Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Martin Stümpfig BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 24.08.2017 Stromimport und Stromexport in Bayern Sofern keine statistischen Daten vorliegen, bitte ich um offizielle bzw. behördeninterne Abschätzungen. Bei zukunftsgerichteten Fragen bitte ich um Angabe offizieller Zielsetzungen der Staatsregierung, hilfsweise um Prognosen , die nach Meinung der Staatsregierung eine realistische Planungsgrundlage darstellen, oder um Erwartungen der Staatsregierung. Bei den folgenden Fragen bitte ich um Antworten vorrangig hinsichtlich der Handelsströme und nicht der physikalischen Ströme. Sollten bei einzelnen Fragen der Staatsregierung ausschließlich Daten zu den physikalischen Strömen vorliegen, bitte ich diese unter Kenntlichmachung zu nutzen. Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Wie hat sich der Stromimport nach Bayern in den einzelnen Jahren seit 2010 entwickelt? b) Aus welchen Bundesländern bzw. Nachbarstaaten wurde vorwiegend importiert (bitte unter Aufzeigen der Veränderungen seit 2010)? c) In welchen Monaten des Jahres wurde vorwiegend importiert (bitte unter Aufzeigen der Veränderungen seit 2010)? 2. a) Zu welchen Tageszeiten wurde vorwiegend importiert (bitte unter Aufzeigen der Veränderungen seit 2010)? b) Welcher Anteil des Stromimports war in den einzelnen Jahren nicht marktgetrieben, sondern zur Aufrechterhaltung der Stromversorgung in Bayern zwingend nötig ? c) Mit welcher Entwicklung hinsichtlich des Stromimports rechnet die Staatsregierung zum Jahr 2023 bzw. 2028 im Hinblick auf Umfang, Herkunftsländer, zeitliche Verteilung nach Monaten bzw. Stunden der Stromimporte ? 3. a) Wie hat sich der Stromexport aus Bayern in den einzelnen Jahren seit 2010 entwickelt? b) In welche Bundesländer bzw. Nachbarstaaten wurde vorwiegend exportiert und welche Veränderungen gab es dabei seit 2010? c) In welchen Monaten des Jahres wurde vorwiegend exportiert und welche Veränderungen gab es dabei seit 2010? 4. a) Zu welchen Tageszeiten wurde vorwiegend exportiert und welche Veränderungen gab es dabei seit 2010? b) Mit welcher Entwicklung hinsichtlich des Stromexports rechnet die Staatsregierung zum Jahr 2023 bzw. 2028 im Hinblick auf Umfang, Herkunftsländer, zeitliche Verteilung nach Monaten bzw. Stunden der Stromexporte ? 5. a) Wie hat sich der Stromexportsaldo zwischen Bayern und seinen Nachbarländern in den einzelnen Jahren seit 2010 entwickelt? b) Wie hoch war der Saldo im Austausch zu den einzelnen Bundesländern bzw. Nachbarstaaten im Jahr 2016 und wie hat er sich im Vergleich zu 2010 entwickelt ? 6. a) Wie hoch waren die Stromübertragungskapazitäten zum 30.06.2017 in die einzelnen Nachbarstaaten bzw. Nachbarbundesländer? b) An wie vielen Stunden pro Jahr waren im Jahr 2016 die einzelnen Stromübertragungskapazitäten in die Nachbarstaaten bzw. Nachbarbundesländer zu mehr als 50 Prozent ausgelastet? c) An wie vielen Stunden pro Jahr waren im Jahr 2016 die einzelnen Stromübertragungskapazitäten in die Nachbarstaaten bzw. Nachbarbundesländer zu 100 Prozent oder mehr ausgelastet? 7. a) Welche Auswirkungen auf den Stromexportsaldo Bayerns erwartet die Staatsregierung durch die im Herbst 2017 geplante vollständige Inbetriebnahme der Thüringer Strombrücke? b) Welche Auswirkungen auf den Stromexportsaldo Bayerns erwartet die Staatsregierung durch das ab Oktober 2018 vorgesehene Engpassmanagement im deutsch-österreichischen Strommarkt? Antwort des Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie vom 15.11.2017 1. a) Wie hat sich der Stromimport nach Bayern in den einzelnen Jahren seit 2010 entwickelt? Der Stromaußenhandel wird seit dem Bilanzjahr 1995 ebenso wie der im Land erzeugte Strom mit dem Heizwert von 3.600 kJ/kWh bewertet. Ab dem Bilanzjahr 2001 kann die amtliche Energiestatistik keine originär erhobenen Ein- und Ausfuhrzahlen mehr für die Länder zur Verfügung stellen. Der Stromaußenhandel kann daher nur als Saldo dargestellt werden, der sich aus einer Differenzrechnung zwischen Stromverbrauch, Netzverlusten und Stromerzeugung ergibt Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de–Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 25.05.2018 Drucksache 17/19122 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/19122 (Quelle: Glossar des Länderarbeitskreises Energiebilanzen). Der Saldo gibt Auskunft darüber, ob ein Land in der betrachteten Periode aus eigener Erzeugung seinen Strombedarf decken konnte oder auf Stromimporte aus dem Ausland (oder andere Länder, d.h. auch Bundesländer) angewiesen war. Der Austauschsaldo für Bayern betrug: 2010 -1.948 Mio kWh entspricht -7.011 Terajoule (TJ) (Stromexport) 2011 +2.641 Mio kWh entspricht +9.508 TJ (Stromimport) 2012 -7.557 Mio kWh entspricht -27.206 TJ (Stromexport) 2013 -5.585 Mio kWh entspricht -20.107 TJ (Stromexport) 2014 -5.076 Mio kWh entspricht -18.275 TJ (Stromexport) b) Aus welchen Bundesländern bzw. Nachbarstaaten wurde vorwiegend importiert (bitte unter Aufzeigen der Veränderungen seit 2010)? Für Bayern liegen der Staatsregierung keine regionalen Import - oder Exportdaten vor. Die Ein- und Ausfuhr von Elektrizität für Deutschland ist öffentlich in der GENESIS-Online- Datenbank des Statistischen Bundesamtes (DESTATIS) verfügbar. Die Angaben werden hier monatsscharf geführt. c) In welchen Monaten des Jahres wurde vorwiegend importiert (bitte unter Aufzeigen der Veränderungen seit 2010)? Siehe Antwort auf Frage 1 b. 2. a) Zu welchen Tageszeiten wurde vorwiegend importiert (bitte unter Aufzeigen der Veränderungen seit 2010)? Siehe Antwort auf Frage 1. b). b) Welcher Anteil des Stromimports war in den einzelnen Jahren nicht marktgetrieben, sondern zur Aufrechterhaltung der Stromversorgung in Bayern zwingend nötig? Hierzu liegen der Staatsregierung keine Daten vor. c) Mit welcher Entwicklung hinsichtlich des Stromimports rechnet die Staatsregierung zum Jahr 2023 bzw. 2028 im Hinblick auf Umfang, Herkunftsländer , zeitliche Verteilung nach Monaten bzw. Stunden der Stromimporte? Mit Abschaltung der letzten Kernkraftwerke in Bayern, die aktuell knapp 40 Prozent zur bayerischen Stromerzeugung beitragen, wird Bayern bis 2023 vom Stromexport- zum Stromimportland werden. Aufgrund bestehender Unsicherheiten , was die Stromproduktionsmenge in bayerischen Gaskraftwerken, den Erfolg bayerischer Bieter bei den Ausschreibungen für erneuerbare Energien und die genauen Auswirkungen der dezentralen Flexibilitätslösungen angeht, ist der erwartete Stromimportbedarf noch nicht bezifferbar. Mit ihrem Konzept zur Umgestaltung der Finanzierung von Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien verfolgt die Staatsregierung nicht nur eine bessere Marktund Systemintegration dieser Anlagen, sondern auch eine bessere regionale Verteilung. Gegenüber der heutigen Ausgestaltung der EEG-Förderung (EGG = Erneuerbare- Energieen-Gesetz), welche Windkraftzubau ausschließlich im Norden Deutschlands bewirkt, würde damit eine Verbesserung für Bayern erzielt. 3. a) Wie hat sich der Stromexport aus Bayern in den einzelnen Jahren seit 2010 entwickelt? Siehe Antwort auf die Frage 1 a. b) In welche Bundesländer bzw. Nachbarstaaten wurde vorwiegend exportiert und welche Veränderungen gab es dabei seit 2010? Siehe Antwort auf die Frage 1 b. c) In welchen Monaten des Jahres wurde vorwiegend exportiert und welche Veränderungen gab es dabei seit 2010? Siehe Antwort auf die Frage 1 b. 4. a) Zu welchen Tageszeiten wurde vorwiegend exportiert und welche Veränderungen gab es dabei seit 2010? Siehe Antwort auf die Frage 1 b. b) Mit welcher Entwicklung hinsichtlich des Stromexports rechnet die Staatsregierung zum Jahr 2023 bzw. 2028 im Hinblick auf Umfang, Herkunftsländer , zeitliche Verteilung nach Monaten bzw. Stunden der Stromexporte? Siehe Antwort auf die Frage 2 c. 5. a) Wie hat sich der Stromexportsaldo zwischen Bayern und seinen Nachbarländern in den einzelnen Jahren seit 2010 entwickelt? Zur Beantwortung der Frage wird angenommen, dass mit dem Begriff „Stromexportsaldo“ der Austauschsaldo, also der Bruttoverbrauch abzüglich der inländischen Erzeugung bezeichnet wird. Siehe hierzu die Antwort auf die Frage 1 a. b) Wie hoch war der Saldo im Austausch zu den einzelnen Bundesländern bzw. Nachbarstaaten im Jahr 2016 und wie hat er sich im Vergleich zu 2010 entwickelt? Siehe Antwort auf die Frage 1 b. 6. a) Wie hoch waren die Stromübertragungskapazitäten zum 30.6.2017 in die einzelnen Nachbarstaaten bzw. Nachbarbundesländer? Tabellen zu Frage 6 a Bayern – Tschechien Spannung [kV] von UW bis UW Leistung [MVA] 380 Etzenricht Hradec 2.119 380 Etzenricht Prestice 2.119 Drucksache 17/19122 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Bayern – Österreich Spannung [kV] von UW bis UW Leistung [MVA] 380 Leupolz Westtirol 1.700 220 Memmingen Westtirol 640 220 Oberbrunn Silz 840 220 Oberbrunn Silz 840 220 Altheim St. Peter 318 220 Pirach St. Peter 518 220 Pleinting St. Peter 518 220 Simbach St. Peter 318 220 Jochenstein St. Peter 318 220 Jochenstein St. Peter 318 Bayern – Baden-Württemberg Spannung [kV] von UW bis UW Leistung [MVA] 380 Grafenrheinfeld Kupferzell 2.117 380 Grafenrheinfeld Höpfingen 2.117 380 Vöhringen Hoheneck 1.600 380 Vöhringen Dellmensingen 1.700 220 Vöhringen Dellmensingen 460 Bayern – Hessen Spannung [kV] von UW bis UW Leistung [MVA] 380 Grafenrheinfeld Großkrotzenburg 1.724 380 Aschaffenburg Großkrotzenburg 1.724 220 Trennfeld Großkrotzenburg 318 220 Trennfeld Großkrotzenburg 318 Bayern – Thüringen Spannung [kV] von UW bis UW Leistung [MVA] 380 Redwitz Remptendorf 1.724 380 Redwitz Remptendorf 1.724 380 Redwitz Altenfeld 2.300 380 Redwitz Altenfeld 2.300 (Abkürzungen: UW = Umspannwerk; MVA = Megavoltampere) Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/19122 Im vermaschten Wechselstromnetz verteilt sich der Stromfluss nach den Kirchhoffschen Regeln und ist nur sehr bedingt durch Schalthandlungen beeinflussbar. Begrenzend für die Übertragungskapazität des Stromnetzes ist die Auslastung des jeweils schwächsten Netzelements in Abhängigkeit von der jeweiligen Erzeugungs- und Verbrauchssitua-tion. Die aufgeführten physischen Übertragungskapazitäten erlauben daher keine Rückschlüsse auf die tatsächlich zu einem bestimmten Zeitpunkt realisierbaren maximalen Stromimporte oder -exporte nach/aus Bayern. b) An wie vielen Stunden pro Jahr waren im Jahr 2016 die einzelnen Stromübertragungskapazitäten in die Nachbarstaaten bzw. Nachbarbundesländer zu mehr als 50 Prozent ausgelastet? Der Übertragungsnetzbetreiber 50 H veröffentlicht für sein Netzgebiet die Auslastung der Leitungen. 2016 war der erste Stromkreis der Verbindung Redwitz – Remptendorf in mindestens 1.854 Stunden zu über 50 Prozent ausgelastet; der zweite Stromkreis in mindestens 1.902 Stunden. Der in 2016 knapp zehn Monate in Betrieb befindliche Stromkreis Redwitz – Altenfeld war an mindestens 932 Stunden zu über 50 Prozent ausgelastet. Weitere Auslastungswerte sind der Staatsregierung nicht bekannt. Die folgende Tabelle enthält die Verbindungen zu Nachbarländern, zwecks deren Entlastung 2016 Redispatch erforderlich war. Betroffener Raum Stunden Redwitz – Remptendorf (Thüringen) 3.499 Bayern nach St. Peter (Österreich) 293 Grafenrheinfeld nach Baden-Württemberg 56 Vöhringen nach Baden-Württemberg 43 c) An wie vielen Stunden pro Jahr waren im Jahr 2016 die einzelnen Stromübertragungskapazitäten in die Nachbarstaaten bzw. Nach barbundesländer zu 100 Prozent oder mehr ausgelastet? Hierzu liegen der Staatsregierung keine Daten vor. Eine Auslastung der physischen Stromübertragungskapazität eines einzelnen Stromkreises zu deutlich über 70 Prozent gilt es zu vermeiden, da eine derart hohe Auslastung die Verletzung des (n-l-)Prinzips und eine unzulässige Gefährdung der Netzstabilität implizieren würde. 7. a) Welche Auswirkungen auf den Stromexportsaldo Bayer erwartet die Staatsregierung durch die im Herbst 2017 geplante vollständige Inbetriebnahme der Thüringer Strombrücke? Die Inbetriebnahme der Thüringer Strombrücke vermindert tendenziell den Redispatchbedarf in Süddeutschland und den Stromexportsaldo Bayerns. b) Welche Auswirkungen auf den Stromexportsaldo Bayerns erwartet die Staatsregierung durch das ab Oktober 2018 vorgesehene Engpassmanagement im deutsch-österreichischen Strommarkt? Das vorgesehene Engpassmanagement hat voraussichtlich nur geringe Auswirkungen auf den physischen Stromexportsaldo Bayerns, da die physische Stromübertragungskapazität unverändert bleibt und sich lediglich die Handelskapazität zukünftig stärker an dieser orientiert.