Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian von Brunn SPD vom 26.05.2017 Streckensperrungen bei der Werdenfelsbahn zwischen Tutzing und Kochel Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Wie oft war die Bahnstrecke Tutzing–Kochel seit der Vergabe der Werdenfelsbahn gesperrt? b) Wie lange waren die Sperrungen jeweils? c) Aus welchen Gründen erfolgten diese? 2. Zu welchen Auswirkungen für die Nutzerinnen und Nutzer (Umsteigen, Fahrzeitverlängerungen, Nichtmitnahme von Rollstühlen, Fahrrädern usw.) führten die Sperrungen jeweils? 3. Weshalb wurden die notwendigen Arbeiten, die zu den Sperrungen führten, nicht zeitlich zusammengelegt? 4. Welche Sanktionen wegen Nichteinhaltung der vertraglich vereinbarten Leistungen hat die Deutsche Bahn erfahren bzw. welche Kürzungen wurden vorgenommen ? 5. Welche Entschädigungs- und/oder Preisermäßigungsansprüche haben die Nutzerinnen und Nutzer für entstandene Nachteile durch die Sperrungen? 6. a) Treffen Presseberichte zu, wonach es in den Jahren 2017 und 2018 weitere wochenlange Streckensperrungen (29.07 bis 10.09.2017 komplett, 12.03. bis 18.05.2018 nachts, September 2017 bis Oktober 2018 an den Wochenenden) geben wird? b) Ist die Staatsregierung der Auffassung, dass diese Arbeiten nicht besser koordiniert und gleichzeitig stattfinden können, anstatt den Verkehr rund 17 Monate lang massiv einzuschränken oder gar einzustellen? 7. Welche Maßnahmen gedenken die Staatsregierung und die Bayerische Eisenbahngesellschaft zu ergreifen , um diese möglicherweise vertragswidrigen Verkehrsbeschränkungen schon im Vorhinein zu begrenzen bzw. zu sanktionieren? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 20.08.2017 1. a) Wie oft war die Bahnstrecke Tutzing–Kochel seit der Vergabe der Werdenfelsbahn gesperrt? b) Wie lange waren die Sperrungen jeweils? c) Aus welchen Gründen erfolgten diese? Die Fragen 1 a) bis 1 c) werden aufgrund des Sachzusammenhangs in der nachfolgenden Tabelle gemeinsam beantwortet . Als Zeithorizont wurde dabei der Zeitraum seit der Betriebsaufnahme nach der letzten Vergabe gewählt. Strecke 5453 Tutzing - Kochel 2014 Gesperrt von bis Tage Arbeiten 07.10.2014 09.10.2014 2 Oberleitungsarbeiten in Tutzing 13.10.2014 15.10.2014 2 Oberleitungsarbeiten in Tutzing 2015 19.02.2015 23.02.2015 4 Erneuerung DL km 28,473, km 29,083, km 29,173 u. km 34,292 07.08.2015 28.08.2015 21 Gleisauswechslung km 13,870- 16,942, Oberleitungsarbeiten und Erneuerung EÜ km 31,920 14.11.2015 16.11.2015 2 Brückenarbeiten EÜ km 31,920 2016 08.10.2016 10.10.2016 2 Brückenarbeiten EÜ km 31,920 11.11.2016 14.11.2016 3 Brückenarbeiten EÜ km 25,484 u. 30,544 2017 28.07.2017 10.09.2017 44 ESTW Kochelseebahn, Erneuerung EÜ km 21,224, 30,214 und 30,861 2. Zu welchen Auswirkungen für die Nutzerinnen und Nutzer (Umsteigen, Fahrzeitverlängerungen, Nichtmitnahme von Rollstühlen, Fahrrädern usw.) führten die Sperrungen jeweils? Während der Baumaßnahmen musste bzw. muss auf der Relation München–Kochel (und letztendlich auch Weilheim –Kochel) in Tutzing immer zwischen Zug und Schie- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de – Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 08.06.2018 Drucksache 17/18110 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/18110 nenersatzverkehr (SEV) umgestiegen werden. Aufgrund der längeren Fahrzeiten der SEV-Busse verlängert sich die Reisezeit zwischen Tutzing und Kochel in beiden Richtungen um rund 20 Minuten. Damit in Tutzing alle Anschlüsse in Richtung München und Weilheim erreicht werden, starten die Busse in Kochel früher als gewohnt, also deutlich vor der Abfahrtszeit regulär verkehrender Züge. Analog werden in der Gegenrichtung, also nach Umstieg vom Zug auf den SEV-Bus Richtung Kochel , die Fahrtziele Penzberg, Kochel usw. später als gewohnt erreicht. Mobilitätseingeschränkte Reisende können bei Voranmeldung problemlos auch mit Rollstuhl befördert werden. Ein Großteil der eingesetzten Busse ist barrierefrei. Darüber hinaus befindet sich zusätzlich ein barrierefreier „Dispobus “ im Einsatz. Alle zwei Stunden werden die Busse durch einen Fahrradtransporter begleitet. Zusätzlich verfügt der „Dispobus“ über einen Fahrradanhänger für bis zu 13 Räder . Neben dem zweistündlichen Radtransporter und dem Anhänger am Dispobus können auch alle anderen Busse in beschränktem Umfang Fahrräder transportieren. 3. Weshalb wurden die notwendigen Arbeiten, die zu den Sperrungen führten, nicht zeitlich zusammengelegt ? Diese Entscheidung liegt ausschließlich bei der für den Betrieb und Erhalt der Strecke verantwortlichen DB Netz AG. Der Freistaat Bayern ist für die Vorhaltung der Schieneninfrastruktur nicht zuständig und kann in die Baumaßnahmen auch nicht eingreifen. Des Weiteren wird auf die Antwort auf die Fragen 6 a), 6 b) und 7 verwiesen. 4. Welche Sanktionen wegen Nichteinhaltung der vertraglich vereinbarten Leistungen hat die Deutsche Bahn erfahren bzw. welche Kürzungen wurden vorgenommen? Gemäß dem geschlossenen Verkehrsdurchführungsvertrag werden nicht erbrachte Leistungen nicht vergütet; d. h. das Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) – hier die DB Regio AG – erhält für ausgefallene Leistungen kein Bestellerentgelt seitens der BEG. Kann das Verkehrsunternehmen einzelne Verkehrsleistungen (z. B. wie im vorliegenden Fall wegen Streckensperrungen , Baumaßnahmen) nicht erbringen, ist es verpflichtet, die ausgefallene Verkehrsleistung durch SEV zu ersetzen. Hierfür erhält das Verkehrsunternehmen je Zugkilometer ein verringertes Bestellerentgelt. 5. Welche Entschädigungs- und/oder Preisermäßigungsansprüche haben die Nutzerinnen und Nutzer für entstandene Nachteile durch die Sperrungen ? Es gelten die Tarif- und Beförderungsbestimmungen der DB Regio AG. Grundsätzlich werden die Fahrgäste gebeten, vor Fahrtantritt einen Fahrschein an den Fahrscheinautomaten und Verkaufsstellen zu lösen. Bei Haltestellen des SEV, die nicht direkt am Bahnhof liegen (Bichl und Benediktbeuern ), können die Fahrgäste beim Busfahrer einen „Antrittsfahrschein“ lösen, der bei der nächsten Fahrscheinkontrolle im Zug auf die gewünschte Fahrkarte angerechnet wird. Selbstverständlich wird kein Bordpreis für den Verkauf im Zug verlangt. Hinsichtlich der Fahrgastrechte gilt der Fahrplan für den SEV als Grundlage für Entschädigungsansprüche der Fahrgäste . 6. a) Treffen Presseberichte zu, wonach es in den Jahren 2017 und 2018 weitere wochenlange Streckensperrungen (29.07 bis 10.09.2017 komplett, 12.03. bis 18.05.2018 nachts, September 2017 bis Oktober 2018 an den Wochenenden) geben wird? b) Ist die Staatsregierung der Auffassung, dass diese Arbeiten nicht besser koordiniert und gleichzeitig stattfinden können, anstatt den Verkehr rund 17 Monate lang massiv einzuschränken oder gar einzustellen ? 7. Welche Maßnahmen gedenken die Staatsregierung und die Bayerische Eisenbahngesellschaft zu ergreifen, um diese möglicherweise vertragswidrigen Verkehrsbeschränkungen schon im Vorhinein zu begrenzen bzw. zu sanktionieren? Zusätzlich zu den unter Frage 1 a) bis c) aufgeführten Streckensperrungen sind der Staatsregierung die in der unten stehenden Tabelle aufgeführten Streckensperrungen bekannt . von bis von bis Grund Betriebsweise Bichl Kochel 29.07.2017 04.09.2017 Brückenarbeitenkm 30,8 u. 30,2 Streckensperrung Bichl Kochel 30.09.2017 30.09.2017 Brückenarbeitenkm 30,8 u. 30,2 Streckensperrung (00:40 – 04:30) Bichl Kochel 01.10.2017 01.10.2017 Brückenarbeitenkm 30,8 u. 30,2 Streckensperrung (00:40 – 04:30) Bichl Kochel 25.11.2017 26.11.2017 Brückenarbeitenkm 30,8 u. 30,2 Streckensperrung Tutzing Seeshaupt 26.03.2018 28.03.2018 Arbeiten an LST-Anlage Streckensperrung (je 06:00 – 20:00) Tutzing Seeshaupt 09.11.2018 11.11.2018 Arbeiten an LST-Anlage Streckensperrung Drucksache 17/18110 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Bei den wiederholten Sperrungen der Kochelseebahn der letzten Jahre wurden von der DB Netz AG Instandhaltungsarbeiten vorgenommen und bis auf Bernried alle Stationen barrierefrei ausgebaut. Die BEG und die Staatsregierung drängen stets darauf, dass insbesondere die Instandhaltungsmaßnahmen aus Fahrgastsicht besser koordiniert werden. Die DB Netz AG lässt sich aber in erster Linie von eigenen anfallenden Kosten leiten und versucht, diese zu minimieren. Diese Praxis ist teilweise auch darauf zurückzuführen , dass der Bund im Rahmen seiner Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung (LuFV) für die DB primär Anreize für ein kostengünstiges Bauen gesetzt hat, während Anreize zur möglichst weitgehenden Aufrechterhaltung des Betriebs fehlen. Eine direkte Einwirkungsmöglichkeit des Freistaates besteht nicht, da er – anders als der Bund – kein Vertragsverhältnis mit der DB Netz AG hat und gemäß Art. 87e Grundgesetz auch nicht für die Instandhaltung und den Ausbau der bundeseigenen Schienenwege zuständig ist. Allerdings vertritt die Staatsregierung die Meinung, dass die Fahrgäste über Gebühr durch schlecht abgestimmte Baumaßnahmen belastet werden. Dieses Problem betrifft jenseits der Kochelseebahn auch fast alle übrigen Eisenbahnstrecken in Bayern. Die BEG bringt daher die Forderungen nach besserer Koordinierung auch bei der Bundesnetzagentur (BNetzA) ein. Sie unterstützt die BNetzA in ihrer Forderung, sobald wie möglich im Trassenpreissystem ein Anreizsystem zu installieren, das DB Netz dazu anhalten soll, generell die Verfügbarkeit der Infrastruktur – auch bei Baumaßnahmen – zu verbessern. Darüber hinaus hat die Verkehrsministerkonfe -renz auf Initiative von Staatsminister Joachim Herrmann Ende April einen einstimmigen Beschluss gefasst, in welchem sie detaillierte Forderungen zu kundenorientiertem Bauen im Eisenbahnbereich an den Bund richtet. Der Wortlaut des Beschlusses kann hier eingesehen werden: http://www.verkehrsministerkonferenz.de/VMK/DE/termine/ sitzungen/17-04-27-28-vmk/17-04-27-28-beschluss.pdf?__ blob=publicationFile&v=5. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) und die DB haben inzwischen einen „Runden Tisch Baustellenmanagement“ gegründet, an dem sich Vertreter der Branchenverbände, des BMVI, der BNetzA, der EVU, der Aufgabenträger und die DB Netz AG beteiligen . Nach Angaben von DB Netz sollen bis Ende des Jahres Ergebnisse hierzu vorgestellt werden.