Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian von Brunn SPD vom 28.07.2017 Tod von Reza F. aufgrund Suizids nach einer gescheiterten Abschiebung Ende Juni 2017 Am 28.06.2017 ist Reza F. nach einem gescheiterten Abschiebeversuch und nachfolgendem Suizid in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Stadelheim in einer Münchner Klinik verstorben. Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Welche Staatsangehörigkeit hatte der am 28.06.2017 im Klinikum Medizinische Klinik IV, LMU, Ziemssenstr. 1, 80336 München, verstorbene Reza F.? b) Unter welchen Umständen genau ist Reza F. nach Erkenntnissen der Staatsregierung nach Deutschland gekommen? c) Auf welchen rechtlichen Grundlagen erfolgte seine Abschiebung ? 2. a) Welche Gründe für den Wunsch nach Asyl- und/oder Duldung machte er nach Erkenntnissen der Staatsregierung geltend? b) Welchen Rechtsstatus in Deutschland hatte Reza F. nach Erkenntnissen der Staatsregierung vor dem Abschiebeversuch ? c) Warum wurde ein etwaiger Asylantrag nach Erkenntnissen der Staatsregierung abgelehnt? 3. a) War ein Verfahren vor dem Verwaltungsgericht anhängig ? b) Wurde ein Antrag nach § 80 Abs. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) gestellt? 4. a) Wohin sollte er am 26.06.2017 nach Erkenntnissen der Staatsregierung abgeschoben werden? b) Warum ist die Luftabschiebung gescheitert? c) Warum wurde nach Erkenntnissen der Staatsregierung am 26.06.2017 Abschiebehaft beantragt und angeordnet ? 5. a) War Reza F. vor der gescheiterten Abschiebung bereits in Abschiebehaft? b) War Reza F. nach Erkenntnissen der Behörden während seines Aufenthalts in Deutschland in psychologischer oder psychiatrischer Behandlung? c) Machte er nach Erkenntnissen der Staatsregierung bei einem etwaigen Asylantrag persönliche Verfolgungsgründe geltend, die Rückschlüsse auf psychologische Belastungen oder Traumatisierungen zulassen könnten? 6. a) Hatte Reza F. nach Erkenntnissen der Staatsregierung Angehörige? b) Falls ja, wo befinden sich diese Angehörigen? c) In welcher Form wurden die Angehörigen ggf. über den Tod unterichtet? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Justiz vom 20.09.2017 1. a) Welche Staatsangehörigkeit hatte der am 28.06.2017 im Klinikum Medizinische Klinik IV, LMU, Ziemssenstr. 1, 80336 München, verstorbene Reza F.? Der verstorbene Reza F. besaß die iranische Staatsangehörigkeit . b) Unter welchen Umständen genau ist Reza F. nach Erkenntnissen der Staatsregierung nach Deutschland gekommen? Reza F. reiste am 27.04.2017 unerlaubt über den ehemaligen Grenzübergang Marktschellenberg in das Bundesgebiet ein, nachdem ihm am Tag zuvor am Bahnhof Salzburg im Rahmen der vorgelagerten Kontrolle beim Versuch der unerlaubten Einreise diese verweigert und er nach Österreich zurückgewiesen wurde. Er wurde wegen Verstoßes gegen das Aufenthaltsgesetz zu einer Freiheitsstrafe verurteilt , die er in der JVA Augsburg-Gablingen verbüßte. c) Auf welchen rechtlichen Grundlagen erfolgte seine Abschiebung? Bei der vorgesehenen Abschiebung handelte es sich um eine Überstellung nach Bulgarien im Rahmen der Dublin- III-Verordnung. 2. a) Welche Gründe für den Wunsch nach Asyl- und/ oder Duldung machte er nach Erkenntnissen der Staatsregierung geltend? Reza F. räumte gegenüber der Bundespolizei ein, dass sein Reiseziel die Bundesrepublik Deutschland gewesen sei. Er sei nach Deutschland gekommen, um hier einen Asylantrag zu stellen, weil Deutschland ein sicheres Land sei. Deutschland wäre schon beim Verlassen seines Heimatlandes sein Ziel gewesen. Er wolle zu seiner Familie nach Düsseldorf. Er werde in seinem Heimatland verfolgt, da er vom Islam zum Christentum konvertiert sei. 17. Wahlperiode 19.04.2018 Drucksache 17/18224 Bayerischer Landtag Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de–Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/18224 b) Welchen Rechtsstatus in Deutschland hatte Reza F. nach Erkenntnissen der Staatsregierung in Deutschland vor dem Abschiebeversuch? Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hat mit Bescheid vom 18.05.2017 die Abschiebung des Reza F. nach Bulgarien angeordnet. Die Entscheidung erlangte am 30.05.2017 Bestandskraft. Reza F. war demnach ab diesem Zeitpunkt vollziehbar zur Ausreise verpflichtet. c) Warum wurde ein etwaiger Asylantrag nach Erkenntnissen der Staatsregierung abgelehnt? Der Asylantrag war gem. § 29 Abs. 1 Nr. 1 des Asylgesetzes (AsylG) unzulässig, da Bulgarien aufgrund des dort gestellten Asylantrags gem. Art. 3 Dublin lll-VO für die Behandlung des Asylantrags zuständig ist. 3. a) War ein Verfahren vor dem Verwaltungsgericht anhängig ? Nein. b) Wurde ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt? Nein. 4. a) Wohin sollte er am 26.06.2017 nach Erkenntnissen der Staatsregierung abgeschoben werden? Es war eine Überstellung nach Sofia/Bulgarien im Rahmen der Dublin-III-VO vorgesehen. b) Warum ist die Luftabschiebung gescheitert? Bei Betreten des Bereichs Rückführung der Bundespolizei am Flughafen München und der Mitteilung, dass er nach Sofia überstellt werden würde, weigerte sich Reza F., seine Jacke zur Durchsuchung abzugeben, und schlug seinen Kopf gegen die Wand. Aufgrund dieses Verhaltens wurde eine Sicherheitsbegleitung erforderlich, die von der Bundespolizei jedoch nicht eingeplant war. c) Warum wurde nach Erkenntnissen der Staatsregierung am 26.06.2017 Abschiebehaft beantragt und angeordnet? Aufgrund der gescheiterten Abschiebung bestanden dringende Anhaltspunkte dahin, dass Reza F. sich ohne Haft der Abschiebung nicht freiwillig stellen, sondern erneut untertauchen und sich weiterhin illegal in Deutschland aufhalten würde. Das Amtsgericht München ordnete daraufhin auf Antrag der zuständigen Ausländerbehörde Abschiebungshaft an. 5. a) War Reza F. vor der gescheiterten Abschiebung bereits in Abschiebehaft? Nein, Reza F. befand sich bis zum Zeitpunkt der vorgesehenen Abschiebung in Strafhaft. b) War Reza F. nach Erkenntnissen der Behörden während seines Aufenthalts in Deutschland in psychologischer oder psychiatrischer Behandlung? Reza F. befand sich vom Zeitpunkt seiner Festnahme (kurz nach seiner Einreise) bis zum Zeitpunkt der geplanten Überstellung nach Bulgarien vom 28.04.2017 bis 26.06.2017 in Strafhaft und hat in dieser Zeit keinerlei psychiatrische Auffälligkeiten gezeigt. Insbesondere gab es keinerlei Anzeichen , die auf eine Suizidalität hingedeutet hätten. c) Machte er nach Erkenntnissen der Staatsregierung bei einem etwaigen Asylantrag persönliche Verfolgungsgründe geltend, die Rückschlüsse auf psychologische Belastungen oder Traumatisierungen zulassen könnten? Nein. 6. a) Hatte Reza F. nach Erkenntnissen der Staatsregierung Angehörige? Der Staatsregierung sind eine Schwester und ein Bruder als Angehörige bekannt. b) Falls ja, wo befinden sich diese Angehörigen? Die Schwester und der Bruder halten sich rechtmäßig im Bundesgebiet (Düsseldorf) auf. c) In welcher Form wurden die Angehörigen ggf. über den Tod unterrichtet? Die o. g. Geschwister wurden von der Klinik aufgrund des Gesundheitszustands bereits kurz nach der Aufnahme des Reza F. in die Medizinische Klinik der LMU, Ziemssenstr. 1, 80336 München, informiert.