Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Harry Scheuenstuhl, Volkmar Halbleib SPD vom 11.10.2017 Ausbau des Hochwasserschutzes in Bayern II Die Staatsregierung setzt darauf, dass sich die Grundstücksbesitzer und Bewohner in hochwassergefährdeten Gebieten mit Versicherungen gegenüber Schäden absichern können. Wir fragen die Staatsregierung: 1. Wie schätzt die Staatsregierung Befürchtungen ein, dass Bewohner hochwassergefährdeter Gebiete entweder keinen Versicherungsschutz oder ihn nur zu überteuerten Konditionen bekommen? 2. a) Inwiefern unterstützt die Staatsregierung die als Reaktion auf die wiederkehrenden Überschwemmungen in den Bezirken aufgestellten spezialisierten Hochwasserzüge der Rettungsorganisationen (Feuerwehr, Wasserwacht oder anderer Organisationen) und wo sind diese jeweils örtlich angesiedelt? b) Welche Maßnahmen sieht die Staatsregierung vor, um die ehrenamtlichen Einsatzkräfte dieser spezialisierten Hochwasserzüge sächlich und finanziell zu unterstützen und von ihrem Arbeitgeber freizustellen? c) In wie vielen Fällen und mit wie vielen Einsatzkräften waren die Hochwasserzüge seither im Einsatz (bitte aufgeschlüsselt nach dem jeweiligen Einsatzort und Einsatzkräften)? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie vom 09.11.2017 1. Wie schätzt die Staatsregierung Befürchtungen ein, dass Bewohner hochwassergefährdeter Gebiete entweder keinen Versicherungsschutz oder ihn nur zu überteuerten Konditionen bekommen? Das Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie hat im vergangenen Jahr einen intensiven Dialog mit der Versicherungswirtschaft initiiert. Ein zentrales Thema ist hierbei die Frage der Versicherbarkeit von Gebäuden in den unterschiedlichen Risikozonen. Die Versicherungswirtschaft hat dabei zugesichert, dass grundsätzlich alle Wohngebäude in Bayern gegen Elementarschadenereignisse versicherbar sind. Hierbei ist jedoch zu beachten, dass sich die Übernahme einer Versicherungsdeckung wie auch die Prämienkalkulationen zwischen den einzelnen Versicherungsunternehmen durchaus unterscheiden . Das Angebot einer Versicherungsdeckung und die Prämienhöhe unterliegen allein der geschäftspolitischen Entscheidung der einzelnen Versicherungsunternehmen. Bei Gebäuden in besonders hochwassergefährdeten Gebieten (sog. ZÜRS 4-Zonen) erfordert eine Elementarschadenversicherung meistens zunächst eine Einzelfallprüfung. In diesen Fällen kann die Höhe der Versicherungsprämien über Faktoren wie z. B. Höhe des Selbstbehalts im Schadensfall sowie Vornahme präventiver Maßnahmen an Gebäuden positiv beeinflusst werden. Es ist daher für die potenziellen Versicherungsnehmer sehr ratsam, umfassende Informationen über die von den einzelnen Versicherungsunternehmen angebotenen Produkte einzuholen und sich fachkundig beraten zu lassen. Eine Liste der Unternehmen, die die Elementarschadenkampagne der Staatsregierung unterstützen, ist auf der Webseite www.elementar-versichern.de/initiative/ abrufbar. 2. a) Inwiefern unterstützt die Staatsregierung die als Reaktion auf die wiederkehrenden Überschwemmungen in den Bezirken aufgestellten spezialisierten Hochwasserzüge der Rettungsorganisationen (Feuerwehr, Wasserwacht oder anderer Organisationen ) und wo sind diese jeweils örtlich angesiedelt ? Wasserrettungszüge Bayern Im Rahmen von Einsätzen bei Hochwasserlagen und bei anderen Großschadensereignissen können umfangreichere und länger andauernde Aufgaben im Bereich Wasserrettung anfallen, die von den örtlich aufgestellten Einheiten nicht mehr zeitgerecht in dem erforderlichen Umfang erfüllt werden können. Zur Wahrnehmung dieser Aufgaben und zur Unterstützung der örtlichen Kräfte der Wasserrettung Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de – Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 13.06.2018 Drucksache 17/18977 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/18977 wurden in Bayern 19 überregional – ggf. auch länderübergreifend – einsetzbare „Wasserrettungszüge Bayern“ in der Trägerschaft der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) Landesverband Bayern und der BRK-Wasserwacht gebildet. Von den 19 Wasserrettungszügen Bayern befinden sich 14 in der Trägerschaft der DLRG und 5 in der Trägerschaft der BRK-Wasserwacht. Diese werden im Bedarfsfall aus bestehenden Einheiten der Wasserrettung zusammengezogen und für den Einsatz als geschlossener Zug entsprechend ergänzt , weshalb die genauen Standorte der einzelnen Wasserrettungszüge Bayern nicht genannt werden können. Die örtliche bzw. regionale Struktur kann anhand der folgenden Bezeichnungen nachvollzogen werden: – Bezeichnung der Wasserrettungszüge Bayern in der Trägerschaft der BRK-Wasserwacht: Oberbayern Niederbayern / Oberpfalz Ober- und Mittelfranken Unterfranken Schwaben – Bezeichnung der Wasserrettungszüge Bayern in der Trägerschaft der DLRG: Alpenland Oberbayern Niederbayern 1 Niederbayern 2 Oberpfalz 1 Oberpfalz 2 Oberfranken 1 Oberfranken 2 Mittelfranken 1 Mittelfranken 2 Unterfranken 1 Unterfranken 2 Schwaben 1 Schwaben 2 Die Einzelheiten zur Aufstellung der Wasserrettungszüge Bayern sind in den Richtlinien für die Aufstellung und den Einsatz von Wasserrettungszügen Bayern im Katastrophenschutz , die vom damaligen Staatsministerium des Innern (jetzt: Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr) in enger Zusammenarbeit mit der DLRG und der BRK-Wasserwacht erarbeitet und Anfang 2009 in Bayern eingeführt wurden, geregelt. Die Freistaat Bayern hat für diese 19 Wasserrettungszüge in den letzten Jahren folgende staatseigene Ausstattung beschafft und den Gliederungen der DLRG und BRK-Wasserwacht überlassen (immer im Verhältnis der vorgenannten Trägerschaften): – 19 Zugführerfahrzeuge mit einem Beschaffungsvolumen von 750.000 Euro (Mitte/Ende 2006) – Kommunikationsausstattung für die 19 Wasserrettungszüge mit einem Beschaffungsvolumen von 210.000 Euro (2011/2012) – 19 Geräteanhänger mit einem Beschaffungsvolumen von 490.000 Euro (Mitte 2016) – 19 Mannschaftstransportwagen mit einem Beschaffungsvolumen von 1.180.000 Euro (Anfang/Mitte 2017). Feuerwehr-Hilfeleistungskontingente Im Rahmen von Einsätzen bei Hochwasserlagen und bei anderen Großschadensereignissen können auch für die Feuerwehren umfangreichere und länger andauernde Aufgaben anfallen, die von den örtlich aufgestellten Einheiten nicht mehr zeitgerecht in dem erforderlichen Umfang erfüllt werden können. Zur Wahrnehmung dieser Aufgaben und zur Unterstützung der örtlichen Kräfte der Feuerwehren wurden in Bayern nahezu flächendeckend rund 30 Feuerwehr- Hilfeleistungskontingente Hochwasser/Pumpen und rund 30 Feuerwehr-Hilfeleistungskontingente Hochwasser/Sandsäcke auf Ebene der Kreisverwaltungsbehörden aufgestellt. Die Einzelheiten zur Aufstellung von Feuerwehr-Hilfeleistungskontingenten sind in den Planungsrichtlinien für die Aufstellung von Feuerwehr-Hilfeleistungskontingenten zur überregionalen bzw. länder- oder staatenübergreifenden Katastrophenhilfe geregelt, die vom damaligen Staatsministerium des Innern im Jahr 2007 herausgegeben wurden. Die Feuerwehr-Hilfeleistungskontingente werden aus der bei den gemeindlichen Feuerwehren vorhandenen Fahrzeug - bzw. Einsatzausstattung gebildet. Als Führungsfahrzeuge werden vielfach die aus staatlichen Mitteln geförderten Einsatzleitfahrzeuge für die örtlichen Einsatzleitungen eingesetzt. Der Freistaat Bayern hat darüber hinaus für diese Kontingente in den Jahren 2016 und 2017 Kennzeichnungswesten und Ausweise für die Kontingentführer und Fahrzeugkennzeichnungen (Flaggen, Magnethaftschilder) für das Fahren im Verband beschafft. THW-Hilfeleistungskontingente Das Technische Hilfswerk (THW), Landesverband Bayern, steht u. a. bei Hochwasserlagen im Bedarfsfall ebenfalls mit seinem gesamten Potenzial für örtliche und überörtliche Hilfe auf Anforderung zur Verfügung und kann darüber hinaus auch bundesweite Unterstützung zuführen. Zur Verbesserung der Unterstützungsmöglichkeiten des THW in der überörtlichen Hilfe stellt der THW-Landesverband Bayern den bayerischen Sicherheits-/Katastrophenschutzbehörden seit September 2015 bei Bedarf auch Einsatzpotenziale in Form von THW-Fachzügen und THW-Hilfeleistungskontingenten – welche aus bis zu drei THW-Fachzügen bestehen – zur Verfügung. Für Hochwasserlagen sind hierbei insbesondere die Fähigkeiten der Fachzüge/Hilfeleistungskontingente Pumpen von Bedeutung. b) Welche Maßnahmen sieht die Staatsregierung vor, um die ehrenamtlichen Einsatzkräfte dieser spezialisierten Hochwasserzüge sächlich und finanziell zu unterstützen und von ihrem Arbeitgeber freizustellen? Der Landtag hat die gesetzlichen Freistellungs- und Entgeltfortzahlungsansprüche ehrenamtlicher Helfer in den letzten Jahren erheblich ausgeweitet: Seit 2008 stehen diese Ansprüche nicht mehr nur den Feuerwehrdienstleistenden und den Helfern des Technischen Hilfswerks zu, sondern auch den Helfern der freiwilligen Hilfsorganisationen bei Einsätzen im Katastrophenfall (Art. 17 Abs. 1 Nr. 1 des Bayerischen Katastrophenschutzgesetzes – BayKSG). Im Jahr 2013 erfolgte eine erneute Ausweitung in Art. 33a des Bayerischen Rettungsdienstgesetzes (BayRDG); seither sind ehrenamtliche Einsatzkräfte im Rettungsdienst erfasst. Mit der zum 01.04.2017 in Kraft getretenen Neuregelung in Art. 17 Abs. 2 BayKSG wurden Freistellungs- und Entgeltfortzahlungsansprüche nunmehr für Einsätze ehrenamtlich tätiger Unterstützungskräfte in Schnelle-Einsatzgruppen einer freiwilligen Hilfsorganisation oder einer privaten Organisation begründet – auch unterhalb der Katastrophenschwelle. Durch diese Maßnahmen des Landtags und der Staatsregierung zum Schutz der ehrenamtlichen Helfer vor Nachteilen aus ihrem für die Sicherheit unserer Bürger so wichtigen Dienst wurde für Bayern ein System an Freistellungs- und Entgeltfortzahlungsansprüchen errichtet, das deutschlandweit seinesgleichen sucht. Drucksache 17/18977 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 c) In wie vielen Fällen und mit wie vielen Einsatzkräften waren die Hochwasserzüge seither im Einsatz (bitte aufgeschlüsselt nach dem jeweiligen Einsatzort und Einsatzkräften)? Die Staatsregierung führt keine detaillierten Statistiken zu den Einsätzen der Wasserrettungszüge Bayern, der Feuerwehr -Hilfeleistungskontingente und der THW-Hilfeleistungskontingente . Die aus den nachfolgenden Tabellen ersichtlichen Einsatzdaten der Wasserrettungszüge Bayern basieren auf den Mitteilungen der Trägerorganisationen. Dabei konnte teilweise keine klar abgrenzbare Unterscheidung in einzelne Einsätze und nach den einzelnen zum Einsatz gekommenen Zügen bzw. Einheiten vorgenommen werden; die zahlreichen Einsätze der DLRG im Jahr 2013 werden daher beispielsweise nur als Gesamtansatz dargestellt. BRK-Wasserwacht: Jahr Einsatzort Einsatzkräfte 2011 Landkreis Rhön-Grabfeld 8 (Zug Unterfranken) 2013 Rosenheim 37 (Zug Schwaben) 2013 Deggendorf 50 (Zug Schwaben) 2013 Rosenheim 30 (Zug Ober- und Mittelfranken) 2013 Deggendorf 30 (Zug Ober- und Mittelfranken) 2013 Deggendorf 38 (Zug Ober- und Mittelfranken) 2013 Rosenheim/Freilassing 30 (Zug Oberbayern) 2013 Rosenheim 45 (Zug Oberbayern) 2013 Deggendorf 35 (Zug Oberbayern) 2013 Deggendorf 29 (Zug Unterfranken) 2013 Passau 31 (Zug Niederbayern-Oberpfalz) 2013 Deggendorf 31 (Zug Niederbayern-Oberpfalz) 2014 Kroatien 31 (Zug Niederbayern-Oberpfalz) 2015 Elmau 24 (Zug Oberbayern) 2015 Simbach 6 (Zug Niederbayern-Oberpfalz) 2016 Bad Aibling 28 (Zug Oberbayern) 2016 Simbach 22 (Zug Niederbayern-Oberpfalz) DLRG: Jahr Einsatzort Einsatzkräfte 2010 Görlitz 45 2011 Regensburg, Passau insgesamt 150 2013 Sonthofen, Rosenheim, Ulm, Augsburg, Bad Aibling, Regensburg, Marquartstein, Kelheim, Würzburg, Deggendorf, Straubing, Schönebeck, Magdeburg insgesamt 1.500 2015 Elmau 100 2015 München 80 2016 Simbach am Inn 100 Angaben zu den Einsätzen der Feuerwehr-Hilfeleistungskontingente liegen nicht vor. Einsätze der THW-Hilfeleistungskontingente waren seit deren Einführung vor zwei Jahren nicht zu verzeichnen.