Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Doris Rauscher SPD vom 22.09.2017 Lebensrealitäten von kinderreichen Familien in Bayern – Teil I Ich frage die Staatsregierung: 1.1 Wie viele Familien mit drei und mehr Kindern leben in Bayern (bitte differenziert nach Anzahl der Kinder und Familienstand: Ehepaare, Lebensgemeinschaften, eingetragene Lebenspartnerschaften sowie Alleinerziehende )? 1.2 Wie viel Prozent der Familien mit drei oder mehr Kindern haben einen Migrationshintergrund? 2.1 Wie viele Familien mit drei oder mehr Kindern sind auf laufende Hilfe zum Lebensunterhalt angewiesen (bitte absolut und prozentual)? 2.2 Wie hat sich die Zahl der betroffenen Familien in den Jahren 2010 bis 2016 entwickelt? 2.3 In welchen Landkreisen haben die betroffenen Familien in diesen Jahren jeweils gelebt? 3. Bei wie vielen Familien mit drei und mehr Kindern sind beide Elternteile berufstätig nach Kenntnis der Staatsregierung (bitte für die Elternteile jeweils aufgeschlüsselt nach Teilzeit, Vollzeit oder in Ausbildung bzw. Studium )? 4.1 Welche Kenntnisse hat die Staatsregierung über den höchsten Bildungsabschluss kinderreicher Familien (bitte aufgeschlüsselt nach Elternteilen)? 4.2 Welche Erkenntnisse liegen der Staatsregierung über den Schulerfolg von Schülerinnen und Schülern aus kinderreichen Familien vor? 4.3 Welche Hilfsinstrumente zur Unterstützung des Schulalltags werden kinderreichen Familien gewährt? 5. Welche Angebote durch Freistaat und Kommunen gibt es, um kinderreiche Familien bei ihrem Erziehungsauftrag zu unterstützen? 6.1 Wie viele Kinder mit zwei und mehr Geschwisterkindern besuchen eine Kindertagesbetreuung in Bayern (bitte in absoluten und relativen Zahlen angeben)? 6.2 Wie häufig besuchen Drittgeborene eine Kindertageseinrichtung ? 6.3 Wie gestalten Städte und Gemeinden in Bayern Vergünstigungen der Elternbeiträge kinderreicher Familien für den Besuch einer Kindertagesbetreuung? 7.1 Wie häufig wird das Bildungs- und Teilhabepaket für welche Zwecke in Bayern verwendet? 7.2 Inwieweit wird bei Unterstützungsangeboten über das Bildungs- und Teilhabepaket zwischen Kindern aus kinderreichen Familien differenziert? 7.3 Welche zusätzlichen Programme des Freistaates Bayern gibt es? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration unter Einbezug des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 21.11.2017 1.1 Wie viele Familien mit drei und mehr Kindern leben in Bayern (bitte differenziert nach Anzahl der Kinder und Familienstand: Ehepaare, Lebensgemeinschaften , eingetragene Lebenspartnerschaften sowie Alleinerziehende)? Bezogen auf Familien mit minderjährigen Kindern betrug die Zahl der Familien mit drei oder mehr Kindern 2016 in Bayern rund 137.000. Die Zahl der Familien mit drei oder mehr Kindern in Bayern im Jahr 2016 differenziert nach Familienform kann der nachstehenden Tabelle entnommen werden. Eine Unterdifferenzierung nach Kinderzahl liegt für diesen Personenkreis nicht vor. Zahl der Kinder unter 18 Jahren Ehepaar- Familien Alleinerziehende Nichteheliche Leben-gemeinschaften in Tausend 3 oder mehr Kinder 119 13 (5) Zeichenerklärung: ( ) Nachweis unter dem Vorbehalt, dass der Zahlenwert erhebliche Fehler aufweisen kann. Quelle: Landesamt für Statistik, Haushalte und Familien in Bayern 2016, Teil IV der Ergebnisse der 1Prozent-Mikrozensuserhebung 2016, Fürth im August 2017 1.2 Wie viel Prozent der Familien mit drei oder mehr Kindern haben einen Migrationshintergrund? Aktuelle Angaben dazu liegen der Staatsregierung nicht vor. Im Vierten Bericht der Staatsregierung zur sozialen Lage in Bayern, der im Mai 2017 vorgestellt wurde, sind jedoch Angaben zu Familien mit Migrationshintergrund für das Jahr 2014 auf der Grundlage einer Sonderauswertung des Mikrozensus 2014 dargestellt. Bezogen auf Familien mit minderjährigen Kindern haben 12,8 Prozent der Familien mit Migrationshintergrund drei oder mehr Kinder, bezogen auf Familien mit ledigen Kindern Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de–Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 06.06.2018 Drucksache 17/19204 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/19204 ohne Altersbegrenzung im Haushalt haben 14,6 Prozent der Familien mit Migrationshintergrund drei oder mehr Kinder. 2.1 Wie viele Familien mit drei oder mehr Kindern sind auf laufende Hilfe zum Lebensunterhalt angewiesen (bitte absolut und prozentual)? Als Familien im Sinne dieser Anfrage, die auf „laufende Hilfe zum Lebensunterhalt angewiesen“ sind, werden Bedarfsgemeinschaften (BG) mit unverheirateten, minderjährigen Kindern gewertet, die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) erhalten. Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende erhält nach den Vorschriften des SGB II, wer seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hat und seinen Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt der mit ihm in BG lebenden Personen nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere seinem Einkommen oder Vermögen , sichern kann und die erforderliche Hilfe auch nicht von anderen erhält. Zu einer BG gehören grundsätzlich alle erwerbsfähigen Leistungsberechtigten mit deren Ehegatten/ Partnern und unverheirateten Kindern, wenn diese Kinder in der BG der Eltern leben und das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben. Die nachfolgenden Daten beruhen auf der veröffentlichten Statistik der Bundesagentur für Arbeit (BA). Eigene Datenquellen stehen der Staatsregierung nicht zur Verfügung. Im Jahr 2016 erhielten in Bayern 15.211 Bedarfsgemeinschaften mit drei oder mehr Kindern unter 18 Jahren Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach SGB II. Im Verhältnis zur Gesamtzahl der Familien mit drei oder mehr Kindern unter 18 Jahren von 137.000 (Stand 2016) sind dies 11,1 Prozent. 2.2 Wie hat sich die Zahl der betroffenen Familien in den Jahren 2010 bis 2016 entwickelt? Die nachfolgende Tabelle zeigt die Entwicklung der durchschnittlichen Zahl der Bedarfsgemeinschaften mit drei oder mehr Kindern unter 18 Jahren, die in Bayern Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach SGB II beziehen, für die Jahre 2010–2016. 2010 2011 2012 2013 2014 2015 2016 13.953 12.549 12.022 12.464 13.016 13.694 15.211 Quelle: BA-Statistik „Strukturen der Grundsicherung SGB II (Zeitreihe Monatsund Jahreszahlen ab 2005)“ Zu den verwendeten Daten und Begriffsdefinitionen wird im Übrigen auf die grundsätzlichen Ausführungen in der Antwort zu Frage 2.1 verwiesen. 2.3 In welchen Landkreisen haben die betroffenen Familien in diesen Jahren jeweils gelebt? In der veröffentlichten Statistik der BA wird als Übersichtstabelle mit allen Kreisen und kreisfreien Städten in Bayern nur ein Vergleich mit dem Vorjahresmonat zur Verfügung gestellt . Die nachfolgende Tabelle zeigt die Zahl der Bedarfsgemeinschaften mit drei oder mehr Kindern unter 18 Jahren im SGB II-Bezug im Juni 2016: Landkreise und kreisfreie Städte in Bayern Juni 2016 Aichach-Friedberg 107 Altötting 108 Amberg, Stadt 96 Amberg-Sulzbach 70 Ansbach 130 Ansbach, Stadt 104 Aschaffenburg 175 Aschaffenburg, Stadt 161 Augsburg 199 Augsburg, Stadt 618 Bad Kissingen 108 Bad Tölz-Wolfratshausen 74 Bamberg 79 Bamberg, Stadt 109 Bayreuth 70 Bayreuth, Stadt 116 Berchtesgadener Land 83 Cham 71 Coburg 109 Coburg, Stadt 82 Dachau 108 Deggendorf 121 Dillingen a. d. Donau 95 Dingolfing-Landau 66 Donau-Ries 60 Ebersberg 84 Eichstätt 50 Erding 85 Erlangen, Stadt 191 Erlangen-Höchstadt 87 Forchheim 97 Freising 73 Freyung-Grafenau 64 Drucksache 17/19204 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Landkreise und kreisfreie Städte in Bayern Juni 2016 Fürstenfeldbruck 264 Fürth 74 Fürth, Stadt 344 Garmisch-Partenkirchen 90 Günzburg 111 Haßberge 88 Hof 126 Hof, Stadt 144 Ingolstadt, Stadt 181 Kaufbeuren, Stadt 66 Kelheim 91 Kempten (Allgäu), Stadt 76 Kitzingen 94 Kronach 46 Kulmbach 88 Landsberg am Lech 80 Landshut 110 Landshut, Stadt 96 Lichtenfels 76 Lindau (Bodensee) 70 Main-Spessart 87 Memmingen, Stadt 52 Miesbach 49 Miltenberg 122 Mühldorf a. Inn 113 München 288 München, Landeshauptstadt 2.823 Neuburg-Schrobenhausen 52 Neumarkt i. d. OPf. 70 Neustadt a. d. Aisch-Bad Windsheim 100 Neustadt a. d. Waldnaab 86 Neu-Ulm 187 Nürnberg, Stadt 1.519 Landkreise und kreisfreie Städte in Bayern Juni 2016 Nürnberger Land 145 Oberallgäu 78 Ostallgäu 109 Passau 193 Passau, Stadt 87 Pfaffenhofen a. d. Ilm 46 Regen 58 Regensburg 132 Regensburg, Stadt 210 Rhön-Grabfeld 63 Rosenheim 136 Rosenheim, Stadt 101 Roth 69 Rottal-Inn 136 Schwabach, Stadt 68 Schwandorf 137 Schweinfurt 91 Schweinfurt, Stadt 175 Starnberg 67 Straubing, Stadt 81 Straubing-Bogen 84 Tirschenreuth 65 Traunstein 107 Unterallgäu 80 Weiden i. d. OPf., Stadt 110 Weilheim-Schongau 116 Weißenburg-Gunzenhausen 102 Wunsiedel i. Fichtelgebirge 125 Würzburg 113 Würzburg, Stadt 194 Quelle: BA-Statistik „Bedarfsgemeinschaften und deren Mitglieder (Monatszahlen)“, Berichtsmonate Juni 2017 und Juni 2016 Zu den verwendeten Daten und Begriffsdefinitionen wird im Übrigen auf die grundsätzlichen Ausführungen in der Antwort zu Frage 2.1. verwiesen. Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/19204 Die Zahlen der Bedarfsgemeinschaften aus den Vorjahren können auf den Seiten der Bundesagentur für Arbeit einzeln für jeden Landkreis und jede kreisfreie Stadt sowie für jedes Jahr abgefragt werden, vgl. Register „Statistik nach Themen“, Menüpunkt „Grundsicherung für Arbeitsuchende “ – „Überblick“ (https://statistik.arbeitsagentur.de/Naviga tion/Statistik/Statistik-nach-Themen/Grundsicherung-fuer- Arbeitsuchende-SGBII/Grundsicherung-fuer-Arbeitsuchen de-SGBII-Nav.html). 3. Bei wie vielen Familien mit drei und mehr Kindern sind beide Elternteile berufstätig nach Kenntnis der Staatsregierung (bitte für die Elternteile jeweils aufgeschlüsselt nach Teilzeit, Vollzeit oder in Ausbildung bzw. Studium)? Nach den Erhebungen des Mikrozensus waren bei 101.000 Familien mit drei und mehr Kindern (davon 55.000 Familien mit minderjährigen Kindern) in Bayern im Jahr 2016 beide Elternteile aktiv erwerbstätig. In 17.000 dieser Familien (davon 7.000 mit minderjährigen Kindern) arbeiteten beide Elternteile in Vollzeit, während in 80.000 dieser Familien (davon 42.000 mit minderjährigen Kindern) ein Elternteil in Vollzeit und das andere EIternteil in Teilzeit erwerbstätig war (Quelle: Landesamt für Statistik, Ergebnisse des Mikrozensus 2016 – Bevölkerung in Familien/Lebensformen am Hauptwohnsitz). Fallzahlen zu den in einer Ausbildung oder einem Studium befindliche Elternteilen liegen der Staatsregierung nicht vor. 4.1 Welche Kenntnisse hat die Staatsregierung über den höchsten Bildungsabschluss kinderreicher Familien (bitte aufgeschlüsselt nach Elternteilen)? Hierzu liegen der Staatsregierung für Bayern keine Zahlen vor. 4.2 Welche Erkenntnisse liegen der Staatsregierung über den Schulerfolg von Schülerinnen und Schülern aus kinderreichen Familien vor? Der Staatsregierung liegen aufgrund der Anonymisierung der Amtlichen Schuldaten keine Daten über den Schulerfolg von Schülerinnen und Schülern aus kinderreichen Familien vor. Auch aus Schulleistungsstudien kann kein Datenmaterial zur Beantwortung dieser Frage herangezogen werden: Die mit den Schulleistungstests verbundenen Fragebögen für Schüler und Eltern enthalten zur Kinderzahl in den Familien keine Fragen. 4.3 Welche Hilfsinstrumente zur Unterstützung des Schulalltags werden kinderreichen Familien gewährt ? – Schülerinnen und Schüler bis zur Jahrgangsstufe 10 haben einen Anspruch auf die notwendige Schülerbeförderung zur nächstgelegenen Schule (Art. 3 Abs. 4 des Bayerischen Schulfinanzierungsgesetzes – BaySchFG, Art. 1 Abs. 1 des Schulwegkostenfreiheitsgesetzes – SchKfrG i. V. m. § 1, 2 der Schülerbeförderungsverordnung – SchBefV). Für Schülerinnen und Schüler weiterführender Schulen ab der Jahrgangsstufe 11 besteht nach Art. 3 Abs. 2 SchKfrG ein Anspruch auf die Erstattung der notwendigen Schülerbeförderungskosten zur nächstgelegenen Schule, die eine Eigenbeteiligung von 440 Euro pro Familie und Schuljahr übersteigen. Familien mit Kindergeldanspruch für drei oder mehr Kinder sowie einkommensschwache Familien müssen diese Eigenbeteiligung nicht erbringen (Art. 3 Abs. 2 Satz 6 und 7 SchKfrG). Sie erhalten auf Antrag die notwendigen Fahrtkosten in vollem Umfang erstattet. – An öffentlichen Schulen wird Lernmittelfreiheit für Schulbücher gewährt (Art. 21 BaySchFG). Atlanten für den Erdkundeunterricht und Formelsammlungen für den Physik- und Mathematikunterricht sind aber neben den übrigen Lernmitteln von den Schülerinnen und Schülern bzw. ihren Eltern selbst zu beschaffen. Von der Pflicht, die Atlanten für den Erdkundeunterricht und Formelsammlungen für den Mathematik- und Physikunterricht zu beschaffen, sind die nach Bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtigen , die für drei oder mehr Kinder Kindergeld nach dem Bundeskindergeldgesetz oder vergleichbare Leistungen erhalten, auf Antrag ab dem dritten Kind befreit (Art. 21 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 BaySchFG). – Im Übrigen können von allen Familien, die Leistungen nach dem SGB II, dem Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII), Asylbewerberleistungsgesetz, Wohngeld oder Kinderzuschlag (§ 6b des Bundeskindergeldgesetzes – BKGG) beziehen, auch die Leistungen für Bildung und Teilhabe für ihre Kinder in Anspruch genommen werden. Mit Blick spezifisch auf schulische Bedarfe sind zu nennen : die Übernahme der Aufwendungen für Schulausflüge und Klassenfahrten, die Ausstattung mit persönlichem Schulbedarf, die Aufwendungen für Schülerbeförderung (soweit nicht schon vom Landesrecht erfasst), die Berücksichtigung ergänzender angemessener Lernförderung und die Mehraufwendungen der gemeinschaftlichen Mittagsverpflegung. 5. Welche Angebote durch Freistaat und Kommunen gibt es, um kinderreiche Familien bei ihrem Erziehungsauftrag zu unterstützen? Im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe stehen die flächendeckenden Angebote der Ehe- und Familienberatungsstellen , Erziehungsberatungsstellen, Schreibabyberatung und Schwangerenberatungsstellen wie allen Familien ebenso auch kinderreichen Familien zur Verfügung. Alle Familien werden darüber hinaus z. B. mit der aktuellen Kampagne „Stark durch Erziehung“ unterstützt, die Familienstützpunkte sind Anlaufstellen für Informationen, Angebote vor Ort und erfüllen eine Lotsenfunktion. Für Familien in belastenden Lebenslagen bieten die Koordinierenden Kinderschutzstellen gezielte Hilfeleistungen an. Die öffentlich geförderten Kinderbetreuungsangebote bieten unmittelbare Entlastung bei der Betreuung und Erziehung; falls Elternbeiträge gerade auch bei kinderreichen Familien den Eltern unzumutbar sind, kann gem. § 90 Sozialgesetzbuch (SGB) Achtes Buch (VIII) der Elternbeitrag im Rahmen der wirtschaftlichen Jugendhilfe übernommen werden. Im schulischen Kontext stehen Kindern aus kinderreichen Familien – wie auch Kindern aus Ein- oder Zweikindfamilien – verschiedene Möglichkeiten der Schulkindbetreuung zur Verfügung (z. B. Hort). Auch schulische Ganztagesangebote stehen selbstverständlich Kindern aus kinderreichen Familien offen. Bei der Durchführung der Ganztagsangebote gelten für Kinder aus kinderreichen Familien jedoch keine besonderen Regelungen. Drucksache 17/19204 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 5 In ihrem Erziehungsauftrag unterstützt werden bayerische Eltern zudem durch Angebote im Bereich der schulischen Wertebildung, die sich an alle Kinder und Jugendlichen wendet. Finanzielle Leistungen schaffen Gestaltungsspielräume und Zeit für Familie. Eltern werden somit bei ihrem Erziehungsauftrag durch Familienleistungen wie insbesondere das Elterngeld, in Bayern zusätzlich durch das Bayerische Landeserziehungsgeld und das Bayerische Betreuungsgeld, unterstützt (vgl. zudem die Antwort zu Frage 7.3 sowie in der Schriftlichen Anfrage „Lebensrealitäten von kinderreichen Familien in Bayern – Teil II“ die Antwort zu Frage 4). 6.1 Wie viele Kinder mit zwei und mehr Geschwisterkindern besuchen eine Kindertagesbetreuung in Bayern (bitte in absoluten und relativen Zahlen)? 6.2 Wie häufig besuchen Drittgeborene eine Kindertageseinrichtung ? Zu Fragen 6.1 und 6.2 liegen der Staatsregierung keine Angaben vor. 6.3 Wie gestalten Städte und Gemeinden in Bayern Vergünstigungen der Elternbeiträge kinderreicher Familien für den Besuch einer Kindertagesbetreuung ? Die Beitragsgestaltung obliegt im Rahmen des kommunalen Selbstverwaltungsrechts bzw. der Trägerautonomie den Kommunen bzw. den Trägern. Der Landesgesetzgeber regelt lediglich, dass die Elternbeiträge entsprechend den Buchungszeiten stundenweise zu staffeln sind. Soziale Staffelungen wie z. B. Geschwisterermäßigungen sind selbstverständlich möglich. Dies wird auch oft so gestaltet. Ob Gemeinden oder Träger Vergünstigungen bei den Beiträgen gewähren und in welcher Form diese ausgestaltet sind, liegt in der Verantwortung der Kommunen und Träger. Im Falle von Vergünstigungen werden diese sehr häufig im Wege prozentualer Abschläge für Geschwisterkinder realisiert , wobei es Unterschiede gibt, ob die Vergünstigung bereits beim ersten Geschwisterkind gewährt wird. Die Staatsregierung verfügt über kein statistisches Datenmaterial, das eine umfassende und abschließende Übersicht darüber gibt, welche Gemeinden Vergünstigungen bei den Beiträgen und in welcher Form gewähren. 7.1 Wie häufig wird das Bildungs- und Teilhabepaket für welche Zwecke in Bayern verwendet? Leistungen für Bildung und Teilhabe (BuT) können nicht nur in der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem SGB II, sondern auch nach BKGG für Familien, die Wohngeld und/ oder Kinderzuschlag beziehen, Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) und in der Sozialhilfe nach dem SGB XII gewährt werden. Die nachfolgenden Daten stammen aus der Statistik der BA zum Rechtskreis SGB II, aus der exemplarisch zu allen Leistungszwecken Daten zu entnehmen sind und die auch den typischen Leistungsfall repräsentieren. Im Mai 2017 (aktuellste verfügbare Zahlen) erhielten in Bayern 43.196 Leistungsberechtigte nach dem SGB II im Alter von unter 25 Jahren mindestens eine BuT-Leistungsart . Verschiedene Leistungsarten können aber von einem Berechtigten parallel bezogen werden. Die nachfolgende Tabelle zeigt die Zahl der Leistungsberechtigten nach dem SGB II je Leistungsart: Tabelle zu Frage 7.1 Rechtskreis* Leistungsart eintägige (Schul-) Ausflüge Leistungsart mehrtägige Klassenfahrten Leistungsart Schülerbeförderung Leistungsart Schulbedarf Aug. 2016 Leistungsart Lernförderung Leistungsart Mittagsverpflegung Leistungsart Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben SGB II 2.456 3.495 61 73.255 1.917 33.348 18.251 Quelle: BA-Statistik „Bildung und Teilhabe (Monatszahlen)“, Mai 2017 (Schulbedarf: August 2016 mit Blick auf die lediglich zwei festen Auszahlungszeitpunkte dieser Leistung pro Jahr; daher bei Zahlen für Mai eine deutlich geringere Zahl von Leistungsberechtigten); Hinweis: Vor einer Veröffentlichung werden unplausible Daten herausgerechnet, sodass die Werte tendenziell zu niedrig (= untererfasst) sind. Für die übrigen Leistungsbereiche stehen keine zeitlich gleichlaufenden Tabellen für alle Leistungszwecke zur Verfügung . Für den Bereich des SGB XII können Daten der öffentlichen Statistik beim Statistischen Bundesamt abgerufen werden : https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/Gesellschaft Staat/Soziales/Sozialleistungen/Sozialhilfe/Hilfezum Lebensunterhalt/Tabellen/12_BuT_Q2_EmpfInsgLeistg durchschnBedarf.html. Für den Leistungsbereich des AsylbLG können Daten ebenfalls in der öffentlichen Bundesstatistik eingesehen werden, https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thema tisch/Soziales/Asylbewerberleistungen/LeistungenBildung Teilhabe2130710173224.pdf?__blob=publicationFile. Für den Bereich BKGG liegen keine Daten vor. 7.2 Inwieweit wird bei Unterstützungsangeboten über das Bildungs- und Teilhabepaket zwischen Kindern aus kinderreichen Familien differenziert? Bei den BuT-Leistungen wird nicht zwischen Kindern aus kinderreichen Familien und sonstigen Familien differenziert. 7.3 Welche zusätzlichen Programme des Freistaates Bayern gibt es? Bayerisches Landeserziehungsgeld Bayern unterstützt seit dem Jahr 1989 Familien mit einem eigenen einkommensabhängigen Bayerischen Landeserziehungsgeld im unmittelbaren Anschluss an das Bundeselterngeld . Mit dem Landeserziehungsgeld, das insbesondere auch Alleinerziehenden und kinderreichen Familien zugu- Seite 6 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/19204 tekommt, konnte der Freistaat Bayern Familien mit bisher über 3,1 Mrd. Euro (1989 bis September 2017) unterstützen. Die Leistung ist mit Blick auf Leistungsdauer und Leistungshöhe nach Kinderzahl gestaffelt, Mehrkindfamilien werden daher besonders unterstützt. Durch die Erhöhung der Einkommensgrenzen für Kinder, die ab 01.01.2017 geboren sind, werden noch mehr Familien als bisher von dieser eigenständigen Landesleistung profitieren. Aus den Vollzugsdaten des Zentrums Bayern Familie und Soziales (für Geburten ab 01.04.2008) ergibt sich, dass von den Familien mit drei und mehr Kindern, die Landeserziehungsgeld beziehen, knapp 90 Prozent die volle Leistung von 300 Euro monatlich erhalten. Bayerisches Betreuungsgeld Mit der Leistung bietet der Freistaat Bayern Familien nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts nun auf Landesebene weiterhin eine verlässliche und planbare Unterstützung an. Neben der immensen Förderung der Kinderbetreuungsangebote werden so auch diejenigen Eltern unterstützt, die die Betreuung ihrer Kleinkinder selbst übernehmen oder privat organisieren. Hiervon profitieren auch Mehrkindfamilien. Staatliche Förderung der Familienerholung in Familienferienstätten und von Angeboten der Eltern- und Familienbildung an Wochenenden Das Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration (StMAS) unterstützt bereits seit vielen Jahren Familien, die sich sonst keinen Urlaub leisten könnten, durch individuelle Zuschüsse. Gefördert werden grundsätzlich Familienurlaube in anerkannten Familienferienstätten in Bayern. In den Ferienzeiten werden Familienurlaube in anerkannten Familienferienstätten sogar bundesweit unterstützt . Gefördert werden auch Angebote der Eltern- und Familienbildung (i. S. d. § 16 SGB VIII – Stärkung elterlicher Erziehungskompetenzen ), die als Wochenendseminar ausgestaltet sind. Im Jahr 2016 konnten mit diesen Zuschüssen über 300 Familien unterstützt werden Staatliche Förderung des Kolping-Familienferienwerks Landesverband Bayern e. V. (Kolping) für die Betreuung von Groß- und Mehrlingsfamilien Bereits seit vielen Jahren erhält Kolping eine staatliche Förderung für die Betreuung von Groß- und Mehrlingsfamilien. Im Rahmen dieser Förderung wird erstmalig im Jahr 2017 die Durchführung des Projekts „Museumspädagogische Angebote für kinderreiche Familien“ unterstützt. Mit dem Projekt sollen kinderreiche Familien (Familien mit fünf und mehr Kindern bzw. Mehrlingsfamilien mit Drillingen oder höhergraden Mehrlingen) die Möglichkeit erhalten, an museumspädagogischen Führungen teilzunehmen. Die Angebote werden vom Museumspädagogischen Zentrum (MPZ) München in Kooperation mit dem Verband kinderreicher Familien e. V. – Landesverband Bayern und Kolping entwickelt, beworben und durchgeführt. „Landesstiftung Hilfe für Mutter und Kind“ Im Mittelpunkt der Förderung des Stiftungszwecks Familie in Not stehen insbesondere kinderreiche Familien (Familien mit drei oder mehr minderjährigen Kindern) und alleinerziehende Elternteile mit mindestens einem Kind. Sie können Unterstützung erhalten, wenn sie sich in einer unverschuldeten Notlage befinden und nicht in der Lage sind, diese aus eigenen Kräften zu meistern. Die Hilfe muss nachrangig sein, das heißt, es bestehen keine anderen gesetzlichen Ansprüche.