Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Rosi Steinberger BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 06.07.2017 Beprobung von Trinkwasser In Bayern gibt es eine Reihe kleinerer Wasserversorger, die jährlich zwischen 1.000 und 10.000 Kubikmeter Wasser liefern . Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung: 1. a) Auf welche Pflanzenschutzmittel muss ein Wasserversorger testen, wenn das Wasserschutzgebiet im Wald liegt? b) Auf welche Pflanzenschutzmittel muss ein Wasserversorger testen, wenn das Wasserschutzgebiet im Bereich von Grünflächen/Wiesen liegt? c) Auf welche Pflanzenschutzmittel muss der Wasserversorger testen, wenn das Einzugsgebiet gesichert ausschließlich im Wald liegt (Hangkuppe mit Quellaustritt )? 2. Welche Einschränkungen des Prüfauftrags sind möglich , wenn Wasserschutzgebiet und Einzugsgebiet identisch sind und ausschließlich im Wald liegen? 3. a) Sind hydrogeologische Gutachten für alle Wasserversorger obligatorisch? b) Wenn ja, wie oft und unter welchen Umständen muss eine Begutachtung erfolgen? 4. a) Welche Erleichterungen bezüglich des Prüfauftrags sind möglich, wenn Wasserversorger dauerhaft unbelastetes Wasser liefern? b) Gibt es einen Ermessensspielraum der Behörde? 5. a) Welche Untersuchungen sind notwendig, wenn lediglich eine Quelle und eine Fassung vorhanden sind und das Wasser auf zwei Hausbehälter aufgeteilt wird? b) An welcher Stelle muss die Beprobung erfolgen? An der Quelle oder an der Fassung oder am Hausbehälter ? 6. a) Wann wird ein Wasserversorger als gewerblich eingestuft ? b) Ist für die Einstufung als gewerblicher Wasserversorger eine Mindestanzahl von Abnehmern ausschlaggebend oder entgeltliche oder unentgeltliche Lieferung ? c) Welche Folgen hat die Einstufung als gewerblicher Wasserversorger? 7. a) Wie wird die Untersuchung auf Radon gehandhabt? b) Welche Wasserversorger müssen welche Untersuchungen vornehmen? c) Unter welchen Umständen genügt eine einmalige (auf vier Quartale gesplittete) Untersuchung? 8. Welche Grenzwerte gelten für Radon? Antwort des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz vom 17.08.2017 1. a) Auf welche Pflanzenschutzmittel muss ein Wasserversorger testen, wenn das Wasserschutzgebiet im Wald liegt? c) Auf welche Pflanzenschutzmittel muss der Wasserversorger testen, wenn das Einzugsgebiet gesichert ausschließlich im Wald liegt (Hangkuppe mit Quellaustritt)? 2. Welche Einschränkungen des Prüfauftrags sind möglich, wenn Wasserschutzgebiet und Einzugsgebiet identisch sind und ausschließlich im Wald liegen? Die Festlegung eines Untersuchungsspektrums auf Pflanzenschutzmittelrückstände obliegt gemäß § 19 Abs. 2 der Trinkwasserverordnung (TrinkwV 2001) dem jeweils zuständigen Gesundheitsamt. Gemäß Anlage 2 Nr. 10 i. V. m. § 6 Abs. 2 TrinkwV 2001 ist das Trinkwasser im Hinblick auf solche Pflanzenschutzmittel und Biozidprodukte zu untersuchen , „deren Vorhandensein in einem bestimmten Wassereinzugsgebiet wahrscheinlich ist.“ Um den Gesundheitsämtern eine Hilfestellung bei der Auswahl an „wahrscheinlichen“ Pflanzenschutzmittelwirkstoffen zur Verfügung zu stellen, wurde von den Landesämtern für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL), für Umwelt (LfU) und für Landwirtschaft (LfL) eine „Gemeinsame Strategie zur Ermittlung und Bestimmung von Pflanzenschutzmitteln (PSM) und deren Metaboliten im Grund- und Trinkwasser (PSM-Konzept)“ entwickelt und erstmalig im September 2014 veröffentlicht. Gemäß PSM- Konzept wird eine Auswahl an relevanten Wirkstoffen für die im jeweiligen Einzugsgebiet angebauten Kulturen bereitgestellt . Dabei werden diejenigen Stoffe für das Untersuchungsspektrum vorgeschlagen, die in dem Einzugsgebiet zu erwarten sind. Dies ermöglicht dem Nutzer dieser Liste, eine in ihrem Umfang angemessene Auswahl der Wirkstoffe für eine Untersuchung zu treffen. Es muss hierbei jedoch immer das gesamte Wassereinzugsgebiet mit in die Betrachtungen einbezogen werden. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 04.01.2018 Drucksache 17/18093 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/18093 Im Wald werden PSM nicht regelhaft eingesetzt. Auf die Untersuchung von PSM in Trinkwasserversorgungsanlagen mit in Waldgebieten gelegenen Wassergewinnungsanlagen kann daher verzichtet werden, wenn folgende Bedingungen vorliegen: • Das Einzugsgebiet muss gesichert ausschließlich bewaldet sein (ein Quellaustritt an der Hangkuppe ist nicht mit einem gesichert im Wald liegenden Einzugsgebiet gleichzusetzen); insbesondere dürfen dort auch keine anderen Nutzungen wie z. B. landwirtschaftliche Flächen , Bahngleise, Sportanlagen etc. vorhanden sein. Die Aussage „gesichert“ ist bei Vorhandensein eines entsprechenden hydrogeologischen Gutachtens oder einer amtlichen hydrogeologischen Stellungnahme des Wasserwirtschaftsamtes gegeben. • Es dürfen keine Erkenntnisse vorliegen, die auf eine Anwendung von PSM schließen lassen. Der Wasserversorger ist verpflichtet, Informationen über die Ausbringung von PSM durch die Forstbetriebe einzuholen und Erkenntnisse an die Wasserwirtschafts- bzw. Gesundheitsverwaltung weiterzugeben. Bestehen Unsicherheiten bezüglich des Einzugsgebietes oder haben der Wasserversorger, das Wasserwirtschaftsamt oder das Gesundheitsamt Erkenntnisse, dass derzeit oder in der Vergangenheit PSM ausgebracht worden sind, kann auf PSM-Untersuchungen nicht verzichtet werden. Hier richtet sich der Umfang der Parameter nach den gewonnenen Erkenntnissen . Er ist vom Wasserwirtschaftsamt vorzuschlagen und vom Gesundheitsamt festzulegen. b) Auf welche Pflanzenschutzmittel muss ein Wasserversorger testen, wenn das Wasserschutzgebiet im Bereich von Grünflächen/Wiesen liegt? Der Vorschlag durch das PSM-Konzept beinhaltet derzeit 15 Stoffe für „Grünland“: 2,4-D, Atrazin, Bentazon, Desethylatrazin , Desethylsimazin, Desethylterbuthylazin, Dicamba, Fluroxypyr, Isoproturon, MCPA, Metolachlor, Simazin, Terbuthylazin , Thifensulfuron-methyl und Triclopyr. Wenn der Wasserversorger und der Grundbesitzer/ Pächter eine Vereinbarung getroffen haben, welche Pflanzenschutzmittel innerhalb des Wasserschutzgebietes eingesetzt werden dürfen, können diese Abmachungen in die Überlegungen zu dem Untersuchungsumfang einbezogen werden. Es ist aber immer das gesamte Wassereinzugsgebiet in die Betrachtungen einzubeziehen. 3. a) Sind hydrogeologische Gutachten für alle Wasserversorger obligatorisch? Ja. b) Wenn ja, wie oft und unter welchen Umständen muss eine Begutachtung erfolgen? Bei Anträgen zu wasserrechtlich gestattungspflichtigen Grundwasserentnahmen oder in Verfahren zur Ausweisung bzw. Änderung eines Wasserschutzgebietes müssen von öffentlichen Wasserversorgern hydrogeologische Gutachten vorgelegt werden. 4. a) Welche Erleichterungen bezüglich des Prüfauftrags sind möglich, wenn Wasserversorger dauerhaft unbelastetes Wasser liefern? Gemäß PSM-Konzept sind Begrenzungen des Untersuchungsumfangs möglich bei regelmäßig auftretenden Befunden unter der Nachweisgrenze und/oder bei Wirkstoffen, die nachweislich nicht im Einzugsgebiet der betreffenden Wasserversorgung angewendet wurden. Jedoch setzt dies regelmäßige und umfassende Untersuchungen im Vorfeld voraus. b) Gibt es einen Ermessensspielraum der Behörde? Der Umfang der Untersuchungen ist durch die §§ 14 und 19 i. V. m. Anlage 4 der TrinkwV 2001 beschrieben. Bei der Auswahl der zu untersuchenden Pflanzenschutzmittel sind die Rahmenbedingungen der TrinkwV 2001 zu beachten. Das Gesundheitsamt kann eine Auswahl der einzelnen Wirkstoffe und Metabolite mithilfe des PSM-Konzeptes treffen und, wie unter 4a) dargelegt, ein Untersuchungskonzept akzeptieren, bei dem aufgrund negativer Befunde bei den Voruntersuchungen ein reduzierter Untersuchungsumfang angemessen erscheint. Bei Einsatz anderer Pflanzenschutzmittel (z. B. bei Fruchtwechsel auf dem Feld, neuen Wirkstoffen) muss dies in der Fortschreibung des Untersuchungskonzepts berücksichtigt werden. 5. a) Welche Untersuchungen sind notwendig, wenn lediglich eine Quelle und eine Fassung vorhanden sind und das Wasser auf zwei Hausbehälter aufgeteilt wird? Bei Pflanzenschutzmitteln handelt es sich um Parameter, deren Konzentration sich in einem Verteilungsnetz nicht mehr ändert. Insofern ist in diesem Fall eine Untersuchung auf Pflanzenschutzmittel an einem der Hausbehälter ausreichend . Der Untersuchungsumfang, d. h. welche Pflanzenschutzmittel in die Untersuchung einzubeziehen sind, wird durch diese Art der Wasserverteilung auf zwei Hausbehälter nicht beeinflusst. b) An welcher Stelle muss die Beprobung erfolgen ? An der Quelle oder an der Fassung oder am Hausbehälter? Grundsätzlich hat das abgegebene Trinkwasser gemäß § 8 der TrinkwV 2001 an der sogenannten „Stelle der Einhaltung “ den Anforderungen der TrinkwV 2001 zu entsprechen. Dies ist regelhaft durch Probennahme an dieser Stelle nachzuweisen . Bei Wasser, das in Gebäuden und Einrichtungen auf Leitungswegen bereitgestellt wird, gilt als Stelle der Einhaltung die Zapfstelle (Wasserhahn), die der Entnahme von Wasser für den menschlichen Gebrauch dient (§ 8 Nr. 1 TrinkwV 2001). Wenn für den zu untersuchenden Parameter allerdings keine nachteiligen Veränderungen des Trinkwassers im Verteilungssystem zu erwarten sind, kann die Trinkwasserprobe auch an anderer Stelle entnommen werden (§ 14 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. § 19 Abs. 2 Satz 4 TrinkwV 2001). Da sich die Konzentration der Pflanzenschutzmittel in dem Verteilungsnetz nicht ändert, kann die Probennahme an der Fassung oder am Hausbehälter erfolgen. 6. a) Wann wird ein Wasserversorger als gewerblich eingestuft? In der TrinkwV 2001 hat der Begriff „gewerblich“ seine eigene , trinkwasserrechtliche Ausformung. Um eine Abgabe von Trinkwasser im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit im Sinne der TrinkwV 2001 handelt es sich dann, wenn die Trinkwasserbereitstellung unmittelbar oder mittelbar, zielgerichtet aus einer Tätigkeit resultiert, für die ein Entgelt bezahlt wird. Die Tätigkeit erfolgt in Gewinnerzielungsabsicht und muss erkennbar auf Dauer angelegt sein (§ 3 Nr. 10 TrinkwV 2001). Eine ausschließlich gewerbliche Tätigkeit Drucksache 17/18093 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 stellt z. B. die Vermietung von Wohnraum und Arbeitsstätten dar. Der Vermieter gibt als Unternehmer oder sonstiger Inhaber der Trinkwasserinstallation und damit einer Wasserversorgungsanlage gemäß § 3 Nr. 2 Buchst. e TrinkwV 2001 im Rahmen der gewerblichen Tätigkeit (der Vermietung ) Trinkwasser ab. b) Ist für die Einstufung als gewerblicher Wasserversorger eine Mindestanzahl von Abnehmern ausschlaggebend oder entgeltliche oder unentgeltliche Lieferung? Ausschlaggebend für das Kriterium „gewerblich“ sind die Kriterien gemäß § 3 Nr. 10 TrinkwV 2001 (siehe Frage 6a). Weder die Anzahl der Abnehmer noch das Vorliegen einer entgeltlichen oder unentgeltlichen Lieferung ist ausschlaggebend , sondern die in Gewinnerzielungsabsicht durchgeführte gewerbliche Tätigkeit, in deren Rahmen die Abgabe von Trinkwasser erfolgt. c) Welche Folgen hat die Einstufung als gewerblicher Wasserversorger? Eine Unterscheidung zentraler Wasserversorgungsanlagen (§ 3 Nr. 2 Buchst. a TrinkwV 2001) nach gewerblich oder nichtgewerblich erfolgt in der TrinkwV 2001 nicht. Wird das Trinkwasser aus einer ursprünglichen Kleinlage zur Eigenversorgung (§ 3 Nr. 2. Buchst. c TrinkwV 2001) auch im Rahmen einer gewerblichen oder öffentlichen Tätigkeit genutzt (z. B. zur Bewirtschaftung eines landwirtschaftlichen Betriebs), so ist diese Wasserversorgungsanlage als dezentrales kleines Wasserwerk (§ 3 Nr. 2 Buchst. b TrinkwV 2001) zu bezeichnen und hat die diesbezüglichen Untersuchungspflichten zu erfüllen (§ 14 Abs. 1 und 2 Trinkw V 2001). Auch bei Trinkwasserinstallationen (Trinkwasserversorgungsanlagen gemäß § 3 Nr. 2 Buchst. e TrinkwV 2001) sowie mobilen Versorgungsanlagen (§ 3 Nr. 2 Buchst. e TrinkwV 2001) hat die Einstufung als gewerblich eine Auswirkung auf Untersuchungspflichten: Wird das Trinkwasser aus Trinkwasserinstallationen oder mobilen Versorgungsanlagen im Rahmen einer gewerblichen (z. B. im Rahmen einer Vermietung) oder öffentlichen Tätigkeit abgegeben, sind hier bei den entsprechenden Voraussetzungen z. B. Untersuchungen des Trinkwassers auf Legionellen erforderlich (§ 14 Abs. 3 TrinkwV 2001). 7. a) Wie wird die Untersuchung auf Radon gehandhabt ? b) Welche Wasserversorger müssen welche Untersuchungen vornehmen? Gemäß § 14a Abs. 1 TrinkwV 2001 haben alle zentralen Wasserwerke (§ 3 Nr. 2 Buchst. a TrinkwV 2001) das Trinkwasser auf die Radioaktivitätsparameter Radon und Gesamtrichtdosis zu untersuchen. Zunächst ist eine Erstuntersuchung des Trinkwassers auf Radon und Gesamtrichtdosis durchzuführen, die sich aus vier in unterschiedlichen Quartalen innerhalb von 12 Monaten durchgeführten Untersuchungen zusammensetzt. Für Wasserwerke, die am 26.11.2015 bereits betrieben wurden, besteht die Möglichkeit , die Untersuchungen über einen längeren Zeitraum auszudehnen. Die Erstuntersuchungen müssen hier bis zum 26.11.2019 abgeschlossen sein. Wenn bei der Erstuntersuchung eine Überschreitung der Parameterwerte für radioaktive Stoffe festgestellt wird, sind regelmäßige Untersuchungen erforderlich (Anlage 3a Teil III Nr. 1 Buchst. b TrinkwV 2001). Auf die Erstuntersuchungen der Radioaktivitätsparameter kann dann verzichtet werden, wenn die zuständige Behörde von sich aus oder auf Antrag auf der Grundlage von repräsentativen Erhebungen, Überwachungsdaten oder anderen zuverlässigen Informationen feststellt, dass die radioaktiven Stoffe in einem Wasserversorgungsgebiet nicht in Konzentrationen auftreten, die eine Überschreitung der Parameterwerte erwarten lassen (§ 14a Abs. 4 TrinkwV 2001). In diesem Fall werden auch keine regelmäßigen Untersuchungen erforderlich. Dezentrale kleine Wasserwerke müssen nur auf Anordnung der zuständigen Behörde Untersuchungen des Trinkwassers auf Radioaktivitätsparameter durchführen. c) Unter welchen Umständen genügt eine einmalige (auf vier Quartale gesplittete) Untersuchung? Wenn durch die Erstuntersuchung keine oder nur eine geringfügige , unter dem Gesichtspunkt des Strahlenschutzes zu vernachlässigende Überschreitung der Parameterwerte für radioaktive Stoffe festgestellt wird, werden regelmäßige Untersuchungen nicht erforderlich (Anlage 3a Teil III Nr. 1 Buchst. b TrinkwV 2001). 8. Welche Grenzwerte gelten für Radon? Die TrinkwV 2001 gibt Parameterwerte, jedoch keine Grenzwerte für Radioaktivitätsparameter vor. Der Parameterwert für Radon liegt bei 100 Bq/l (Anlage 3a Teil I TrinkwV 2001).