Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Gabi Schmidt FREIE WÄHLER vom 26.06.2017 Zukunft der Anbindehaltung Ich frage die Staatsregierung: 1.1 Wie viele Betriebe mit ganzjähriger Anbindehaltung gibt es derzeit in Bayern (bitte aufgeschlüsselt nach Betriebsgröße und Regierungsbezirken)? 1.2 Wie hat sich die Anzahl im Vergleich zum Jahr 2005 entwickelt (bitte aufgeschlüsselt nach Betriebsgröße und Regierungsbezirken)? 1.3 Wie hat sich der prozentuale Anteil der Betriebe mit ganzjähriger Anbindehaltung in Bayern seit 2005 entwickelt (aufgeschlüsselt nach Betriebsgröße und Regierungsbezirken )? 2.1 Wie viele Kühe werden derzeit in ganzjähriger Anbindehaltung in Bayern gehalten (bitte aufgeschlüsselt nach Betriebsgröße und Regierungsbezirken)? 2.2 Wie hat sich die Anzahl im Vergleich zum Jahr 2005 entwickelt (bitte aufgeschlüsselt nach Betriebsgröße und Regierungsbezirken)? 2.3 Wie hat sich der prozentuale Anteil der Kühe in ganzjähriger Anbindehaltung in Bayern seit 2005 entwickelt (bitte aufgeschlüsselt nach Betriebsgröße und Regierungsbezirken )? 3.1 Welche Fördermöglichkeiten gibt es für Landwirte, die von der ganzjährigen Anbindehaltung abrücken möchten (Programme von EU, Bund und Freistaat inkl. Zuschusshöhe und ggf. Förderobergrenzen)? 3.2 Welche Maßnahmen werden in den einzelnen Programmen gefördert (z. B. Neu-, An- oder Umbauten etc.)? 3.3 Was sind die jeweiligen Bedingungen bzw. Auflagen für die einzelnen Programme? 4.1 In welcher absoluten Höhe hat der Freistaat Bayern seit 2005 Landwirte gefördert, die ihre Haltungsform von ganzjähriger Anbindehaltung umgestellt haben (bitte aufgeschlüsselt je Jahr und Regierungsbezirk)? 4.2 Wo befinden sich die einzelnen Maßnahmen im Haushalt (bitte Ausgabeposten angeben)? 5.1 Welche Ziele verfolgt die Staatsregierung allgemein bei der landwirtschaftlichen Tierhaltung? 5.2 Verfolgt sie die Absicht, die ganzjährige Anbindehaltung zu reduzieren? 5.3 Gibt es ein konkretes Ziel? Antwort des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 16.08.2017 1.1 Wie viele Betriebe mit ganzjähriger Anbindehaltung gibt es derzeit in Bayern (bitte aufgeschlüsselt nach Betriebsgröße und Regierungsbezirken )? Es liegen über die amtlichen Erhebungen in der Nutztierhaltung keine Angaben zur jeweiligen Haltungsform bei Rinderhaltern für Bayern vor. Es wird daher auf die vom Landeskuratorium der Erzeugerringe für Tierische Veredelung in Bayern e. V. (LKV) zur Verfügung gestellten Angaben (Stichtag : 30.09.2016) Bezug genommen. Aus den LKV-Daten und Angaben aus dem Mehrfachantrag der Landwirte 2016 erstellte die Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) eine Hochrechnung für Bayern. 2016 gab es demnach insgesamt 32.018 Milchviehhalter. Davon haben 15.363 Betriebe (48 Prozent) ihre Kühe in ganzjähriger Anbindung gehalten. Diese Betriebe halten 29 Prozent des Gesamtkuhbestandes in Bayern und erzeugen 25 Prozent der Milch. Die Betriebsgrößenverteilung aus der Hochrechnung ist in der folgenden Tabelle dargestellt: Eine Aufteilung nach Regierungsbezirken liegt nicht vor. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 04.01.2018 Drucksache 17/18077 Bayerischer Landtag Jahr 2016 bis 20 Kühe 20 bis 30 Kühe 30 bis 40 Kühe 40 bis 50 Kühe 50 bis 60 Kühe 60 bis 70 Kühe 70 bis 80 Kühe über 80 Kühe Betriebe n 7.617 4.150 2.370 884 244 57 24 17 Anteil % 23,8 13,0 7,4 2,8 0,8 0,2 0,1 0,1 Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/18077 1.2 Wie hat sich die Anzahl im Vergleich zum Jahr 2005 entwickelt (bitte aufgeschlüsselt nach Betriebsgröße und Regierungsbezirken)? 1.3 Wie hat sich der prozentuale Anteil der Betriebe mit ganzjähriger Anbindehaltung in Bayern seit 2005 entwickelt (aufgeschlüsselt nach Betriebsgröße und Regierungsbezirken)? Die Entwicklung der Anbindehaltungsbetriebe lässt sich nur für die dem LKV angeschlossenen Milchviehbetriebe darstellen . Eine Erfassung der Haltungsformen wurde beim LKV erst ab dem Jahr 2011 vorgenommen. Die Entwicklung der Anzahl und des Anteils ganzjähriger Anbindehaltungsbetriebe von 2011 bis 2016 zeigt folgende Tabelle: Jahr Anzahl LKV-Betriebe mit ganzjähriger Anbindehaltung n Anteil LKV-Betriebe mit ganzjähriger Anbindehaltung % 2011 13.001 51,4 2012 11.919 48,8 2013 10.948 46,5 2014 10.093 44,2 2015 9.099 41,3 2016 7.678 36,6 Eine Erhebung der LKV-Angaben für Anbindeställe aufgeschlüsselt nach Bestandsgrößen für die ganzjährige Anbindehaltung liegt nur für das Jahr 2016 vor. Die absolute Anzahl der Betriebe und der Anteil sind in folgender Tabelle zusammengestellt: Jahr 2016 bis 20 Kühe 20 bis 30 Kühe 30 bis 40 Kühe 40 bis 50 Kühe 50 bis 60 Kühe 60 bis 70 Kühe 70 bis 80 Kühe über 80 Kühe Betriebe n 2.019 2.648 1.798 744 214 51 23 17 Anteil % 9,8 12,8 8,7 3,6 1,0 0,2 0,1 0,1 Jahr 2016 bis 20 Kühe 20 bis 30 Kühe 30 bis 40 Kühe 40 bis 50 Kühe 50 bis 60 Kühe 60 bis 70 Kühe 70 bis 80 Kühe über 80 Kühe Betriebe n 90.618 105.162 82.974 39.733 13.409 3.704 1.804 1.471 Anteil % 7,7 8,9 7,0 3,4 1,1 0,3 0,2 0,1 Eine Aufteilung nach Regierungsbezirken liegt nicht vor. 2.1 Wie viele Kühe werden derzeit in ganzjähriger Anbindehaltung in Bayern gehalten (bitte aufgeschlüsselt nach Betriebsgröße und Regierungsbezirken )? Bezugnehmend auf die Hochrechnung der LfL wurden im Jahr 2016 insgesamt 338.875 Milchkühe in ganzjähriger Anbindung gehalten. Das entspricht einem Anteil von 29 Prozent aller Kühe, mit denen 25 Prozent der Milch in Bayern erzeugt wird. Die Verteilung der Tiere in Betriebsgrößenklassen ist in nachfolgender Tabelle dargestellt: Eine Aufteilung nach Regierungsbezirken liegt nicht vor. Drucksache 17/18077 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 2.2 Wie hat sich die Anzahl im Vergleich zum Jahr 2005 entwickelt (bitte aufgeschlüsselt nach Betriebsgröße und Regierungsbezirken)? 2.3 Wie hat sich der prozentuale Anteil der Kühe in ganzjähriger Anbindehaltung in Bayern seit 2005 entwickelt (bitte aufgeschlüsselt nach Betriebsgröße und Regierungsbezirken)? Die Entwicklung für die Jahre 2011 bis 2016 in LKV-Betrieben ist in folgender Tabelle zusammengefasst: Jahr Anzahl LKV-Betriebe mit ganzjähriger Anbindehaltung n Anteil LKV-Betriebe mit ganzjähriger Anbindehaltung % 2011 347.259 35,6 2012 318.880 32,8 2013 298.450 30,4 2014 279.003 28,2 2015 250.162 25,3 2016 214.140 21,8 Angaben vor 2011 liegen nicht vor. 3.1 Welche Fördermöglichkeiten gibt es für Landwirte, die von der ganzjährigen Anbindehaltung abrücken möchten (Programme von EU, Bund und Freistaat inkl. Zuschusshöhe und ggf. Förderobergrenzen)? Aktuell wird die Umstellung von Anbindehaltung auf Laufstallhaltung bei Milchkühen in Bayern mit zwei Förderprogrammen unterstützt. Größere Investitionen werden mit dem Agrarinvestitionsförderprogramm (AFP) mit einem Fördersatz von 30 Prozent bis maximal 400.000 Euro der zuwendungsfähigen Ausgaben (Nettokosten) gefördert. Die Mittel stammen von der EU, dem Bund und dem Land. Kleinere Investitionen können im Bayerischen Sonderprogramm Landwirtschaft (BaySL) bei einem Fördersatz von 25 Prozent und maximal 150.000 Euro zuwendungsfähige Ausgaben eine Förderung erhalten. Die Finanzierung erfolgt hier ausschließlich mit Landesmitteln. 3.2 Welche Maßnahmen werden in den einzelnen Programmen gefördert (z. B. Neu-, An- oder Umbauten etc.)? In beiden Programmen werden gleichermaßen Neu-, Anund Umbauten gefördert. 3.3 Was sind die jeweiligen Bedingungen bzw. Auflagen für die einzelnen Programme? In beiden Programmen dürfen nach Abschluss der Investition auf dem Betrieb keine Milchkühe mehr in Anbindehaltung gehalten werden. Es gelten in beiden Programmen Prosperitätsschwellen . AFP Es werden ausschließlich Investitionen, die den Bedingungen der Vorgaben der „Besonders tiergerechten Haltung – Premium“ nach dem GAK1-Rahmenplan entsprechen, gefördert. Der Antragsteller hat neben der Wirtschaftlichkeit des Vorhabens eine erfolgreiche Bewirtschaftung in der Vergangenheit und eine entsprechende berufliche Qualifikation nachzuweisen. Die Zweckbindung beträgt 12 Jahre. BaySL Da sich das Förderprogramm an kleinere Betriebe mit maximal 25 Milchkühen in der Ausgangssituation wendet, sind hier deutlich geringere Zugangsvoraussetzungen zu erfüllen. Antragsberechtigt sind Betriebe, die mindestens 3 ha landwirtschaftlich genutzte Fläche bewirtschaften. Die Zweckbindung beträgt ebenfalls 12 Jahre. 4.1 In welcher absoluten Höhe hat der Freistaat Bayern seit 2005 Landwirte gefördert, die ihre Haltungsform von ganzjähriger Anbindehaltung umgestellt haben (bitte aufgeschlüsselt je Jahr und Regierungsbezirk )? Für die Umstellung von der Anbinde- auf die Laufstallhaltung wurden im Zeitraum von 2008 bis 2016 Zuschüsse in Höhe von knapp 339 Mio. Euro bewilligt. Die Angaben liegen erst ab dem Bewilligungsjahr 2008 vor. Erst ab diesem Jahr wurde das Kriterium „Erstmalige Umstellung von Anbinde- auf Laufstallhaltung“ im EDV-Abwicklungsprogramm erfasst und lässt entsprechende Auswertungen zu. Die Tabelle in der Anlage umfasst die bewilligten Zuschüsse für die Bewilligungsjahre 2008 bis einschl. 2016 nach Regierungsbezirken und Gesamtbayern. 4.2 Wo befinden sich die einzelnen Maßnahmen im Haushalt (bitte Ausgabeposten angeben)? Die Förderung im AFP erfolgt im Haushaltstitel 08 03/67 – 70 aus Mitteln der EU (ELER2-Fonds), des Bundes (GAK) und des Landes, für BaySL im Haushaltstitel 08 03/67 nur mit Landesmitteln. 1) GAK = Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ 2) ELER = Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/18077 5.1 Welche Ziele verfolgt die Staatsregierung allgemein bei der landwirtschaftlichen Tierhaltung? Die Tierhaltung hat eine herausragende Bedeutung für die bayerische Landwirtschaft. Zwei Drittel aller Betriebe halten Nutztiere und erwirtschaften damit rund drei Viertel aller Umsätze. Daher ist es wichtig, die notwendigen Änderungen wissenschaftlich fundiert und wirtschaftlich tragfähig zu verwirklichen . Es darf zu keinem überzogenen Strukturwandel bzw. Strukturbruch kommen. Um weiter ein hohes Niveau in der tierischen Erzeugung zu gewährleisten, müssen Tierschutz und Tiergesundheit fortentwickelt werden. Wir wollen die regionale Erzeugung von tierischen Lebensmitteln höchster Qualität und die Versorgung der Menschen in Bayern mit regionalen Produkten sichern. Tierschutzkonforme Haltung und Erzeugung müssen sich auch in angemessenen Preisen für die von den Landwirten erzeugten Lebensmittel niederschlagen. Nur dann können die Verbraucher auch in Zukunft auf hochwertige tierische Lebensmittel aus heimischer Erzeugung zurückgreifen. 5.2 Verfolgt sie die Absicht, die ganzjährige Anbindehaltung zu reduzieren? 5.3 Gibt es ein konkretes Ziel? Das Ziel der Staatsregierung ist, die Umstellung auf Laufstallhaltung bei möglichst vielen Betrieben zu erreichen. Für das Erreichen dieses Zieles wurden staatliche Förderprogramme (BaySL, Einzelbetriebliche Investitionsförderung – EIF) konzipiert, die durch ihre Gestaltung Anreize und Finanzierungsunterstützung für kleinere, aber auch größere Betriebe zur Umstellung bieten. Eine Kombinationshaltung, d. h. Anbindehaltung mit freier Bewegungsmöglichkeit in Form von regelmäßigem Auslauf und/oder Weidegang kommt den Bedürfnissen der Rinder weit entgegen und kann eine Übergangslösung darstellen. Aus diesem Grund haben wir die Sommerweideprämie auf 50 Euro/Großvieheinheit (GV) angehoben und die Maßnahme für Neuantragsteller geöffnet. Zudem können Verbesserungsmaßnahmen im Anbindebereich den Tierkomfort spürbar steigern. Die staatliche Beratung an den Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat zusammen mit den Verbundberatungspartnern (LKV, BBV3-Landsiedlung) eine Laufstallinitiative gestartet. In jedem Fall lehnen wir ein gesetzliches Verbot der Anbindehaltung ab. Wir setzen stattdessen auf das Prinzip „Freiwilligkeit vor Ordnungsrecht “ und bieten attraktive Förderanreize. 3) BBV = Bayerischer Bauernverband Seite 1 von 1 Erstmalige Umstellung von Anbinde-auf Laufstallhaltung bei Milchkühen Bewilligte Zuschüsse im AFP 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 2008-2016 Oberbayern 4.966.517€ 16.825.761€ 31.419.630€ 688.004€ 2.036.699€ 26.137.967€ 9.498.627€ 7.882.084€ 12.096.337€ 121.551.626€ Niederbayern 4.436.480€ 5.737.266€ 7.956.979€ 100.914€ 543.787€ 7.524.790€ 1.616.358€ 2.187.201€ 4.955.374€ 35.059.149€ Oberpfalz 4.860.746€ 8.034.279€ 13.255.829€ 145.779€ 1.178.420€ 8.702.775€ 4.660.572€ 4.042.008€ 7.379.376€ 52.259.784€ Oberfranken 3.506.654€ 2.888.013€ 9.155.590€ 191.738€ 595.920€ 1.207.978€ 2.357.175€ 570.980€ 3.751.340€ 24.225.388€ Mittelfranken 2.387.152€ 3.863.003€ 8.127.221€ 114.807€ 459.064€ 1.432.366€ 3.778.652€ 1.176.763€ 2.342.056€ 23.681.084€ Unterfranken 351.493€ 760.755€ 1.786.781€ 114.318€ 106.588€ 1.123.369€ 526.782€ 373.569€ 822.946€ 5.966.601€ Schwaben 9.631.948€ 9.331.953€ 16.635.263€ 853.147€ 2.668.115€ 17.972.312€ 3.846.419€ 6.612.218€ 8.645.090€ 76.196.465€ Summe Bayern 40.140.990€ 47.441.030€ 88.337.293€ 2.208.707€ 7.588.593€ 64.101.557€ 26.284.585€ 22.844.823€ 39.992.519€ 338.940.097€