Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Jürgen Mistol, Ulrich Leiner, Thomas Gehring BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 11.09.2017 Schwarzgeldkonten der Sparkassenfiliale Kleinwalsertal Wir fragen die Staatsregierung: 1. a) Aus welchen Gründen bzw. Zwecken wurde die Auslandsfiliale der Sparkasse Allgäu bzw. der früheren Kreis- und Stadtsparkasse Sonthofen-Immenstadt im Kleinwalsertal unterhalten? b) Welche öffentlichen Aufgaben erfüllte die Sparkasse in Riezlern als Anstalt des öffentlichen Rechts? c) Wo lag der Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit der Sparkasse in Riezlern? 2. Inwiefern sieht die Staatsregierung einen Zusammenhang zwischen der Schließung der Filiale und dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs betreffend die Wahrung des Bankgeheimnisses? 3. a) Trifft es zu, dass von Kunden Riezlern keine verbindlichen Erklärungen eingeholt wurden, dass das dort angelegte Vermögen versteuert ist? b) Wenn ja, warum nicht? 4. a) Ist die Staatsregierung der Auffassung, dass der Verwaltungsrat der Sparkasse Allgäu im Hinblick auf die Geschäfte der Filiale Riezlern seine Aufgabe zur Kontrolle ausreichend wahrgenommen hat? b) Inwiefern ist dies (in Protokollen) nachweislich dokumentiert (bitte chronologisch)? c) Hätte den Mitgliedern im Verwaltungsrat bewusst sein müssen, dass die Filiale in Riezlern von Kunden zur Steuervermeidung in Deutschland benutzt wurde ? 5. a) Welche Rolle hat die zuständige Sparkassenaufsicht dabei eingenommen? b) Zu welchen Zeitpunkten wurde sie gegebenenfalls tätig? c) Wenn nicht, weshalb nicht? 6. In welcher Höhe belaufen sich nach derzeitigem Stand der Kenntnisse die Schäden für den Fiskus? 7. a) Gibt es weitere bayerische Sparkassen, die Institute oder Filialen im Ausland unterhalten oder in der Vergangenheit unterhalten haben? b) Wenn ja, wo? c) Inwiefern ist dies mit dem Regionalprinzip vereinbar? 8. a) Gibt es weitere Vorwürfe oder Ermittlungen gegen bayerische Sparkassen, Beihilfe zur Steuerhinterziehung geleistet zu haben? b) Wenn ja, welche sind gegebenenfalls betroffen? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen , für Landesentwicklung und Heimat hinsichtlich der Frage 6 sowie im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Justiz hinsichtlich der Fragen 8. a) und 8. b) vom 18.10.2017 1. a) Aus welchen Gründen bzw. Zwecken wurde die Auslandsfiliale der Sparkasse Allgäu bzw. der früheren Kreis- und Stadtsparkasse Sonthofen- Immenstadt im Kleinwalsertal unterhalten? Aufgrund der geografischen Lage in den Allgäuer Alpen hat das Kleinwalsertal keine direkte Verkehrsverbindung zum übrigen Vorarlberger Land. Das Tal ist nur von der Nachbargemeinde Oberstdorf in Bayern auf einer Straße zu erreichen . Seit 1891 ist das Kleinwalsertal daher dem Zollgebiet des Deutschen Reichs und jetzt dem der Bundesrepublik Deutschland angegliedert. Die Errichtung der Geschäftsstelle in Riezlern im Kleinwalsertal wurde im Jahr 1938 von den damals zuständigen Behörden genehmigt. Die Geschäftsstelle gehörte zum Geschäftsgebiet der (früheren) Sparkasse Sonthofen; jetzt zum Geschäftsgebiet der Sparkasse Allgäu. b) Welche öffentlichen Aufgaben erfüllte die Sparkasse in Riezlern als Anstalt des öffentlichen Rechts? Die öffentlichen Aufgaben der Sparkasse ergeben sich aus Art. 2 Abs. 1 des Sparkassengesetzes (SpkG) i. V. m. § 1 der Sparkassenordnung (SpkO). c) Wo lag der Schwerpunkt der Geschäftstätigkeit der Sparkasse in Riezlern? Die Schwerpunkte lagen nach Angaben der Sparkasse im Zahlungsverkehr, in der Annahme von Kundeneinlagen, im Handel und in der Verwahrung von Wertpapieren und Investmentfonds und im Kreditgeschäft mit privaten und gewerblichen Kunden/Kundinnen. 2. Inwiefern sieht die Staatsregierung einen Zusammenhang zwischen der Schließung der Filiale und dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs betreffend die Wahrung des Bankgeheimnisses? Nach Angabe der Sparkasse steht die Schließung der Filiale Riezlern nicht im Zusammenhang mit dem Urteil des Eu- Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 13.04.2018 Drucksache 17/18804 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/18804 ropäischen Gerichtshofs vom 14.04.2016. Sie sei vielmehr Bestandteil eines umfangreichen Strategiepakets gewesen, in dem für 15 Filialen Schließungs- und Umwandlungsbeschlüsse gefasst wurden. Ursächlich seien wirtschaftliche Gründe (Geschäftsvolumen, Erträge, Kosten und die Ausweitung regulatorischer Erfordernisse) gewesen. 3. a) Trifft es zu, dass von Kunden in Riezlern keine verbindlichen Erklärungen eingeholt wurden, dass das dort angelegte Vermögen versteuert ist? b) Wenn ja, warum nicht? Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 3. a) und 3. b) gemeinsam beantwortet. Nach Aussage der Sparkasse trifft dies zu. Für die Sparkasse bestand keine rechtliche Verpflichtung, entsprechende Erklärungen einzuholen. Von allen Kapitalerträgen wurde nach Aussage der Sparkasse entsprechend der Rechtslage österreichische Kapitalertragssteuer (25 Prozent bzw. 27,5 Prozent) oder europäische Quellensteuer (35 Prozent) einbehalten und an die Steuerbehörden abgeführt, sofern es sich bei den Anlegern um EU-Bürger handelte. 4. a) Ist die Staatsregierung der Auffassung, dass der Verwaltungsrat der Sparkasse Allgäu im Hinblick auf die Geschäfte der Filiale Riezlern seine Aufgabe zur Kontrolle ausreichend wahrgenommen hat? Dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr (StMI) liegen keine Anhaltspunkte vor, dass der Verwaltungsrat seine Aufgabe, den Vorstand zu überwachen, nicht erfüllt hätte. Auch aus den Prüfungsberichten ergeben sich keine Anhaltspunkte. b) Inwiefern ist dies (in Protokollen) nachweislich dokumentiert (bitte chronologisch)? Dem StMI liegen keine einschlägigen Protokolle vor. c) Hätte den Mitgliedern im Verwaltungsrat bewusst sein müssen, dass die Filiale in Riezlern von Kunden zur Steuervermeidung in Deutschland benutzt wurde? Für ein Fehlverhalten des Verwaltungsrats liegen keine Anhaltspunkte vor. 5. a) Welche Rolle hat die zuständige Sparkassenaufsicht dabei eingenommen? Die Sparkassenaufsicht hat die Aufgabe, die Einhaltung der sparkassenrechtlichen Vorgaben insbesondere des Sparkassengesetzes und der Sparkassenverordnung zu überwachen . Die bankenrechtliche Aufsicht liegt nach § 6 des Kreditwesengesetzes (KWG) auch für Sparkassen bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungen. Im vorliegenden Fall ist zudem zu berücksichtigen, dass die Filiale in Riezlern aufgrund ihrer geografischen Lage dem österreichischen Kreditwesenrecht und damit auch der österreichischen Bankenaufsicht unterlag. Nach bayerischem Sparkassenrecht bestand keine Veranlassung, aufsichtliche Maßnahmen zu ergreifen. b) Zu welchen Zeitpunkten wurde sie gegebenenfalls tätig? Siehe Antwort zu Frage 5 a. c) Wenn nicht, weshalb nicht? Siehe Antwort zu Frage 5 a. 6. In welcher Höhe belaufen sich nach derzeitigem Stand der Kenntnisse die Schäden für den Fiskus ? Die steuer- und steuerstrafrechtlichen Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen. Entsprechend stehen auch die Schäden des Fiskus nicht fest und sind derzeit auch nicht abschätzbar. Details unterliegen dem Steuergeheimnis. 7. a) Gibt es weitere bayerische Sparkassen, die Institute oder Filialen im Ausland unterhalten oder in der Vergangenheit unterhalten haben? Nein. b) Wenn ja, wo? Entfällt. c) Inwiefern ist dies mit dem Regionalprinzip vereinbar ? Entfällt. 8. a) Gibt es weitere Vorwürfe oder Ermittlungen gegen bayerische Sparkassen, Beihilfe zur Steuerhinterziehung geleistet zu haben? Nach Mitteilung der Generalstaatsanwälte in München, Nürnberg und Bamberg sind bei den bayerischen Staatsanwaltschaften derzeit keine weiteren Ermittlungsverfahren anhängig, die bayerische Sparkassen im Zusammenhang mit dem Vorwurf der Beihilfe zur Steuerhinterziehung betreffen würden. b) Wenn ja, welche sind gegebenenfalls betroffen? Entfällt.