Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Reinhold Strobl SPD vom 17.10.2017 Maßnahmen bei einem erneuten Ausbruch der Vogelgrippe Von November 2016 bis in den März 2017 grassierte in Deutschland die Vogelgrippe. Es ist nicht auszuschließen, dass die Seuche auch in den kommenden Jahren wieder ausbricht. Um eine Verbreitung einzudämmen und wertvolle Geflügelbestände vor einer erneuten Infektion zu schützen, wurde eine allgemeine Stallplicht angeordnet, die außerordentlich lange bestand. Insbesondere die Rasse- und Ziergeflügelzüchter mussten schwere Störungen im Verhalten und auch in der Zucht ihrer Tiere hinnehmen. Um die Tiere dennoch unter diesen Umständen tiergerecht zu halten, mussten auch wertvolle Bestände reduziert und manche Zuchten sogar aufgegeben werden. Alte, vom Aussterben bedrohte Geflügelrassen könnten so ganz verschwinden. Ich frage die Staatsregierung: 1.1 Hat die Staatsregierung zwischenzeitlich neue Erkenntnisse über Herkunft und Übertragungswege der Vogelgrippe? 1.2 Gibt es dazu weitere Forschungsvorhaben bzw. Forschungsprojekte , die untersuchen sollen, ob es noch andere Ursachen und Übertragungswege als die bisher bekannten gibt? 1.3 Wenn ja, mit welchen Ergebnissen? 2. Hat die Staatsregierung, neben der Ausrufung einer allgemeinen Stallpflicht, ein anderes, wirklich effizientes Konzept, um eine erneute Vogelgrippe zu bekämpfen bzw. im Vorfeld zu vermeiden? 3. Hat die Staatsregierung zwischenzeitlich ein Konzept bzw. einen Maßnahmenkatalog erarbeitet, der vorgibt, wie während einer erneuten Vogelgrippe mit Tieren aus Rassegeflügelzuchten verfahren werden soll, um sie nicht durch die drastischen Maßnahmen, die für die Wirtschaftsgeflügelzucht gelten (z. B. stringente Stallpflicht ), zu belasten? 4. Wie beurteilt die Staatsregierung die Möglichkeit einer Stallpflicht nach Risikobewertung (wie sie der Verein Bayerischer Rassegeflügelzüchter vorschlägt), um so eine Freilaufhaltung der Tiere, die nicht in Risiko-/ Sperrgebieten leben, weitestgehend zu gewährleisten ? 5. Wie kann die Staatsregierung gewährleisten, dass Geflügelausstellungen , die nicht in einem ausgewiesenen Sperr- oder Beobachtungsgebiet stattfinden sollen, nach Prüfung genehmigt werden können? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 10.11.2017 1.1 Hat die Staatsregierung zwischenzeitlich neue Erkenntnisse über Herkunft und Übertragungswege der Vogelgrippe? Das Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit, Friedrich- Löffler-Institut (FLI), hat bereits im Dezember 2016 Informationen über die Herkunft und Verbreitung des H5N8-Virus erarbeitet und veröffentlicht. Zusammenfassend gilt es als gesichert, dass Wildvögel das prinzipielle, natürliche Reservoir für Aviäre Influenzaviren darstellen. Eine Verbreitung des ab Ende 2016 in Deutschland und in Bayern festgestellten H5N8-Virus durch Zugvögel ist zudem aufgrund geografischer, zeitlicher und detaillierter molekularbiologischer Analysen die wahrscheinlichste Eintragsursache. (Quelle: https://www. openagrar.de/servlets/MCRFileNodeServlet/openagrar_de rivate_00001162/FLI-Information_Herkunft-Verbreitung- H5N8_2016-12-21.pdf). 1.2 Gibt es dazu weitere Forschungsvorhaben bzw. Forschungsprojekte, die untersuchen sollen, ob es noch andere Ursachen und Übertragungswege als die bisher bekannten gibt? Bezüglich der Forschungsaktivitäten zu möglichen Verschleppungswegen pflegen sowohl das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) als auch das FLI Kontakte zu tierseuchenrechtlich relevanten Stellen und Institutionen. Die Erarbeitung der sachverständigen Stellungnahmen des FLI erfolgt stets auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse und Auswertung fachspezifischer Daten. Hierbei arbeitet das FLI intensiv mit dem BMEL, internationalen Referenzlaboratorien und weltweit anerkannten Wissenschaftlern auf dem Gebiet der Geflügelpest zusammen . 1.3 Wenn ja, mit welchen Ergebnissen? Siehe die Antwort zu Frage 1.2. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de – Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 14.06.2018 Drucksache 17/18995 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/18995 2. Hat die Staatsregierung, neben der Ausrufung einer allgemeinen Stallpflicht, ein anderes, wirklich effizientes Konzept, um eine erneute Vogelgrippe zu bekämpfen bzw. im Vorfeld zu vermeiden? Bei Ausbruch der Geflügelpest bei Haus- oder Wildvögeln greifen die gesetzlichen Regelungen der „Verordnung zum Schutz gegen die Geflügelpest“ (Geflügelpestverordnung). Von maßgeblicher Bedeutung für ein Bekämpfungskonzept sind auch die aktuellen Risikobewertungen des FLI und die darin genannten Handlungsempfehlungen. Die Geflügelpestverordnung hat sich als brauchbares und effektives Rechtsinstrument erwiesen, um ein einheitliches Vorgehen unter Berücksichtigung lokaler und regionaler Besonderheiten sicherzustellen. Stallpflicht und Marktverbot haben als wirksame Schutzmaßnahmen im Winter 2016 und Frühjahr 2017 dazu beigetragen, eine Weiterverbreitung in Bayern zu verhindern. Ebenso hat sich der Erlass einer Dringlichkeitsverordnung durch das BMEL für verschärfte Biosicherheitsmaßnahmen auch in kleinen Geflügelhaltungen als wirksam erwiesen. 3. Hat die Staatsregierung zwischenzeitlich ein Konzept bzw. einen Maßnahmenkatalog erarbeitet, der vorgibt, wie während einer erneuten Vogelgrippe mit Tieren aus Rassegeflügelzuchten verfahren werden soll, um sie nicht durch die drastischen Maßnahmen, die für die Wirtschaftsgeflügelzuchtgelten (z. B. stringente Stallpflicht), zu belasten? Unterschiede in der Widerstandsfähigkeit bestimmter Geflügelrassen gegen das Vogelgrippevirus sind wissenschaftlich nicht belegt. Die Empfänglichkeit aller Geflügelarten hingegen ist bewiesen. Somit können für Rassegeflügel keine anderen Regelungen gelten als für Nutzgeflügel. Maßnahmen, die zur Verhinderung der Verschleppung der Geflügelpest ergriffen werden, dienen auch dem Schutz der Rassegeflügelzüchter . Es gehört zu den gesetzlichen Pflichten des Tierhalters, sich zu Tierseuchen sachkundig zu machen und Vorbereitungen zur Umsetzung von Maßnahmen zu treffen, die von ihm bei Ausbruch einer Tierseuche nach den für die Tierseuche maßgeblichen Rechtsvorschriften durchzuführen sind. 4. Wie beurteilt die Staatsregierung die Möglichkeit einer Stallpflicht nach Risikobewertung (wie sie der Verein Bayerischer Rassegeflügelzüchter vorschlägt ), um so eine Freilaufhaltung der Tiere, die nicht in Risiko-/Sperrgebieten leben, zu gewährleisten ? Auch in Bayern wurde zu Beginn des Vogelgrippegeschehens die Aufstallung zunächst risikobasiert angeordnet. Das sich zunächst kleinräumig darstellende Geschehen am Bodensee wurde durch das zuständige Landratsamt auf der Grundlage der Geflügelpestverordnung und risikobasiert bewältigt . Kernelemente waren die Festlegung einer ufernahen Schutzzone mit obligater Aufstallung und zusätzlichen Biosicherheitsmaßnahmen , begleitet von einer engen Kommunikation mit den vorgesetzten Dienststellen sowie den benachbarten Landkreisen in Baden-Württemberg, Bezirken in Österreich und Kantonen in der Schweiz. Die zeitnahe und inhaltsdichte Information der betroffenen Tierhalter sowie der Bevölkerung rundeten die ergriffenen Maßnahmen ab. Konnte einige wenige Tage lang von einem regionalen Geschehen ausgegangen werden, so veränderten weitere Befunde von H5N8 bei Wildvögeln zunächst im oberbayerischen Seengebiet, dann an den größeren Flüssen im mittelbayerischen Raum sowie erste Ausbrüche bei gehaltenen Vögeln das Lagebild: Aufgrund der Fallzahlen und des Verteilungsmusters war Bayern in der Folge in Gänze als H5N8- Risikogebiet zu betrachten, daraus folgten die landesweite Stallpflicht und das landesweite Marktverbot. 5. Wie kann die Staatsregierung gewährleisten, dass Geflügelausstellungen, die nicht in einem ausgewiesenen Sperr- oder Beobachtungsgebiet stattfinden sollen, nach Prüfung genehmigt werden können? Ein Verbot der Durchführung von Geflügelausstellungen, -märkten und Veranstaltungen ähnlicher Art außerhalb von Restriktionsgebieten kann in Abhängigkeit vom jeweiligen Seuchengeschehen als Maßnahme der Seuchenprävention dienen.