Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Markus Rinderspacher SPD vom 21.06.2017 Belastung durch Ablassen von Kerosin über Bayern seit 2012 Ich frage die Staatsregierung: 1.1 Wie häufig sind sogenannte Treibstoffschnellablässe durch Flugzeuge über dem bayerischen Luftraum in den vergangenen sechs Jahren vorgekommen? 1.2 Wie viel Kerosin wurde in den vergangenen sechs Jahren über Bayern durch den Flugverkehr abgelassen (bitte Angaben in Datum, Tonnen und aufschlüsselt nach Landkreis und Regierungsbezirk)? 1.3 Was passiert nach Kenntnis der Staatsregierung mit dem abgelassenen Treibstoff, und wie ist dieser auf der Erdoberfläche wahrnehmbar? 2.1 Welche gesundheitlichen Beeinträchtigungen entstanden durch den Kerosinablass für die bayerische Bevölkerung ? 2.2 Welche gesundheitlichen Schäden können generell bei Menschen auftreten, wenn sie Flugzeugtreibstoff mittelbar oder unmittelbar ausgesetzt sind? 3.1 Welche Auswirkungen hatte der Eintrag von Flugzeugtreibstoff in die Umwelt nach Kenntnis der Staatsregierung (bitte möglichst nach Auswirkungen auf Oberflächengewässer , Grundwasserkörper, Boden und auf die damit verbundene Flora und Fauna aufschlüsseln )? 3.2 Welche Umweltschäden können generell durch den Eintrag von Flugzeugtreibstoff auftreten? 4. Besteht eine Meldepflicht von Treibstoffschnellablässen durch die Fluggesellschaften? 5.1 Wie wird die Kerosinbelastung im bayerischen Luftraum überwacht? 5.2 Wie wird die Kerosinbelastung im bayerischen Luftraum gemessen? 6.1 Wie verhält sich die Situation der Treibstoffschnellablässe im militärischen Bereich (bitte Angaben in Jahren , Tonnen und aufschlüsselt nach Jahr, Landkreis und Regierungsbezirk)? 6.2 Welche Meldepflichten existieren für Militärflugzeuge bei Treibstoffablass? 6.3 Wie unterscheidet sich der Treibstoff von Militärmaschinen im Vergleich zu herkömmlichem Triebstoff der zivilen Luftfahrt insbesondere im Hinblick auf die Konsequenzen für die Gesundheit des Menschen als auch die Umwelt? 7. Wie hoch ist die Belastung durch Kerosinablass in Bayern im Gesamten im Verhältnis zu anderen Bundesländern (bitte Angaben in Jahren, Tonnen, Bundesländern )? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 09.08.2017 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz und dem Staatsministerium für Gesundheit und Pflege sowie aufgrund der vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur erhaltenen Informationen wie folgt beantwortet : Vorbemerkung: Das Thema Ablassen von Treibstoff durch Militärflugzeuge und zivile Luftfahrzeuge war Gegenstand unter anderem einer Kleinen Anfrage, die von der Bundesregierung im Oktober 2016 beantwortet wurde (BT-Drs. 18/9917). Demnach haben im zivilen Bereich nur vierstrahlige Langstreckenflugzeuge technische Möglichkeiten zum Ablassen des Kerosins (Kraftstoffschnellablass/Fuel Dumping). Beim Kraftstoffschnellablass handelt es sich um ein Notverfahren sowohl für zivile als auch für militärische Luftfahrzeuge, um aus Gründen der Flugsicherheit eine sichere Kontrolle und Landung des Luftfahrzeuges zu ermöglichen. Gründe der Flugsicherheit sind z. B. Situationen, die eine schnellstmögliche Landung erforderlich machen, obwohl sich noch große Kraftstoffmengen an Bord befinden, wie beispielsweise unmittelbar nach dem Start. Die Flugsicherung weist dem Piloten ein Gebiet zum Ablassen zu. Kraftstoffschnellablass soll nach den Regularien der Internationalen Zivilluftfahrtorganisation ICAO über möglichst dünn besiedeltem Gebiet und in einer Mindesthöhe von 6.000 Fuß über Grund (ca. 1.800 m) stattfinden. 1.1 Wie häufig sind sogenannte Treibstoffschnellab lässe durch Flugzeuge über dem bayerischen Luft raum in den vergangenen sechs Jahren vorgekom men? In den vergangenen Jahren wurden insgesamt 28 Kraftstoffschnellablässe über Bayern registriert. 1.2 Wie viel Kerosin wurde in den vergangenen sechs Jahren über Bayern durch den Flugverkehr ab Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 17.11.2017 17/18047 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/1718047 gelassen (bitte Angaben in Datum, Tonnen und aufschlüsselt nach Landkreis und Regierungsbe zirk)? Die durchgeführten Kraftstoffschnellablassverfahren in den Jahren 2012 bis 2017 (soweit für 2017 schon bekannt) durch zivile Luftfahrzeuge im Luftraum über Bayern können der folgenden Tabelle entnommen werden: Datum Bundesland Treibstoffmenge 09.02.2012 Rheinland-Pfalz / Hessen / Bayern 17 t 18.02.2012 Bayern 50 t 13.03.2012 Bayern Gesamt 80 t (Menge in BRD unbekannt) 24.07.2012 Bayern 10,7 t 02.08.2012 Bayern unbekannt (Dauer 4 min) 02.04.2013 Bayern unbekannt 07.07.2013 Bayern 56 t 25.08.2013 Bayern / Baden-Württemberg 80 t 27.10.2013 Bayern / Baden-Württemberg 21 t 24.02.2014 Bayern 17 t 10.12.2014 Bayern 20 t 30.05.2015 Bayern 13 t 26.07.2015 Bayern unbekannt 15.08.2015 Bayern / Thüringen 50 t 05.09.2015 Bayern / Baden-Württemberg 24 t 24.10.2015 Bayern 51 t 20.11.2015 Bayern 50 t 22.11.2015 Bayern / Baden-Württemberg 66 t 12.12.2015 Bayern 67 t 13.02.2016 Bayern 26 t 07.03.2016 Bayern 10 t 16.04.2016 Bayern unbekannt 28.04.2016 Bayern / Baden-Württemberg 20 t 01.06.2016 Bayern / Baden-Württemberg 25 t 23.06.2016 Bayern 51 t 24.11.2016 Bayern 52 t 18.03.2017 Bayern 3 t 19.03.2017 Bayern 10 t Die Flüge, bei denen das Notverfahren zum Ablassen von Kerosin angewendet wird, finden über größere Strecken statt, die gegebenenfalls über mehreren Bundesländern oder Staaten liegen. Eine Erfassung nach Landkreisen und Regierungsbezirken findet nicht statt. 1.3 Was passiert nach Kenntnis der Staatsregierung mit dem abgelassenen Treibstoff, und wie ist die ser auf der Erdoberfläche wahrnehmbar? Es wird auf die Antwort der Bundesregierung auf Frage 4 der Kleinen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN vom 06.10.2016 in der BT-Drs. 18/9917 verwiesen. 2.1 Welche gesundheitlichen Beeinträchtigungen ent standen durch den Kerosinablass für die bayeri sche Bevölkerung? Der Staatsregierung sind keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen für die bayerische Bevölkerung durch Ablassen von Kerosin aus Luftfahrzeugen bekannt. 2.2 Welche gesundheitlichen Schäden können gene rell bei Menschen auftreten, wenn sie Flugzeug treibstoff mittelbar oder unmittelbar ausgesetzt sind? Es wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 8 der Kleinen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN vom 06.10.2016 in der BT-Drs. 18/9917 verwiesen. Die Bundesregierung weist darauf hin, dass die beschriebenen gesundheitlichen Effekte durch das Ablassen von Kerosin nicht zu erwarten sind, weil die dazu erforderlichen Konzentrationen bei Weitem nicht erreicht werden. 3.1 Welche Auswirkungen hatte der Eintrag von Flug zeugtreibstoff in die Umwelt nach Kenntnis der Staatsregierung (bitte möglichst nach Auswirkun gen auf Oberflächengewässer, Grundwasserkör per, Boden und auf die damit verbundene Flora und Fauna aufschlüsseln)? Der Staatsregierung liegen keine Erkenntnisse zu eventuellen Auswirkungen von abgelassenem Kerosin auf die Tierund Pflanzenwelt sowie auf Oberflächengewässer oder Grundwasser vor. Im Übrigen wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 5 der Kleinen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 06.10.2016 in der BT-Drs. 18/9917 sowie auf Bundestagsdrucksache 13/6938 hingewiesen . 3.2 Welche Umweltschäden können generell durch den Eintrag von Flugzeugtreibstoff auftreten? Es wird auf die Antwort der Bundesregierung zu Frage 7 der Kleinen Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 06.10.2016 in der BT-Drs. 18/9917 verwiesen. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass das Thema Treibstoffablässe im Flugverkehr in der 88. Umweltministerkonferenz am 05.05.2017 behandelt wurde. Die Umweltministerinnen, -minister, -senatorin und -senatoren der Länder stellten dabei fest, dass Treibstoffablässe von zivilen und militärischen Flugzeugen zur Gewährleistung der Flugsicherheit nach geltendem Recht zwar zulässig sind. Um der Besorgnis der betroffenen Bevölkerung Rechnung zu tragen, baten sie jedoch den Bund, eine aktuelle Bewertung über den Umfang und die Auswirkungen von Treibstoffablässen auf neuesten wissenschaftlichen Grundlagen vorzunehmen. Diese steht noch aus. 4. Besteht eine Meldepflicht von Treibstoffschnellab lässen durch die Fluggesellschaften? Der Ablass von Treibstoff während des Fluges ist ein Notverfahren und muss vom Piloten der zuständigen Flugverkehrskontrolle gemeldet werden. Die DFS Deutsche Flugsicherung GmbH erfasst die Meldungen der Piloten. 5.1 Wie wird die Kerosinbelastung im bayerischen Luftraum überwacht? Es liegen keine Erkenntnisse im Hinblick auf eine Überwachung der Kerosinbelastung im bayerischen Luftraum vor. Drucksache 17/18047 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 5.2 Wie wird die Kerosinbelastung im bayerischen Luftraum gemessen? Es liegen keine Erkenntnisse im Hinblick auf die Messung der Kerosinbelastung im bayerischen Luftraum vor. 6.1 Wie verhält sich die Situation der Treibstoffschnell ablässe im militärischen Bereich (bitte Angaben in Jahren, Tonnen und aufschlüsselt nach Jahr, Landkreis und Regierungsbezirk)? Die durchgeführten Kraftstoffschnellablassverfahren durch militärische Luftfahrzeuge in den Jahren 2012 bis 2017 im Luftraum über Bayern können der folgenden Tabelle entnommen werden: Jahr Anzahl Kraftstoffmenge 2012 1 3,0 t 2013 - - 2014 - - 2015 - - 2016 - - 2017 1 0,5 t Angaben zu den betroffenen Landkreisen und Regierungsbezirken liegen nicht vor. 6.2 Welche Meldepflichten existieren für Militärflug zeuge bei Treibstoffablass? Grundsätzlich findet ein Kraftstoffschnellablass immer in Absprache mit der verantwortlichen Flugverkehrskontrollstelle (FVK), in einem Luftraum mit geringer Luftverkehrsdichte über unbewohntem oder dünn besiedeltem Gebiet sowie in einer Mindestflughöhe statt, die verhindern soll, dass konzentrierte Kraftstoffmengen den Boden erreichen. Die Luftfahrzeugbesatzungen melden einen geplanten Ablassvorgang direkt über Funk an die zuständige zivile bzw. militärische FVK-Stelle. Wird eine militärische FVK-Stelle informiert, meldet diese den Vorgang an alle betroffenen zivilen FVK-Stellen und Kontrollsektoren der DFS Deutschen Flugsicherung GmbH weiter. Darüber hinaus existieren weitere interne Meldeverpflichtungen der betroffenen Verbände im Bereich der Bundeswehr und gegenüber dem Luftfahrtamt der Bundeswehr und dem Bundesministerium der Verteidigung. 6.3 Wie unterscheidet sich der Treibstoff von Militär maschinen im Vergleich zu herkömmlichem Treib stoff der zivilen Luftfahrt insbesondere im Hinblick auf die Konsequenzen für die Gesundheit des Menschen als auch die Umwelt? Die militärischen Flugkraftstoffe F-34 und F-44 und der zivile Flugkraftstoff Jet A-1 sind im Hinblick auf die davon ausgehenden Gefahren für Gesundheit und Umwelt gleich zu bewerten. 7. Wie hoch ist die Belastung durch Kerosinablass in Bayern im Gesamten im Verhältnis zu anderen Bundesländern (bitte Angaben in Jahren, Tonnen, Bundesländern)? Der Überflug über mehrere Bundesländer während eines Ablasses macht eine direkte und genaue Zuordnung zu einem Bundesland unmöglich. In der vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur übermittelten Tabelle wurde daher in diesen Fällen die abgelassene Kraftstoffmenge auf die betroffenen Bundesländer gleich verteilt: Bundesland 2012 2013 2014 2015 2016 2017 Baden- Württemberg 0 t 50,5 t 0 t 45 t 22,5 t 0 t Bayern 66,3 t 106,5 t 37 t 249 t 161,5 t 13 t Brandenburg 22,2 t 0 t 0 t 0 t 12 t 27,3 t Hessen 20,3 t 151,3 t 15 t 0 t 12,25 t 0 t Mecklenburg- Vorpommern 0 t 0,3 t 50 t 34,5 t 0 t 13,3 t Nordrhein- Westfalen 3 t 61 t 46,75 t 0 t 63,5 t 1,7 t Niedersachsen 7 t 0 t 0 t 1 t 42 t 4,7 t Rheinland- Pfalz 5,7 t 209,2 t 47 t 113 t 177,85 t 186 t Sachsen- Anhalt 8 t 21 t 80 t 61 t 0 t 13,3 t Sachsen 90,2 t 0 t 0 t 61 t 0 t 0 t Thüringen 22,8 t 0 t 0 t 46 t 0 t 0 t Die gesamte Kraftstoffmenge, die in den Jahren 2012 bis 2017 (soweit für 2017 schon bekannt) über den genannten elf Bundesländern abgelassen wurde, beträgt 2.482,45 t. Davon betreffen – mit Hinweis auf die Unschärfe der Berechnung gemäß den Ausführungen oben – 633,30 t, das heißt ca. 25 Prozent, den Freistaat Bayern. Der Flächenanteil Bayerns beträgt ca. ein Fünftel der Bundesrepublik Deutschland. Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/1718047