Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Herbert Woerlein SPD vom 11.09.2017 Wolf-Hunde-Mischlinge als Haustiere In der Presse (Süddeutsche Zeitung vom 01.09.2017) war zu lesen, dass Mischlinge aus Wolf und Hund zunehmend populärer werden. In Deutschland wird ihre Zahl auf ca. 1.000 Exemplare geschätzt mit einer hohen Dunkelziffer. Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Welche Kenntnis hat die Staatsregierung über die Anzahl von Wolf-Hund-Mischlingen in Bayern? b) Wie viele Züchter von Wolf-Hund-Mischlingen gibt es in Bayern? 2. a) Dürfen in Bayern mit in Gefangenschaft lebenden Wölfen Wolf-Hund-Mischlinge gezüchtet werden? b) Wenn ja, welche Hunde werden bei diesen Zuchten verwendet? c) Wenn ja, welche rechtlichen Auflagen müssen vom Züchter eingehalten werden? 3. a) Welchen Anforderungen muss ein Halter eines Wolf- Hund-Mischlings genügen? b) Kann in Bayern ohne Weiteres ein Wolf-Hund-Mischling erworben werden? c) Welche Auflagen gibt es bei Import eines Wolf-Hund- Mischlings aus dem Ausland? 4. a) Wie wird überprüft, ob es sich bei dem erworbenen Tier tatsächlich um einen Hund (Nachkomme aus der fünften Generation der Paarung Wolf-Hund) handelt und nicht per Definition um einen Wolf (Nachkomme aus den ersten vier Generationen der Paarung Wolf- Hund)? b) Welche Gefahren gehen von einem Wolf-Hund-Mischling aus? c) Wie unterscheidet sich das Verhalten dieser Tiere im Vergleich zu „normalen“ Hunden? 5. a) Welche Kenntnisse gibt es über Wolf-Hund-Mischlinge , die von überforderten Haltern entweder eingeschläfert , in Tierheime abgegeben oder in die freie Wildbahn entlassen wurden? b) Wie beurteilt die Staatsregierung aus tierschutzfachlicher Sicht die Haltung von Wolf-Hund-Mischlingen? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 09.10.2017 1. a) Welche Kenntnis hat die Staatsregierung über die Anzahl von Wolf-Hund-Mischlingen in Bayern? b) Wie viele Züchter von Wolf-Hund-Mischlingen gibt es in Bayern? Die Fragen 1.a. und 1.b. werden gemeinsam beantwortet. Basisdaten zur privaten Hundehaltung mit Rassezugehörigkeit einschließlich Rassehunde oder Hunde ohne Rassezugehörigkeit mit ausgeprägter Wolfsgenetik werden nicht zentral erfasst. Für eine solche Erfassung gibt es keine Rechtsgrundlage. Die gewünschten Informationen liegen auch im Zusammenhang mit der Erteilung einer Erlaubnis nach § 11 Tierschutzgesetz (TierSchG) für gewerbliche Hundezüchter nicht zentral vor, da für die Erfassung der entsprechenden Daten keine tierschutzrechtlichen Vorschriften existieren. 2. a) Dürfen in Bayern mit in Gefangenschaft lebenden Wölfen Wolf-Hund-Mischlinge gezüchtet werden? Da der Wolf in Anhang IV a) der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) aufgeführt ist, ist er nach § 7 Abs. 2 Nr. 13 b) aa), Nr. 14 b) Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) in Deutschland eine besonders und streng geschützte Art. Infolge dieses Schutzstatus gilt auch das Besitzverbot nach § 44 Abs. 2 Bundesartenschutzverordnung (BArtSchV), soweit keine Ausnahmeregelungen wie rechtmäßige Zucht greifen (vgl. § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a) BNatSchG). Dies gilt auch für Hybriden (Kreuzungen Wolf–Hund), die bis einschließlich der vierten Nachzuchtgeneration den artenschutzrechtlichen Regelungen unterliegen. Soweit es sich danach um rechtmäßig gehaltene Exemplare handelt, besteht kein generelles Zuchtverbot. b) Wenn ja, welche Hunde werden bei diesen Zuchten verwendet? c) Wenn ja, welche rechtlichen Auflagen müssen vom Züchter eingehalten werden? Entfällt. 3. a) Welchen Anforderungen muss ein Halter eines Wolf-Hund-Mischlings genügen? Nach § 7 BArtSchV unterliegen besonders geschützte Tierarten einschließlich der Hybriden der vierten Generation besonderen Haltungsbestimmungen. Danach ist der zuständigen Naturschutzbehörde unverzüglich der Beginn der Haltung anzuzeigen und der Halter muss über die erforderliche Zuverlässigkeit, ausreichende Kenntnisse über Haltung und Pflege sowie die erforderlichen Einrichtungen für eine tierschutzgerechte und sichere Unterbringung verfügen . Für die Haltung eines Wolf-Hund-Mischlings greifen tierschutzrechtlich die allgemeinen Bestimmungen des § Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de–Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 02.02.2018 Drucksache 17/18499 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/18499 2 Tierschutzgesetz (TierSchG): „Wer ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, […] muss das Tier seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterbringen, […] darf die Möglichkeit des Tieres zu artgemäßer Bewegung nicht so einschränken, dass ihm Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden, […] muss über die für eine angemessene Ernährung, Pflege und verhaltensgerechte Unterbringung des Tieres erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen.“ Sofern der Wolf-Hund-Mischling rechtlich als Canis lupus familiaris – in der Folge nur noch Hund genannt – eingestuft wird, gelten zusätzlich die Bestimmungen der Tierschutz-Hundeverordnung. Im Hinblick auf den Tierschutz ist zu den Haltungsanforderungen von Wölfen oder Wolf-Hund-Mischlingen, die nicht als Hunde gelten, das Gutachten über Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren, eine Veröffentlichung des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft, heranzuziehen . b) Kann in Bayern ohne Weiteres ein Wolf-Hund- Mischling erworben werden? Nein, es greift für Wolfshybriden bis einschließlich der vierten Nachzuchtgeneration der artenschutzrechtliche Schutzstatus des Wolfes. Damit sind auch diese Hybriden nach § 7 Abs. 2 Nr. 13 b) aa), Nr. 14 b) BNatSchG in Deutschland eine besonders und streng geschützte Art. Es gilt für diese Fälle das grundsätzliche Besitzverbot nach § 44 Abs. 2 BNatSchG und nach Art. 8 Abs. 1 der EU-Verordnung Nr. 338/97 ein allgemeines Vermarktungsverbot, soweit keiner der Ausnahmetatbestände des § 8 Abs. 3 der EU-Verordnung greift (z. B. legale Zucht). Die Nachweispflicht für die rechtmäßige Herkunft einschließlich etwaiger Ausnahmetatbestände liegt grundsätzlich beim Besitzer und ist mit den entsprechenden amtlichen Dokumenten zu führen (§ 46 Abs. 3 BNatSchG i. V. m. Art. 9 Abs. 1 der EU-Verordnung). c) Welche Auflagen gibt es bei Import eines Wolf- Hund-Mischlings aus dem Ausland? Der Wolf unterliegt dem Washingtoner Artenschutzübereinkommen (WA, CITES), das der Kontrolle und ggf. Begrenzung des internationalen Handels mit Exemplaren gefährdeter wild lebender Arten dient. Der Wolf ist in Anhang II (Handelskontrolle) aufgeführt. Das WA wird in der Europäischen Union für Deutschland verbindlich durch die unmittelbar geltenden Verordnungen (EG) Nr. 338/97 des Rates und (EU) Nr. 2107/160 der Kommission umgesetzt. Der Wolf ist mit Ausnahme bestimmter regionaler Populationen in Anhang A dieser Verordnung aufgeführt. Daher unterliegt er nach Art. 8 Abs. 1 der EU-Verordnung Nr. 338/97 einem EUweit einheitlichen Vermarktungsverbot. Eine Vermarktung ist nur möglich, wenn die Vermarktung ausdrücklich durch eine Ausnahme vom Vermarktungsverbot (z. B. legale Zucht) zulässig ist. Auch die Einfuhr- und Ausfuhr in die EU ist nur bei Vorliegen der Voraussetzungen von Art. 4 ff der VO (EG) Nr. 338/97 (im Folgenden EU-Verordnung) mit den entsprechenden amtlichen Bescheinigungen erlaubt. Innerhalb der EU dürfen lebende Exemplare nur befördert werden, wenn die Besitzberechtigung mit den entsprechenden amtlichen Dokumenten nachgewiesen wird (§ 46 Abs. 3 BNatSchG i. V. m. Art. 9 Abs. 1 der EU-Verordnung). Die Nachweispflicht der rechtmäßigen Herkunft liegt grundsätzlich beim Besitzer (Art. 9 Abs. 1 Satz 2 der EU-Verordnung). Sofern Hunde einschließlich Hunderassen mit Wolfsoptik und/oder Hunde ohne Rassezugehörigkeit mit ausgeprägter Wolfsgenetik sowie Nachkommen von entsprechenden Mischlingen, die nicht mehr artenschutzrechtlich reglementiert sind, erworben werden, gelten keine besonderen veterinärrechtlichen Bestimmungen. Bei Einfuhr oder Verbringen von Hunden sind unter anderem die hierzu jeweils einschlägigen veterinärrechtlichen Bestimmungen einzuhalten wie z. B. das Vorlegen von Impf- oder Identitätsbescheinigungen. 4. a) Wie wird überprüft, ob es sich bei dem erworbenem Tier tatsächlich um einen Hund (Nachkomme aus der fünften Generation der Paarung Wolf- Hund) handelt und nicht per Definition um einen Wolf (Nachkomme aus den ersten vier Generationen der Paarung Wolf-Hund)? Der Erwerb von Hunden unterliegt nicht der veterinärrechtlichen Überwachung; es existiert hierzu keine Rechtsgrundlage (vgl. Antwort 3.b.). Eine anlassbezogene Überprüfung der Zuordnung von „wolfsverdächtigen Hunden“ zur Art Haushund (Canis lupus familiaris) wird nach Lage des Falles durchgeführt, ggf. unter Zuhilfenahme gentechnischer Verfahren. Da es sich beim Haushund um eine seit vielen Jahrtausenden domestizierte Unterart des Wolfes handelt, kann nur festgestellt werden, ob das betrachtete Tier ein Wolf, ein Hund oder ggf. ein Wolf-Hund-Mischling ist. Die abgesicherte Zuordnung eines Wolf-Hund-Mischlings zu einer bestimmten Kreuzungsgeneration ist kaum möglich. Die Nachweispflicht der rechtmäßigen Herkunft (z. B. kein Exemplar der 1.-4. Generation) liegt grundsätzlich beim Besitzer (Art. 9 Abs. 1 Satz 2 der EU-Verordnung). b) Welche Gefahren gehen von einem Wolf-Hund- Mischling aus? Von einem Wolf-Hund-Mischling gehen überwiegend keine anderen Gefahren aus als von einem Hund. Allerdings sind Szenarien mit verstärkter Gefährdung durch Wolf-Hund- Mischlinge denkbar, beispielsweise beim Auftreten von Dominanzaggression im Zusammenleben mit Menschen. c) Wie unterscheidet sich das Verhalten dieser Tiere im Vergleich zu „normalen“ Hunden? Pauschale Aussagen zu den Unterschieden im Verhalten von Wolf-Hund-Mischlingen und Hunden sind nur eingeschränkt möglich. Das Verhalten von Hunden, der seit Jahrtausenden domestizierten Unterart des Wolfes, ist im Wolfsverhalten angelegt und bestimmt weitgehend die Verhaltensansprüche und -weisen. Daher spielt bei Wolf-Hund-Mischlingen die individuelle Ausprägung des typischen Wolfsverhaltens bzw. auch von einzelnen Anteilen des Wolfsverhaltens eine wichtige Rolle, aber auch die jeweilige Haltung, ihr Umfeld sowie die Aufzucht und Sozialisation des jeweiligen Tieres. Es bestehen grundsätzliche Unterschiede bei der innerartlichen Verständigung von Hund und Wolf, z. B. im Bereich der Mimik und Körpersprache. Der – auch gezähmte – Wolf ist im Gegensatz zum domestizierten Hund auch nicht darauf gezüchtet, mit dem Menschen zusammenzuleben. Wolf-Hund-Mischlinge werden außerdem häufig als eher scheu, ängstlich, unberechenbar und schwer erziehbar beschrieben . Drucksache 17/18499 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 5. a) Welche Kenntnisse gibt es über Wolf-Hund-Mischlinge , die von überforderten Haltern entweder eingeschläfert , in Tierheime abgegeben oder in die freie Wildbahn entlassen wurden? Die Staatsregierung hat Kenntnis von Berichten, dass neben „unstrittigen Haushunden“ auch Wolf-Hund-Mischlinge bzw. Hunde, die zu einer Rasse mit ausgeprägter Wolfsgenetik gehören, sowie Hunde mit Wolfsoptik von überforderten Haltern in Tierheime abgegeben, in die freie Wildbahn entlassen oder Tierärzten zur Einschläferung vorgestellt würden. b) Wie beurteilt die Staatsregierung aus tierschutzfachlicher Sicht die Haltung von Wolf-Hund-Mischlingen ? Die Haltung von artenschutzrechtlich reglementierten Wolf- Hund-Mischlingen wird grundsätzlich abgelehnt und bleibt wissenschaftlich geführten Einrichtungen vorbehalten. Das gleiche gilt für die Haltung von Wolf-Hund-Mischlingen , die nicht artenschutzrechtlich reglementiert sind. Die Domestikation und damit die Anpassung der Lebens- und Verhaltensansprüche von Hunden an ein möglichst reibungsloses Zusammenleben mit dem Menschen dauerte über 10.000 Jahre. Die Ergebnisse dieses Prozesses sind die Basis dafür, dass eine artgemäße Hundehaltung möglich ist. Bei Wolf-Hund-Mischlingen ist die Domestikation, die Anpassung an das Leben in der Obhut des Menschen, in verschiedenen Bereichen nicht oder nicht ausreichend gegeben. Aus diesem Grund ist auch die Haltung von Hunderassen mit starken Anteilen an Wolfsgenetik in Bezug auf den Tierschutz kritisch zu hinterfragen.