Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Martin Stümpfig BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 24.08.2017 Stromerzeugung aus Atomkraft in Bayern Sofern keine statistischen Daten vorliegen, bitte ich um offizielle bzw. behördeninterne Abschätzungen. Bei zukunftsgerichteten Fragen bitte ich um Angabe offizieller Zielsetzungen der Staatsregierung, hilfsweise um Prognosen , die nach Meinung der Staatsregierung eine realistische Planungsgrundlage darstellen, oder um Erwartungen der Staatsregierung. Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie haben sich die durchschnittlichen Vollbenutzungsstunden der Atomkraftwerke in Bayern in den einzelnen Jahren seit 2010 entwickelt? 2. Wurden bayerische Atomkraftwerke durch Übertragungsnetzbetreiber zum Redispatchbetrieb aufgefordert und, wenn ja, welche Strommengen wurden in den einzelnen Jahren seit 2010 aufgrund von Redispatchanforderungen durch bayerische Atomkraftwerke produziert? 3. Welche Atomkraftwerke in Bayern sind nach Einschätzung der Staatsregierung Grundlastkraftwerke? 4. An wie vielen Tagen wurden die bayerischen Atomkraftwerke Gundremmingen B und C, Grafenrheinfeld und Isar 2 jeweils in den Jahren seit 2010 im Lastfolgebetrieb gefahren, weil ausreichend erneuerbare Energien im Markt waren? 5. Welche Stromproduktion wurde dadurch jeweils in den einzelnen Atomkraftwerken und in den einzelnen Jahren nicht realisiert? 6. Gab es eine wesentliche Änderung beim Lastfolgebetrieb von Gundremmingen B und C und Isar 2 nach Abschaltung des Atomkraftwerks Grafenrheinfeld im Sommer 2015? 7. Erwartet die Staatsregierung eine wesentliche Änderung dieses Phänomens nach Abschaltung des Atomkraftwerks Gundremmingen B zum Ende 2017 bei den beiden dann noch in Betrieb befindlichen bayerischen Atomkraftwerken? Antwort des Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie vom 15.11.2017 1. Wie haben sich die durchschnittlichen Vollbenutzungsstunden der Atomkraftwerke in Bayern in den einzelnen Jahren seit 2010 entwickelt? Die Vollbenutzungsstunden als Anknüpfungspunkt für die Beurteilung der Stromerzeugung in den bayerischen Kernkraftwerken erscheinen der Staatsregierung nicht als zweckmäßig , da durch die in den Jahren 2011 bis 2016 erhobene Kernbrennstoffsteuer – auch wenn sie sich im Nachhinein als verfassungswidrig herausstellte – manche Reaktorblöcke von den Betreibern aufgrund betriebswirtschaftlicher Erwägungen im sog. Stretch-out-Betrieb gefahren wurden , d. h. ihre Leistung zur Vermeidung eines Austauschs von Brennelementen reduziert wurde. Als aussagekräftiger sieht die Staatsregierung daher die durchschnittliche Bruttostromerzeugung in den bayerischen Kernkraftwerken an. Diese nahm in den vier Kernkraftwerken Gundremmingen B und C, Isar 2 und Grafenrheinfeld von 2011 bis 2015 kontinuierlich ab. So wurden in jedem Kernkraftwerk (KKW) im Jahr 2011 durchschnittlich 10.940 Gigawattstunden (GWh) Strom produziert, im Jahr 2012 10.916 GWh, im Jahr 2013 10.735 GWh, im Jahr 2014 10.605 GWh und im Jahr 2015, für das die Staatsregierung das KKW Grafenrheinfeld aufgrund seiner Stillegung im Juni des Jahres nur mit dem Faktor 0,5 eingerechnet hat, nur noch 10.483 GWh. Im Jahr 2016, für das der Staatsregierung noch keine gesicherten Zahlen vorliegen, dürfte die durchschnittliche Bruttostromerzeugung je Kraftwerk in den verbliebenen Kernkraftwerken Gundremmingen B und C und Isar 2 noch einmal geringfügig abgenommen haben. Bei den Vollbenutzungsstunden gab es – wohl aufgrund der erwähnten zeitweisen Umstellung auf Stretch-out-Betrieb – von 2011 auf 2012 eine deutliche Steigerung (von ca. 7.500 auf ca. 8.000), danach nahmen auch diese bis 2016 kontinuierlich ab. 2. Wurden bayerische Atomkraftwerke durch Übertragungsnetzbetreiber zum Redispatchbetrieb aufgefordert und, wenn ja, welche Strommengen wurden in den einzelnen Jahren seit 2010 aufgrund von Redispatchanforderungen durch bayerische Atomkraftwerke produziert? Aufgrund des zweiten Teilsatzes der Frage geht die Staatsregierung davon aus, dass die Frage nur auf von Übertragungsnetzbetreibern angeforderte Leistungserhöhungen (sog. positiver Redispatch) abzielt. Es gab für kein bayerisches Kernkraftwerk seit 2010 eine Aufforderung zur Leistungserhöhung . Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de–Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 19.04.2018 Drucksache 17/19091 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/19091 3. Welche Atomkraftwerke in Bayern sind nach Einschätzung der Staatsregierung Grundlastkraftwerke ? Nach Einschätzung der Staatsregierung sind alle noch in Betrieb befindlichen bayerischen Kernkraftwerke Grundlastkraftwerke . 4. An wie vielen Tagen wurden die bayerischen Atomkraftwerke Gundremmingen B und C, Grafenrheinfeld und Isar 2 jeweils in den Jahren seit 2010 im Lastfolgebetrieb gefahren, weil ausreichend erneuerbare Energien im Markt waren? 5. Welche Stromproduktion wurde dadurch jeweils in den einzelnen Atomkraftwerken und in den einzelnen Jahren nicht realisiert? Lastfolgebetrieb kann verschiedene Ursachen haben, bspw. die Steuerung des Strombilanzkreises, die Vorhaltung oder Erbringung von Systemdienstleistungen, fluktuierende Nachfrage, Preissignale von der Strombörse und auch die ausreichende Netzeinspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien. Eine Auswertung zu den Ursachen von Lastfolgebetrieb liegt nicht vor, weshalb weder die Anzahl der Tage, an denen Lastfolgebetrieb auf die ausreichende Einspeisung von Strom aus erneuerbaren Energien zurückzuführen war, noch die dadurch ausfallende Stromproduktion bestimmt werden kann. 6. Gab es eine wesentliche Änderung beim Lastfolgebetrieb von Gundremmingen B und C und Isar 2 nach Abschaltung des Atomkraftwerks Grafenrheinfeld im Sommer 2015? Für Isar 2 ist keine dadurch monokausal bedingte wesentliche Änderung beim Lastfolgebetrieb feststellbar. Für Gundremmingen B und C lässt sich eine dadurch bedingte Änderung schon deswegen nicht ableiten, weil Gundremmingen sich in einer anderen Regelzone befindet als Grafenrheinfeld . 7. Erwartet die Staatsregierung eine wesentliche Änderung dieses Phänomens nach Abschaltung des Atomkraftwerks Gundremmingen B zum Ende 2017 bei den beiden dann noch in Betrieb befindlichen bayerischen Atomkraftwerken ? Lastfolgebetrieb gibt es bei Gundremmingen C und Isar 2 schon seit deren Inbetriebnahme.