Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian Ritter SPD vom 09.11.2017 Aufgriff von mutmaßlichen Angehörigen von Combat 18 nach Schießtraining in Tschechien Nach Meldung der Süddeutschen Zeitung vom 03.11.2017 (Link: http://www.sueddeutsche.de/politik/rechtsextremis mus-deutsche-neonazis-nach-waffentraining-intsche chien-aufgegriffen-1.3734134) wurden am Tag der Bundestagswahl am Grenzübergang Schirnding 12 Personen, die der neonazistischen Szene zugerechnet werden, von Einsatzkräften der GSG 9 aufgegriffen. Laut Meldung sollen die Personen einen deutschen Combat-18-Ableger gebildet haben. Combat 18 gilt als bewaffneter Arm des Bloodand -Honour-Netzwerkes, dessen deutscher Ableger verboten ist. Dieses Verbot erstreckt sich nicht auf Combat 18. Die Aufgegriffenen sollen im Raum Cheb ein zweitägiges Schießtraining absolviert haben. Bei der Durchsuchung soll verbotene Munition festgestellt worden sein, was zu zwei Verfahren wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz geführt haben soll. Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Befanden sich unter den aufgegriffenen Personen Personen aus Bayern? b) Hat die Staatsregierung Kenntnis darüber, welche Art des Geländes die Gruppe für das Schießtraining nutzte (z. B. Privatgrundstück, Schießplatz, öffentliches Waldgrundstück etc.)? c) Nutzte die Gruppe nach Erkenntnissen der Staatsregierung an den besagten Tagen das Gelände allein oder waren noch andere Personen/Gruppen beteiligt? 2. a) Falls andere Personen oder Gruppen beteiligt waren, befanden sich unter den anderen Personen Personen oder Gruppen aus Bayern und, wenn ja, aus welchen Gruppen? b) Ist der Staatsregierung bekannt, mit welchen Waffentypen bei dem zweitägigen Schießtraining geschossen wurde? c) Ist der Staatsregierung bekannt, ob noch andere militärische Ausbildungsaspekte, wie etwa Nahkampftrainings oder Geländemärsche, geplant oder durchgeführt wurden? 3. a) Ist der Staatsregierung bekannt, ob Personen aus Tschechien in Planung und Durchführung des Trainings eingebunden waren? b) Ist der Staatsregierung bekannt, in welchen Eigentumsverhältnissen der Platz des Schießtrainings steht? c) Ist der Staatsregierung bekannt, wer Eigentümer des Geländes ist? 4. a) Ist der Staatsregierung bekannt, ob und, wenn ja, wie viele der aufgegriffenen Personen über eine waffenrechtliche Erlaubnis verfügen? b) Ist der Staatsregierung bekannt, ob und, wenn ja, wie viele der aufgegriffenen Personen (zeitweise) Angehörige der Bundeswehr waren? c) Sind der Staatregierung Vorstrafen der aufgegriffenen Personen bekannt (bitte aufschlüsseln nach Paragrafen )? 5. a) Gibt es Verbindungen anderer Gruppen, die dem gesetzlichen Beobachtungsauftrag des Landesamtes für Verfassungsschutz unterliegen, zu Combat 18? b) Sind der Staatsregierung aus den letzten vier Jahren weitere Fahrten bayerischer Neonazigruppen nach Tschechien bekannt zu dem Zweck militärischer oder militärähnlicher Tätigkeiten, z. B. Gotcha? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Justiz vom 11.12.2017 Vorbemerkung: Nachfolgend wird der Erkenntnisstand der Staatsregierung zum 30.11.2017 wiedergegeben. 1. a) Befanden sich unter den aufgegriffenen Personen Personen aus Bayern? Nein. b) Hat die Staatsregierung Kenntnis darüber, welche Art des Geländes die Gruppe für das Schießtraining nutzte (z. B. Privatgrundstück, Schießplatz, öffentliches Waldgrundstück etc.)? Das Schießtraining soll laut Presseberichten in der Nähe von Cheb in der Tschechischen Republik stattgefunden haben . In dieser Gegend ist dem Landesamt für Verfassungsschutz (BayLfV) seit längerer Zeit der Schießstand JIMI (Strelnice JIMI, Hlínová 8, Odrava u Chebu, 350 02 Cheb) bekannt. Dieser wurde in der Vergangenheit immer wieder von Rechtsextremisten (auch aus Bayern) genutzt, um dort mit scharfen Waffen zu schießen. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de – Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 19.04.2018 Drucksache 17/19648 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/19648 c) Nutzte die Gruppe nach Erkenntnissen der Staatsregierung an den besagten Tagen das Gelände allein oder waren noch andere Personen/Gruppen beteiligt? Hierzu liegen keine Erkenntnisse vor. 2. a) Falls andere Personen oder Gruppen beteiligt waren , befanden sich unter den anderen Personen Personen oder Gruppen aus Bayern und, wenn ja, aus welchen Gruppen? Hierzu liegen keine Erkenntnisse vor. b) Ist der Staatsregierung bekannt, mit welchen Waffentypen bei dem zweitägigen Schießtraining geschossen wurde? Hierzu liegen keine Erkenntnisse vor. c) Ist der Staatsregierung bekannt, ob noch andere militärische Ausbildungsaspekte, wie etwa Nahkampftrainings oder Geländemärsche, geplant oder durchgeführt wurden? Hierzu liegen keine Erkenntnisse vor. 3. a) Ist der Staatsregierung bekannt, ob Personen aus Tschechien in Planung und Durchführung des Trainings eingebunden waren? Hierzu liegen keine Erkenntnisse vor. b) Ist der Staatsregierung bekannt, in welchen Eigentumsverhältnissen der Platz des Schießtrainings steht? Auf der Internetseite des unter der Antwort zu Frage 1 b genannten Schießstandes wird M. K. als Verantwortlicher genannt . c) Ist der Staatsregierung bekannt, wer Eigentümer des Geländes ist? Hierzu liegen keine Erkenntnisse vor. 4. a) Ist der Staatsregierung bekannt, ob und, wenn ja, wie viele der aufgegriffenen Personen über eine waffenrechtliche Erlaubnis verfügen? Von den am 24.09.2017 beim Grenzübertritt aufgegriffenen und kontrollierten Personen ist eine Person im Besitz einer waffenrechtlichen Erlaubnis. Dabei handelt es sich um einen Kleinen Waffenschein. Schusswaffen und Munition sind auf diese Person nicht zugelassen. b) Ist der Staatsregierung bekannt, ob und, wenn ja, wie viele der aufgegriffenen Personen (zeitweise) Angehörige der Bundeswehr waren? Hierzu liegen keine Erkenntnisse vor. c) Sind der Staatregierung Vorstrafen der aufgegriffenen Personen bekannt (bitte aufschlüsseln nach Paragrafen)? Die Staatsanwaltschaft Hof führt gegen zwei der insgesamt 12 angetroffenen Personen jeweils ein Ermittlungsverfahren wegen des Verstoßes gegen das Waffengesetz. Während einer der Beschuldigten nach der von der Staatsanwaltschaft Hof erholten Auskunft aus dem Bundeszentralregister bisher strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten ist, weist das Bundeszentralregister für den anderen Beschuldigten insgesamt zehn Eintragungen auf, wovon eine Eintragung lediglich eine nachträgliche Gesamtstrafenbildung dokumentiert . In den im Zeitraum 1993 bis 2009 gegen diesen Beschuldigten ergangenen neun Strafurteilen (außerbayerischer Amtsgerichte) kamen die nachbenannten Straftaten – bei teilweise wiederholter Tatbegehung – zur Aburteilung: – Sachbeschädigung (§ 303 Strafgesetzbuch – StGB), – Diebstahl im besonders schweren Fall (§§ 242, 243 StGB), – gefährliche Körperverletzung (§§ 223, 223a StGB a. F.), – fahrlässige Körperverletzung (§ 229 StGB), – Nötigung (§ 240 StGB), – Fahrlässige Trunkenheit im Verkehr (§§ 316 Abs. 1, 2 StGB), – vorsätzliches Fahren ohne Fahrerlaubnis (§ 21 Abs. 1, 2 Straßenverkehrsgesetz – StVG). Zu den weiteren aufgegriffenen Personen liegen keine Erkenntnisse vor. 5. a) Gibt es Verbindungen anderer Gruppen, die dem gesetzlichen Beobachtungsauftrag des Landesamtes für Verfassungsschutz unterliegen, zu Combat 18? Nein. b) Sind der Staatsregierung aus den letzten vier Jahren weitere Fahrten bayerischer Neonazigruppen nach Tschechien bekannt zu dem Zweck militärischer oder militärähnlicher Tätigkeiten, z. B. Gotcha ? Dem BayLfV wurden in den vergangenen Jahren immer wieder Fälle bekannt, in denen bayerische Rechtsextremisten nach Tschechien fuhren, um dort Schießstände zu besuchen . So wurde am 14.12.2016 auf Facebook ein Bild veröffentlicht , das einen bekannten Rechtsextremisten aus dem Raum Nürnberg vor dem Schießstand JIMI zeigt. Der Grund hierfür dürfte in erster Linie die in der Szene verbreitete Affinität zu Waffen sein. Das BayLfV ist jedoch bezüglich dieser Thematik entsprechend sensibilisiert und arbeitet im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben eng mit anderen deutschen Sicherheitsbehörden zusammen. Aktuell wird ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren betrieben , in welchem Handlungen im Sinne der Fragestellung Gegenstand sind. Weitere Aussagen hierzu sind derzeit wegen des noch laufenden Verfahrens nicht möglich.