Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Claudia Stamm (fraktionslos) vom 00.00.2017 Abschiebung von Asif. N. am 31.05.2017 Am 31.05.2017 wurde in Nürnberg Asif N. aus dem Unterricht in seiner Berufsschule in Gewahrsam genommen, um ihn abzuschieben. Mitschülerinnen und Mitschüler von Asif N. haben sich gegen die Abschiebung gestellt und dabei Unterstützung von Nürnberger Bürgerinnen und Bürger erhalten. Auf einem Fachgespräch im Landtag teilten die Mitschülerinnen und Mitschüler mit, es werde gegen sie ermittelt . Vor dem Ausschuss für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport des Landtags hat dies der Inspekteur der Bayerischen Polizei verneint und mitgeteilt, es würde gegen keine der Mitschülerin und Mitschüler ermittelt. In einer Antwort auf eine vorangegangene Anfrage sowie in der Öffentlichkeit stellt das Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr die Unterstützer als dem linksextremen bzw. linksautonomen Umfeld zugehörig dar. In der Öffentlichkeit zeichnen Zeugen ein anderes Bild der Geschehnisse als die Staatregierung. In diesem Zusammenhang frage ich die Staatsregierung: Ermittlungen gegen Mitschülerinnen und Mitschüler von Asif N. 1. a) Wird gegen Mitschülerinnen und Mitschüler von Asif N. wegen Straftaten im Zusammenhang mit der gescheiterten Abschiebung ermittelt? b) Wenn ja, gegen wie viele? 2. a) Wegen welcher Tatbestände wird ermittelt? b) Wurde den Schülerinnen und Schüler zugesagt, dass gegen sie nicht ermittelt wird? Demonstrationsteilnehmerinnen und Demonstrationsteilnehmer 3. a) Wie viele Demonstrantinnen und Demonstranten versammelten sich am 31.05.2017 im Umfeld der Berufsschule von Asif N.? b) Aufgrund welcher Erkenntnisse stuft das Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr 50 Teilnehmer als dem linksextremen/linksautonomen Umfeld zugehörig ein? 4. a) Wie viele der laufenden Ermittlungsverfahren richten sich gegen Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die das Innenministerium bzw. zuständige Kommissariat als linksextrem einstuft? b) Wurden Beobachter aus dem Umfeld der Ereignisse wie etwa die beiden Pfarrerinnen und der Dekan der Gedächtniskirche als Zeugen befragt? Ablauf der Demonstration 5. a) Warum wurde Asif N. drei Stunden in einem Polizeifahrzeug in Gewahrsam genommen? b) Warum wurde der betreuenden Sozialpädagogin von Asif N. der Zugang zu ihm verwehrt? 5. c) Wurde Asif N. die Möglichkeit gegeben, sich mit rechtlichen Maßnahmen gegen die Aussetzung der Duldung und die drohende Abschiebung zu wenden? Antwort des Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Justiz wie folgt beantwortet vom 20.09.2017 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Justiz wie folgt beantwortet: 1. a) Wird gegen Mitschülerinnen und Mitschüler von Asif N. wegen Straftaten im Zusammenhang mit der gescheiterten Abschiebung ermittelt? b) Wenn ja, gegen wie viele? 2. a) Wegen welcher Tatbestände wird ermittelt? Aufgrund Sachzusammenhangs werden die Ziffern 1a), 1b) und 2a) gemeinsam beantwortet. Beim Polizeipräsidium Mittelfranken werden derzeit (Stand: 17.08.2017) Ermittlungsverfahren gegen drei Schüler der Berufsschule 11 wegen Beleidigung (2 Fälle) und Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte (1 Fall) geführt. 2. b) Wurde den SchülerInnen zugesagt, dass gegen sie nicht ermittelt wird? Der Schülerschaft der Berufsschule 11 wurde zu keinem Zeitpunkt zugesagt, dass gegen sie nicht ermittelt wird. Unmittelbar nach dem Einsatzgeschehen im Zuge der ersten Aufnahme der Tatbestände wurden zum damaligen Zeitpunkt keine Berufsschüler als Beschuldigte im Strafverfahren geführt. Gleichwohl liefen jedoch mehrere Ermittlungsverfahren gegen unbekannte Tatverdächtige. Nach Sichtung der Videoaufzeichnungen im Rahmen der Ermittlungen wurden mittlerweile drei Schüler der Berufsschule 11 als Tatverdächtige ermittelt. 3. a) Wie viele Demonstrantinnen und Demonstranten versammelten sich am 31.05.2017 im Umfeld der Berufsschule von Asif N.? Die Anzahl der Demonstrationsteilnehmer variierte im Laufe der polizeilichen Maßnahmen und der im Anschluss an die Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 05.01.2018 Drucksache 17/18345 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/18345 Ingewahrsamnahme spontan angezeigten sich fortbewegenden Versammlung. Zu Beginn der Ingewahrsamnahme von Asif N. waren lediglich einige wenige Personen vor Ort. Im weiteren Verlauf stieg die Zahl der Versammlungsteilnehmer rasch auf bis zu ca. 200 Personen an. Nach dem Abtransport von Asif N. wurde eine sich fortbewegende Spontanversammlung zur Zentralen Ausländerbehörde Mittelfranken mit ca. 250 Teilnehmern angezeigt. b) Aufgrund welcher Erkenntnisse stuft das Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr 50 Teilnehmer als dem linksextremen/linksautonomen Umfeld zugehörig ein? Bei der Auswertung des vorhandenen Videomaterials im Rahmen des Ermittlungsverfahrens konnten ca. 50 Teilnehmer dem linksextremistischen Spektrum zugeordnet werden. Davon werden 25 Personen als linksautonom klassifiziert . Diese Kategorisierung beruht auf polizeilichen Erkenntnissen aus zurückliegenden Einsätzen, der von den Betroffenen getragenen szenetypischen Kleidung sowie Strafverfahren gegen die genannten Personen. Nach einer Sichtung der Einsatzbilder durch das Landesamt für Verfassungsschutz, die über das Internet publiziert wurden, ergaben sich ebenso Hinweise auf die Beteiligung von Aktivisten der autonomen Szene. 4. a) Wie viele der laufenden Ermittlungsverfahren richten sich gegen Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die das Innenministerium bzw. zuständige Kommissariat als linksextrem einstuft? Derzeit ermittelt das Polizeipräsidium Mittelfranken gegen 11 Personen, die dem linksextremistischen Spektrum zuzuordnen sind. b) Wurden Beobachter aus dem Umfeld der Ereignisse wie etwa die beiden Pfarrerinnen und der Dekan der Gedächtniskirche als Zeugen befragt? In Medienberichten sowie in einem gemeinsamen Brief an den Landtag vom 10.07.2017 berichteten fünf Angehörige der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde am Berliner Platz in Nürnberg vom Polizeieinsatz an der Berufsschule. Sie wurden daraufhin vom Landeskriminalamt (BLKA) zur Zeugenvernehmung geladen. Einer der fünf geladenen Zeugen gab gegenüber der Polizei an, den Brief an den Landtag zu den Ereignissen an der Berufsschule nur aus Solidarität unterschrieben und keine eigenen Wahrnehmungen gemacht zu haben. Auf eine Zeugenvernehmung wurde daher verzichtet. Die übrigen vier wurden als Zeugen vernommen. 5. a) Warum wurde Asif N. drei Stunden in einem Polizeifahrzeug in Gewahrsam genommen? Herr Asif N. wurde gegen 08:20 Uhr von den eingesetzten Polizeibeamten in ein Polizeifahrzeug verbracht, um ihn, zum Zwecke der Abschiebung, zum Flughafen zu verbringen . Die im Zuge der Ingewahrsamnahme von Asif N. spontan angemeldete Demonstration sowie mehrfache Blockaden der Polizeifahrzeuge führten zu erheblichen Zeitverzögerungen beim Abtransport. Eine von den Einsatzkräften beabsichtigte zügige Durchführung der Maßnahme war aufgrund der teilweise massiven Widerstandshandlungen, sowohl durch Asif N. selbst als auch durch die große Anzahl teils gewalttätiger Demonstranten nicht möglich. Letztlich konnte Herr Asif N. nach etwa zwei Stunden, gegen 10:17 Uhr, zur Polizeiinspektion Nürnberg-Süd verbracht werden. b) Warum wurde der betreuenden Sozialpädagogin von Asif N. der Zugang zu ihm verwehrt? Dem einsatzführenden Polizeipräsidium Mittelfranken liegen keine Informationen darüber vor, dass Herr Asif N. von einer Sozialpädagogin betreut werden sollte. Diesbezüglich hatte sich niemand an die Einsatzkräfte gewandt. 5. c) Wurde Asif N. die Möglichkeit gegeben, sich mit rechtlichen Maßnahmen gegen die Aussetzung der Duldung und die drohende Abschiebung zu wenden ? Herr Asif N. hatte am Abschiebungstag vom Zeitpunkt seiner Ingewahrsamnahme um ca. 08:10 Uhr bis zum geplanten Flug um ca. 21:50 Uhr die Möglichkeit, einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung im Eilverfahren beim zuständigen Verwaltungsgericht zu stellen. Weitere Rechtsschutzmöglichkeiten gegen die bevorstehende Abschiebung bestanden zu diesem Zeitpunkt nicht