Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Isabell Zacharias SPD vom 06.11.2017 Studienfach Kommunikationswissenschaft an der Universität Bamberg Die Zulassungsbeschränkung für den Studiengang wurde in diesem Semester vom Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst gestrichen, Grund sei eine zu geringe Auslastung. Die Anzahl der Erstsemester hat sich nun ver-3,6-facht, da es in Deutschland keinen vergleichbaren Studiengang in Kommunikationswissenschaft/ Medienwissenschaft ohne Numerus clausus (NC) gibt. Das Ergebnis sind überfüllte Seminare und Vorlesungen. Deshalb frage ich die Staatsregierung: 1. Warum wurde der NC kassiert, obwohl absehbar ist, dass die Infrastruktur der Universität Bamberg für den zu erwartenden Ansturm nicht ausreicht? 2. Warum erhält die Universität Bamberg nicht mehr Mittel zur Verfügung, ihre Strukturen auszubauen (schließlich wächst die Universität stetig an)? 3. Aus welchen Gründen setzt das Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst nach wie vor auf das NC-Verfahren? Antwort des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 24.11.2017 1. Warum wurde der NC kassiert, obwohl absehbar ist, dass die Infrastruktur der Universität Bamberg für den zu erwartenden Ansturm nicht ausreicht? Nach Art. 3 Abs. 1 und 5 des Gesetzes über die Hochschulzulassung in Bayern können die Hochschulen im Einvernehmen mit dem Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst (StMBW) durch Satzung Zulassungszahlen festsetzen, wenn zu erwarten ist, dass die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber die Zahl der zur Verfügung stehenden Studienplätze übersteigt. Mit Blick auf das in Art. 12 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland verbürgte Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen, kommen Zulassungsbeschränkungen bei Studiengängen nur als Ultima Ratio in Betracht . Das Staatsministerium überprüft daher vor Erteilung seines Einvernehmens zu einer beantragten Zulassungsbeschränkung , ob aufgrund der Erkenntnisse der Vorjahre eine solche Zulassungsbeschränkung gerechtfertigt erscheint. Als Grundlage für die Entscheidung des StMBW dient die Auslastungsquote des Studiengangs, die sich aus dem Quotienten der Zahl der Immatrikulierten im 1. Fachsemester („Studienanfängerinnen und -anfänger“) und der Aufnahmekapazität des Studiengangs ergibt. Bei einer Auslastungsquote von über 90 Prozent wird das Einvernehmen in Aussicht gestellt, bei einer Auslastung unter 80 Prozent wird die Verweigerung des Einvernehmens signalisiert . Bei einer Auslastung im Bereich von 80 Prozent bis 90 Prozent wird das Einvernehmen in Aussicht gestellt, allerdings verbunden mit dem Hinweis, dass eine nochmalige Zulassungsbeschränkung im folgenden Jahr nicht mehr akzeptiert werden würde, wenn der Auslastungsgrad erneut unter 90 Prozent bleiben sollte. Im Falle des Studienfachs Kommunikationswissenschaft der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, das in acht Studiengangsvarianten angeboten wird (als Hauptfach im Zweioder Drei-Fach-Bachelor, als Nebenfach mit 30 ECTS oder 45 ECTS – jeweils als Vollzeit- oder Teilzeitstudium) stellte sich die Lage wie folgt dar: In den Zeiträumen 2013/2014 bis 2016/2017 gab es regelmäßig einzelne Studiengangsvarianten, deren Auslastung nicht nur unter den geforderten 80 Prozent, sondern teilweise auch unter 50 Prozent lagen. Aufgrund der fachlichen Nähe und Verzahnung der Studiengangsvarianten besteht aber seit Jahren Konsens zwischen der Universität und dem StMBW, dass man die Auslastung dieser acht Studiengänge als Ganzes betrachten muss. Die Auslastungsquoten beziehen sich damit jeweils auf die Summe der Immatrikulierten im 1. Fachsemester und der Aufnahmekapazität in den acht Studiengangsvarianten. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de–Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 21.03.2018 Drucksache 17/19221 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/19221 Das StMBW hat hier auf die Möglichkeit, die Zulassungsbeschränkung in nicht ausgelasteten Studiengängen aufzuheben , verzichtet, sofern die Universität im Gegenzug die dadurch freigebliebenen Studienplätze in den anderen Studiengangsvarianten vergibt. Mit diesem Entgegenkommen war allerdings die Forderung verbunden, dass das Ziel für die Gesamtauslastung nicht nur 90 Prozent wie bei einem einzelnen Studiengang ist, sondern durch die studiengangsübergreifende Berechnung hier 100 Prozent avisiert werden. Tatsächlich ergaben sich aber folgende Auslastungsgrade in den Wintersemestern: – 2013/2014: 96 Prozent – 2014/2015: 85 Prozent – 2015/2016: 92 Prozent – 2016/2017: 88 Prozent In den vergangenen Jahren lagen die Quoten der Kommunikationswissenschaft damit immer unter 100 Prozent Aufgrund dieses Befunds kam das StMBW im Rahmen seiner Prognoseentscheidung zu dem Ergebnis, dass eine erneute Zulassungsbeschränkung für den Zeitraum 2017/2018 nicht mehr zu rechtfertigen sei. 2. Warum erhält die Universität Bamberg nicht mehr Mittel zur Verfügung, ihre Strukturen auszubauen (schließlich wächst die Universität stetig an)? Die Universität hat in Zusammenhang mit der Ausbauplanung zur Bewältigung der steigenden Studierendenzahlen im Zeitraum ab 2008 bis 2013 Stellen und Mittel erhalten, um ihre Strukturen entsprechend auszubauen. Insgesamt hat die Universität aus den zugewiesenen Ausbaumitteln 100,6 Stellen samt Sachausstattung zusätzlich erhalten, mit denen sie die erforderlichen Kapazitäten schaffen konnte. Dabei oblag und obliegt es der Universitätsleitung, zu entscheiden , in welche Fachbereiche und Ausbaufelder die Ressourcen gegeben werden. Die Universitätsleitung hat auf Nachfrage des StMBW, wie sie das Studienfach Kommunikationswissenschaften vor Ort unterstützen möchte, Folgendes mitgeteilt: „Die Universitätsleitung hat zur Unterstützung der Fachgruppe bereits erste Gespräche geführt und steht für Folgegespräche zur Verfügung, um die Situation gemeinsam zu bewältigen. Im Einzelnen sind folgende Maßnahmen bereits umgesetzt bzw. geplant: Aufgrund der kurzfristig entstandenen Raumnot wurde für die Einführungsveranstaltung der Erstsemester (‚Das Mediensystem in der Bundesrepublik Deutschland‘) die Aula zur Verfügung gestellt. Die Bestuhlung wird von den Mitarbeitern der Verwaltung auf- und abgebaut, um hier den jeweiligen Bedarfsträgern gerecht zu werden. Durch diese Maßnahme konnte bereits eine große Entzerrung erreicht werden. Darüber hinaus hat sich die Universitätsleitung bereit erklärt , die technischen Voraussetzungen zu schaffen, damit eine Vorlesung auf dem ERBA-Gelände per Livestream aus dem großen in den daneben liegenden kleineren Hörsaal übertragen werden kann; hierdurch ist es dann für ca. 380 Teilnehmerinnen und Teilnehmer möglich, gleichzeitig die Vorlesung zu verfolgen. Auch wird im Rahmen der Möglichkeiten durch die Universitätsleitung veranlasst, dass zusätzliche Lehrauftragsmittel zur Verfügung gestellt werden, um weitere Lehraufträge zu erteilen. Für die folgenden Semester wird die Universitätsleitung überprüfen, ob aus den Fächern , die ihre Ausbauzahlen nicht oder nicht vollständig erfüllen , eine Stellenumschichtung zugunsten der Fachgruppe Kommunikationswissenschaft erfolgen sollte.“ Das StMBW geht davon aus, dass mit diesen Maßnahmen die schwierige Situation behoben werden kann. 3. Aus welchen Gründen setzt das Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst nach wie vor auf das NC-Verfahren? Zulassungsbeschränkungen bewegen sich – wie das Bundesverfassungsgericht in der Vergangenheit wiederholt betont hat – am Rande des verfassungsrechtlich Hinnehmbaren . Gleichwohl hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Grundsatzentscheidung vom 18.07.1972 („erste Numerusclausus -Entscheidung“) auch festgestellt, dass Teilhaberechte unter dem Vorbehalt des Möglichen im Sinne dessen stehen, was der Einzelne vernünftigerweise von der Gesellschaft beanspruchen kann. Nach der Auffassung des Gerichts würde es im Bereich staatlicher Teilhabegewährung dem Gebot sozialer Gerechtigkeit, das sich im Gleichheitssatz konkretisiert, geradezu zuwiderlaufen, die nur begrenzt verfügbaren öffentlichen Mittel unter Vernachlässigung anderer wichtiger Gemeinschaftsbelange bevorzugt einem privilegierten Teil der Bevölkerung zugutekommen zu lassen. Da nicht jedem Hochschulzugangsberechtigten der gewünschte Studienplatz zur gewünschten Zeit an der gewünschten Hochschule zur Verfügung gestellt werden kann, kann auf Zulassungsbeschränkungen nicht verzichtet werden , um einen ordnungsgemäßen Studienbetrieb sicherzustellen . Das Ziel kann nur darin bestehen, von diesem Instrumentarium verantwortungsbewusst Gebrauch zu machen . Wie unter Nr. 1 ausgeführt, prüft das StMBW daher bei Hunderten von beantragten Zulassungsbeschränkungen in jedem Berechnungstermin, ob eine Zulassungsbeschränkung gerechtfertigt erscheint. Im Ergebnis hält sich der Anteil der Zulassungsbeschränkungen in Bayern auf diese Weise in Grenzen. Nach dem Bericht der Kultusministerkonferenz zum Zulassungsverfahren an den staatlichen Hochschulen im Wintersemester 2016/2017 vom 03.03.2017 waren bundesweit 37,9 Prozent der Bachelorstudiengänge an Universitäten zulassungsbeschränkt. An den bayerischen Universitäten waren nur 14,7 Prozent der Bachelorstudiengänge zulassungsbeschränkt.