Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Verena Osgyan BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 11.08.2017 Reichsbürger in Mittelfranken Ich frage die Staatsregierung: 1.1 Wie viele der in Bayern bisher identifizierten „Reichsbürger “ bzw. Selbstverwalter entfallen auf den Regierungsbezirk Mittelfranken? 1.2 Wie viele „Reichsbürger“ haben in den Jahren von 2010 bis 2017 (bitte nach Jahren aufschlüsseln) den sog. Gelben Schein (Staatsangehörigkeitsausweis) im Regierungsbezirk Mittelfranken beantragt? 1.3 Wie viele Veranstaltungen von Referent(inn)en der „Reichsbürger“-Ideologie fanden in den Jahren von 2010 bis 2017(bitte nach Jahren aufschlüsseln) im Regierungsbezirk Mittelfranken statt? 2.1 Welche Vorfälle sind der Staatsregierung bekannt, in denen „Reichsbürger“ in den Jahren von 2010 bis 2017 (bitte nach Jahren aufschlüsseln) die Arbeit der Behörden bzw. der Justizbehörden im Regierungsbezirk Mittelfranken behindert haben? 2.2 In wie vielen Fällen wurden in den Jahren von 2010 bis 2017 (bitte nach Jahren aufschlüsseln) Mitarbeiter(inn) en des öffentlichen Dienstes im Regierungsbezirk Mittelfranken auf Veranlassung von Reichsbürgern über ausländische, insbesondere maltesische Inkassounternehmen wegen unberechtigter Geldforderungen in Anspruch genommen (sog. Malta-Masche o. ä.)? 2.3 Durch welche weiteren Aktionen bzw. Maschen wurden Mitarbeiter(inn)en des öffentlichen Dienstes im Regierungsbezirk Mittelfranken nach Kenntnis der Staatsregierung zu Opfern von „Reichsbürgern“? 3.1 In wie vielen Fällen haben in den Jahren von 2010 bis 2017 (bitte nach Jahren aufschlüsseln) „Reichsbürger“ Dienstaufsichtsbeschwerden eingelegt, um die Verletzungen von Dienstpflichten durch Amtsträger(inn)en im Regierungsbezirk Mittelfranken zu beanstanden? 3.2 In wie vielen Fällen sind in den Jahren von 2010 bis 2017 (bitte nach Jahren aufschlüsseln) nach Kenntnis der Staatsregierung Amtsträger(inn)en und Mitarbeiter(inn)en der Behörden im Regierungsbezirk Mittelfranken von „Reichsbürgern“ angezeigt worden? 3.3 In wie vielen Fällen sind in den Jahren von 2010 bis 2017 (bitte nach Jahren getrennt aufschlüsseln) Bedienstete der Behörden im Regierungsbezirk durch „Reichsbürger“ bedroht oder beleidigt worden? 4.1 Ist der Staatsregierung bekannt, ob Bürgermeister(inn)- en oder Gemeinderät(inn)en in Mittelfranken der „Reichsbürger“-Bewegung nahestanden oder angehörten ? 4.2 Wie viele der im Regierungsbezirk Mittelfranken identifizierten „Reichsbürger“ bzw. Selbstverwalter sind in der Vergangenheit strafrechtlich auffällig geworden? 4.3 Gegen welche Gruppierungen, „Reichsregierungen“ und Strömungen des „Reichsbürger“-Spektrums wurden nach Kenntnis der Staatsregierung innerhalb der letzten sieben Jahre aufgrund von Straftaten der Amtsanmaßung , Nötigung, Missbrauch von Titeln oder Verstößen gegen §§ 86, 86a, 130 des Strafgesetzbuchs (StGB) etc. juristische Schritte mit welchem Ergebnis eingeleitet (bitte Anzahl der jeweils betroffenen tatverdächtigen Personen, Zeitpunkte und zuständige Staatsanwaltschaften angeben)? 5.1 Wie viele der von „Reichsbürgern“ bzw. Selbstverwaltern in Mittelfranken begangenen Straftaten wurden als Politisch motivierte Kriminalität-rechts eingestuft? 5.2 Wie schätzt die Staatsregierung die Aktivitäten der „Reichsbürger“ bzw. Selbstverwalter im Regierungsbezirk Mittelfranken ein? 5.3 Ordnet die Staatsregierung die sog. „Reichs bürger“- Bewegung in Mittelfranken dem rechtsextremistischen Spektrum zu? 6. Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über Verbindungen zwischen den „Reichsbürgern“ bzw. Selbstverwaltern in Mittelfranken zu anderen Akteuren der rechtsextremen und rechtspopulistischen Szene in Bayern, insbes. zu PEGIDA Nürnberg, NüGIDA, zu anderen PEGIDA-Ablegern, zur neonazistischen Gruppierung „Die Rechte“, zum mittlerweile verbotenen Neonazi-Kameradschaftsnetzwerk „Freies Netz Süd“, zur neonazistischen Gruppierung „Der III. Weg“, zu den derzeit im NSU-Prozess Angeklagten und der sogenannten „129er-Liste“, also der Aufstellung von Personen, die nach den Ermittlungen des Bundeskriminalamts im Verdacht stehen, mit den Akteuren des sogenannten NSU in Verbindung gestanden zu haben bzw. zur Partei AfD? 7.1 Wie viele „Reichsbürger“ bzw. Selbstverwalter im Regierungsbezirk Mittelfranken besitzen einen kleinen Waffenschein? 7.2 Wie viele „Reichsbürger“ bzw. Selbstverwalter im Regierungsbezirk Mittelfranken verfügen über eine Waffenbesitzkarte ? 7.3 Wie viele „Reichsbürger“ bzw. Selbstverwalter im Regierungsbezirk Mittelfranken besitzen einen großen Waffenschein (gemäß § 19 und § 18 Waffengesetzes )? 8.1 Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung darüber , wie viele „Reichsbürger“ bzw. Selbstverwalter im Regierungsbezirk Mittelfranken aktuell im nationalen Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 22.12.2017 17/18225 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/18225 Waffenregister gespeichert sind, deren waffenrechtliche Erlaubnis widerrufen wurde? 8.2 Wie viele „Reichsbürger“ bzw. Selbstverwalter im Regierungsbezirk Mittelfranken besitzen eine Erlaubnis nach Sprengstoffrecht (bitte Art der Erlaubnis angeben ) oder eine Erlaubnis zur Haltung eines Kampfhundes ? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 18.09.2017 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Justiz (StMJ) sowie dem Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) wie folgt beantwortet: Vorbemerkung: Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz (BayLfV) hat die sog. Reichsbürgerbewegung am 26.10.2016 zum Sammelbeobachtungsobjekt erklärt. Im Vorgangsverwaltungssystem der Bayerischen Polizei wurde zum 22.10.2016 das recherchierbare Schlagwort „Reichsbürger“ eingeführt. Insoweit können vor diesem Zeitpunkt keine Angaben zur Entwicklung der Reichsbürgerbewegung gemacht werden. 1.1 Wie viele der in Bayern bisher identifizierten „Reichsbürger“ bzw. Selbstverwalter entfallen auf den Regierungsbezirk Mittelfranken? Mit Stand 31.07.2017 sind ca. 530 Personen bekannt, die im Regierungsbezirk Mittelfranken als sog. „Reichsbürger/ Selbstverwalter“ identifiziert werden konnten. 1.2 Wie viele „Reichsbürger“ haben in den Jahren von 2010 bis 2017 (bitte nach Jahren aufschlüsseln) den sog. Gelben Schein (Staatsangehörigkeitsausweis ) im Regierungsbezirk Mittelfranken beantragt ? Hierzu werden keine recherchierbaren Statistiken geführt. Die Beantwortung würde somit die händische Einzelauswertung aller vorliegenden Akten der mit Stand vom 31.07.2017 im Regierungsbezirk Mittelfranken als sog. „Reichsbürger/ Selbstverwalter“ identifizierten Personen erfordern, was in der für die Beantwortung zur Verfügung stehenden Zeit mit keinem vertretbaren Aufwand leistbar ist. 1.3 Wie viele Veranstaltungen von Referent(inn)en der „Reichsbürger“-Ideologie fanden in den Jahren von 2010 bis 2017 (bitte nach Jahren aufschlüsseln ) im Regierungsbezirk Mittelfranken statt? Dem Polizeipräsidium Mittelfranken wurden im Jahr 2016 zehn verschiedene Örtlichkeiten und im Jahr 2017 eine Örtlichkeit bekannt, an denen es mutmaßlich zu Treffen von sog. „Reichsbürgern/Selbstverwaltern“ gekommen sein soll. Ob diese Treffen tatsächlich stattgefunden haben, ist nicht bekannt. 2.1 Welche Vorfälle sind der Staatsregierung bekannt, in denen „Reichsbürger“ in den Jahren von 2010 bis 2017 (bitte nach Jahren aufschlüsseln) die Arbeit der Behörden bzw. der Justizbehörden im Regierungsbezirk Mittelfranken behindert haben? Ungeachtet der begrifflichen Offenheit der Fragestellung liegt der Staatsregierung keine Statistik über entsprechende Fälle vor. Eine Abfrage bei allen mittelfränkischen Behörden ist in der für die Beantwortung zur Verfügung stehenden Zeit mit einem vertretbaren Aufwand nicht leistbar. 2.2 In wie vielen Fällen wurden in den Jahren von 2010 bis 2017 (bitte nach Jahren aufschlüsseln) Mitarbeiter(inn)en des öffentlichen Dienstes im Regierungsbezirk Mittelfranken auf Veranlassung von Reichsbürgern über ausländische, insbesondere maltesische Inkassounternehmen wegen unberechtigter Geldforderungen in Anspruch genommen (sog. Malta-Masche o. ä.)? Im Geschäftsbereich des StMJ ist ein Fall aus dem Jahr 2016 bekannt, in dem ein Justizbediensteter eine Aufforderung zur Vorlage von Dokumenten nach der EG-Zustellungsverordnung aus Malta zugestellt werden sollte. Die Zustellung wurde in Absprache mit dem Bundesamt für Justiz, dem Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz und dem Auswärtigen Amt abgelehnt und das Ersuchen unerledigt zurückgesandt. 2.3 Durch welche weiteren Aktionen bzw. Maschen wurden Mitarbeiter(inn)en des öffentlichen Dienstes im Regierungsbezirk Mittelfranken nach Kenntnis der Staatsregierung zu Opfern von „Reichsbürgern “? Nach Auskunft des Polizeipräsidiums Mittelfranken wurden in dessen Zuständigkeitsbereich mit Stand 31.07.2017 insgesamt 69 ungerechtfertigte Geldforderungen durch sog. „Reichsbürger/Selbstverwalter“ an Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes gestellt, aufgrund derer von der Polizei Strafanzeigen wegen versuchter Nötigung oder versuchter Erpressung erfasst wurden. Diese gliedern sich auf wie folgt: 2016: 36 Fälle 2017: 33 Fälle Die genannten Angaben beziehen sich auf die polizeiliche Datenerfassung, wurden keiner Qualitätskontrolle (z. B. hinsichtlich Fehl-/Doppelerfassungen) unterzogen und beinhalten keine abschließende strafrechtliche Bewertung der zuständigen Staatsanwaltschaft. Über die Anzahl der strafrechtlich nicht relevanten Aktionen (z. B. Einsendung sinnwidriger oder die behördliche Legitimation anzweifelnder Schreiben, querulatorisches Verhalten, Beharren auf bestimmte abwegige Schreibweisen etc.) von sog. „Reichsbürgern/Selbstverwaltern“ gegen Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes werden keine entsprechenden Statistiken geführt. Im Übrigen wird auf die Beantwortung der Fragen 3.1 bis 3.3 verwiesen. 3.1 In wie vielen Fällen haben in den Jahren von 2010 bis 2017 (bitte nach Jahren aufschlüsseln) Drucksache 17/18225 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 „Reichsbürger“ Dienstaufsichtsbeschwerden eingelegt , um die Verletzungen von Dienstpflichten durch Amtsträger(inn)en im Regierungsbezirk Mittelfranken zu beanstanden? Nach Auskunft des Polizeipräsidiums Mittelfranken wurden mit Stand 31.07.2017 bislang folgende Dienstaufsichtsbeschwerden durch sog. „Reichsbürger/Selbstverwalter“ gegen Bedienstete des Polizeipräsidiums Mittelfrankens eingereicht : 2016: 5 Dienstaufsichtsbeschwerden 2017: 4 Dienstaufsichtsbeschwerden Darüber hinaus liegen der Staatsregierung keine Zahlen zu den von „Reichsbürgern“ eingelegten Dienstaufsichtsbeschwerden gegen Amtsträger im Regierungsbezirk Mittelfranken vor. Eine ressortübergreifende Erhebung ist in der für die Bearbeitung zur Verfügung stehenden Zeit mit einem vertretbaren Aufwand nicht leistbar. 3.2 In wie vielen Fällen sind in den Jahren von 2010 bis 2017 (bitte nach Jahren aufschlüsseln) nach Kenntnis der Staatsregierung Amtsträger(inn)-en und Mitarbeiter(inn)en der Behörden im Regierungsbezirk Mittelfranken von „Reichsbürgern“ angezeigt worden? Nach Auskunft des Polizeipräsidiums Mittelfranken wurden mit Stand 31.07.2017 bislang folgende Strafanzeigen durch sog. „Reichsbürger/Selbstverwalter“ gegen Bedienstete des Polizeipräsidiums Mittelfranken eingereicht: 2016: 6 Strafanzeigen 2017: 1 Strafanzeige Für den Bereich des StMJ kann eine Auskunft nicht erteilt werden, da bei den dortigen statistischen Erfassungen entsprechende Merkmale nicht erhoben werden. Es bliebe lediglich die Möglichkeit, durch Befragung der Staatsanwaltschaften zu ermitteln, ob entsprechende Verfahren erinnerlich sind. Dies ist in der Kürze der Zeit mit vertretbarem Aufwand nicht möglich. 3.3 In wie vielen Fällen sind in den Jahren von 2010 bis 2017 (bitte nach Jahren getrennt aufschlüsseln) Bedienstete der Behörden im Regierungsbezirk durch „Reichsbürger“ bedroht oder beleidigt worden ? Nach Auskunft des Polizeipräsidiums Mittelfranken wurden mit Stand 31.07.2017 insgesamt 23 Sachverhalte wegen Beleidigung oder Bedrohung angezeigt: 2016: 19 Fälle 2017: 4 Fälle Die genannten Angaben beziehen sich auf die polizeiliche Datenerfassung, wurden keiner Qualitätskontrolle (z. B. hinsichtlich Fehl-/Doppelerfassungen) unterzogen und beinhalten keine abschließende strafrechtliche Bewertung der zuständigen Staatsanwaltschaft. 4.1 Ist der Staatsregierung bekannt, ob Bürgermeister (inn)en oder Gemeinderät(inn)en in Mittelfranken der „Reichsbürger“-Bewegung nahestanden oder angehörten? Nein. 4.2 Wie viele der im Regierungsbezirk Mittelfranken identifizierten „Reichsbürger“ bzw. Selbstverwalter sind in der Vergangenheit strafrechtlich auffällig geworden? Die Beantwortung dieser Frage erfordert aufwändige, mehrstufige , manuelle Recherchen in verschiedenen Dateisystemen , welche in der für die Beantwortung zur Verfügung stehenden Zeit nicht leistbar sind. 4.3 Gegen welche Gruppierungen, „Reichsregierungen “ und Strömungen des „Reichsbürger“-Spektrums wurden nach Kenntnis der Staatsregierung innerhalb der letzten sieben Jahre aufgrund von Straftaten der Amtsanmaßung, Nötigung, Missbrauch von Titeln oder Verstößen gegen §§ 86, 86a, 130 des Strafgesetzbuchs (StGB) etc. juristische Schritte mit welchem Ergebnis eingeleitet (bitte Anzahl der jeweils betroffenen tatverdächtigen Personen, Zeitpunkte und zuständige Staatsanwaltschaften angeben)? Durch das Polizeipräsidium Mittelfranken wurden bzw. werden nach den vorliegenden Erkenntnissen keine diesbezüglichen Ermittlungen geführt. 5.1 Wie viele der von „Reichsbürgern“ bzw. Selbstverwaltern in Mittelfranken begangenen Straftaten wurden als Politisch motivierte Kriminalität-rechts eingestuft? Für den Bereich der Politisch motivierten Kriminalität (PMK) wurde zum 01.01.2017 im bundeseinheitlichen Definitionssystem zur PMK das Themenfeld „Reichsbürger“ eingeführt. Somit können erst ab dem 01.01.2017 politisch motivierte Straftaten, die durch sog. „Reichsbürger“ verübt wurden, entsprechend dargestellt werden. Das Polizeipräsidium Mittelfranken hat im Jahr 2017 mit Stand 28.08.2017 insgesamt elf Straftaten sog. „Reichsbürger /Selbstverwalter“ im Phänomenbereich PMK-rechts im Wege des Kriminalpolizeilichen Meldedienstes in Fällen PMK (KPMD-PMK) dem Bayerischen Landeskriminalamt übermittelt. Die endgültigen Fallzahlen stehen erst nach dem bundesweit einheitlichen Meldeschluss zum 31.01.2018 fest. Somit können bei den Zahlen durch Nachmeldungen/ Korrekturen noch Änderungen/Verschiebungen auftreten. Die genannten Fallzahlen sind demnach als vorläufig zu betrachten . 5.2 Wie schätzt die Staatsregierung die Aktivitäten der „Reichsbürger“ bzw. Selbstverwalter im Regierungsbezirk Mittelfranken ein? Die Reichsbürgerideologie insgesamt ist geeignet, Personen in ein geschlossenes verschwörungstheoretisches Weltbild zu verstricken, in dem aus Staatsverdrossenheit Staatshass werden kann. Dies kann die Grundlage für Radikalisierungsprozesse sein. Verschiedene Vorfälle, auch in Bayern, belegen, dass sich in der Szene auch Personen bewegen , die gewaltbereit sind. Insbesondere wenn Vertreter des Staates hoheitliche Maßnahmen gegenüber Reichsbürgern durchsetzen, kann die Lage eskalieren. Je nach Grad der Ideologisierung bzw. Emotionalisierung ist neben einer hohen verbalen Aggression auch die Anwendung von körperlicher Gewalt durch Reichsbürger nicht auszuschließen. Das Polizeipräsidium Mittelfranken konnte in den letzten zwölf Monaten einen starken Anstieg von Aktivitäten sog. „Reichsbürger/Selbstverwalter“ feststellen. In der Regel beschränken sich die Aktionen auf querulatorisches Verhalten gegenüber Amtsträgern und Behörden, teilweise kommt es jedoch auch im Rahmen von polizeilichen Einsätzen zu Gewaltdelikten gegen Polizeibeamte. Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/18225 5.3 Ordnet die Staatsregierung die sog. „Reichsbürger “-Bewegung in Mittelfranken dem rechtsextremistischen Spektrum zu? Die sog. „Reichsbürgerbewegung“ wird vom BayLfV als „sicherheitsgefährdende Bestrebung“ eingestuft. Dem BayLfV liegen derzeit keine Erkenntnisse über strukturierte Verbindungen der sog. „Reichsbürgerbewegung“ in Mittelfranken zu rechtsextremistischen Gruppierungen vor. Lediglich Einzelpersonen der „Reichsbürgerszene“ aus dem Regierungsbezirk Mittelfranken sind dem BayLfV in der Vergangenheit als Rechtsextremisten bekannt geworden. 6. Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung über Verbindungen zwischen den „Reichsbürgern“ bzw. Selbstverwaltern in Mittelfranken zu anderen Akteuren der rechtsextremen und rechtspopulistischen Szene in Bayern, insbes. zu PEGIDA Nürnberg , NüGIDA, zu anderen PEGIDA-Ablegern, zur neonazistischen Gruppierung „Die Rechte“, zum mittlerweile verbotenen Neonazi-Kameradschaftsnetzwerk „Freies Netz Süd“, zur neonazistischen Gruppierung „Der III. Weg“, zu den derzeit im NSU-Prozess Angeklagten und der sogenannten „129er-Liste“, also der Aufstellung von Personen, die nach den Ermittlungen des Bundeskriminalamts im Verdacht stehen, mit den Akteuren des sogenannten NSU in Verbindung gestanden zu haben , bzw. zur Partei AfD? Derzeit werden im Regierungsbezirk Mittelfranken drei Personen der sog. „Reichsbürgerbewegung“ zugerechnet, die in der Vergangenheit in Kontakt zu Personen standen, die auf der sog. „129er Liste“ aufgeführt sind. 7.1 Wie viele „Reichsbürger“ bzw. Selbstverwalter im Regierungsbezirk Mittelfranken besitzen einen kleinen Waffenschein? 7.2 Wie viele „Reichsbürger“ bzw. Selbstverwalter im Regierungsbezirk Mittelfranken verfügen über eine Waffenbesitzkarte? 7.3 Wie viele „Reichsbürger“ bzw. Selbstverwalter im Regierungsbezirk Mittelfranken besitzen einen großen Waffenschein (gemäß § 19 und § 18 Waffengesetzes )? Zum Stichtag 30.06.2017 gab es im Regierungsbezirk Mittelfranken 35 bestätigte Fälle von „Reichsbürgern“ mit waffenrechtlichen Erlaubnissen und 7 Fälle, in denen die mögliche Reichsbürgereigenschaft der Waffenbesitzer noch überprüft wird. Dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr liegen keine Daten für eine weitere Unterscheidung der waffenrechtlichen Erlaubnisse vor. 8.1 Welche Erkenntnisse hat die Staatsregierung darüber , wie viele „Reichsbürger“ bzw. Selbstverwalter im Regierungsbezirk Mittelfranken aktuell im nationalen Waffenregister gespeichert sind, deren waffenrechtliche Erlaubnis widerrufen wurde? Zum Stichtag 30.06.2017 wurden im Regierungsbezirk Mittelfranken in 22 Fällen Widerrufsbescheide gegen identifizierte „Reichsbürger“ mit waffenrechtlichen Erlaubnissen erlassen. Diese Personen sind auch im Nationalen Waffenregister erfasst. 8.2 Wie viele „Reichsbürger“ bzw. Selbstverwalter im Regierungsbezirk Mittelfranken besitzen eine Erlaubnis nach Sprengstoffrecht (bitte Art der Erlaubnis angeben) oder eine Erlaubnis zur Haltung eines Kampfhundes? Im Zuständigkeitsbereich des Gewerbeaufsichtsamtes bei der Regierung von Mittelfranken gibt es eine Person, die als „Reichsbürger“ identifiziert wurde und einen Befähigungsschein (§ 20 des Sprengstoffgesetzes SprengG) zum Umgang und Verkehr mit pyrotechnischen Auslöse- und Sicherheitseinrichtungen (Airbags) besitzt. Im Verfahren zum Widerruf des Befähigungsscheines konnte eine Unzuverlässigkeit im sprengstoffrechtlichen Sinne nicht hergeleitet werden. Im Regierungsbezirk Mittelfranken besitzt nach den vorliegenden Erkenntnissen kein „Reichsbürger“ eine Erlaubnis zur Haltung eines Kampfhundes.