Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ruth Waldmann SPD vom 10.10.2017 Heilmittelerbringer Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Wie viele Stellen in der ambulanten Physiotherapie sind momentan im Freistaat unbesetzt (bitte aufge schlüsselt nach Landkreisen und kreisfreien Städten)? b) Wie viele Physiotherapeutenstellen im stationären Be reich sind momentan im Freistaat unbesetzt (bitte auf geschlüsselt nach Landkreisen und kreisfreien Städ ten)? 2. a) Wie viele Stellen in der ambulanten Ergotherapie sind momentan im Freistaat unbesetzt (bitte aufgeschlüs selt nach Landkreisen und kreisfreien Städten)? b) Wie viele Ergotherapeutenstellen im stationären Be reich sind momentan im Freistaat unbesetzt (bitte auf geschlüsselt nach Landkreisen und kreisfreien Städ ten)? 3. a) Wie viele Stellen in der ambulanten Logopädie sind momentan im Freistaat unbesetzt (bitte aufgeschlüs selt nach Landkreisen und kreisfreien Städten)? b) Wie viele Logopädenstellen im stationären Bereich sind momentan im Freistaat unbesetzt (bitte aufge schlüsselt nach Landkreisen und kreisfreien Städten)? 4. Wann bzw. in welcher Form wird es in Bayern Modell projekte zur sogenannten Blankoverordnung geben? 5. Wann bzw. in welcher Form wird es im Freistaat Mo dellprojekte zum sogenannten Direktzugang der Pa tienten zu Heilmittelerbringern – also ohne vorherigen Arztkontakt und Verordnung – geben? 6. Wie lauten die wichtigsten Evaluationsergebnisse der bisherigen Modellprojekte im Hinblick auf die „Blanko verordnung“? 7. Wie lauten die wichtigsten Evaluationsergebnisse der bisherigen Modellprojekte im Hinblick auf den „Direkt zugang“? 8. Wie steht die Staatsregierung der „Blankoverordnung“ und dem „Direktzugang“ bei Heilmittelerbringern ge genüber – auch unter Berücksichtigung der Evaluation bereits durchgeführter oder laufender Modellprojekte? Antwort des Staatsministeriums für Gesundheit und Pflege vom 05.12.2017 1. a) Wie viele Stellen in der ambulanten Physiotherapie sind momentan im Freistaat unbesetzt (bitte aufgeschlüsselt nach Landkreisen und kreisfreien Städten )? b) Wie viele Physiotherapeutenstellen im stationären Bereich sind momentan im Freistaat unbesetzt (bitte aufgeschlüsselt nach Landkreisen und kreisfreien Städten)? 2. a) Wie viele Stellen in der ambulanten Ergotherapie sind momentan im Freistaat unbesetzt (bitte aufgeschlüsselt nach Landkreisen und kreisfreien Städten )? b) Wie viele Ergotherapeutenstellen im stationären Bereich sind momentan im Freistaat unbesetzt (bitte aufgeschlüsselt nach Landkreisen und kreisfreien Städten)? 3. a) Wie viele Stellen in der ambulanten Logopädie sind momentan im Freistaat unbesetzt (bitte aufgeschlüsselt nach Landkreisen und kreisfreien Städten)? b) Wie viele Logopädenstellen im stationären Bereich sind momentan im Freistaat unbesetzt (bitte aufgeschlüsselt nach Landkreisen und kreisfreien Städten )? Zu den Fragen 1 bis 3 liegen dem Staatsministerium für Gesundheit und Pflege (StMGP) keine Daten vor. In allge meiner Form kann mitgeteilt werden, dass der Heilmittelbe reich in der gesetzlichen Krankenversicherung anders als die vertragsärztliche Versorgung keiner Bedarfsplanung unterliegt. Soweit die gesetzlich und vertraglich normierten Voraussetzungen (erforderliche Ausbildung, Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung, Praxisausstattung, Aner kennung der geltenden Vereinbarungen) erfüllt sind, ist der Heilmittelerbringer zur Abgabe und Abrechnung der Heilmit tel zuzulassen. Unbesetzte Stellen werden nicht in öffentli chen Statistiken erfasst. Auch die Arbeitsgemeinschaft der Krankenkassenverbände in Bayern (ARGE) konnte diesbe züglich keine Auskunft geben. In der stationären Versorgung liegen dem StMGP eben falls keine Daten zur Anzahl unbesetzter Stellen für Physio therapeuten, Ergotherapeuten und Logopäden vor. Für die Krankenhausträger bestehen diesbezüglich keine Informa tionspflichten gegenüber staatlichen Behörden. Öffentlich verfügbare Daten zeigen, dass die Anzahl der mit einem direkten Beschäftigungsverhältnis in den Kran kenhäusern Bayerns tätigen Krankengymnasten und Physi otherapeuten im Zeitraum 2011 bis 2016 von 2.774 auf 3.147 anstieg. Dies entspricht einer Steigerung um 13,5 Prozent. Die Anzahl der mit direktem Beschäftigungsverhältnis in den Krankenhäusern Bayerns tätigen Beschäftigungs/ Arbeits und Ergotherapeuten stieg im Zeitraum 2011 bis 2016 von Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de – Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 05.04.2018 Drucksache 17/19582 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/19582 1.073 auf 1.264 an, was einer Steigerung um 17,8 Prozent entspricht. Und auch die Anzahl der mit direktem Beschäf tigungsverhältnis in den Krankenhäusern Bayerns tätigen Logopäden stieg im Zeitraum 2011 bis 2016 an von 296 auf 351. Dies entspricht einer Steigerung um 18,6 Prozent (Quelle: Statistische Berichte des Landesamtes für Statistik zu den Krankenhausstatistiken 2011 und 2016). Vorbemerkung zu den Fragen 4–8: Mit dem Gesetz zur Stärkung der Heil und Hilfsmittelversor gung (Heil und Hilfsmittelversorgungsgesetz – HHVG), das am 11.04.2017 in Kraft getreten ist, wurden die Krankenkas sen verpflichtet, mit den Verbänden der Heilmittelerbringer in jedem Bundesland Verträge über Modellvorhaben zur sogenannten Blankoverordnung von Heilmitteln abzuschlie ßen (§ 64d Sozialgesetzbuch – SGB – Fünftes Buch – V). Weitergehende Forderungen nach Schaffung gesetzlicher Rahmenbedingungen zur modellhaften Erprobung des Di rektzugangs für die Heilmittelerbringer (Physiotherapeuten, Ergotherapeuten und Logopäden) lehnte die Bundesregie rung ab. Nach Auffassung der Bundesregierung ist die vor gesehene Erprobung der „Blankoverordnung“ ein wichtiger Schritt zur direkteren Beteiligung der Heilmittelerbringer an der Versorgungsverantwortung. Weitergehende Schrit te ohne Erkenntnisse aus den geplanten Modellvorhaben seien aber nicht angezeigt, zumal die derzeitige Ausbildung der Heilmittelerbringer sie nicht in gleicher Weise wie einen Arzt zu einer umfassenden Diagnostik und Festlegung des Behandlungsverlaufs befähige. Um diese auch für die Pa tientensicherheit unverzichtbaren Kenntnisse zu erlangen, wären erhebliche Veränderungen in der Ausbildung erfor derlich. 4. Wann bzw. in welcher Form wird es in Bayern Modellprojekte zur sogenannten Blankoverordnung geben? Die ARGE teilte hierzu mit, dass aufgrund des befristeten Wegfalls der Grundlohnsummenkoppelung für die Jahre 2017 bis 2019 (Anm.: Regelung ebenfalls im HHVG) bislang die Vergütungsverhandlungen für die jeweiligen Berufsver bände im Vordergrund standen. Vor diesem Hintergrund habe bislang nur im Bereich der Podologie ein erster Ge dankenaustausch zu einem Modellvorhaben „Blankoverord nungen“ stattgefunden. Ein Gespräch im Bereich der physi kalischen Therapie werde folgen. 5. Wann bzw. in welcher Form wird es im Freistaat Modellprojekte zum sogenannten Direktzugang der Patienten zu Heilmittelerbringern – also ohne vorherigen Arztkontakt und Verordnung – geben? Modellvorhaben zur Erprobung des Direktzuganges der Patienten zu den Heilmittelerbringern sind im SGB V nicht vorgesehen und wären daher krankenversicherungsrecht lich nicht zulässig. Aufgrund der Gegenäußerung der Bun desregierung (vgl. Vorbemerkung) ist eine dahin gehende Rechtsänderung auch absehbar nicht zu erwarten. 6. Wie lauten die wichtigsten Evaluationsergebnisse der bisherigen Modellprojekte im Hinblick auf die „Blankoverordnung“? Zwei Modellvorhaben zur Erprobung der „Blankoverord nung“ sind bisher auf der gesetzlichen Grundlage des § 63 Abs. 3b SGB V im Bereich der Physiotherapie durchgeführt worden. Die BIG direkt gesund hat in Zusammenarbeit mit dem Bundesverband selbstständiger Physiotherapeuten (IFK) e. V. ein Modellvorhaben in den Regionen Westfalen Lippe und Berlin durchgeführt. Die wissenschaftlichen Er gebnisse werden im ersten Quartal 2018 erwartet. Ein wei teres Modellvorhaben wurde von der Innungskrankenkasse (IKK) Brandenburg und Berlin in Zusammenarbeit mit dem Verband Physikalische Therapie (VPT) e. V. durchgeführt. Dessen Ergebnis ist dem StMGP nicht bekannt. 7. Wie lauten die wichtigsten Evaluationsergebnisse der bisherigen Modellprojekte im Hinblick auf den „Direktzugang“? Der Direktzugang wurde bisher nicht erprobt. Dementspre chend liegen dazu auch keine Evaluationsergebnisse vor. 8. Wie steht die Staatsregierung der „Blankoverordnung “ und dem „Direktzugang“ bei Heilmittelerbringern gegenüber – auch unter Berücksichtigung der Evaluation bereits durchgeführter oder laufender Modellprojekte? Die Erprobung der „Blankoverordnung“ ist ein wichtiger Schritt, die Heilmittelerbringer direkter an der Versorgungs verantwortung zu beteiligen. Die Erkenntnisse aus den ge planten Modellvorhaben zur „Blankoverordnung“ sollten zu nächst abgewartet werden, bevor dann in einem weiteren Schritt über die Erprobung des Direktzuganges entschieden wird. Daraus kann sich auch das Erfordernis der Weiterqua lifikation geeigneter Heilmittelerbringer ergeben. Weiter wä ren im Rahmen einer Novellierung der Berufsgesetze auch die berufsrechtlichen Voraussetzungen dafür zu schaffen. Denn berufsrechtlich ist eine Substitution ärztlicher Leis tungen durch Angehörige der Gesundheitsfachberufe der zeit nicht möglich, da diese keine Befugnis zur selbststän digen und eigenverantwortlichen Ausübung von Heilkunde besitzen. Dies ist ausschließlich Ärzten und Heilpraktikern vorbehalten. Grundsätzlich sollte aber gewährleistet sein, dass auch künftig die Diagnosestellung und Therapieent scheidung den Ärztinnen und Ärzten obliegt.