Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Jutta Widmann FREIE WÄHLER vom 07.04.2014 Stellplatzrücklage Ich frage die Staatsregierung: 1. Wofür darf die Stellplatzrücklage vonseiten der Kommu- nen verwendet werden? 2. Darf eine Kommune Finanzmittel aus der Stellplatzrück- lage im Innenstadtbereich auch für Parkplätze im Außenbereich verwenden, und wenn ja, auf welcher rechtlichen Grundlage? 3. Wenn eine Kommune die Stellplatzrücklage in verschie- denen Bereichen mit unterschiedlich hohen Beträgen staffelt, dürfen die erzielten Einnahmen dann generell nur in den Zonen bzw. Bereichen verwendet werden, in denen sie auch erzielt wurden, oder dürfen die Einnahmen generell übergreifend verwendet werden? 4. Muss das Geld aus der Stellplatzrücklage vonseiten der Kommune innerhalb einer bestimmten Frist verwendet werden? 5. Unter welchen konkreten Gesichtspunkten muss eine Kommune Gelder aus der Stellplatzrücklage zurückzahlen ? 6. Sind der Staatsregierung bereits gerichtliche Entschei- dungen bzw. eine Rechtsprechung bekannt, in der es um die Rückzahlung bzw. unrechtmäßige Verwendung von Stellplatzrücklagen geht, und wenn ja, welche Argumentationslinie vertritt das Gericht? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 12.05.2014 Vorbemerkung: Die Schriftliche Anfrage nimmt in ihrem Betreff und in allen sechs Fragen auf den Begriff „Stellplatzrücklage“ Bezug. Diesen Begriff kennt die Bayerische Bauordnung nicht. Die Beantwortung der Anfrage verwendet den gesetzlichen Begriff „Stellplatzablöse“. Als „Stellplatzrücklage“ wird häufig der Betrag bezeichnet, den eine Gemeinde durch Stellplatzablösezahlungen erzielt, aber noch nicht entsprechend der gesetzlichen Zweckbindung ausgegeben hat. 1. Wofür darf die Stellplatzrücklage vonseiten der Kommunen verwendet werden? Art. 47 Abs. 4 Bayerische Bauordnung (BayBO) legt fest, für welchen Zweck die Gemeinde Geldbeträge zu verwenden hat, die sie für die Ablösung notwendiger Stellplätze erhalten hat. Danach dürfen die Gemeinden den Geldbetrag verwenden für – die Herstellung zusätzlicher oder die Instandhaltung, die Instandsetzung oder die Modernisierung bestehender Parkeinrichtungen (Art. 47 Abs. 4 Nr. 1 BayBO) oder – sonstige Maßnahmen zur Entlastung der Straßen vom ru- henden Verkehr einschl. investiver Maßnahmen des öffentlichen Personennahverkehrs (Art. 47 Abs. 4 Nr. 2 BayBO). 2. Darf eine Kommune Finanzmittel aus der Stellplatzrücklage im Innenstadtbereich auch für Parkplätze im Außenbereich verwenden, und wenn ja, auf welcher rechtlichen Grundlage? Die in der Fragestellung genannten Parkplätze unterfallen dem vom Gesetz verwendeten Begriff der „Parkeinrichtung “. Parkeinrichtungen sind insbesondere Stellplätze und Garagen, auch in der Form von Gemeinschafts- und Sammelgaragen , Parkplätzen, Parkhäusern, Parkstreifen, Parkbuchten und Park-and-Ride-Anlagen. Die aus der Stellplatzablöse erzielten Gelder können sowohl für die Herstellung als auch für die Instandhaltung von Parkplätzen verwendet werden. Voraussetzung für die Herstellung von Parkplätzen ist allerdings, dass die Parkplätze an dem dafür von der Gemeinde ausgewählten Standort rechtlich zulässig sind. Bei Parkplätzen handelt es sich um Vorhaben i. S. v. § 29 Abs. 1 Baugesetzbuch (BauGB), sodass sich deren Zulässigkeit nach den §§ 30 – 35 BauGB richtet. In aller Regel werden Parkplätze im Außenbereich als sonstige Vorhaben einzustufen sein, die nur zulässig sind, wenn sie keine öffentlichen Belange beeinträchtigen. Das Gesetz verlangt ausdrücklich nicht, dass der Einsatz, der mit der Stellplatzablöse erzielten Einnahmen für Maßnahmen erfolgen muss, die in einem räumlichen Zusammenhang mit dem Vorhaben stehen, für das die Stellplatzablöse bezahlt worden ist. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 13.06.2014 17/1942 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/1942 3. Wenn eine Kommune die Stellplatzrücklage in verschiedenen Bereichen mit unterschiedlich hohen Beträgen staffelt, dürfen die erzielten Einnahmen dann generell nur in den Zonen bzw. Bereichen verwendet werden, in denen sie auch erzielt wurden, oder dürfen die Einnahmen generell übergreifend verwendet werden? Die gesetzliche Regelung schreibt keinen räumlichen Zusammenhang zwischen den Vorhaben vor, bei denen die Stellplätze abgelöst worden sind, und der Maßnahme, für die Einnahmen aus der Stellplatzablöse verwendet werden. Die Maßnahmen zur Verwendung der Stellplatzablöse nach Art. 47 Abs. 4 BayBO müssen aber im Regelfall innerhalb des Gemeindegebietes derjenigen Gemeinde liegen, in der die Stellplatzablöse bezahlt worden ist. 4. Muss das Geld aus der Stellplatzrücklage vonseiten der Kommune innerhalb einer bestimmten Frist verwendet werden? Die gesetzliche Regelung enthält keine Frist. Das bedeutet , dass der Gemeinde zur Verwendung der Stellplatzablöse ein angemessener Zeitraum zur Verfügung steht, der je nach Umständen des Einzelfalls – hierzu zählen insbesondere örtliche Gegebenheiten (Probleme bei der Planung der Maßnahme, Probleme bei der Durchführung der Maßnahme u. a.) – nach der verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung auch zehn und mehr Jahre umfassen kann. 5. Unter welchen konkreten Gesichtspunkten muss eine Kommune Gelder aus der Stellplatzrücklage zurückzahlen ? Der Stellplatzablösebetrag ist eine rechtlich zulässige Sonderabgabe ohne Finanzierungsfunktion. Das bedeutet, dass die Einnahmen aus der Stellplatzablöse nur entsprechend dem Zweck des Art. 47 Abs. 4 BayBO verwendet werden dürfen. Grundlage für die Erhebung dieser Sonderabgabe ist nach Art. 47 Abs. 3 BayBO der zwischen dem Bauherrn und der Gemeinde geschlossene Ablösevertrag. Eine Pflicht der Gemeinde zur Rückzahlung von Ablösebeträgen kann im Einzelfall auf Rechtsgrundlage eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs oder eines Anpassungsanspruchs nach Art. 60 Abs. 1 Satz 1 Bayer. Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) in Betracht kommen. Die Frage nach einer vollständigen Rückerstattung bezahlter Ablösebeträge wird sich in aller Regel aber nur stellen, wenn das Bauvorhaben, das Gegenstand der Ablösevereinbarung ist, nicht genehmigt wird. Eine Anpassung des Ablösevertrages auf eine dann angemessene Summe wird in aller Regel dann in Betracht kommen, wenn der Bauherr das dem Stellplatzablösevertrag zugrunde liegende Bauvorhaben so ändert, dass eine davon abweichende Zahl von Stellplätzen erforderlich und damit ablösepflichtig wäre. 6. Sind der Staatsregierung bereits gerichtliche Entscheidungen bzw. eine Rechtsprechung bekannt, in der es um Rückzahlung bzw. unrechtmäßige Verwendung von Stellplatzrücklagen geht, und wenn ja, welche Argumentationslinie vertritt das Gericht? Entscheidungen von Verwaltungsgerichten, in denen es um Rückzahlung von aufgrund von Vereinbarungen nach Art. 47 Abs. 3 Nr. 3 BayBO gezahlten Ablösebeträgen geht, gibt es nach Kenntnis der Staatsregierung ebenso wenig wie verwaltungsgerichtliche Entscheidungen, die eine Rückzahlungsplicht wegen einer nicht den in Art. 47 Abs. 4 BayBO genannten Zwecken dienenden Verwendung zum Gegenstand haben. Das geltende Stellplatzrecht wurde durch das Gesetz zur Änderung der Bayerischen Bauordnung und Änderungsgesetz vom 24.07.2007 (GVBl. S. 499 – Inkrafttreten zum 01.01.2008) geschaffen. Zur vorhergehenden Rechtslage existieren vereinzelte verwaltungsgerichtliche Entscheidungen, die aber wegen der Änderung des Gesetzes nicht mehr aussagekräftig sind. Von einer Darstellung wird deshalb abgesehen.