Schriftliche Anfrage des/r Abgeordneten Katharina Schulze BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 08.08.2017 G20-Gipfel in Hamburg Die Ereignisse rund um und während des G20-Gipfels in Hamburg beschäftigen Zivilgesellschaft, Medien, Sicherheitsbehörden und Politik gleichermaßen. Der G20-Gipfel in Hamburg war eine der größten sicherheitspolitischen Herausforderungen für unseren Staat in der letzten Zeit. Auch bayerische Beamtinnen und Beamte waren in Hamburg im Einsatz. Deswegen frage ich die Staatsregierung: 1.1 Wie viele Polizeikräfte der Landespolizei waren während des G20-Gipfels in Hamburg im Einsatz (bitte aufschlüsseln in eingeplante sowie nachgeorderte Einsatzkräfte)? 1.2 Wie viele der bayerischen Polizeikräfte und Rettungskräfte wurden beim Einsatz in Verbindung mit dem G20-Gipfel verletzt (bitte neben der Anzahl auch die Art der Verletzung aufführen)? 1.3 Wie viele der verletzten Polizeikräfte waren nach der Verletzung dienstunfähig (bitte Dauer des Dienstausfalls angeben)? 2.1 Wie hoch sind die Sachschäden bei der Bayerischen Polizei, die durch den Einsatz beim G20-Gipfel entstanden sind? 2.2 Wie hoch sind die voraussichtlichen Gesamtkosten für Bayern, die durch den G20-Gipfel (Polizeieinsatz, Beteiligung an anderen Kosten etc.) entstehen? 2.3 Wird gegen bayerische Polizeikräfte aufgrund ihrer Einsatztätigkeit im Rahmen des G20-Gipfels ermittelt (bitte einzeln unter Nennung der Vorwürfe aufschlüsseln )? 3.1 In welchen Bereichen wurden die bayerischen Polizeikräfte während des G20-Gipfels eingesetzt (bitte um detaillierte Angabe)? 3.2 Bei welchen Demonstrationen wurden bayerische Polizeikräfte in Hamburg eingesetzt? 3.3 Wie wurden die nachgeorderten Polizeikräfte eingesetzt ? 4.1 Wie wurden die eingesetzten bayerischen Polizeikräfte auf den Einsatz beim G20-Gipfel vorbereitet (bitte aufschlüsseln in eingeplante sowie nachgeorderte Einsatzkräfte)? 4.2 Welche Maßnahmen wurden getroffen, um auch die psychische Belastung und eventuelle Traumata der Einsatzkräfte aufzufangen? 4.3 Waren die bayerische Polizeiführung und das Innenministerium in die Vorbereitung des Polizeieinsatzes und der Einsatzstrategie einbezogen (bitte angeben, in welchem Umfang)? 5.1 Welche Lehren zieht die Bayerische Polizei aus dem Einsatz beim G20-Gipfel in Hamburg? 5.2 Wie beurteilt die Staatsregierung und Polizeiführung die Einsatzstrategie der Hamburger Polizei („Hamburger Linie“)? 5.3 Haben Polizeikräfte der Bayerischen Polizei akkreditierten Journalisten, die rund um den Gipfel berichteten , deren Akkreditierung entzogen (bitte unter Angabe einer kurzen Sachverhaltsdarstellung der Vorfälle)? 6.1 Wie viele der Demonstrant(inn)en und unbeteiligte Dritte wurden nach Kenntnis der Staatsregierung durch Aktivitäten rund um den G20-Gipfel verletzt? 6.2 Hat die Staatsregierung darüber Kenntnis, wie viele Menschen aus Bayern in Verbindung mit den Aktivitäten um den G20-Gipfel verhaftet oder in Gewahrsam genommen worden sind (bitte unter Angabe der Gründe aufführen)? 6.3 Hat die Staatsregierung darüber Kenntnis gegen wie viele Menschen aus Bayern derzeit ermittelt wurde oder wird (bitte unter Angabe einer jeweils kurzen, anonymisierten Sachverhaltsdarstellung, der Art des Delikts und des Stands des Ermittlungsverfahrens)? 7.1 Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse darüber vor, ob aktivistische Gruppen aus Bayern, insbesondere vom Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz beobachtete Gruppierungen oder Personen an gewalttätigen Auseinandersetzungen am Gipfel beteiligt waren (bitte die einzelnen Gruppierungen bzw. Personen angeben)? 7.2 Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse darüber vor, dass neben Gruppen, die sich als links bezeichnen , auch rechtsextreme Gruppen sowie unpolitische Einzelakteur/-akteure an den Ausschreitungen in Hamburg beteiligt waren? 7.3 Wie viele der Inhaftierten bzw. in Gewahrsam Genommenen waren den bayerischen Sicherheitsbehörden als Linksextremist(inn)en oder aus einem anderen Phänomenbereich bekannt (bitte den Phänomenbereich genau angeben)? 8.1 Wie viele der Inhaftierten bzw. in Gewahrsam Genommenen sind bisher nicht polizeilich oder nachrichtendienstlich bei den bayerischen Behörden in Erscheinung getreten? 8.2 Wie bewertet die Staatsregierung die Rolle von Schaulustigen während der Polizeieinsätze in Hamburg? 8.3 Wurden verdeckte Ermittler/-innen aus Bayern beim G20-Gipfel eingesetzt (bitte detailliert die Gründe und Zusammenhänge des Einsatzes angeben)? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 15.02.2017 17/18555 Bayerischer Landtag Anlage 1 SANFR MdL Katharina Schulze vom 08.08.2017, G 20-Gipfel in Hamburg Stand 08/2017 Übersicht Anzahl Einsatzkräfte/Verletzungen der Bayer. Polizei im Rahmen des G20-Gipfels in Hamburg, Zeitraum 22.06. – 10.07.17 (ohne Vorphase) Polizeipräsidium/ Dienststelle Anzahl eingesetzter Kräfte ./. davon „nachgeordert“ Anzahl während des G20-Gipfels verletzter Einsatzkräfte ./. davon unmittelbar durch Störereinwirkung Art der Verletzungen (unmittelbar durch Störereinwirkung) (auf Verletzungen ohne Störereinwirkung wie bspw. Kreislaufprobleme, etc. wird nicht näher eingegangen) Dienstunfähigkeit (Anzahl Beamte u. Tage) Polizeipräsidium München 170 ./. 62 2 ./. 2 Hämatom durch Steinwurf; Stockstich ins Gesicht und Steinwurf auf behelmten Kopf 1 (7 Tage) Polizeipräsidium Niederbayern 14 ./. 0 0 Polizeipräsidium Oberpfalz 22 ./. 0 2 ./. 1 Bei der Verletzung durch Fremd-/Störereinwirkung handelt es sich um eine Augenverletzung durch Glassplitter nach Bewurf der Windschutzscheibe 2 (jeweils am Ereignistag) Polizeipräsidium Oberbayern Nord 9 ./. 0 0 Polizeipräsidium Oberbayern Süd 2 ./.0 0 Polizeipräsidium Unterfranken 60 ./. 0 0 Polizeipräsidium Mittelfranken 46 ./. 0 0 Polizeipräsidium Oberfranken 10 ./. 0 0 Polizeipräsidium Schwaben S/W 4 ./. 0 0 Polizeipräsidium Schwaben Nord 18 ./. 0 0 Bayer. Landeskriminalamt 27 ./. 0 0 Bayer. Bereitschaftspolizei 1.035 ./. 93 86 ./. 73 Bei den Verletzungen durch Fremd-/Störereinwirkungen handelte es sich überwiegend um Prellungen, Knalltraumata und Schnittwunden durch Bewurf/Schläge 4 (jeweils am Ereignistag) Gesamt 1.417 ./. 155 90 ./. 76 7 Anlage 2 SANFR MdL Katharina Schulze vom 08.08.2017, G 20-Gipfel in Hamburg Stand 08/2017 Übersicht Einsatzbereiche der Bayer. Polizei im Rahmen des G20-Gipfels in Hamburg, Zeitraum 22.06. – 10.07.17 (ohne Vorphase) Polizeipräsidium/ Dienststelle Einsatzbereiche / Einsatzabschnitte (EA) Einsatz bei Demonstrationen Präsidien der Bayer. Landespolizei Die Präsidien der Bayer. Landespolizei stellten überwiegend: Verkehrskräfte für den EA Verkehr (Verkehrs-/Verkehrslenkungsmaßnahmen, Lotsungen) Diensthundeführer für den EA Zentrale Dienste (Objektschutzmaßnahmen, Absuchen, Fahrzeugkontrollen) Beamte der Wasserschutzpolizei für den EA Wasser Beamte für den EA Presse- und Öffentlichkeitsarbeit (Medienauswertung, Pressestelle) Beamte für den EA Kriminalpolizeiliche Maßnahmen (Gefangenentransportwagenbesatzung, technisches Bedienpersonal) Beamte der Wasserschutzpolizei im Rahmen der Greenpeace-Demonstration am 07.07.17 am Hamburger Hafen Verkehrskräfte im Rahmen der Verkehrs- /Verkehrslenkungsmaßnahmen anlässlich von Demonstrationen Polizeipräsidien Mittelfranken und München Die Polizeipräsidien Mittelfranken und München stellten darüber hinaus: Operative Einheiten/Spezialeinheiten für den EA Intervention sowie für den EA Kriminalpolizeiliche Maßnahmen Geschlossene Einheiten (PP München, USK) für den EA Eingreifkräfte (Raumschutz- und Räumungsmaßnahmen) Personenschutzkräfte (PP München) USK zur Bereithaltung als Eingreifkräfte anlässlich der sich fortbewegenden Versammlung am Sa., 08.07.17 Bayer. Landeskriminalamt Das Bayer. Landeskriminalamt stellte überwiegend: Kräfte für den EA Kriminalpolizeiliche Maßnahmen sowie für den EA Intervention (operative Maßnahmen) Personenschutzkräfte Nein Anlage 2 SANFR MdL Katharina Schulze vom 08.08.2017, G 20-Gipfel in Hamburg Stand 08/2017 Bayer. Bereitschaftspolizei Die Bayer. Bereitschaftspolizei stellte überwiegend geschlossene Einheiten, die wie folgt eingesetzt wurden: Kräfte der Einsatzhundertschaften für den EA Veranstaltungsort und den EA Raumschutz (Objektschutz, Streckenschutz) Kräfte der USK für den EA Eingreifkräfte (Bereithalten von Eingreifkräften, Raumschutzmaßnahmen) Darüber hinaus stellte die Bayer. Bereitschaftspolizei neben mehreren spezialisierten Kräften für den EA Zentrale Dienste (z.B. Wasserwerferstaffel) Polizeibeamte der Polizeihubschrauberstaffel für den EA Luft. USK zur Bereithaltung als Eingreifkräfte anlässlich der sich fortbewegenden Versammlung am Sa., 08.07.17 Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/18555 Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 11.10.2017 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Justiz wie folgt beantwortet: 1.1 Wie viele Polizeikräfte der Landespolizei waren während des G20-Gipfels in Hamburg im Einsatz (bitte aufschlüsseln in eingeplante sowie nachgeorderte Einsatzkräfte)? 1.2 Wie viele der bayerischen Polizeikräfte und Rettungskräfte wurden beim Einsatz in Verbindung mit dem G20-Gipfel verletzt (bitte neben der Anzahl auch die Art der Verletzung aufführen)? 1.3 Wie viele der verletzten Polizeikräfte waren nach der Verletzung dienstunfähig (bitte Dauer des Dienstausfalls angeben)? Aus Gründen des Sachzusammenhangs werden die Fragen der Ziff. 1.1, 1.2 und 1.3 in Form des Verweises auf die Übersicht in Anlage 1* zusammenhängend beantwortet. Verletzungen bayerischer Rettungskräfte sind nicht bekannt . 2.1 Wie hoch sind die Sachschäden bei der Bayerischen Polizei, die durch den Einsatz beim G20- Gipfel entstanden sind? 2.2 Wie hoch sind die voraussichtlichen Gesamtkosten für Bayern, die durch den G20-Gipfel (Polizeieinsatz , Beteiligung an andere Kosten etc.) entstehen ? Aus Gründen des Sachzusammenhangs werden die Fragen der Ziff. 2.1 und 2.2 zusammenhängend beantwortet. Nach derzeitigem Kenntnisstand werden voraussichtlich rund 4 Mio. Euro einsatzbedingte Gesamtkosten (im Bereich des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr) entstehen. Anhaltspunkte, dass Ausgaben in anderen Ressorts anfielen, liegen nicht vor. Eine Ressortumfrage erfolgte nicht. Die einsatzbedingten Mehraufwendungen der Polizei (einschließlich des Ausgleichs für die zahlreichen Sachschäden an Einsatzfahrzeugen, Ausrüstungsgegenständen und Führungs- und Einsatzmitteln, die derzeit noch nicht abschließend beziffert werden können) werden nach dem Bund-Länder-Abkommen über die Abrechnung von Unterstützungseinsätzen von Hamburg erstattet. Dies wird jedoch noch einige Zeit in Anspruch nehmen. 2.3 Wird gegen bayerische Polizeikräfte aufgrund ihrer Einsatztätigkeit im Rahmen des G20-Gipfels ermittelt (bitte einzeln unter Nennung der Vorwürfe aufschlüsseln)? Aktuell wird gegen einen im Rahmen des G20-Gipfels eingesetzten Polizeibeamten wegen des Verdachts eines Verstoßes gegen das KunstUrhG ermittelt. Der Beamte hat im Nachgang des Einsatzes auf seinem Facebook-Profil ein Bild von Linksautonomen mit der Frage, „Wer kennt diese Linken-Terroristen?“ gepostet. 3.1 In welchen Bereichen wurden die bayerischen Polizeikräfte während des G20-Gipfels eingesetzt (bitte um detaillierte Angabe)? 3.2 Bei welchen Demonstrationen wurden bayerische Polizeikräfte in Hamburg eingesetzt? Die Fragen der Ziff. 3.1 und 3.2 werden aufgrund Sachzusammenhangs in Form des Verweises auf die Übersicht in Anlage 2* zusammenhängend beantwortet. 3.3 Wie wurden die nachgeorderten Polizeikräfte eingesetzt ? Die 16. Bereitschaftspolizeihundertschaft aus Nürnberg wurde am 07.07.2017 nachalarmiert und nach ihrem Eintreffen in Hamburg um 21:30 Uhr im Einsatzabschnitt (EA) Eingreifkräfte zur Räumung von Barrikaden und zur Sicherung des durch andere Einheiten frei geräumten Bereiches im Schanzenviertel eingesetzt. Am 08.07.2017 war die Einheit ab 10:15 Uhr für Raumund Streckenschutzmaßnahmen eingesetzt und beendete am selben Tag noch ihren Einsatz. Die Einsatzkräfte des Polizeipräsidiums München, Unterstützungskommando (USK) wurden am 07.07.2017 nachalarmiert und nach ihrer Ankunft in Hamburg dem EA Eingreifkräfte unterstellt. Die Einheit wurde überwiegend im Bereich südlich des Schanzenviertels zu Räumungsmaßnahmen eingesetzt. Am 08.07.2017 wurde die Einheit für Raumschutzmaßnahmen im Rahmen der sich fortbewegenden Versammlung „G 20 not welcome“ sowie zur Absuche von Fahrzeugen an Kontrollpunkten eingesetzt und darüber hinaus als Eingreifkräfte bereitgehalten. 4.1 Wie wurden die eingesetzten bayerischen Polizeikräfte auf den Einsatz beim G20-Gipfel vorbereitet (bitte aufschlüsseln in eingeplante sowie nachgeorderte Einsatzkräfte)? Die Kräfte der geschlossenen Einheiten und die USK der Bayer. Bereitschaftspolizei wurden in Form von Übungen auf den G20-Gipfel vorbereitet. Im Rahmen des konzeptionellen Einsatztrainings (KET) wurden verschiedene Einsatztaktiken und Szenarien, beispielsweise der Umgang mit Bewurf und Verletzten, trainiert. Darüber hinaus führen alle Hundertschaften und Unterstützungskommandos der Bayer. Bereitschaftspolizei halbjährliche Übungen durch, welche im Vorfeld auch G20-Bezug hatten. Hinzu kommt noch eine Vielzahl von kleineren Übungen im Zug- und Gruppenrahmen. Die Kräfte der Verbände der Bayer. Landespolizei sowie des Bayer. Landeskriminalamtes wurden überwiegend im Rahmen ihres Grundsatzauftrages eingesetzt, was keiner speziellen Vorbereitung im Vorfeld bedurfte. Gleichwohl darf auf die jeweils fachspezifischen sowie regelmäßig stattfindenden Schulungsmaßnahmen von Polizeibeamtinnen und -beamten, z. B. das Training des Polizeilichen Einsatzverhaltens (PE), verwiesen werden. Darüber hinaus wurden die Einsatzkräfte anhand von Lagemeldungen, Einsatzkonzeptionen und Einsatzbesprechungen (sowohl seitens der Hamburger Polizei als auch verbandsintern) auf den Einsatz vorbereitet. Zudem erfolgte in Bayern die Koordination zum bzw. die Vorbereitung auf den Einsatz über die sog. Länderverantwortlichen . *) Von einem Abdruck der Anlagen wurde abgesehen. Sie sind in der elekt ronischen Fassung der Schriftlichen Anfrage als pdf-Dokument im Internet unter www.bayern.landtag.de – Dokumente – unter der oben genannten Drs.-Nr. einsehbar. Drucksache 17/18555 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Während des Einsatzes oblag die Vorbereitung/Einweisung der Einsatzkräfte in ihre Aufgaben dem jeweiligen Einsatzabschnitt der Hamburger Polizei vor Ort. 4.2 Welche Maßnahmen wurden getroffen, um auch die psychische Belastung und eventuelle Traumata der Einsatzkräfte aufzufangen? Nach Einbindung aller am Einsatz beteiligten Verbände wurden bislang keine posttraumatischen Belastungsstörungen oder andere Traumafolgestörungen unserer Einsatzkräfte bekannt. Während des Einsatzes oblag die Gesamtverantwortung der Polizei der Freien und Hansestadt Hamburg bzw. den seitens der Hamburger Polizei eingesetzten Einsatzabschnittsführern . Darüber hinaus erfolgte die Betreuung bayerischer Einsatzkräfte durch die am Einsatz beteiligten Führungskräfte der Bayerischen Polizei sowie durch die eingesetzten Länderverantwortlichen. Im Übrigen hat die Bayerische Polizei für den Einsatz anlässlich des G20-Gipfels einen Polizeiseelsorger entsandt. Im Nachgang des Einsatzes anlässlich des G20-Gipfels finden in Bayern zahlreiche Einsatznachbereitungen (verbands -/einheitenintern wie auch -übergreifend) statt, die u. a. den Umgang mit psychischen Belastungen aufgreifen. Weiterhin besteht für alle Angehörigen der Bayerischen Polizei jederzeit das Angebot und die Möglichkeit, die Beratungs - und Betreuungsangebote des Zentralen Psychologischen Dienstes der Bayerischen Polizei (ZPD), der bei den Verbänden angesiedelten Sozialpädagogen des Polizeilichen Sozialen Dienstes (PSD), des Ärztlichen Dienstes der Bayerischen Polizei sowie der Polizeiseelsorge der Bayerischen Polizei in Anspruch zu nehmen. 4.3 Waren die bayerische Polizeiführung und das Innenministerium in die Vorbereitung des Polizeieinsatzes und der Einsatzstrategie einbezogen (bitte angeben, in welchem Umfang)? Die Einsatzvorbereitung und -durchführung lag – wie in vergleichbaren Einsätzen – in diesem Fall ausschließlich bei der Polizei der Freien und Hansestadt Hamburg. Zur Thematik Einsatzstrategie ist festzustellen, dass einsatzstrategische Entscheidungen der Einsatzleitung obliegen. Die Bayerische Polizei und das Staatsministerium des Innern , für Bau und Verkehr waren im Rahmen der Einsatzvorbereitung und -durchführung insbesondere durch regelmäßige Lagemeldungen sowie Kräfteanforderungen vor, wie auch während des G20-Gipfels über den Polizeieinsatz informiert . Zudem informierten Vertreter der Polizei Hamburg in Besprechungen und durch Berichte über die Einsatzplanung in den Gremien der Innenministerkonferenz. Darüber hinaus fanden Einsatzbesprechungen auf allen den Einsatz betreffenden Ebenen statt. Aufgrund der im Rahmen des Einsatzes anlässlich des G7-Gipfels in Bayern gesammelten Erfahrungen, fanden weit im Vorfeld des G20-Gipfels Erfahrungsaustausche mit der Hamburger Polizei statt. Überdies wurden seitens der Einsatzleitung in Hamburg auch Führungskräfte aus Bayern angefordert und eingesetzt. Die genannten Maßnahmen entsprechen bundesweit dem polizeilichen Standard in Einsatzlagen dieser Größenordnung. 5.1 Welche Lehren zieht die Bayerische Polizei aus dem Einsatz beim G20-Gipfel in Hamburg? 5.2 Wie beurteilt die Staatsregierung und Polizeiführung die Einsatzstrategie der Hamburger Polizei („Hamburger Linie“)? Nachdem die Einsatzführung bei der Hamburger Polizei lag und die Nachbereitung des Einsatzes sowie die Ermittlungen der eingerichteten Sonderkommission der Hamburger Polizei und der Staatsanwaltschaft der Freien und Hansestadt Hamburg noch nicht abgeschlossen sind, ist eine Bewertung der Einsatzstrategie zum jetzigen Zeitpunkt nicht möglich. Nach Abschluss der Nachbereitung durch die Polizei der Freien und Hansestadt Hamburg wird die Bayer. Polizei die Erfahrungen prüfen. 5.3 Haben Polizeikräfte der Bayerischen Polizei akkreditierten Journalisten, die rund um den Gipfel berichteten, deren Akkreditierung entzogen (bitte unter Angabe einer kurzen Sachverhaltsdarstellung der Vorfälle)? Gemäß den Rückmeldungen der am Einsatz beteiligten Verbände wurden seitens bayerischer Einsatzkräfte diesbezüglich keine Maßnahmen getroffen. 6.1 Wie viele der Demonstrant(inn)en und unbeteiligte Dritte wurden nach Kenntnis der Staatsregierung durch Aktivitäten rund um den G20-Gipfel verletzt? Nachdem die Frage ausschließlich durch die Polizei der Freien und Hansestadt Hamburg beantwortet werden kann, wurde der dortige Nachbereitungsstab eingebunden. Die Behörde für Inneres und Sport der Freien und Hansestadt Hamburg teilte auf unsere Anfrage mit, dass aufgrund der derzeit laufenden umfassenden Nachbereitung des Einsatzes und der Einrichtung eines Sonderausschusses durch die Hamburgische Bürgerschaft von einer Beantwortung von Anfragen der Parlamente anderer Länder derzeit abgesehen werden muss. 6.2 Hat die Staatsregierung darüber Kenntnis, wie viele Menschen aus Bayern in Verbindung mit den Aktivitäten um den G20-Gipfel verhaftet oder in Gewahrsam genommen worden sind (bitte unter Angabe der Gründe aufführen)? 6.3 Hat die Staatsregierung darüber Kenntnis, gegen wie viele Menschen aus Bayern derzeit ermittelt wurde oder wird (bitte unter Angabe einer jeweils kurzen, anonymisierten Sachverhaltsdarstellung, der Art des Delikts und des Stands des Ermittlungsverfahrens )? Bislang sind insgesamt drei Festnahmen sowie eine Ingewahrsamnahme von Personen mit Wohnsitz in Bayern bekannt geworden. Aufgrund laufender Ermittlungsverfahren und mit Verweis auf die Antwort zu Frage 6.1 ist eine detailliertere Auskunft hierzu nicht möglich. Generell ist darauf hinzuweisen, dass zum Stand und zum Gegenstand von in anderen Bundesländern geführten staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren keine Aussagen getroffen werden können. 7.1 Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse darüber vor, ob aktivistische Gruppen aus Bayern, insbesondere vom Bayerischen Landesamt für Verfassungsschutz beobachtete Gruppierungen oder Personen an gewalttätigen Auseinandersetzungen am Gipfel beteiligt waren (bitte die einzelnen Gruppierungen bzw. Personen angeben)? Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/18555 Seit Herbst 2016 bereitete sich die linksextremistische Szene in Bayern auf die Proteste gegen den G20-Gipfel in Hamburg vor. So wurden im Rahmen einer Veranstaltung im „Kafe Marat“, München, im Dezember 2016 Filmbeiträge zum G8-Gipfel in Genua gezeigt. Dort kam es im Jahr 2001 zu schweren Ausschreitungen. Weitere Veranstaltungen im „Kafe Marat“ wurden unter den Titeln „G20-Gipfel in Hamburg – Gipfel der Repression?“ und „Ketten sprengen – Hafen lahmlegen“ durchgeführt. Laut Ankündigung sollte bei diesen Veranstaltungen „…über mutmaßliche polizeiliche und geheimdienstliche Vorfeldaktivitäten berichtet und über mögliche polizeiliche Einsatztaktiken während des G20- Gipfel informiert“ sowie über „sinnvolle Gegenmaßnahmen“ diskutiert werden. Die „Rote Hilfe“ bot in Bayern mehrere Schulungen („Tipps und Tricks zum Umgang mit Repression “) an, die dezidiert im Zusammenhang mit den G20-Protesten standen. Insgesamt reisten aus Bayern ca. 500 dem linksextremistischen Spektrum angehörende Personen zum Gipfel nach Hamburg an. Auch wenn nur wenige linksextremistische Personen aus Bayern festgenommen wurden, muss daher in der Gesamtschau von einer deutlich höheren Beteiligung an den Ausschreitungen ausgegangen werden. Nach dem Gipfel wurde in München unter dem Titel „Willkommen in der G20-Hölle – Berichte aus Hamburg“ eine öffentliche Diskussionsveranstaltung durchgeführt, welche auf reges Interesse stieß. Dort sollten die „Aktiven, die vor Ort waren“ berichten, „wie es wirklich war“. Der Name bezieht sich offenkundig auf die „Welcome to Hell“ Demonstration vom 06.07.2017, welche den Auftakt der Ausschreitungen darstellte. In der Ankündigung wurde explizit darauf hingewiesen , dass „ggf. Presse und Bullen anwesend“ seien und man sich dessen bewusst sein sollte, dass die „Repressionsorgane im Publikum besonders scharf auf die Zuordnung von Gewalttätern“ seien. Man solle sich Gedanken machen, „wo der richtige Rahmen zum Verarbeiten von persönlichen Erfahrungen und Handlungen“ sei. 7.2 Liegen der Staatsregierung Erkenntnisse darüber vor, dass neben Gruppen, die sich als links bezeichnen , auch rechtsextreme Gruppen sowie unpolitische Einzelakteur/-akteure an den Ausschreitungen in Hamburg beteiligt waren? 7.3 Wie viele der Inhaftierten bzw. in Gewahrsam Genommenen waren den bayerischen Sicherheitsbehörden als Linksextremist(inn)en oder aus einem anderen Phänomenbereich bekannt (bitte den Phänomenbereich genau angeben)? Zwei der drei Inhaftierten sowie die in Gewahrsam genommene Person werden dem linksextremistischen Spektrum, die dritte inhaftierte Person dem rechtsextremistischen Spektrum zugerechnet. Eine festgenommene Person stammt aus dem Raum Rosenheim und wird der linksextremistischen Gruppe „AGIR“ zugerechnet. Die Vorwürfe gegen diesen Beschuldigten wurden am 26.07.2017 öffentlichkeitswirksam im Stadtrat Rosenheim behandelt. Die zweite, in der Vergangenheit mit linksextremistisch motivierten Straftaten aufgefallene Person , stammt aus dem Raum München. Die dritte in Hamburg festgenommene Person war in der Vergangenheit im Zusammenhang mit rechtsextremistischer Kriminalität in Bayern als politisch motivierter Einzeltäter aufgefallen. Eine organisierte Anreise bayerischer Rechtsextremisten bzw. rechtsextremistischer Gruppierungen anlässlich des G20-Gipfels nach Hamburg fand nach derzeitigen Erkenntnissen nicht statt. In Bayern war im Vorfeld auch keine Mobilisierung innerhalb des Phänomenbereichs Rechtsextremismus für die G20-Proteste in Hamburg festzustellen. Eine vereinzelte Teilnahme von rechtsextremistisch orientierten Personen aus Bayern kann aber nicht ausgeschlossen werden . 8.1 Wie viele der Inhaftierten bzw. in Gewahrsam Genommenen sind bisher nicht polizeilich oder nachrichtendienstlich bei den bayerischen Behörden in Erscheinung getreten? Inwieweit bislang nicht polizeilich oder nachrichtendienstlich in Erscheinung getretene Personen inhaftiert bzw. in Gewahrsam genommen wurden, ist uns nicht bekannt. 8.2 Wie bewertet die Staatsregierung die Rolle von Schaulustigen während der Polizeieinsätze in Hamburg? Grundsätzlich ist festzustellen, dass – insbesondere bei Einsatzlagen dieser Größenordnung – eine Unterscheidung zwischen gewaltbereiten Störern und Schaulustigen oft nicht auf den ersten Blick möglich ist. Darüber hinaus suchen gewaltbereite Autonome nach gezielten Aktionen gegen die Polizei erfahrungsgemäß häufig – begleitet von einem Kleidungswechsel – den „Schutz der Menge“. Eingesetzte Kräfte im Bereich des Schanzenviertels berichteten von einer Vielzahl von Personen, die den Polizeieinsatz ohne Hemmungen und Vernunft mittels Smartphones filmten und dadurch polizeiliche Maßnahmen massiv erschwerten. Weiterhin waren als „erlebnisorientiert“ zu bezeichnende Schaulustige festzustellen, die sich teilweise beispielsweise in Form von Flaschenwürfen an aggressiven und gewalttätigen Aktionen gegen die Polizei beteiligten. 8.3 Wurden verdeckte Ermittler/-innen aus Bayern beim G20-Gipfel eingesetzt (bitte detailliert die Gründe und Zusammenhänge des Einsatzes angeben )? Verdeckte Ermittler aus Bayern wurden während des G20- Gipfels nicht eingesetzt.