Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Hans Jürgen Fahn FREIE WÄHLER vom 23.06.2017 Verkehrsdelikte ausländischer Diplomaten in Bayern In Berlin ereignete sich vor Kurzem ein tödlicher Fahrradunfall , der mutmaßlich von einem ausländischen Diplomaten verursacht wurde. Das Auswärtige Amt teilte in diesem Zusammenhang mit, es hätte im Jahr 2016 22.880 Verkehrsdelikte gegeben, die Diplomaten auf dem Gebiet der Bundesrepublik Deutschland zu verantworten hätten. Ich frage deshalb die Staatsregierung: 1.1 Wie viele Verkehrsdelikte wurden – bitte aufgeschlüsselt nach Jahren – zwischen 2013 und 2016 von ausländischen Diplomaten auf dem Gebiet des Freistaates Bayern begangen? 1.2 Wie viele Verkehrsdelikte davon ereigneten sich auf dem Gebiet der Landeshauptstadt München? 1.3 Wie viele Verkehrsdelikte hatten davon tödliche Ausgänge ? 2.1 In wie vielen Fällen wurde das Gesandtschaftsrecht ausgeschöpft? 2.2 Wie häufig erfolgte ein Antrag auf Aufhebung der Immunität des verantwortlichen Diplomaten? 2.3 Wie häufig erfolgte die Aufforderung zur Abberufung des verantwortlichen Diplomaten? 3. Welche künftigen Maßnahmen sind für die Staatsregierung angesichts dieser beschränkten Handlungsmöglichkeiten bei ausländischen Diplomaten vorstellbar, um die Zahl dieser Delikte nachhaltig zu reduzieren? Antwort in Abstimmung mit dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr vom 17.08.2017 1.1 Wie viele Verkehrsdelikte wurden – bitte aufgeschlüsselt nach Jahren – zwischen 2013 und 2016 von ausländischen Diplomaten auf dem Gebiet des Freistaats Bayern begangen? Die nach dem Wiener Übereinkommen über die diplomatischen Beziehungen (WÜD) und nach dem Wiener Übereinkommen über die konsularischen Beziehungen (WÜK) bevorrechtigten Mitglieder der diplomatischen und berufskonsularischen Missionen sind ungeachtet ihrer Privilegien verpflichtet, die im Empfangsstaat geltende Rechtsordnung zu beachten (Art. 41 WÜD, Art. 55 WÜK). Hierzu gehören auch die Bestimmungen des Verkehrsrechts. Diplomaten sind allerdings grundsätzlich gemäß Art. 31 WÜD von der Straf-, Zivil- und Verwaltungsgerichtsbarkeit des Empfangsstaates freigestellt (immun). Dies gilt gemäß Art. 43 WÜK auch für Handlungen von Berufskonsularbeamten, die „in Wahrnehmung konsularischer Aufgaben vorgenommen werden“ (Amtsimmunität). Die Befreiung von der Gerichtsbarkeit umfasst auch verwaltungsrechtliche Maßnahmen (z. B. Bußgeldverfahren). Diese sind unzulässig. Sofern ein Diplomat nach Feststellung durch die Polizei seine Bevorrechtigung nachweist, wird der Verkehrsverstoß daher in der Regel nicht dokumentiert. Besondere Einzelfälle werden jedoch an die zuständigen Behörden gemeldet. Wenn keine Anhaltung an Ort und Stelle erfolgte (z. B. eine Geschwindigkeitsüberschreitung durch eine Geschwindigkeitsüberwachungsanlage festgestellt wurde) oder der Verstoß im ruhenden Verkehr stattfand (Parkverstoß), findet eine Erfassung in Bayern beim Polizeiverwaltungsamt statt. Beim Polizeiverwaltungsamt wurden folgende Verfahren mit Erledigungsgrund 120 – exterritoriale oder bevorrechtigte Personen – erledigt: 2013: 377 (München: 288) 2014: 393 (München: 282) 2015: 331 (München: 220) 2016: 356 (München: 245) Diese Zahlen enthalten keine Verfahren, bei denen der Diplomatenstatus erst im Rahmen des Einspruchsverfahrens bekannt geworden ist. Diese Fälle sind nicht automatisch recherchierbar. Im Übrigen liegen keine Zahlen der kommunalen Verkehrsüberwachung vor. 1.2 Wie viele Verkehrsdelikte davon ereigneten sich auf dem Gebiet der Landeshauptstadt München? Zu den verfügbaren Zahlen siehe Antwort zu Frage 1.1. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 04.01.2018 Drucksache 17/18075 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/18075 1.3 Wie viele Verkehrsdelikte hatten davon tödliche Ausgänge? Verkehrsdelikte durch Diplomaten mit tödlichem Ausgang sind nicht bekannt. 2.1 In wie vielen Fällen wurde das Gesandtschaftsrecht ausgeschöpft? Die Staatskanzlei weist ebenso wie das Auswärtige Amt bei konzentriert auftretenden Vergehen einzelne diplomatische bzw. konsularische Vertretungen bilateral auf die Pflicht zur Beachtung inländischer Gesetze hin. Im Bereich der strafrechtlichen Ermittlungen (Trunkenheitsfahrten, Unfallflucht, Körperverletzung etc.) wird das Auswärtige Amt von den zuständigen bayerischen Behörden informiert. Es geht dann Einzelfällen konsequent nach und schöpft je nach Schwere des Falles die zur Verfügung stehenden Mittel des Gesandtschaftsrechts (Antrag auf Aufhebung der Immunität, Aufforderung zur Abberufung bis hin zur einseitigen „Persona non grata-Erklärung“) aus. Fallzahlen sind hier nicht bekannt. 2.2 Wie häufig erfolgte ein Antrag auf Aufhebung der Immunität des verantwortlichen Diplomaten? Entsprechende Anträge liegen in der Zuständigkeit des Auswärtigen Amtes. Fallzahlen sind hier nicht bekannt. 2.3 Wie häufig erfolgte die Aufforderung zur Abberufung des verantwortlichen Diplomaten? Entsprechende Anträge liegen in der Zuständigkeit des Auswärtigen Amtes. Fallzahlen sind hier nicht bekannt. 3. Welche künftigen Maßnahmen sind für die Staatsregierung angesichts dieser beschränkten Handlungsmöglichkeiten bei ausländischen Diplomaten vorstellbar, um die Zahl dieser Delikte nachhaltig zu reduzieren? Aufgrund der bestehenden Rechtslage kommt als präventive Maßnahme lediglich Aufklärung in Betracht.