Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Ludwig Hartmann BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 07.07.2017 Sonderflughafen Oberpfaffenhofen In letzter Zeit mehren sich Beschwerden der Anwohner/ -innen des Sonderflughafens Pfaffenhofen. Es geht dabei vor allem um außerhalb der in der Betriebsgenehmigung festgesetzten Flugzeiten genehmigte Starts und Landungen . Das Luftamt Südbayern erklärt diese Sondergenehmigungen meist mit aus dem Routinegeschäft durchgeführten Ermessensentscheidungen unter Abwägung der Belange des Luftverkehrs mit den Belangen des Lärmschutzes. Hiermit frage ich die Staatsregierung: 1. a) Wie viele Flugbewegungen gab es jeweils jährlich seit 2010 am Sonderflughafen Oberpfaffenhofen? b) Wie viele davon an Sonn- und Feiertagen? c) Wie gliedern sich diese Flugbewegungen nach Luftfahrzeuggruppen ? 2. a) Wurde die Genehmigung gemäß § 6 des Luftverkehrsgesetzes (LuftVG) zur Anlegung und zum Betrieb des Sonderflughafens Oberpfaffenhofen seit der Änderungsmitteilung des Luftamts Südbayern vom 23.07.2008 erneut geändert oder ergänzt? b) Falls ja, in welchen Punkten und mit welchem Inhalt? 3. a) Wie viele Starts und Landungen wurden jeweils in den Jahren seit 2010 außerhalb der Betriebszeit genehmigt ? b) Was waren die jeweiligen Gründe für die Genehmigung ? c) Wie viel Prozent der beantragten Sondergenehmigungen wurden seit 2010 schließlich jährlich gewährt? 4. Wie verteilen sich die unter Fragenkomplex 3 erfragten Daten auf die Luftfahrzeuggruppen? 5. a) Welche Vorgaben existieren bezüglich der im Vorwort genannten Abwägung? b) Welche Aspekte werden in diese Abwägung wie gewichtet ? c) In welchen Situationen käme es zu einer Ablehnung des Genehmigungsantrags? 6. a) Welche Auskunfts- und Beschwerdemöglichkeiten haben die Anwohnerinnen und Anwohner bei vermuteten oder realen Verstößen gegen die geltende Genehmigung zum Betrieb des Sonderflughafens Oberpfaffenhofen ? b) Wie weit reicht die Auskunftspflicht des Luftamts Südbayern ? 7. Ist der Staatsregierung bekannt, wie viele Beschwerden jeweils jährlich seit 2010 beim Luftamt Südbayern eingegangen sind? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 16.08.2017 1. a) Wie viele Flugbewegungen gab es jeweils jährlich seit 2010 am Sonderflughafen Oberpfaffenhofen? Die jährliche Zahl der Flugbewegungen am Sonderflughafen Oberpfaffenhofen seit 2010 stellt sich wie folgt dar: Jahr Flugbewegungen* 2010 10.652 2011 10.496 2012 11.114 2013 9.622 2014 11.090 2015 9.762 2016 10.311 * ohne Segelflug b) Wie viele davon an Sonn- und Feiertagen? Gemäß der luftrechtlichen Genehmigung vom 23.07.2008 besteht ein jährliches Kontingent von maximal 200 Flugbewegungen an Sonn- und Feiertagen; hiervon ausdrücklich ausgenommen sind Flugbewegungen der ortsansässigen Flugsportgruppe des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt. Die jährliche Zahl der Flugbewegungen an Sonn- und Feiertagen stellt sich seit 2010 wie folgt dar (ohne Sportflug): Jahr Flugbewegungen an Sonn- und Feiertagen Bemerkungen 2010 147 2011 174 2012 185 2013 187 2014 176 Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 06.12.2017 17/18071 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/18071 Jahr Flugbewegungen an Sonn- und Feiertagen Bemerkungen 2015 210 14 Flugbewegungen sind nach § 25 Luftverkehrsgesetz (LuftVG; Außenstart- und -landeerlaubnisse ) genehmigt und daher vom Jahreskontingent 200 Flüge ausgenommen worden, darunter insbesondere Flüge anlässlich G7-Gipfel und Münchner Sicherheitskonferenz , die im vorrangigen Sicherheitsinteresse liegen und daher nicht der Flughafenbetreiberin auf ihr Kontingent angerechnet werden. Aus Gründen des praktischen Umgangs mit dem Jahreskontingent , insbesondere auch im Hinblick auf den zeitlich oft nicht genau kalkulierbaren Forschungsflugbetrieb, gestattet die Genehmigungsbehörde, maximal 20 nicht genutzte Flüge des Vorjahres in das Folgejahr zu verschieben, daher konnten 20 nicht genutzte Flüge aus dem Jahr 2014 noch in 2015 durchgeführt werden. 2016 193 15 Flugbewegungen nach § 25 LuftVG genehmigt und aus oben genannten Gründen vom Kontingent ausgenommen, darunter insbesondere Flüge anlässlich der Sicherheitskonferenz und von einzelnen Staatsgästen. c) Wie gliedern sich diese Flugbewegungen nach Luftfahrzeuggruppen? Die Flugbewegungen gliedern sich nach Flugzeuggruppen wie folgt: Jahr Ge-samt H1 H2 P1 P2 PM2 S1J2 S1J3 2010 10.652 84 664 6.796 583 1 16 2.508 2011 10.496 27 342 6.497 803 2 2 2.823 2012 11.114 78 316 7.124 557 2 2 3.035 2013 9.622 65 300 5.573 700 0 0 2.984 2014 11.090 131 315 6.933 991 15 2 2.703 2015 9.762 99 308 6.136 468 0 2 2.749 2016 10.311 107 369 6.195 409 6 18 3.207 Definition der Luftfahrzeuggruppen: H1: Hubschrauber mit MTOW (= zulässiges Gesamtgewicht ) bis 2,5 t H2: Hubschrauber mit MTOW über 2,5 t P1: Propellerflugzeuge mit Kolben- oder Turbinenantrieb bis MTOW 5,7 t P2: Zivile Propellerflugzeuge mit Kolben- oder Turbinenantrieb mit MTOW über 5,7 t PM2: Militärische Propellerflugzeuge mit Kolben- oder Turbinenmotor über MTOW 5,7 t S1J2: Strahlflugzeuge mit MTOW bis 100 t nach ICAO Annex 16, Chapter 2 S1J3: Strahlflugzeuge mit MTOW bis 100 t nach ICAO Annex 16, Chapter 3 2. a) Wurde die Genehmigung gemäß § 6 des Luftverkehrsgesetzes (LuftVG) zur Anlegung und zum Betrieb des Sonderflughafens Oberpfaffenhofen seit der Änderungsmitteilung des Luftamts Südbayern vom 23.07.2008 erneut geändert oder ergänzt? Nein. b) Falls ja, in welchen Punkten und mit welchem Inhalt ? Siehe Antwort zu Frage 2 a. 3. a) Wie viele Starts und Landungen wurden jeweils in den Jahren seit 2010 außerhalb der Betriebszeit genehmigt? Folgende Flugbewegungen wurden – genehmigt gemäß § 25 LuftVG – außerhalb der Betriebszeit durchgeführt (einschließlich der allgemein genehmigten medizinischen Hilfeleistungsflüge ): Jahr Flugbewegungen nach § 25 LuftVG außerhalb der Betriebszeit 2010 22 2011 26 2012 36 2013 9 2014 9 2015 1 2016 5 b) Was waren die jeweiligen Gründe für die Genehmigung ? Die Gründe für Ausnahmen waren im Wesentlichen Forschungsflüge des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), Flüge aus Sicherheitsinteressen (ausländische Politiker) sowie bei den örtlichen Werftbetrieben und Herstellern Musterzulassungsflüge der Hersteller und Ambulanzflüge . c) Wie viel Prozent der beantragten Sondergenehmigungen wurden seit 2010 schließlich jährlich gewährt ? Es wurden im Bereich des Werft- und qualifizierten Geschäftsreiseflugverkehrs nicht alle Anträge genehmigt. Viele Anfragen werden auch gar nicht erst bei der Genehmigungsbehörde gestellt, sondern schon im Vorfeld von der Flughafenbetreiberin aufgrund aussichtsloser Begründung zurückgewiesen. Die Ablehnungsquote der bei der Genehmigungsbehörde konkret gestellten Anträge liegt bei ca. 20 Prozent. Mithin werden bis dato ca. 80 Prozent der bei der Genehmigungsbehörde konkret gestellten Anträge positiv verbeschieden, da viele Anträge schon im Vorfeld zurückgewiesen werden. 4. Wie verteilen sich die unter Fragenkomplex 3 erfragten Daten auf die Luftfahrzeuggruppen? In der Statistik (s. Frage 1) werden alle Flugbewegungen ohne eine weitergehende Differenzierung erfasst. Soweit die Genehmigungen den Bereich des qualifizierten Geschäftsreiseflugverkehrs und den Werftverkehr betreffen, repräsentieren diese den typischen Flugzeugmix, erfüllen aber auch die erhöhten Lärmschutzanforderungen. Drucksache 17/18071 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 5. a) Welche Vorgaben existieren bezüglich der im Vorwort genannten Abwägung? Die sog. Außenstart- und -landeerlaubnisse werden gem. § 25 LuftVG bewilligt und liegen im pflichtgemäßen Ermessen der Genehmigungsbehörde. Im Rahmen dieser Ermessensentscheidungen werden die Belange des Luftverkehrs mit den Belangen des Lärmschutzes bezogen auf den konkreten Einzelfall abgewogen. b) Welche Aspekte werden in diese Abwägung wie gewichtet? Es fließen insbesondere folgende Aspekte in den Abwägungsprozess ein: Uhrzeit des Fluges (im Nachtzeitraum Lärmschutz besonders gewichtig), Flug aus Gründen der öffentlichen Sicherheit (z. B. Transport einer sicherheitsgefährdeten Person) sowie öffentliches Interesse (z. B. Forschung ). Im Übrigen ist die Interessenlage für jeden Einzelfall gesondert zu bewerten. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass sich die Lärmsituation am Flugplatz mit zuletzt jährlich 10.311 Flugbewegungen deutlich günstiger entwickelt hat als noch im Rahmen der luftrechtlichen Genehmigung aus dem Jahr 2008 für 2016 prognostiziert (33.521 Flüge). c) In welchen Situationen käme es zu einer Ablehnung des Genehmigungsantrags? Zu einer Ablehnung eines Genehmigungsantrags kommt es, wenn die unter 5 a und 5 b beschriebene Abwägung zum Ergebnis führt, dass die Belange des Lärmschutzes gewichtiger erscheinen als die Belange des Luftverkehrs. Dabei ist immer der Einzelfall zu bewerten. Generelle Aussagen dazu sind daher nicht möglich. 6. a) Welche Auskunfts- und Beschwerdemöglichkeiten haben die Anwohnerinnen und Anwohner bei vermuteten oder realen Verstößen gegen die geltende Genehmigung zum Betrieb des Sonderflughafens Oberpfaffenhofen? Hier besteht die Möglichkeit, eine Anfrage/Beschwerde bei der für den Sonderflughafen Oberpfaffenhofen zuständigen Genehmigungsbehörde (Luftamt Südbayern) zu stellen/zu erheben. b) Wie weit reicht die Auskunftspflicht des Luftamts Südbayern? Das Luftamt Südbayern teilt mit, ob der Flug zulässig war. Ob darüber hinaus weitere Auskünfte erteilt werden können, hängt von der Anfrage und der konkreten Prüfung des Einzelfalls ab. Zu der Prüfung gehört beispielsweise, welche Informationen bereits vorhanden sind, z. B. welcher Flugzeugtyp geflogen wurde, aber auch, ob bestimmte Informationen aus Gründen der Wahrung des Persönlichkeitsschutzes oder von Persönlichkeitsrechten nicht gegeben werden können, z. B. Name des Piloten bzw. der Pilotin oder des Passagiers oder der Passagiere. 7. Ist der Staatsregierung bekannt, wie viele Beschwerden jeweils jährlich seit 2010 beim Luftamt Südbayern eingegangen sind? Es ergibt sich folgende Anzahl an Beschwerden pro Jahr: Jahr Anzahl 2010 12 2011 7 2012 23 2013 6 2014 2 2015 4 2016 3