Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Kerstin Celina BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 14.08.2017 Medikamententests an Kindern und Jugendlichen in Heimen in den Jahren 1950 bis 1980 in Bayern Im Rahmen einer Studie der Pharmakologin Sylvia Wagner (https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/70849/Psychopharmaka -Tests-mit-Heimkindern-in-den-1960ern) wurden nach Angaben der Autorin Belege dafür gefunden, dass es zwischen 1950 und 1975 bundesweit etwa 50 medizinische Versuchsreihen an Heimkindern gegeben hatte. Auch bayerische Einrichtungen sollen betroffen sein. Bei der Aufarbeitung der Missstände in Kinderheimen durch den „Runden Tisch Heimerziehung in den 50er- und 60er-Jahren“, der sich am 17.02.2009 unter dem Vorsitz der Bundestagsvizepräsidentin a. D., Dr. Antje Vollmer, konstituierte und an dem auch die Staatsregierung beteiligt war, wurde das Thema „medizinische Behandlungen“ fast vollständig ausgeklammert . So sind zwar im Abschlussbericht (S. 19 f.) Berichte von ehemaligen Heimkindern erwähnt, die Psychopharmaka verabreicht bekamen, aber eine weitergehende Aufarbeitung dieser Thematik ist nicht betrieben worden. Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung: 1.1 Wie viele Minderjährige waren in den Jahren 1950 bis 1980 in Bayern in Kinder- und Jugendheimen untergebracht (bitte sowohl die Heime in kirchlicher, öffentlicher und privater Trägerschaft berücksichtigen)? 1.2 Welche Standorte gab es für Kinder- und Jugendheime in Bayern? 2.1 Aufgrund welcher gesetzlichen Grundlage wurden die Berechtigungen erteilt, Entscheidungen anstelle der Minderjährigen zu treffen (bitte nach den Fällen unterscheiden: 1) wenn es keine Eltern oder Erziehungsberechtigten gab, 2) wenn es nur schwer erreichbare oder kooperationsunwillige Eltern oder Erziehungsberechtigte gab oder 3) wenn die Eltern oder Erziehungsberechtigten zwar nicht selbst für das Kind sorgen konnten, aber in der Lage waren, notwendige Entscheidungen zu treffen)? 2.2 Inwieweit schloss diese Berechtigung, Entscheidungen zu treffen, auch medizinische Entscheidungen mit ein, z. B. bei Impfungen und medizinischen Behandlungen jeglicher Art? 2.3 Bei wem lag die Zuständigkeit, eine ggf. notwendige Erlaubnis der Eltern bzw. der zuständigen gesetzlichen Vertreterinnen oder Vertreter einzuholen und zu dokumentieren? 3.1 In welcher Art und Weise mussten medizinische Behandlungen inklusive Impfungen an Minderjährigen in Kinderheimen dokumentiert werden? 3.2 Welche rechtlichen Änderungen wurden hinsichtlich der zustehenden Entscheidungsbefugnis der Eltern bzw. gesetzlichen Vertreterinnen und Vertreter in der Zeit von 1950 bis 1980 beschlossen (bitte Gesetzesänderungen zitieren)? 3.3 Welche Folgen ergaben sich aus den gesetzlichen Änderungen für die Durchführung der Dokumentation von medizinischen Behandlungen inklusive Impfungen in bayerischen Kinder- und Jugendheimen? 4.1 Ist der Staatsregierung bekannt, dass Minderjährige in bayerischen Einrichtungen ohne Einverständniserklärung der Eltern bzw. gesetzlichen Vertreterinnen und Vertreter medizinischen Behandlungen unterzogen wurden, die nicht dringend notwendig waren, z. B. Impfungen oder Medikamenteneinnahme, obwohl keine Erkrankung vorlag? 4.2 Inwieweit gab es schriftliche Anfragen von Pharmafirmen oder Medizinern, Medikamente auf deren Verträglichkeit und Wirksamkeit testen zu dürfen, und fanden derartige Test in den Heimen statt? 4.3 Liegen der Staatsregierung Dokumente vor, die darüber Auskunft geben könnten? 5.1 Welchen Archivierungsgrundsätzen unterlagen die Dokumente aus den Kinder- und Jugendheimen sowie der Jugendämter in den Jahren 1950 bis 1980? 5.2 Besteht die Möglichkeit, dass aufgrund von Archivierungsgrundsätzen die Dokumente aus den Kinderund Jugendheimen bzw. der Jugendämter auch nach Ende der Aufbewahrungsfrist noch archiviert worden sind (z. B. in Auszügen in regionalen Archiven oder im Bayerischen Staatsarchiv)? 6.1 Gab es vonseiten der Staatsregierung Anstrengungen, Kenntnisse über möglicherweise missbräuchliche medizinische Behandlungen an Heimkindern in Bayern zu bekommen? 6.2 Ist eine Kontaktaufnahme mit möglichen Opfern beabsichtigt bzw. gab es bereits persönliche Kontakte zu möglichen Opfern? 6.3 Falls ja, mit welchem Resultat? 7. Wie bewertet die Staatsregierung generell die in dieser Anfrage behandelte Thematik? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de–Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 09.02.2018 Drucksache 17/18599 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/18599 Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales , Familie und Integration unter Einbeziehung des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege sowie unter Beteiligung des Zentrums Bayern Familie und Soziales (ZBFS)-Bayerisches Landesjugendamt (BLJA) vom 11.10.2017 Die schriftliche Anfrage der Frau Abgeordneten Kerstin Celina wird wie folgt beantwortet: 1.1 Wie viele Minderjährige waren in den Jahren 1950 bis 1980 in Bayern in Kinder- und Jugendheimen untergebracht (bitte sowohl die Heime in kirchlicher , öffentlicher und privater Trägerschaft berücksichtigen )? Eine offizielle bzw. gesicherte Zahl liegt hierzu nicht vor. Auf Basis der Feststellungen des Runden Tisches Heimerziehung in den 50er-und 60er-Jahren, nach der etwa 700.000 bis 800.000 Kinder und Jugendliche in der Zeit von 1949 bis 1975 in Heimen der Bunderepublik Deutschland lebten, und der Annahme, dass sich die Unterbringungsquoten der (Flächen-)Länder zumindest ähnelten, ergäbe sich für den Zeitraum 1949 bis 1975 eine Zahl von rund 130.000 Kindern und Jugendlichen, die in o. g. Einrichtungen in Bayern untergebracht gewesen sein könnten. 1.2 Welche Standorte gab es für Kinder- und Jugendheime in Bayern? In den vorliegenden bayerischen Heimverzeichnissen der Jahre 1948, 1954, 1966, 1971 und 1974 sind, je nach Verzeichnis , zwischen 660 und 897 Einrichtungsstandorte dokumentiert . Von einer Einzelauflistung wird aufgrund des großen Umfangs abgesehen. Spezifische Anfragen zu einzelnen Standorten können jedoch durch das BLJA beantwortet werden. 2.1 Aufgrund welcher gesetzlichen Grundlage wurden die Berechtigungen erteilt, Entscheidungen anstelle der Minderjährigen zu treffen (bitte nach den Fällen unterscheiden: 1) wenn es keine Eltern oder Erziehungsberechtigten gab, 2) wenn es nur schwer erreichbare oder kooperationsunwillige Eltern oder Erziehungsberechtigte gab oder 3) wenn die Eltern oder Erziehungsberechtigten zwar nicht selbst für das Kind sorgen konnten, aber in der Lage waren, notwendige Entscheidungen zu treffen)? 2.2 Inwieweit schloss diese Berechtigung, Entscheidungen zu treffen, auch medizinische Entscheidungen mit ein, z. B. bei Impfungen und medizinischen Behandlungen jeglicher Art? Aufgrund Sachzusammenhangs werden die Fragen 2.1 und 2.2 gemeinsam beantwortet. Welche Rechtsgrundlagen für die damals in Heimen untergebrachten Minderjährigen im Einzelfall herangezogen wurden, kann nicht mehr nachvollzogen werden. Die Akten sind vielfach nicht mehr vorhanden bzw. müssten einzeln gezogen werden, was aber zu einem unverhältnismäßigen Aufwand im Rahmen der Schriftlichen Anfrage führen würde . Somit kann auch die Reichweite der Berechtigung zu medizinischen Entscheidungen nicht nachvollzogen werden . 2.3 Bei wem lag die Zuständigkeit, eine ggf. notwendige Erlaubnis der Eltern bzw. der zuständigen gesetzlichen Vertreterinnen und Vertreter einzuholen und zu dokumentieren? Die Zuständigkeit, eine ggf. notwendige Erlaubnis der Eltern bzw. der zuständigen gesetzlichen Vertreterinnen und Vertreter einzuholen und zu dokumentieren, lag und liegt bei der Einrichtungsleitung. 3.1 In welcher Art und Weise mussten medizinische Behandlungen inklusive Impfungen an Minderjährigen in Kinderheimen dokumentiert werden? Es war ein schriftlicher Nachweis zu führen (vgl. bspw. Richtlinien für Heime und andere Einrichtungen nach § 78 des Gesetzes für Jugendwohlfahrt 1966, dort Punkt 1.41). 3.2 Welche rechtlichen Änderungen wurden hinsichtlich der zustehenden Entscheidungsbefugnis der Eltern bzw. gesetzlichen Vertreterinnen und Vertreter in der Zeit von 1950 bis 1980 beschlossen (Bitte Gesetzesänderungen zitieren)? Da nicht nachvollziehbar ist, welche Rechtsgrundlagen evtl. für die damaligen Einzelfälle herangezogen wurden, liegen der Staatsregierung keine Erkenntnisse zu Änderungen der entsprechenden Rechtsgrundlagen vor. Nach heutiger Rechtslage steht die Berechtigung, Entscheidungen für Minderjährige zu treffen, den Inhabern der elterlichen Sorge zu, vgl. §§ 1626 ff BGB. Gemäß § 1688 BGB liegen Entscheidungsbefugnisse des täglichen Lebens beim Leitungspersonal einer Einrichtung, in der ein Minderjähriger untergebracht ist. Die Entscheidung über die Teilnahme von Minderjährigen an Medikamententests o. Ä. kann zu keiner Zeit der Bundesrepublik Deutschland als Angelegenheit des täglichen Lebens betrachtet werden. 3.3 Welche Folgen ergaben sich aus den gesetzlichen Änderungen für die Durchführung der Dokumentation von medizinischen Behandlungen inklusive Impfungen in bayerischen Kinder- und Jugendheimen ? Dazu, welche Folgen sich aus gesetzlichen Änderungen hinsichtlich der zustehenden Entscheidungsbefugnis der Eltern bzw. gesetzlichen Vertreterinnen und Vertreter in der Zeit von 1950 bis 1980 für die Dokumentation von medizinischen Behandlungen ergaben, hat die Staatsregierung keine Erkenntnisse , da die damals herangezogenen Rechtsgrundlagen nicht bekannt sind. Nach den aktuellen Fachlichen Empfehlungen zur Heimerziehung gemäß § 34 Sozialgesetzbuch (SGB) VIII-Fortschreibung Beschluss des Bayerischen Landesjugendhilfeausschusses vom 11.03.2014 (dort Punkte 5.6, 6.1 und 6.2), abrufbar auf der Webseite des ZBFS – BLJA gilt zur Dokumentation medizinischer Behandlungen Folgendes: Im Kontext einer Hilfe nach § 34 SGB VIII ist gemäß § 40 SGB VIII auch Krankenhilfe zu leisten. Es ist Aufgabe der Einrichtung, mit Einwilligung der Eltern für die ärztliche und zahnärztliche Versorgung der jungen Menschen zu sorgen. Dies beinhaltet auch die Gewährleistung von Routineuntersuchungen , Impfungen und kieferorthopädischen Behandlungen . Vereinbarungen hierzu werden im Hilfeplan getroffen . Bei Neuaufnahmen ist eine ärztliche Untersuchung zum allgemeinen Gesundheitszustand und zu übertragbaren Krankheiten zu veranlassen. Alternativ ist ein aktuelles Drucksache 17/18599 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 ärztliches Zeugnis vorzulegen. Verschreibungspflichtige Medikamente dürfen nur nach ärztlicher Verordnung verabreicht werden. Die sachgerechte Verabreichung durch die Einrichtung muss sichergestellt und dokumentiert werden. Erfordert es der Gesundheitszustand des jungen Menschen, sollen – unbeschadet der weiter gehenden Dokumenta-- tionspflicht – eventuelle Behandlungspläne, Impfnachweise und die unterschriftliche Zustimmung der Personensorgeberechtigten zur Verabreichung von Medikamenten für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Gruppe zugänglich vorliegen. 4.1 Ist der Staatsregierung bekannt, dass Minderjährige in bayerischen Einrichtungen ohne Einverständniserklärung der Eltern bzw. gesetzlichen Vertreterinnen und Vertreter medizinischen Behandlungen unterzogen wurden, die nicht dringend notwendig waren, z. B. Impfungen oder Medikamenteneinnahme , obwohl keine Erkrankung vorlag? Schriftliche Nachweise von Medikamentenversuchen in den Jahren 1950-1980 sind der regionalen Anlauf- und Beratungsstelle für ehemalige Heimkinder in Bayern (im Rahmen des Fonds Heimerziehung) bislang nicht bekannt geworden. Im Abschlussbericht des Runden Tisches Heimerziehung, Punkt 1.2.4. (Seite 19 f.), wurde aufgrund von Schilderungen von Betroffenen Folgendes festgehalten: „Berichte ehemaliger Heimkinder erwähnen, dass das Verabreichen von Psychopharmaka in manchen Heimen keine Ausnahme war. Dass dies individuell und auf jugend-psychiatrische oder ärztliche Anordnung hin geschah, kann angenommen werden. Hierfür gibt es für die 60er-Jahre auch Hinweise aus der Literatur. Aus den Berichten der ehemaligen Heimkinder geht meist nicht hervor, welche Präparate mit welchem Ziel eingesetzt wurden und ob die Gabe individuell notwendig oder gar angemessen war. Die Betroffenen wissen meist nur, dass ihnen „etwas“ gegeben wurde. Auch in Akten und in wissenschaftlichen Arbeiten finden sich bislang keine konkreten Hinweise.“ Der Bayerischen Anlauf- und Beratungsstelle der Stiftung Anerkennung und Hilfe, eingerichtet seit dem 01.04.2017, liegen für die Zeit zwischen 1950 und 1980 in einem Fall Teile einer Dokumentation einer Arzneimittelprüfung an einem Minderjährigen in einer bayerischen Einrichtung vor. Hinweise auf eine Einverständniserkiärung der Inhaber der elterlichen Sorge zu dieser Arzneimittelprüfung sind in der (möglicherweise unvollständigen) Dokumentation nicht enthalten. 4.2 Inwieweit gab es schriftliche Anfragen von Pharmafirmen oder Medizinern, Medikamente auf deren Verträglichkeit und Wirksamkeit testen zu dürfen, und fanden derartige Test in den Heimen statt? 4.3 Liegen der Staatsregierung Dokumente vor, die darüber Auskunft geben könnten? Aufgrund Sachzusammenhangs werden die Fragen 4.2 und 4.3 gemeinsam beantwortet. Die in der Anfrage genannte Veröffentlichung von Sylvia Wagner (Ein unterdrücktes und verdrängtes Kapitel der Heimgeschichte–Arzneimittelstudien an Heimkindern, abrufbar unter http://duepublico.uni-duisburg-essen.de/servlets /DerivateServlet/Derivate-42079/04_Wagner_Heime. pdf) enthält zwei Hinweise auf die Beteiligung von psychiatrischen Kliniken in Bayern sowie Hinweise auf Versuche in Niedersachsen mit Produkten eines Unternehmens mit Sitz in Bayern. Der Staatsregierung liegen allerdings keine hinreichenden Belege vor, dass es entsprechende Vorgänge in Bayern gab. 5.1 Welchen Archivierungsgrundsätzen unterlagen die Dokumente aus den Kinder- und Jugendheimen sowie der Jugendämter in den Jahren 1950 bis 1980? 5.2 Besteht die Möglichkeit, dass aufgrund von Archivierungsgrundsätzen die Dokumente aus den Kinder- und Jugendheimen bzw. der Jugendämter auch nach Ende der Aufbewahrungsfrist noch archiviert worden sind (z. B. in Auszügen in regionalen Archiven oder im Bayerischen Staatsarchiv)? Aufgrund Sachzusammenhangs werden die Fragen 5.1 und 5.2 gemeinsam beantwortet. Auch im Zeitraum 1950 bis 1980 waren Fristen für die Aufbewahrung von Dokumenten öffentlicher Träger definiert und öffentliche Träger hatten mit Ablauf der Fristen Ihre Dokumente den zuständigen Archiven anzubieten. Konfessionelle und andere freie Träger der Jugendhilfe sind in der Regel analog verfahren und haben Dokumente nach Ablauf von Aufbewahrungsfristen ihren Archiven angeboten. Die Erfahrung der Regionalen Anlauf- und Beratungsstelle für ehemalige Heimkinder in Bayern zeigt, dass relativ große Teile der damaligen Dokumente nicht vernichtet wurden, sondern heute noch auffindbar sind. Am 02.09.2009 hat das damalige Staatsministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familie und Frauen öffentliche Träger und Verbände zusätzlich gebeten, noch vorhandene Unterlagen der Fürsorgeerziehung bis auf Weiteres aufzubewahren . 6.1 Gab es vonseiten der Staatsregierung Anstrengungen , Kenntnisse über möglicherweise missbräuchliche medizinische Behandlungen an Heimkindern in Bayern zu bekommen? Die Staatsregierung hat mehrfach Erkenntnisse und Erfahrungswerte der regionalen Anlauf- und Beratungsstelle für ehemalige Heimkinder in Bayern, auch bezüglich möglicherweise missbräuchlicher medizinischer Behandlungen, abgefragt. 6.2 Ist eine Kontaktaufnahme mit möglichen Opfern beabsichtigt bzw. gab es bereits persönliche Kontakte zu möglichen Opfern? Für die persönliche Beratung von möglichen Opfern sind in Bayern im Rahmen des Fonds Heimerziehung West sowie der Stiftung Anerkennung und Hilfe derzeit zwei Anlauf- und Beratungsstellen beim BLJA eingerichtet. Beide Anlauf- und Beratungsstellen bieten eine geeignete Basis zur Kontaktaufnahme und werden über das Verteilen von Broschüren, über die Vernetzungsstrukturen Betroffener und Einzelberichte beworben. Auf der Internetseite des BLJA sind weiterführende Informationen zu den Anlauf- und Beratungsstellen eingestellt. 6.3 Falls ja, mit welchem Resultat? Die o. g. Anlaufstellen bieten individuelle persönliche (Beratungs -)Gespräche an und vereinbaren die finanziellen Unterstützungs - und Anerkennungsleistungen der beiden o. g. Stiftungen, die von Bund, Ländern sowie Kirchen errichtet worden sind. Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/18599 Die Person hinter dem unter 4.1 geschilderten Einzelfall hat die finanziellen Leistungen der Stiftung Anerkennung und Hilfe bereits erhalten. 7. Wie bewertet die Staatsregierung generell die in dieser Anfrage behandelte Thematik? Wie in der Beantwortung der Frage 4.1 festgehalten, sind schriftliche Nachweise von Medikamentenversuchen in den Jahren 1950-1980 in der regionalen Anlauf- und Beratungsstelle für ehemalige Heimkinder in Bayern (im Rahmen des Fonds Heimerziehung) bislang nicht bekannt geworden. Der bayerischen Anlauf- und Beratungsstelle der Stiftung Anerkennung und Hilfe, eingerichtet seit dem 01.04.2017, liegen bisher für die Zeit zwischen 1950 und 1980 in einem Fall Teile einer Dokumentation einer Arzneimittelprüfung an einem Minderjährigen in einer bayerischen Einrichtung vor. Gleichwohl gilt es, die Frage von Medikamententests an Kindern und Jugendlichen in Heimen in den Jahren 1950 bis 1980 im Blick zu behalten. Die Staatsregierung wird deshalb weitere wissenschaftliche Erkenntnisse sowie Erkenntnisse der Anlauf- und Beratungsstelle der Stiftung Anerkennung und Hilfe in Bayern aufmerksam verfolgen und zielgerichtet in der auch für die Anlauf- und Beratungsstelle der Stiftung Anerkennung und Hilfe in Bayern vorgesehenen Beiratsarbeit thematisieren.