Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katharina Schulze BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 25.08.2017 Informationen zu gestrecktem Cannabis Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Wie hoch ist der durchschnittliche festgestellte THC - Gehalt von unverarbeitetem Cannabis in den letzten 5 Jahren (bitte aufschlüsseln nach Jahr)? b) Welche Streckmittel haben die Polizei oder andere bayerische Staatsbehörden und Institutionen bei Cannabisfunden in den letzten fünf Jahren ausgemacht? 2. a) Teilt die Staatsregierung die Auffassung von Ärztinnen und Ärzten und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern , wonach die Funde von gestrecktem Cannabis eine außerordentliche Gesundheitsgefährdung für die Konsumentinnen und Konsumenten darstellen? b) Kann davon ausgegangen werden, dass die Gesundheitsgefährdung , die von gestrecktem Cannabis ausgeht , für Jugendliche und Heranwachsende unverhältnismäßig höher ist? 3. a) Wie schätzt die Staatsregierung die Verbreitung von verunreinigten Cannabisprodukten in Bayern ein? b) Gibt es Regionen Bayerns, in denen eine besondere Häufung von gestrecktem Cannabis festgestellt wurde ? 4. Teilt die Staatsregierung die Auffassung, dass die u. a. als „Kräutermischungen“ auftretenden, auch „Legal Highs“ genannten neuen psychoaktiven Substanzen (NPS) insbesondere aufgrund des im Vergleich zu Cannabis leichteren Zugangs konsumiert wurden und werden? 5. Wie schätzt die Staatsregierung die Chancen ein, mittels der Gestattung von Drogenprüfinstitutionen (sogenanntes „Drug Checking“) Konsumentinnen und Konsumenten von der Verwendung besonders gefährlicher Inhaltsstoffe (insbesondere Streckmittel) abzuschrecken und durch genaue Inhaltsangaben Überdosierungen zu verhindern? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Gesundheit und Pflege und unter Einbindung des Landeskriminalamts vom 25.10.2017 1. a) Wie hoch ist der durchschnittliche festgestellte THC -Gehalt von unverarbeitetem Cannabis in den letzten 5 Jahren (bitte aufschlüsseln nach Jahr)? Im Landeskriminalamt wurden in den Jahren 2012–2016 die in nachfolgender Tabelle gelisteten THC-Gehalte (gesondert aufgeführt für Cannabiskraut und Cannabisblütenmaterial) festgestellt: Jahr der chemischen Analyse Anzahl der Proben Menge in kg Durchschnittlicher THC-Gehalt in % 2012 Kraut 255 103 1,9 Blüten 614 179 10,0 2013 Kraut 323 78 3,0 Blüten 668 160 10,5 2014 Kraut 282 92 2,7 Blüten 704 178 11,6 2015 Kraut 248 58 3,0 Blüten 664 155 11,5 2016 Kraut 231 73 3,1 Blüten 752 190 11,9 Summe 4.741 1.266 b) Welche Streckmittel haben die Polizei oder andere bayerische Staatsbehörden und Institutionen bei Cannabisfunden in den letzten 5 Jahren ausgemacht ? Streckmittel sind nach dem kriminaltechnischen Verständnis solche Stoffe, die in nicht unerheblicher Menge einem werthaltigen Stoff bewusst zugesetzt werden, um ein höheres Gewicht des werthaltigen Stoffs vorzutäuschen. Streckmittel in Marihuana sind nach Mitteilung des Landeskriminalamts weder in den oben genannten 4.741 Proben nachgewiesen worden noch in den (geschätzten) 1.000 Proben, die im gleichen Zeitraum ohne Bestimmung des THC-Gehalts untersucht wurden. Haschisch wird nach beim Landeskriminalamt nicht im Detail bekannten Verfahren hergestellt. Insbesondere ist dort nicht bekannt, ob die dabei zum Einsatz kommenden Stoffe prozesstechnisch geboten sind (z. B. Fette, Harze oder Öle, die ein Zerbrechen der Haschischplatten verhindern sollen) oder ob es sich dabei um Streckmittel handelt. Abgesehen von den beim Herstellungsprozess zugesetzten Stoffen sind in den 1.239 im Zeitraum 2012–2016 untersuchten Haschischproben keine Streckmittel nachgewiesen worden. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de–Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 26.01.2018 Drucksache 17/18813 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/18813 2. a) Teilt die Staatsregierung die Auffassung von Ärztinnen und Ärzten und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, wonach die Funde von gestrecktem Cannabis eine außerordentliche Gesundheitsgefährdung für die Konsumentinnen und Konsumenten darstellen? b) Kann davon ausgegangen werden, dass die Gesundheitsgefährdung , die von gestrecktem Cannabis ausgeht, für Jugendliche und Heranwachsende unverhältnismäßig höher ist? Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 2a) und 2b) im Folgenden gemeinsam beantwortet: Siehe Antwort zu 1 b. Im Übrigen stuft die Staatsregierung Cannabis auch als Reinsubstanz als gesundheitsgefährdend ein. 3. a) Wie schätzt die Staatsregierung die Verbreitung von verunreinigten Cannabisprodukten in Bayern ein? Entsprechend der Antwort zu 1 b liegen der Staatsregierung für den Zeitraum der vergangenen fünf Jahre keine Erkenntnisse hinsichtlich der Verbreitung von verunreinigten Cannabisprodukten vor. Vor 2012 ist in Bayern vereinzelt verunreinigtes Marihuana, meist mittels Sand oder Glasteilchen, aufgetreten. Verunreinigtes Haschisch ist im Kriminaltechnischen Institut des Bayer. Landeskriminalamts bisher nicht aufgetaucht. b) Gibt es Regionen Bayerns, in denen eine besondere Häufung von gestrecktem Cannabis festgestellt wurde? Siehe Antwort zu 1 b. 4. Teilt die Staatsregierung die Auffassung, dass die u. a. als „Kräutermischungen“ auftretenden, auch „Legal Highs“ genannten neuen psychoaktiven Substanzen (NPS) insbesondere aufgrund des im Vergleich zu Cannabis leichteren Zugangs konsumiert wurden und werden? Entsprechende Erkenntnisse liegen der Staatsregierung nicht vor. 5. Wie schätzt die Staatsregierung die Chancen ein, mittels der Gestattung von Drogenprüfinstitutionen (sogenanntes „Drug Checking“) Konsumentinnen und Konsumenten von der Verwendung besonders gefährlicher Inhaltsstoffe (insbesondere Streckmittel) abzuschrecken und durch genaue Inhaltsangaben Überdosierungen zu verhindern? „Drug Checking“, also die labortechnische Analyse von illegalen Drogen auf ihre Inhaltsstoffe zur besseren Abschätzung möglicher Gesundheitsgefährdungen, steht im diametralen Gegensatz zur Abstinenzorientierung der bayerischen Drogen- und Suchtpolitik und ist von daher abzulehnen. Mit diesem Verfahren würde einem primär illegalen, nicht verkehrsfähigen Produkt, das nachweislich keine belegbare Indikation vorweist, faktisch der Status eines Arzneimittels zugewiesen. Das „Drug Checking“ setzt insgesamt weder an den Ursachen noch an den Symptomen des Konsums von illegalen Drogen an. Das Landeskriminalamt verweist außerdem darauf, dass sich gerade neuartige Rauschmittel bzw. NPS oft nur auf molekularer Ebene in ihrem Aufbau unterscheiden. Die Detektion bzw. Identifikation der ständig neu kreierten Substanzen erfordern demnach komplexe und zeitaufwendige labortechnische Untersuchungen, da herkömmliche Analysen nicht ausreichend sind. Weiterhin wird bei der Methode des „Drug Checking“ lediglich eine Teilprobe des (üblichen) Betäubungsmittels entnommen und untersucht, welche nicht unbedingt repräsentativ für die gesamte Portionierung sein dürfte. Enthaltene Wirkstoffe würden unter Umständen nur teilweise festgestellt oder gar nicht erkannt, eines der erklärten Ziele des „Drug Checking“, mit einer möglichst zuverlässigen Analyse einen weitestgehenden Gesundheitssschutz zu ermöglichen, nicht erfüllt. Abschließend stellt das Bayer. Landeskriminalamt fest, dass dort – unabhängig von der Art des Rauschgifts – noch kein Streckmittel festgestellt wurde, das toxischer gewesen wäre, als das jeweilige Rauschgift.