Erholungs- und Tourismuseinrichtungen. 8. a) Wie viele Hektar der im Naturschutzkonzept Oberammergau angegebenen Klasse-1 und Klasse- 2-Wälder liegen in der Suchkulisse des potenziellen Nationalparks Ammergebirge? Innerhalb des Naturschutzgebiets Ammergebirge sind nach Naturschutzkonzept der SF 1.136 ha Fläche in die sog. Klasse 1 und 3.564 ha Fläche in die sog. Klasse 2 eingestuft (siehe Regionales Naturschutzkonzept des Forstbetriebs Oberammergau http://www.baysf.de/de/wald-schuetzen/naturschutz .html und http://www.baysf.de/de/wald-schuetzen/ klasse-1-waelder.html). b) Wie groß ist die Holzbodenfläche der bayerischen Staatsforsten im Bereich der Suchkulisse des potenziellen Nationalparks Ammergebirge? Die Holzbodenfläche des Forstbetriebs Oberammergau umfasst innerhalb des Naturschutzgebiets Ammergebirge 12.514 ha Fläche.