Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katharina Schulze BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 29.08.2017 Rassistisches Motiv des OEZ-Attentäters Aufgrund neuer Erkenntnisse über die Hintergründe des Attentats rund um das Münchener Olympia-Einkaufszentrum (OEZ) am 22.07.2016, die nach Abschluss der polizeilichen Ermittlungen im März 2017 bekannt geworden sind, wirft die Bewertung der Tat durch die bayerischen Ermittlungsbehörden weiterhin eine Vielzahl an Fragen zum Motiv des Täters und zur Einordnung der Tat auf. In den Antworten der Staatsregierung auf diverse Schriftliche Anfragen zum Attentat am OEZ hat die Staatsregierung im Sommer 2017 zahlreiche Ermittlungsergebnisse mitgeteilt , die auf eine rassistische Motivation des Täters schließen lassen. So hinterließ David S. u. a. ein am 24.07.2015, ein Jahr vor der Tat, erstelltes „Manifest“, in dem von „ausländischen Untermenschen“ die Rede ist, „die er exekutieren werde“ (Drs. 17/17018). Am 22.07.2016, dem Tag der Tat, erstellte David S. eine Datei mit der Bezeichnung „Ich werde jetzt jeden Deutschen Türken auslöschen egal wer. docx“. Auch die Chatprotokolle, die auf einer Festplatte von David S. sichergestellt wurden, zeigen eindeutige Hinweise auf ein politisches bzw. rassistisches Motiv des OEZ-Attentäters (Der Spiegel 30/2017, 22.07.2017). Des Weiteren bestätigt die Staatsregierung, dass mehrere Aussagen vorliegen , wonach David S. den norwegischen rechtsextremen Attentäter Anders Breivik verehrte (Drs. 17/17018). Wie nun durch Presseberichte bekannt wurde, gibt es Videoaufnahmen von David S., die ihn bei Schießübungen im Keller seines Elternhauses zeigen. Auch diese Videoaufnahmen enthalten rassistische Äußerungen: „Ich ficke euch, ihr verdammten Deutsch-Türken, ihr Hunde, ihr Nichtsnutze. (...) Ihr habt mein Leben zerstört und diese Glock wird euer Leben auch zerstören, nämlich mit einem Kopfschuss. Ihr habt hier in Deutschland nichts zu suchen“ (Zeit Online v. 22.07.2017, http://www.zeit.de/politik/deutschland/2017-07/ amoklauf-von-muenchen-jahrestag/komplettansicht). Trotz der vielen deutlichen Hinweise auf eine rassistische Motivation des OEZ-Attentäters und ungeachtet der Tatsache, dass alle Todesopfer Migrationshintergrund hatten, kamen die Staatsanwaltschaft München I und das Landeskriminalamt in ihrem im März 2017 vorgestellten Abschlussbericht zu dem Schluss, es sei „nicht davon auszugehen , dass die Tat politisch motiviert war“. Hingegen sprach der Staatsminister des Innern, für Bau und Verkehr Joachim Herrmann während einer Pressekonferenz am 31.07.2017 von einer „ungewöhnlichen Mischung verschiedener Motive“, weshalb die Tat „nicht allein als politisch motiviert“ zu verbuchen sei (Fakt, 22.08.2017, 21:45 Uhr, ARD-Fernsehen). Auf die Frage nach der bislang unterbliebenen Einordnung der Tat als Politisch motivierte Kriminalität (PMK-rechts) antwortete Staatsminister Joachim Herrmann, er habe „kein Problem damit, wenn sie jemand so einstuft. Das muss jeder selbst entscheiden.“ Laut der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Bundestagsabgeordneten Martina Renner (DIE LINKE) ist das OEZ-Attentat „zum Stichtag 27.07.2017 dem Bundeskriminalamt (BKA) nicht als politisch motivierte Straftat gemeldet worden“. Die „Bewertungshoheit“ liege beim zuständigen Bundesland Bay ern (BT-Drs. 18/13255). Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung: 1.1 Ist die Äußerung von Staatsminister Joachim Herrmann während einer Pressekonferenz am 31.07.2017 im Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr (StMI), dass beim OEZ-Attentat von einer „ungewöhnlichen Mischung verschiedener Motive“ auszugehen und dass die Tat „nicht allein politisch motiviert“ gewesen sei, so zu verstehen, dass die Staatsregierung mittlerweile – neben anderen Motiven – ein politisches bzw. rassistisches Motiv hinter der Tat von David S. erkennt? 1.2 Falls ja, welche Konsequenzen hat diese Einschätzung für die Einordnung der Tat als Politisch motivierte Kriminalität – rechts (PMK-rechts) und für eine entsprechende Meldung an das Bundeskriminalamt? 1.3 Falls nein, wie ist die Aussage, dass von einer „ungewöhnlichen Mischung verschiedener Motive“ auszugehen sei und dass die Tat „nicht allein politisch motiviert“ gewesen sei, dann zu verstehen? 2.1 Wie bewertet die Staatsregierung die im Juli 2017 durch Presseberichte bekannt gewordenen Videoaufnahmen , die David S. beim Schießtraining im Keller seines Elternhauses zeigen? 2.2 Welche konkreten Äußerungen hat David S. auf diesen Aufnahmen gemacht (bitte detailliert Inhalt und Kontext der Äußerungen darstellen)? 2.3 Welche Rolle spielten bzw. spielen diese Äußerungen für die Einordnung der Tat, insbesondere hinsichtlich einer möglichen Einordnung des OEZ-Attentats im Phänomenbereich PMK-rechts? 3.1 Wie bewertet die Staatsregierung die weiteren bekannt gewordenen Äußerungen des OEZ- Attentäters, in denen u. a. von „ausländischen Untermenschen“ die Rede ist, „die er exekutieren werde“, hinsichtlich einer politischen bzw. rassistischen Motivation der Tat? 3.2 Welche konkreten Hinweise, die auf die Planung der Tat hindeuten, finden sich in der Datei „Mein Manifest. docx“ vom 24.07.2015 (bitte den Wortlaut des gesamten Manifests angeben)? 3.3 Wie bewertet die Staatsregierung den Namen einer Datei, die der OEZ-Attentäter am Tag der Tat erstellte Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de – Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 19.04.2018 Drucksache 17/19645 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/19645 („Ich werde jetzt jeden Deutschen Türken auslöschen egal wer.docx“) hinsichtlich einer politischen bzw. rassistischen Motivation der Tat? 4.1 Wie bewertet die Staatsregierung die auf einer Festplatte des OEZ-Attentäters sichergestellten Chatprotokolle – in denen er seine Abneigung „gegen den Asylantenstrom“ zum Ausdruck bringt, davon träumt, „mit nur einer Bombe sehr viele Drogen-Kanaken“ zu treffen, sich von seinen Taten erhofft, dass die AfD „in die Höhe gepusht“ werde, und in denen er einen „Amoklauf an Salafisten“ als „unvermeidlich“ beschreibt – hinsichtlich einer politischen bzw. rassistischen Motiva tion der Tat? 4.2 Welche weiteren Hinweise auf rassistische Bezüge bzw. Äußerungen des David S. wurden im Zuge der Ermittlungen – über die bereits in Form von (Presse-) Berichten oder Antworten auf Schriftliche Anfragen öffentlich gewordenen Äußerungen des OEZ-Attentäters hinaus – gefunden? 4.3 Welche Rolle spielte bei den Ermittlungen zur Tat von David S., ob er als rechtsextremistisch motivierter sogenannter einsamer Wolf gehandelt hat? 5.1 Setzt die Einordnung einer Straf- oder Gewalttat im Phänomenbereich PMK-rechts Bezüge des Täters zu anderen Rechtsextremisten voraus? 5.2 Welche Rolle spielen rassistische Bezüge eines Täters hinsichtlich der Entscheidung, ob eine Straf- oder Gewalttat als PMK-rechts eingeordnet wird? 5.3 Sollte das OEZ-Attentat bis heute von der Staatsregierung nicht als PMK-rechts eingeordnet worden sein, frage ich die Staatsregierung, welche Kriterien – über die zahlreichen bereits bekannt gewordenen Hinweise auf eine politische bzw. rassistische Motivation des OEZ-Attentäters hinaus – erfüllt sein müssten, um eine entsprechende Einordnung vorzunehmen? 6.1 Welche Festplatten, andere Datenträger und Dateien hat David S. gelöscht bzw. manipuliert (bitte detailliert – einschließlich des Zeitpunkts der Löschung – angeben )? 6.2 Woran genau machen die Ermittler fest, dass das Chatprotokoll des Täters mit „Bastian“ gefälscht ist (bitte detailliert – einschließlich des Zeitpunkts der Erstellung des Chatverlaufs mit „Bastian“ – angeben)? 6.3 Wie lassen sich die Löschungen und Manipulationen mit der Einordnung der Tat als „Amoklauf“ in Einklang bringen? 7.1 Wie definiert die Staatsregierung den Begriff „Amoklauf “? 7.2 Gingen die Ermittler anfänglich von einem Netzwerk an Tätern aus (bitte detailliert die Gründe für diese Annahme angeben und für die Nichtbekanntgabe dieser Annahme gegenüber der Öffentlichkeit)? 7.3 Aufgrund welcher Erkenntnisse gingen die Ermittler davon aus, dass David S. als Einzeltäter gehandelt hat (bitte Zeitpunkt dieser Ermittlungshypothese angeben )? 8.1 Inwiefern wurde angesichts der Tatsache, dass einige der Opfer Sinti und Roma waren, das Thema Antiziganismus als Tatmotiv in den Ermittlungen berücksichtigt (bitte detailliert angeben)? 8.2 Hat David S. auch außerhalb seines stationären Aufenthaltes in einer psychiatrischen Abteilung des Klinikums Harlaching im Jahre 2015 während der Therapiemaßnahmen rechtsradikale bzw. rassistische Äußerungen und Hinweise auf die Planung seines Attentates getätigt (bitte detailliert Zeitpunkt und Inhalt der Äußerungen angeben)? 8.3 Wurden diese Vorfälle der Polizei angezeigt? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Justiz vom 07.12.2017 Vorbemerkung: Die Staatsregierung hat gegenüber dem Landtag zu den im Nachgang zum Amoklauf vom 22.07.2016 durchgeführten Ermittlungen bereits mehrfach berichtet. Die Ergebnisse der Ermittlungen waren vonseiten der Sonderkommission (SOKO) OEZ des Landeskriminalamts (BLKA) stets in enger Abstimmung mit der sachleitenden Staatsanwaltschaft München I hinsichtlich einer möglicherweise im Raum stehenden politischen Tatmotivation durch verschiedene Experten einer Bewertung unterzogen worden . Hier waren neben den Ermittlern der SOKO OEZ auch Fachleute der Abteilung Kriminalpolizeilicher Staatsschutz des BLKA, der Operativen Fallanalyse (OFA) der Bayerischen Polizei sowie des Landesamts für Verfassungsschutz beteiligt. Alle eingebundenen Stellen kamen mit Stand des vorläufigen polizeilichen Schlussberichts (Datum: 21.12.2016) übereinstimmend zu dem Ergebnis, das gerade nicht eine politische Motivation, sondern „Rache“ für das erlittene jahrelange Mobbing zum Nachteil des Täters tatauslösend gewesen sein dürfte. Ungeachtet dessen hat das Staatsministerium des Innern , für Bau und Verkehr (StMI) am 03.11.2017 die Ermittlungsbehörden , namentlich das BLKA, beauftragt, die möglichen Tatmotive des David S. noch einmal einer genauen Betrachtung zu unterziehen. Dabei sind die Erkenntnisse aus dem Strafverfahren gegen den Waffenhändler, bei dem David S. die Tatwaffe erworben hat, sowie die drei im Auftrag der Landeshauptstadt München erstellten Gutachten mit einzubeziehen. Über das Ergebnis dieses Prüfauftrages an die Ermittlungsbehörden wird die Staatsregierung – nach Eingang der Antwort der beteiligten Ermittlungsbehörden – im Ausschuss für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport des Landtags wiederum berichten (vgl. auch Beschlussempfehlung des Ausschusses für Kommunale Fragen, Innere Sicherheit und Sport vom 08.11.2017 zu Drs. 17/18473). Die nachfolgende Beantwortung der gegenständlichen Schriftlichen Anfrage umfasst diesen Prüfauftrag nicht und bezieht sich auf die bisherige Bewertung der Motivlage des Täters David S. Drucksache 17/19645 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 1.1 Ist die Äußerung von Staatsminister Joachim Herrmann während einer Pressekonferenz am 31.07.2017 im Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr (StMI), dass beim OEZ-Attentat von einer „ungewöhnlichen Mischung verschiedener Motive“ auszugehen und dass die Tat „nicht allein politisch motiviert“ gewesen sei, so zu verstehen , dass die Staatsregierung mittlerweile – neben anderen Motiven – ein politisches bzw. rassistisches Motiv hinter der Tat von David S. erkennt? Die in der Frage angesprochene Äußerung von Herrn Staatsminister Herrmann wurde in der Sendung Fakt am 22.08.2017 wie folgt zitiert: „Innenminister Herrmann sieht auf einer Pressekonferenz eine ungewöhnliche Mischung verschiedener Motive, die Tat sei eben keine typische rechtsextremistische Tat und so müsse jeder selbst entscheiden, wie er das einordne.“ Wie bereits die Staatsanwaltschaft München I im Rahmen der Vorstellung des Abschlussberichtes am 17.03.2017 mitteilte , hatten wohl verschiedene Motive Einfluss auf die Tat des David S. Als Hauptmotiv und tatauslösend dürfte das an ihm durch Mitschüler ausgeübte Mobbing zwischen der 5. und 8. Jahrgangsstufe in der Schule anzusehen sein, welches seine krankheitsbedingt negativen Lebenseinstellungen verstärkt haben dürfte. Auf die Antworten zu den Fragen 2.1 und 2.2 sowie Frage 2.3 der Schriftlichen Anfrage der Abgeordneten Katharina Schulze (BÜNDNIS 90/ DIE GRÜNEN) vom 03.04.2017 (Drs. 17/17018) sowie zu der Frage 2 c) der Schriftlichen Anfrage des Abgeordneten Florian Ritter (SPD) vom 28.03.2017 (Drs. 17/17957) wird Bezug genommen. Aus Sicht von Staatsminister Herrmann ist ferner zu bedenken , dass David S. selbst Sohn von Flüchtlingen aus dem Iran ist und er auch vor diesem persönlichen Hintergrund keine allgemeinen ausländerfeindlichen Einstellungen hatte , sondern seine Aversionen sich gegen ethnische Gruppen richtete, von deren Angehörigen das Mobbing gegen ihn verübt worden war. 1.2 Falls ja, welche Konsequenzen hat diese Einschätzung für die Einordnung der Tat als Politisch motivierte Kriminalität – rechts (PMK-rechts) und für eine entsprechende Meldung an das Bundeskriminalamt ? 1.3 Falls nein, wie ist die Aussage, dass von einer „ungewöhnlichen Mischung verschiedener Motive“ auszugehen sei und dass die Tat „nicht allein politisch motiviert“ gewesen sei, dann zu verstehen? Die Tat wurde durch das BLKA unter Berücksichtigung des Definitionssystems „Politisch motivierte Kriminalität“ nicht als Politisch motivierte Kriminalität bewertet. Eine Meldung an das BKA erging daher nicht. Auf die Vorbemerkung wird verwiesen. 2.1 Wie bewertet die Staatsregierung die im Juli 2017 durch Presseberichte bekannt gewordenen Videoaufnahmen , die David S. beim Schießtraining im Keller seines Elternhauses zeigen? Die Videoaufnahmen, die David S. beim Schießtraining im Keller seines Elternhauses zeigen, sowie die dabei getätigten Äußerungen von David S. flossen in die bisherige Bewertung des Motivs mit ein. Das Landesamt für Verfassungsschutz und die OFA Bayern waren daran beteiligt. Auf die Antwort vom 15.05.2017 zu Frage 2.3 der Schriftlichen Anfrage der Abgeordneten Katharina Schulze (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN) vom 03.04.2017 (Drs. 17/17018) wird ergänzend verwiesen. 2.2 Welche konkreten Äußerungen hat David S. auf diesen Aufnahmen gemacht (bitte detailliert Inhalt und Kontext der Äußerungen darstellen)? Folgende Äußerungen machte David S. bei seinen Schießübungen im Keller: „Ich ficke euch, ihr verdammten Deutsch-Türken, ihr Hunde , ihr Nichtsnutze, ihr seid Stück Scheiße, ihr habt mein Leben zerstört und diese Glock wird euer Leben auch zerstören , nämlich mit einem Kopfschuss. Hirnstamm, Gehirnareale werden damit getroffen, zerfetzt, bombardiert und ich fick euch, ihr salafistischen Bastarde. Ihr habt hier in Deutschland nichts zu suchen, die AfD wird euch alle ausschalten .“ „Übung macht den Meister. Ich zerstör euch alle, ihr dummen Deutsch-Türken, Salafisten, ihr seid nichts! Ihr seid Kakerlaken , ihr seid hier hergekommen, um die Leute zu verunsichern . Ich verunsichere euch, ihr Hunde! Ihr seid nichts! Da kann ja auch ein Rapper kommen, da kann ja auch ein Millionär kommen, Kugel bleibt Kugel und Glock ist Glock!“ „In Glock we trust!“ 2.3 Welche Rolle spielten bzw. spielen diese Äußerungen für die Einordnung der Tat, insbesondere hinsichtlich einer möglichen Einordnung des OEZ- Attentats im Phänomenbereich PMK-rechts? Auf die Antwort zu Frage 2.1 wird verwiesen. 3.1 Wie bewertet die Staatsregierung die weiteren bekannt gewordenen Äußerungen des OEZ-Attentäters , in denen u. a. von „ausländischen Untermenschen “ die Rede ist, „die er exekutieren werde“, hinsichtlich einer politischen bzw. rassistischen Motivation der Tat? Diese genannten Äußerungen des David S. waren zum Zeitpunkt der Bewertung bekannt und flossen in die bisherige Bewertung des Motivs mit ein (vgl. Antwort zu Frage 2.1). 3.2 Welche konkreten Hinweise, die auf die Planung der Tat hindeuten, finden sich in der Datei „Mein Manifest.docx“ vom 24.07.2015 (bitte den Wortlaut des gesamten Manifests angeben)? In dem fast ein Jahr vor dem Tattag und kurz vor seinem (knapp zwei Monate andauernden) Klinikaufenthalt in Harlaching erstellten Manifest mit dem Titel „Die Rache an diejenigen die mich auf dem Gewissen haben“ ergibt sich einleitend ein sehr allgemein gehaltener Hinweis auf eine Tatplanung, in dem der spätere Attentäter ausführte, dass kein Tag mehr vergehe, ohne seinen „Plan der Rache an euch Moosacher zu richten“. Darüber hinaus wird im Zusammenhang mit einer ehemaligen Lehrkraft angemerkt, dass diese „selbstverständlich auch ein Teil der Verantwortung meiner Tat“ trage. An einer weiteren Stelle wird angemerkt, dass David S. die „Kakerlaken, Untermenschen, Menschen … Exekutieren werde“. Weitere, detailliertere Ausführungen betreffend eine konkrete Tatplanung sind dem Dokument hingegen nicht zu entnehmen. Das Dokument ist erkennbar Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/19645 auch unvollständig geblieben, nachdem das zwei Textseiten umfassende Dokument abrupt endet, obwohl im letzten Satz auf spätere Ausführungen verwiesen wird. Eine vollständige Wiedergabe des Manifests in dem zur Drucklegung bestimmten Antwortschreiben kommt aus Rechtsgründen nicht in Betracht. Es gilt zu berücksichtigen, dass sich David S. dieser Dokumente zu Lebzeiten nicht entäußert hat und sie erst im Rahmen der durchgeführten Ermittlungen gesichert wurden. Somit handelt es sich bei den beiden Dokumenten einerseits um Beweismittel und andererseits um einen Aktenbestandteil der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten. Die wortwörtliche Wiedergabe eines Aktenbestandteils käme im Falle einer Drucklegung einer Teilakteneinsicht der Allgemeinheit gleich und würde damit unberücksichtigt lassen, dass nach den Regeln der Strafprozessordnung (StPO) Dritten ausschließlich im Falle eines berechtigten Interesses im Einzelfall Akteneinsicht gewährt oder Auskunft aus den Akten erteilt werden darf (§ 475 StPO). Dem Informationsanspruch der Fragestellerin wird unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes (vgl. BayVerfGH vom 11.09.2014, BayVBl. 2015, 375ff. – dort Rn. 38 – und BayVerfGH vom 26.07.2006, VerfGHE 59, 144ff. – dort Rn. 309 –, jeweils zitiert nach juris.de) im vorliegenden Fall dadurch entsprochen , dass die weitergehenden Informationen in einem gesonderten Schreiben an die Fragestellerin übermittelt werden , verbunden mit der Bitte um vertrauliche Behandlung. 3.3 Wie bewertet die Staatsregierung den Namen einer Datei, die der OEZ-Attentäter am Tag der Tat erstellte („Ich werde jetzt jeden Deutschen Türken auslöschen egal wer.docx“) hinsichtlich einer politischen bzw. rassistischen Motivation der Tat? Das Dokument mit dem Titel: „Ich werde jetzt jeden Deutschen Türken auslöschen egal wer.docx“ floss in die bisherige Bewertung des Motivs ein. Bezüglich des Inhalts des Dokuments wird auf die Antwort zu Frage 3.2 der Schriftlichen Anfrage der Abgeordneten Katharina Schulze (BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN) vom 03.04.2017 (Drs. 17/17018) verwiesen . 4.1 Wie bewertet die Staatsregierung die auf einer Festplatte des OEZ-Attentäters sichergestellten Chatprotokolle – in denen er seine Abneigung „gegen den Asylantenstrom“ zum Ausdruck bringt, davon träumt, „mit nur einer Bombe sehr viele Drogen-Kanaken“ zu treffen, sich von seinen Taten erhofft, dass die AfD „in die Höhe gepusht“ werde, und in denen er einen „Amoklauf an Salafisten“ als „unvermeidlich“ beschreibt – hinsichtlich einer politischen bzw. rassistischen Motivation der Tat? Die in der Fragestellung zitierten Äußerungen des David S. flossen in die bisherige Bewertung des Motivs ein. 4.2 Welche weiteren Hinweise auf rassistische Bezüge bzw. Äußerungen des David S. wurden im Zuge der Ermittlungen – über die bereits in Form von (Presse-)Berichten oder Antworten auf Schriftliche Anfragen öffentlich gewordenen Äußerungen des OEZ-Attentäters hinaus – gefunden? Von David S. liegen dem BLKA zahlreiche schriftliche sowie verbale Äußerungen vor, die er mittels Chatprotokollen, SMS oder ähnlichen Medien tätigte. Nach Auskunft des BLKA wurden sämtliche Hinweise auf rassistische Bezüge bzw. Äußerungen des David S., die im Rahmen der Ermittlungen bekannt wurden, der Staatsanwaltschaft München I mit dem Abschlussbericht des BLKA in Aktenform übergeben . Die Teilfrage, welche weiteren Hinweise im Sinne der o. a. Frage bestehen, kann nicht beantwortet werden, da es weder beim BLKA noch bei der Staatsanwaltschaft München I eine Übersicht über öffentlich gewordene Äußerungen des David S. in Form von (Presse-)Berichten gibt. 4.3 Welche Rolle spielte bei den Ermittlungen zur Tat von David S., ob er als rechtsextremistisch motivierter sogenannter einsamer Wolf gehandelt hat? Die Ermittlungen der SOKO OEZ wurden umfassend und ergebnisoffen geführt. Dabei wurden auch möglicherweise rechtsextremistisch motivierte Aussagen und Handlungen des Täters mit einbezogen. Zur Bewertung der Motivlage wird auf die Antwort zu Frage 1.1 verwiesen. 5.1 Setzt die Einordnung einer Straf- oder Gewalttat im Phänomenbereich PMK-rechts Bezüge des Täters zu anderen Rechtsextremisten voraus? Eine Einordnung einer Straf- oder Gewalttat im Phänomenbereich „PMK-rechts“ setzt keine Bezüge des Täters zu anderen Rechtsextremisten voraus. 5.2 Welche Rolle spielen rassistische Bezüge eines Täters hinsichtlich der Entscheidung, ob eine Straf- oder Gewalttat als PMK-rechts eingeordnet wird? Eine Zuordnung zur „Politisch motivierten Kriminalität – rechts“ erfolgt, wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/oder Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen , dass sie nach verständiger Betrachtung einer „rechten“ Orientierung zuzurechnen ist. 5.3 Sollte das OEZ-Attentat bis heute von der Staatsregierung nicht als PMK-rechts eingeordnet worden sein, frage ich die Staatsregierung, welche Kriterien – über die zahlreichen bereits bekannt gewordenen Hinweise auf eine politische bzw. rassistische Motivation des OEZ-Attentäters hinaus – erfüllt sein müssten, um eine entsprechende Einordnung vorzunehmen? Bei den Ermittlungen wurden Fakten und Ermittlungsergebnisse bewertet. Hypothetische Bewertungen werden dazu nicht getroffen. 6.1 Welche Festplatten, andere Datenträger und Dateien hat David S. gelöscht bzw. manipuliert (bitte detailliert – einschließlich des Zeitpunkts der Löschung – angeben)? Am 22.07.2017 (15.26 Uhr) formatierte David S. die Festplatte Nr. 3 seines Computers und löschte damit alle darauf gespeicherten Daten. Weitere Löschungen/Manipulationen von anderen Festplatten, Datenträgern oder Dateien konnten vom BLKA nicht festgestellt werden. 6.2 Woran genau machen die Ermittler fest, dass das Chatprotokoll des Täters mit „Bastian“ gefälscht ist (bitte detailliert – einschließlich des Zeitpunkts Drucksache 17/19645 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 5 der Erstellung des Chatverlaufs mit „Bastian“ – angeben)? Auf dem PC des David S. war u. a. der sog. Bastian-Chat als Word-Dokument gespeichert. Es handelt sich um zwei Word-Dokumente mit den Bezeichnungen: – „Chat-Verlauf 19.07.2016 TCS Gespeicherte.docx“ und – „Chat-Verlauf 20.07.2016 TCS Gespeicherte.docx“. Am 25.08.2016 wurde das Sachgebiet „Forensische IuK“ des BLKA damit beauftragt, die Metadaten und Informationen zur Entstehung dieser beiden Dokumente in einem Gutachten zu analysieren. Mit Datum vom 22.09.2016 wurde das abschließende Gutachten der SOKO OEZ übersandt. Die beiden o. g. Dateien wurden am 20.07.2016, um 03.53 Uhr, bzw. am 20.07.2016, um 12.44 Uhr, erstellt. Für beide Dateien gilt, dass es ursprünglich im Verzeichnis „G:\Users\FSX\Desktop“ Dateien mit gleichlautenden Bezeichnungen gab. Das Verzeichnis „G“ konnte der Festplatte des PC zugeordnet werden, welche am 22.07.2016, um 15.26 Uhr, formatiert wurde. Diese Information wurde auch durch die Dokumenteneigenschaften bestätigt. Demnach wurden beide Dateien vom User „FSX“ erstellt. Der User „FSX“ war auf der in der Antwort zu Frage 6.1 erwähnten formatierten Festplatte eingerichtet. Dies ließ den Rückschluss zu, dass die beiden o. g. „Bastian-Dokumente“ auf der Festplatte erstellt worden sind, welche kurz vor der Tatausführung durch Formatierung komplett gelöscht worden war. Unmittelbar vor diesem Löschvorgang wurden Kopien dieser Dateien auf dem Desktop der Festplatte abgelegt, die David S. nicht gelöscht hatte (Festplatte Laufwerk „C“). Aus dem Gutachten ergibt sich, dass die beiden Dateien dreimal bzw. siebenmal von David S. verändert worden sind. Der Umfang der Änderungen ließ sich nicht feststellen. Da die beiden aufgefundenen Dateien Textdokumente (Word-Dateien im Dateiformat „docx“) sind, welche mittels des Textverarbeitungsprogrammes Word erstellt wurden, kann es sich bei diesen Dateien um keine Aufzeichnung eines Chats handeln. Möglich wäre jedoch, dass Textstellen aus einem Chatprogramm kopiert und in das Word-Dokument eingefügt worden sind. Dieser Vorgang, wobei Texte in der Zwischenablage eines Computers gespeichert und anschließend an anderer Stelle wieder eingefügt werden, wird als „copy and paste“ (kopieren und einfügen) bezeichnet. Die Untersuchungen haben ergeben, dass Vorgänge dieser Art, in dem mehrere mit einer Absatzmarke abgeschlossene Textabsätze in ein Dokument gleichzeitig eingefügt werden, durch ein spezielles Attribut in den Metadaten der betreffenden Datei festgehalten werden. Da dieses Attribut jedoch in keiner der beiden hier gegenständlichen Word- Dokumente aufgefunden wurde, kann festgehalten werden, dass der Inhalt dieser Textdokumente nicht als Ganzes über die Zwischenablage eingefügt worden sein kann. Im Gutachten ist folgendes abschließendes Fazit enthalten : „Alle Feststellungen in ihrer Gesamtheit widerlegen die These, dass die Dokumenteninhalte als Kopie realer Chatlnhalte , über den Weg der Computer-Zwischenablage, entstanden seien, mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit.“ 6.3 Wie lassen sich die Löschungen und Manipulationen mit der Einordnung der Tat als „Amoklauf“ in Einklang bringen? Ein Amoklauf kann sowohl ad hoc als auch geplant durchgeführt werden. Vor diesem Hintergrund ist zwischen der Formatierung der Festplatte und der Einordnung der Tat als Amoklauf kein Widerspruch zu sehen. 7.1 Wie definiert die Staatsregierung den Begriff „Amoklauf“? In der (bundesweiten) Polizeidienstvorschrift (PDV) 100 „Führung und Einsatz der Polizei” wird dieser Begriff wie folgt definiert: „Eine Amoklage im polizeitaktischen Sinne liegt vor, wenn ein Täter – anscheinend wahllos oder gezielt, – insbesondere mittels Waffen, Sprengmitteln, gefährlichen Werkzeugen oder außergewöhnlicher Gewaltanwendung , – eine in der Regel zunächst nicht bestimmbare Anzahl von Personen verletzt oder getötet hat bzw. wenn dies zu erwarten ist und – er weiter auf Personen einwirken kann.“ 7.2 Gingen die Ermittler anfänglich von einem Netzwerk an Tätern aus (bitte detailliert die Gründe für diese Annahme angeben und für die Nichtbekanntgabe dieser Annahme gegenüber der Öffentlichkeit )? Zu Beginn der Ermittlungen bestand der Grund zur Annahme , dass es in der Person des S. R. einen Mitwisser oder sogar Mittäter gegeben haben könnte, da sich David S. und S. R. am Tattag unmittelbar vor der Tatausführung persönlich in der Nähe des Tatortes getroffen haben. Ebenso intensivierte man zu Beginn der SOKO OEZ die Ermittlungen hinsichtlich der Identifizierung der Person „Bastian“. Von Beginn der Ermittlungen bis zu deren Abschluss wurde stets die Möglichkeit eines oder mehrerer Mitwisser bzw. Mittäter in Erwägung gezogen. Mit Abschluss der Ermittlungen gelangten die Staatsanwaltschaft München I sowie das BLKA zu der Überzeugung, dass David S. keinen Mittäter oder Mitwisser hatte. 7.3 Aufgrund welcher Erkenntnisse gingen die Ermittler davon aus, dass David S. als Einzeltäter gehandelt hat (bitte Zeitpunkt dieser Ermittlungshypothese angeben)? Die Gesamtheit der Ermittlungen ließ die Staatsanwaltschaft München I sowie das BLKA zur Überzeugung gelangen, dass David S. als Einzeltäter gehandelt hat. Es gab zu keinem Zeitpunkt der Ermittlungen eine Festlegung auf eine Ermittlungshypothese „Einzeltäter“. Auf die Antwort zur Frage 7.2 wird ergänzend Bezug genommen. 8.1 Inwiefern wurde angesichts der Tatsache, dass einige der Opfer Sinti und Roma waren, das Thema Antiziganismus als Tatmotiv in den Ermittlungen berücksichtigt (bitte detailliert angeben)? Die Ermittlungen wurden umfassend und ergebnisoffen geführt . Es ergaben sich dabei keine Hinweise auf Antiziganismus bei David S. 8.2 Hat David S. auch außerhalb seines stationären Aufenthaltes in einer psychiatrischen Abteilung des Klinikums Harlaching im Jahre 2015 während der Therapiemaßnahmen rechtsradikale bzw. ras- Seite 6 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/19645 sistische Äußerungen und Hinweise auf die Planung seines Attentates getätigt (bitte detailliert Zeitpunkt und Inhalt der Äußerungen angeben)? Laut Zeugenaussagen äußerte sich David S. mehrfach negativ über Personen mit Migrationshintergrund, allen voran gegenüber türkischstämmigen und albanischstämmigen Jugendlichen . Diese beschimpfte er vor allem im Internet auf sog. Teamspeak-Servern. Er äußerte sich dahin gehend, dass er sie mit „Headshots“ umbringen wolle. Er wolle sie „zerquetschen wie Kakerlaken“. Ergänzend wird auf die Antwort zu Frage 1 a der Schriftlichen Anfrage des Abgeordneten Florian Ritter (SPD) vom 28.03.2017 Bezug genommen (Drs. 17/17957). Hinweise des David S. gegenüber dritten Personen auf die konkrete Planung eines Attentats oder eines Amoklaufs hat es nach den Ermittlungen nicht gegeben. Die getätigten Äußerungen des David S. gegenüber seinen Chat- oder Gesprächspartnern wurden auf Nachfrage von den betroffenen Personen bei David S. von diesem relativiert. Eine genaue zeitliche Eingrenzung der Äußerungen war den befragten Zeugen nicht möglich. 8.3 Wurden diese Vorfälle der Polizei angezeigt? Nein. Auf die Antwort zu Frage 4 a und 4 b der Schriftlichen Anfrage des Abgeordneten Florian Ritter (SPD) vom 11.04.2017 (Drs. 17/17958) wird insoweit ergänzend Bezug genommen.