Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Prof. Dr. Michael Piazolo FREIE WÄHLER vom 21.07.2017 Forschung zu Auswirkungen der Digitalisierung Die Dynamiken der Digitalisierung dringen tief in die unterschiedlichsten gesellschaftlichen Teilbereiche ein und verändern diese umfassend. Gegenstände und Prozesse werden miteinander vernetzt, das alltägliche Leben einem digitalen Wandel unterzogen. Durch die Ubiquität gestalten und prägen digitale Medien und Technologien immer mehr die Art und Weise, wie wir miteinander in Verbindung treten, wie Informationen ausgetauscht werden, Meinungen gebildet und Entscheidungen getroffen werden. Letztlich verändert dies auch die Praxis der Politik und hat Folgen für die repräsentative Demokratie und ihre Funktionsweise. Darüber hinaus verändert die Nutzung digitaler Technologien ebenso das Lernverhalten und die kognitiven Fähigkeiten der Menschen . Die Digitalisierung führt demnach zu nachhaltigen Veränderungen sowohl im Informations-, Entscheidungsund Lernverhalten des Einzelnen als auch im menschlichen Zusammenleben. Nicht ohne Grund hatte Ministerpräsident Horst Seehofer in seiner Regierungserklärung im Juli dieses Jahres konstatiert: „Unsere Richtung in Bayern heißt: Fortschritt im Dienst der Menschen. Für uns gilt: Der Mensch steht im Mittelpunkt der digitalen Welt“. Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung: 1. Welchen Stellenwert haben für die Staatsregierung Forschungsvorhaben, die sich explizit mit den Auswirkungen der Digitalisierung und des Internets auf den Menschen und sein alltägliches Leben beschäftigen? 2. Inwiefern ist geplant, im Rahmen des Masterplans BAYERN DIGITAL II auch Forschungsvorhaben zu fördern, die sich mit den Auswirkungen der Digitalisierung auf eine Gesellschaft der Gegenwarten beschäftigt (bitte unter Nennung der gesellschaftlichen Bereiche , Projekte, Vorhaben und ggf. Verteilung der Mittel und ihrer Höhe)? 3.1 Welche Rolle wird das geplante Internet-Institut in diesem Zusammenhang spielen? 3.2 Welche konkreten Forschungsschwerpunkte wird das Internet-Institut setzen? 3.3 Wer wird dieses Institut leiten bzw. aus welchen Hochschulen /Forschungseinrichtungen wird sich dieses zusammensetzen ? 4.1 Wird hinsichtlich der Errichtung bzw. Gründung des Instituts noch ein Wettbewerb bzw. eine Ausschreibung stattfinden? 4.2 Wenn ja, wie wird die Expertenjury, die die Auswahl der entwickelten Konzepte bewertet, besetzt sein? 4.3 Welchen Inhalt haben Zeit-, Finanzierungs- und Kostenplan ? 5.1 Inwieweit werden das Bayrische Internet-Institut und das Internet-Institut auf Bundesebene zusammenarbeiten ? 5.2 Welche Möglichkeiten der Zusammenarbeit erscheinen denkbar, auch Angesichts des veränderten Art. 91b Grundgesetz (GG)? 5.3 Wenn man hier schon in einem Dialogsteht, welchen Inhalt hat dieser? 6.1 Welche weiteren Themenschwerpunkte und Themenplattformen des Zentrums Digitalisierung.Bayern (ZD.B) werden neben den bereits existierenden Vorschlägen , wie Smart City/Bau, Arbeitswelt im Zeichen der Digitalisierung, Landmanagement und Verbraucher , mit Hilfe der zusätzlichen Mittel des Masterplans geschaffen? 6.2 Werden im Rahmen der neuen thematischen Schwerpunktsetzungen auch Programme für Nachwuchswissenschaftler geschaffen (bitte unter Nennung dieser und inhaltlicher Beschreibung)? 6.3 Wenn nein, warum nicht? 7.1 Wie konkret wird sich die im Masterplan genannte „Stärkung der Supportstrukturen der Geschäftsstelle des ZD.B“ äußern? 7.2 Wie viele Stellen werden im Rahmen des Masterplans für das ZD.B neu geschaffen? 7.3 An was bzw. an welchen Kriterien orientiert sich die im Masterplan genannte „bedarfsgerechte Weiterentwicklung des ZD.B“ konkret? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de–Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 12.09.2018 Drucksache 17/18202 Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/18202 Antwort des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 15.09.2017 Die Fragen 1, 2, 6.1, 6.2, 6.3, 7.1, 7.2, und 7.3 werden in Abstimmung mit dem Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie und der Staatskanzlei wie folgt beantwortet: 1. Welchen Stellenwert haben für die Staatsregierung Forschungsvorhaben, die sich explizit mit den Auswirkungen der Digitalisierung und des Internets auf den Menschen und sein alltägliches Leben beschäftigen? Derartige Fragen haben für die Staatsregierung einen hohen Stellenwert. Digitalisierung kann nicht allein durch die technokratische und ökonomistische Brille betrachtet werden. Sie hat nicht zuletzt auch eine gesellschaftliche Dimension. Ministerpräsident Horst Seehofer hat in seiner Regierungserklärung BAYERN DIGITAL II – Chancen, Lebensqualität, Sicherheit vom 06.07.2017 die Notwendigkeit dargelegt, sich verstärkt auch um die gesellschaftspolitischen Aspekte des digitalen Aufbruchs zu kümmern. 2. Inwiefern ist geplant, im Rahmen des Masterplans BAYERN DIGITAL II auch Forschungsvorhaben zu fördern, die sich mit den Auswirkungen der Digitalisierung auf eine Gesellschaft der Gegenwarten beschäftigt (bitte unter Nennung der gesellschaftlichen Bereiche, Projekte, Vorhaben und ggf. Verteilung der Mittel und ihrer Höhe)? Im Masterplan BAYERN DIGITAL II ist unter der Überschrift „10. Wir stellen den Menschen in den Mittelpunkt der digitalen Welt.“ explizit vorgesehen, eine positive Vision für das gesellschaftliche Zusammenleben in der digitalen Welt zu entwickeln. Zu bearbeitende Themenfelder könnten z. B. sein: Moderne Arbeitswelt 4.0 für Beschäftigte aller Altersstufen und Beschäftigungsformen sowie Unternehmen; Vereinbarkeit von Familie und Beruf; Fortentwicklung der Weiterbildung in den Betrieben mit Blick auf den digitalen Wandel; Zukunftsfeste soziale Sicherungssysteme; Datensouveränität des Einzelnen. Vor dem Hintergrund der Dynamik des digitalen Wandels wird es immer wieder erforderlich sein, neue Themenbereiche zu definieren und zu erforschen. Konkrete Projekte ebenso wie erforderliche finanzielle Aufwendungen werden entsprechend erarbeitet. Forschungsseitig soll sich unter anderem – wie ebenfalls von Ministerpräsident Horst Seehofer in seiner Regierungserklärung angekündigt – das zukünftige Bayerische Internet- Institut den strategischen Fragen und Trends jenseits von Glasfaser und Gigabit stellen. 6.1 Welche weiteren Themenschwerpunkte und Themenplattformen des Zentrums Digitalisierung.Bayern (ZD.B) werden neben den bereits existierenden Vorschlägen, wie Smart City/Bau, Arbeitswelt im Zeichen der Digitalisierung, Landmanagement und Verbraucher, mit Hilfe der zusätzlichen Mittel des Masterplans geschaffen? Neue im Rahmen des ZD.B geplante Aktivitäten bedürfen eines positiven Votums des Strategierats des ZD.B, dem höchsten Steuerungsgremium zur fachlichen und strategischen Ausrichtung des ZD.B. Dem Strategierat unter Leitung von Staatsministerin Ilse Aigner und Staatsminister Dr. Ludwig Spaenle gehören ein Vertreter des Universität Bayern e.V., ein Vertreter des Hochschule Bayern e.V., ein Vertreter der Fraunhofer-Gesellschaft, drei Vertreter aus der Wirtschaft sowie Vertreter der betroffenen Ressorts der Staatsregierung an. Inwieweit die im Masterplan beispielhaft genannten möglichen neuen Themenplattformen und ggf. weitere Themenplattformen eingerichtet werden können, hängt von der Bereitstellung entsprechender Haushaltsmittel im Nachtragshaushalt 2018 und von der Zustimmung des Strategierats ab. 6.2 Werden im Rahmen der neuen thematischen Schwerpunktsetzungen auch Programme für Nachwuchswissenschaftler geschaffen (bitte unter Nennung dieser und inhaltlicher Beschreibung)? 6.3 Wenn nein, warum nicht? Derzeit sind im Rahmen des ZD.B keine neuen Fördermaßnahmen für Nachwuchswissenschaftler geplant. Die bestehenden Fördermaßnahmen befinden sich zum Teil noch im Aufbau und richten sich an besonders qualifizierte Wissenschaftler verschiedenster Disziplinen mit unterschiedlichsten , für die Digitalisierung relevanten Themenstellungen. Die bedarfsgerechte Einbindung der beteiligten Wissenschaftler auch in die Aktivitäten zukünftiger Themenplattformen des ZD.B wird von der ZD.B-Geschäftsstelle koordiniert. Es ist vorgesehen, die Fördermaßnahmen des ZD.B voraussichtlich bis Anfang 2019 extern zu evaluieren. Dabei sollen die Wirkung der Maßnahmen untersucht und Empfehlungen zur Weiterentwicklung des ZD.B abgegeben werden. 7.1 Wie konkret wird sich die im Masterplan genannte „Stärkung der Supportstrukturen der Geschäftsstelle des ZD.B“ äußern? Der Aufbau neuer Themenplattformen wird auch die Schaffung zusätzlicher Personalkapazitäten zur Koordinierung der Themenplattformen, im Verwaltungsbereich sowie im Bereich Öffentlichkeitsarbeit/Veranstaltungsorganisation in der ZD.B-Geschäftsstelle erforderlich machen. 7.2 Wie viele Stellen werden im Rahmen des Masterplans für das ZD.B neu geschaffen? Wie viele neue Stellen in der ZD.B-Geschäftsstelle aufgebaut werden, wird vom Umfang der neu aufgebauten Themenplattformen und von den im Rahmen des Nachtragshaushalts zusätzlich bereitgestellten Haushaltsmitteln abhängen. Auf dieser Grundlage wird der Verwaltungsrat, das Aufsichtsgremium der ZD.B-Geschäftsstelle, über den Wirtschaftsplan und damit über die vom Freistaat finanzierten Personalkapazitäten in der ZD.B-Geschäftsstelle entscheiden . 7.3 An was bzw. an welchen Kriterien orientiert sich die im Masterplan genannte „bedarfsgerechte Weiterentwicklung des ZD.B“ konkret? Wie zu Frage 6.1 ausgeführt, erfolgt die Weiterentwicklung des ZD.B, insbesondere der Aufbau neuer Themenplattformen , auf Grundlage entsprechender Entscheidungen des Strategierats des ZD.B. Der konkrete thematische Ausbau wird letztendlich den Bedarf an zusätzlichen Kapazitäten in der ZD.B-Geschäftsstelle bestimmen. Drucksache 17/18202 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Antwort des Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst vom 22.08.2018 Die Fragen 3.1, 3.2, 3.3, 4.1, 4.2, 4.3, 5.1, 5.2 und 5.3 werden in Abstimmung mit der Staatskanzlei wie folgt beantwort : 3.1 Welche Rolle wird das geplante Internet-Institut in diesem Zusammenhang spielen? 3.2 Welche konkreten Forschungsschwerpunkte wird das Internet-Institut setzen? Das geplante Bayerische Internet-Institut, das künftig den Namen „Bavarian Research Institute for Digital Transformation “ tragen wird, soll exzellente, interdisziplinäre Forschung betreiben, als Think Tank fungieren und auf dieser Grundlage Gesellschaft, Wirtschaft und Politik unterstützen, den digitalen Umbruch erfolgreich zu bewältigen. Nach dem derzeitigen Stand wird sich das geplante Forschungsinstitut zunächst mit den Themengebieten „Politik und Recht“, „Wirtschaft und Arbeit“ sowie „Medien und öffentliche Kommunikation “ befassen. Die vorgeschlagene Organisationsform ist dabei flexibel hinsichtlich der thematischen Ausrichtung angelegt, so dass schnell auf sich verändernde Bedingungen reagiert werden kann. 3.3 Wer wird dieses Institut leiten bzw. aus welchen Hochschulen/Forschungseinrichtungen wird sich dieses zusammensetzen? 4.1 Wird hinsichtlich der Errichtung bzw. Gründung des Instituts noch ein Wettbewerb bzw. eine Ausschreibung stattfinden? 4.2 Wenn ja, wie wird die Expertenjury, die die Auswahl der entwickelten Konzepte bewertet, besetzt sein? Die Staatsregierung hat am 26.06.2018 die Gründung des Bavarian Research Institute for Digital Transformation in Trägerschaft der Bayerischen Akademie der Wissenschaften (BAdW) beschlossen. Daher wird zur Errichtung des Instituts kein Wettbewerb bzw. keine Ausschreibung stattfinden . Das Munich Center for Internet Research (MCIR), das seit Dezember 2015 an der BAdW besteht, wird die Grundlage für das neue Forschungsinstitut bilden und in diesem aufgehen. An der Gründung beteiligt sind • die Technische Universität München, • die Ludwig-Maximilians-Universität München, • die Hochschule für Politik München, • die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg • die Universität Passau • die Julius-Maximilians-Universität Würzburg, • das Max-Planck-Institut für Innovation und Wettbewerb, • das Institut für Sozialwissenschaftliche Forschung e.V. München und • die Akademie für Politische Bildung Tutzing. Die Frage, wer die Leitung des Instituts übernehmen wird, kann derzeit nicht beantwortet werden, da den Beschlüssen der Akademiegremien nicht vorgegriffen werden kann. 4.3 Welchen Inhalt haben Zeit-, Finanzierungs- und Kostenplan? Mit der Einrichtung des neuen Forschungsinstituts kann vorbehaltlich der Beschlussfassung in den Gremien der BAdW zeitnah begonnen werden. Zur Finanzierung des Instituts sind für einen Zeitraum von zunächst fünf Jahren insgesamt Mittel in Höhe von 37,5 Mio. Euro eingeplant. Sie umfassen Mittel für 32 Planstellen verschiedener Wertigkeit. Aktuell sind im Haushalt des Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst Sachmittel in Höhe von 6,9 Mio. Euro und 13 Stellen für das neue Forschungsinstitut ausgebracht. 5.1 Inwieweit werden das Bayrische Internet-Institut und das Internet-Institut auf Bundesebene zusammenarbeiten ? 5.2 Welche Möglichkeiten der Zusammenarbeit erscheinen denkbar, auch Angesichts des veränderten Artikel 91b Grundgesetz (GG)? 5.3 Wenn man hier schon in einem Dialogsteht, welchen Inhalt hat dieser? Kooperationen zwischen dem im Aufbau befindlichen Internet -Institut in Berlin, das mittlerweile „Weizenbaum-Institut für die vernetzte Gesellschaft“ heißt, und dem bayerischen Forschungsinstitut werden angestrebt. Da das geplante Bavarian Research Institute for Digital Transformation allein durch den Freistaat Bayern finanziert werden soll, ist Art. 91b Abs. 1 GG hier nicht einschlägig.