Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Kerstin Celina BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 19.10.2017 Jugendbefragungen in Bayern – Rechtmäßigkeit und Datenschutz der Erhebungen Jungen Menschen und ihren Familien möglichst passende Freizeit- und Betreuungsangebote bereitzustellen ist eine der wichtigsten Aufgaben, um eine hohe Lebensqualität in den Regionen zu schaffen und zu erhalten. Um diese Aufgabe möglichst gut erfüllen zu können, sollen die Träger der öffentlichen Jugendhilfe gemäß § 80 des Sozialgesetzbuches (SGB) Achtes Buch (VIII) die Wünsche, Bedürfnisse und Interessen der jungen Menschen und ihrer Eltern und Erziehungsberechtigten ermitteln, miteinbeziehen und dann die örtlichen und überörtlichen Planungen damit abstimmen. Um die Wünsche, Bedürfnisse und Interessen erkennen zu können, werden die Jugendlichen in Bayern im Rahmen sogenannter Jugendbefragungen befragt. Im Landkreis Würzburg nahmen im Jahr 2011 mehr als 3.000 Jugendliche an einer Befragung durch das Landratsamt teil, eine zweite Jugendbefragung wird derzeit durchgeführt. In München wurde im Jahr 2016 eine Jugendbefragung durchgeführt, weitere in anderen Landkreisen und kreisfreien Städten. Um die Wünsche und Bedürfnisse der Jugendlichen und ihrer Familien besser einordnen zu können, werden auch persönliche Daten, z. B. Wohnort, familiäre Situation, Zahl der Geschwister, Muttersprache sowie Muttersprache der Elternteile, Geburtsjahr, Geschlecht usw., abgefragt. Um den Datenschutz nicht zu gefährden, müssen die Umfragen in geeigneter Form anonymisiert werden. Da es sich in der Regel um minderjährige Jugendliche handelt, ist auch die Einbeziehung der Eltern und Erziehungsberechtigten erforderlich. Wird diese Befragung unter Einbeziehung der Schulen durchgeführt, sind auch die Rechte schulischer Gremien zu beachten. Die Tatsache, dass die Teilnahme an der Befragung freiwillig ist, ist unerheblich für die Einhaltung der Datenschutzregelungen und die Einbeziehung der zuständigen Gremien. Die Umfragen werden in der Regel mit Genehmigung der Staatsregierung und der kommunalen Gremien durchgeführt. Bei der derzeit im Landkreis Würzburg durchgeführten „Jugendbefragung 2017“ werden persönliche Daten und Fragen in einer Weise kombiniert, die die Einhaltung datenschutzrechtlicher Vorgaben höchst zweifelhaft erscheinen lassen. Die Gesamtumfrage wird über eine PIN-autorisierte elektronische Eingabe oder einen verschlossenen Briefumschlag „anonymisiert“. Eine Rückverfolgung auf den Teilnehmer kann jedoch nicht ausgeschlossen werden, wenn die anzugebenden Daten gleichzeitig folgende Daten umfassen: Geschlecht, Geburtsjahr sowie die Frage, ob der Teilnehmer in Deutschland geboren ist oder nicht, welche Staatsangehörigkeit er/sie besitzt, welche Sprache zuhause am häufigsten gesprochen wird, aus welchem Land die beiden Elternteile kommen, wer mit dem Jugendlichen konkret in der Wohnung wohnt (Geschwister, Elternteile, Großelternteile , Partner eines Elternteils) und in welcher Gemeinde der Jugendliche wohnt, wobei die einzelnen Gemeinden zum Teil unter 1.000 Einwohnern (EW) umfassen (Gelchsheim 801 EW, Sonderhofen 848 EW) und die größte Gemeinde im Landkreis nur knapp über 11.000 Einwohner hat (https://de.wikipedia.org/wiki/Landkreis_W%C3%BCrzburg#St. C3.A4dte_und_Gemeinden). Auch die Beteiligung der zuständigen Gremien könnte in erheblichem Maße verletzt worden sein. Um festzustellen , ob und an welcher Stelle bei dieser und den anderen Jugendbefragungen, die seit der Kommunalwahl 2008 in Landkreisen und kreisfreien Städten durchgeführt wurden, gesetzliche Vorgaben missachtet wurden, frage ich die Staatsregierung: 1. Welche konkreten bundes- und landesrechtlichen Grundlagen inklusive Verordnungen müssen bei der Durchführung sogenannter Jugendbefragungen beachtet werden (bitte auch Stellungnahme zum Merkblatt zur Vorbereitung von Erhebungen an öffentlichen Schulen in Bayern, des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst (StMBW), Stand November 2016)? 1.1 Welche Gremien auf landes-, kommunalpolitischer, schulischer und sonstiger Ebene müssen den konkreten Fragebogen einer Jugendbefragung genehmigen? 1.2 In welcher Form wurden im konkreten Fall der aktuellen „Jugendbefragung 2017“ im Landkreis Würzburg die erforderlichen Gremien beteiligt (bitte Datum und Gremium, unterschieden nach Datenschutzbeauftragte , kommunalpolitische Gremien, schulische Foren und sonstige angeben und ob der konkrete Fragebogen vorlag und genehmigt wurde)? 2. Welche konkreten Daten dürfen Jugendämter für ihre Arbeit sammeln und speichern (bitte Rechtsgrundlage angeben)? 2.1 Wie erhalten Jugendämter diese benötigten Daten? 2.2 Welche darüber hinausgehenden Daten wurden in den Jugendbefragungen erhoben? 3. Wo wurden „Jugendbefragungen“ gemäß § 80 SGB VIII in Befragungen in Bayern seit der Kommunalwahl 2008 in Landkreisen und kreisfreien Städten durchgeführt ? 3.1 Wie wurde von der Staatsregierung deren Rechtmäßigkeit in Bezug auf datenschutz- und beteiligungsrechtliche Belange vor und während der Umsetzung sowie bei der Verwertung der Ergebnisse sichergestellt ? 3.2 Wie erfolgt die Auswertung der ausgefüllten Fragebögen der Jugendumfrage 2017 (bitte bei der Antwort auf den Personenkreis eingehen, der Zugriffsrechte Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de – Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 16.03.2018 Drucksache 17/19734 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/19734 besitzt und auf die konkreten Arbeitsschritte bis zu den Planungen zukünftiger Maßnahmen, die auf den Daten beruhen)? 4. Wer hat bei den Jugendbefragungen entschieden, ob die Fragen in den Jugendbefragungen mit dem Ziel „Wünsche, Bedürfnisse und Interessen“ nach SGB VIII vereinbar sind? 4.1 Sind die einzelnen Fragen in den Fragebögen der Jugendbefragungen des Landkreises Würzburg in den Jahren 2011 und 2017 nach Meinung der Staatsregierung vereinbar mit den Rechtsgrundlagen und Zielen der Jugendbefragung, z. B. Fragen wie „warst Du schon einmal Opfer von Cybermobbing“ und „wer war für das Mobbing gegen Dich verantwortlich“ oder „wie belastend sind für Dich Schwierigkeiten/Ärger mit FreundInnen, Streit mit Eltern und Geschwistern, Gewalt in der Familie, Geldsorgen, Angst vor Überforderung , Bedrohungen, Hänseleien” etc. oder auch Fragen nach der Höhe des Taschengeldes? 4.2 Sind die einzelnen Fragen bei den anderen in Bayern durchgeführten Jugendbefragungen nach Meinung der Staatsregierung vereinbar mit den Rechtsgrundlagen und Zielen der Jugendbefragung (bitte begründen , falls Fragen nicht von den Rechtsgrundlagen und Zielen gedeckt sind)? 5. Wie wird die Anonymität der erhobenen Daten konkret sichergestellt (bitte auf die Art und Weise und den Ort der Erhebung sowie die Kontrolle bzw. Untersuchung der Fragebögen auf Rückverfolgbarkeit von Daten und den Einbezug von Datenschutzbeauftragten eingehen )? 5.1 Hält die Staatsregierung eine Identifizierung einzelner Teilnehmer im konkreten Fall der vom Landkreis Würzburg durchgeführten „Jugendbefragung 2017“ für ausgeschlossen, wenn die in EINEM Umschlag gesammelten schriftlich ausgefüllten Fragebögen oder mit einer einzelnen PIN online eingegebenen Fragebögen anzugebenden Daten die Fragen und gleichzeitig folgende persönliche Daten umfassen: Geschlecht, Geburtsjahr sowie die Frage, ob der Teilnehmer in Deutschland geboren ist oder nicht, welche Staatsangehörigkeit er/sie besitzt, welche Sprache zuhause am häufigsten gesprochen wird, aus welchem Land die beiden Elternteile kommen, wer mit dem Jugendlichen konkret in der Wohnung wohnt (Geschwister, Elternteile, Großelternteile, Partner eines Elternteils) und in welcher Gemeinde der Jugendliche wohnt, wobei die einzelnen Gemeinden zum Teil auch unter 1.000 Einwohnern umfassen (Gelchsheim 801, Sonderhofen 848) und die größte Gemeinde nur knapp über 11.000 Einwohner hat (https://de.wikipedia.org/ wiki/Landkreis_W%C3%BCrzburg#St.C3.A4dte_und_ Gemeinden), während dagegen z. B. bei Wahlen der Stimmzettel und die persönlichen Daten von vornherein in zwei getrennten Wahlurnen abgegeben werden, um eine Verknüpfung von Daten und Stimmzetteln von vornherein auszuschließen? 5.2 Hält die Staatsregierung eine Identifizierung einzelner Teilnehmer bei anderen Jugendbefragungen für möglich ? 6. Wie wurden die Jugendlichen zur freiwilligen Teilnahme an den verschiedenen Befragungen aufgefordert (bitte unterscheiden nach Information über persönliches Anschreiben, Information in der Schule, Information im Internet oder an Orten, an denen sich die Jugendlichen aufhalten)? 6.1 Wie stellt die Staatsregierung sicher, dass die Eltern und Erziehungsberechtigten die konkreten Fragen bei den Jugendbefragungen kennen und ggf. eigene Bedenken mit den Jugendlichen erörtern können? 7. Wie viele Jugendliche nahmen an den vergangenen Jugendbefragungen teil (bitte in Beziehung setzen zur Zahl der in dem Landkreis oder der kreisfreien Stadt lebenden Jugendlichen)? 7.1 Inwieweit konnten bei den bisherigen Befragungen aus den Rückläufen statistisch relevante Informationen gezogen werden (bitte erläutern, inwieweit die Rückläufe den üblichen statistischen Anforderungen genügten, die Wünsche, Interessen und Bedürfnisse der in der Region lebenden Jugendlichen in den verschiedenen Altersklassen und Geschlechtern abzubilden)? 7.2 Welche konkreten Maßnahmen wurden aus den in vergangenen Jugendbefragungen gewonnenen Informationen bereits umgesetzt? 8. Wie werden die Fragebögen aus den bisherigen Jugendbefragungen weiterbehandelt (aufgehoben, gespeichert oder vernichtet – hier bitte den Zeitpunkt angeben)? 8.1 Kann ausgeschlossen werden, dass Teilnehmer der vergangenen Befragungen auch heute noch aus dem vorhandenen Datenmaterial identifiziert werden können ? 8.2 Wer hat Zugriff auf die in den bisherigen Befragungen erhobenen Informationen? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration unter Einbeziehung des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst sowie nach Beteiligung des Zentrums Bayern Familie und Soziales – Bayerisches Landesjugendamt vom 11.12.2017 Vorbemerkung: Die Angelegenheiten der Kinder- und Jugendhilfe sind bundesgesetzlich im SGB VIII geregelt. Nach § 85 Abs. 1 SGB VIII sind die örtlichen Träger der Jugendhilfe für die Gewährung von Leistungen und die Erfüllung anderer Aufgaben des SGB VIII sachlich zuständig. Die örtlichen Träger der Jugendhilfe sind die kreisfreien Städte und die Landkreise, die zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben aus dem SGB VIII ein Jugendamt einrichten (§ 69 SGB VIII). Nach Art. 15 des Gesetzes zur Ausführung der Sozialgesetze (AGSG) erfüllen die örtlichen Träger die Aufgaben der öffentlichen Jugendhilfe nach den Vorschriften der Gemeindeordnung (GO) bzw. Landkreisordnung (LKrO) im eigenen Wirkungskreis, d. h. die Rechtsaufsicht richtet sich nach den Vorschriften der GO oder LKrO. Drucksache 17/19734 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 Für die kreisfreien Gemeinden regelt Art. 7 Abs. 2 GO, dass die Gemeinden bei Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises nach eigenem Ermessen handeln und nur an die gesetzlichen Vorschriften gebunden sind. Die staatliche Aufsicht beschränkt sich nach Art. 109 Abs. 1 GO daher in Angelegenheiten des eigenen Wirkungskreises darauf, die Erfüllung der gesetzlich festgelegten und übernommenen öffentlich-rechtlichen Auf gaben und Verpflichtungen der Gemeinden und die Gesetzmäßigkeit ihrer Verwaltungstätigkeit zu überwachen (Rechtsaufsicht). Rechtsaufsichtsbehörde ist die jeweils zuständige Regierung (Art. 110 GO). Für die Landkreise sind entsprechende Regelungen bzgl. der Erfüllung von Aufgaben des eigenen Wirkungskreises in Art. 5 Abs. 2 und Art. 95 Abs. 1 LKrO getroffen. Auch hier ist die jeweils zuständige Regierung Rechtsaufsichts behörde (Art. 96 LKrO). Zu den Aufgaben aus dem SGB VIII zählt auch die Jugendhilfeplanung gem. § 80 SGB VIII. Bei der Auswahl geeigneter Methoden insbesondere zur Bedarfserhebung sind die Jugendämter nur an den geltenden Rechtsrahmen gebunden , ansonsten frei in ihrer Entscheidung. Eine „Jugendbefragung “ kann aus Sicht der Staatsregierung hierzu ein geeignetes Instrument sein. Erkenntnisse, dass Kommunen hierbei in der Vergangenheit rechtswidrig vorgingen, liegen der Staatsregierung nicht vor, insbesondere sind auch keine diesbezüglichen rechtsaufsichtlichen Beanstandungen bekannt. 1. Welche konkreten bundes- und landesrechtlichen Grundlagen inklusive Verordnungen müssen bei der Durchführung sogenannter Jugendbefragungen beachtet werden (bitte auch Stellungnahme zum Merkblatt zur Vorbereitung von Erhebungen an öffentlichen Schulen in Bayern, des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst (StMBW), Stand November 2016)? Bei der Durchführung von Jugendbefragungen durch Jugendämter zur Erfüllung ihrer Aufgabe nach § 80 SGB VIII sind die Vorschriften zum Sozialdatenschutz nach den §§ 35 SGB I, 61 ff. SGB VIII und 67 ff. SGB X zu beachten. Ergänzend ist Art. 30 AGSG heranzuziehen. Soll die Jugendbefragung in Form einer Erhebung an Schulen durchgeführt werden, ist § 24 Abs. 1 der Bayerischen Schulordnung (BaySchO) zu beachten. Danach sind Erhebungen an Schulen einschließlich Umfragen und wissenschaftliche Untersuchungen nur nach Genehmigung der zuständigen Schulaufsichtsbehörde zulässig. Die Genehmigung kann erteilt werden, wenn an der Erhebung ein erhebliches pädagogisch-wissenschaftliches Interesse anzuerkennen ist und sich die Belastung der Schulen in zumutbarem Rahmen hält. Die Staatsregierung stellt ein Merkblatt zur Vorbereitung von Erhebungen an Schu len zur Verfügung (Merkblatt zur Vorbereitung von Erhebungen an öffentlichen Schulen in Bayern, StMBW, Stand November 2016), das auf die Genehmigungspflicht von Erhebungen des Sachaufwandsträgers oder sonstiger öffentlicher Stellen – beispielsweise für Zwecke der Jugendhilfeplanung – hinweist, wenn diese über die schulbezogenen Aufgaben hinausgehen und an den Schulen durchgeführt werden sollen . Ohne Genehmigung zulässig ist die bloße Unterstützung von Erhebungen anderer öffentlicher Stellen (z. B. als Amtshilfe ), wenn die Erhebung selbst nicht an der Schule, insbesondere nicht im Unterricht und nicht unter Einbindung schulischen Personals erfolgt. Solche Unterstützungshandlungen sind etwa das Auslegen von Materialien, Hinweise auf eine Online-Erhebung oder das Aufstellen eines Briefkastens für die Abgabe ausgefüllter Erhebungsbögen; sie stellen noch keine genehmigungsbedürftige „Erhebung an Schulen“ im Sinne des § 24 BaySchO dar (siehe Handreichung für Datenschutzbeauftragte an staatlichen Schulen Nr. IV.5.2: https://www.km.bayern.de/ministerium/recht/datenschutz.html). 1.1 Welche Gremien auf landes-, kommunalpolitischer, schulischer und sonstiger Ebene müssen den konkreten Fragebogen einer Jugendbefragung genehmigen ? Gemäß § 71 Abs. 2 Nr. 2 SGB VIII befasst sich der kommunale Jugendhilfeausschuss u. a. mit der Jugendhilfeplanung . Soweit die Durchführung einer Jugendbefragung nicht als Geschäft der laufenden Verwaltung, für das gem. § 70 Abs. 2 SGB VIII die Leitung des Jugendamtes zuständig ist, anzusehen ist, obliegt die Beschlussfassung über die konkrete Ausgestaltung dem kommunalen Jugendhilfeausschuss . In diesem Zusammenhang ist die Vorschrift des Art. 17 AGSG zu beachten. Soll die Jugendbefragung in Form einer Erhebung an Schulen durchgeführt werden, bedarf dies zusätzlich einer Genehmigung durch die nach § 24 BaySchO zuständige Stelle der Schulaufsicht. Über die Durchführung einer genehmigten Erhebung an den einzelnen Schulen entscheidet die Schulleiterin oder der Schulleiter im Einvernehmen mit dem El ternbeirat oder – sofern an Schulen ein solcher nicht eingerichtet ist – dem Schüleraus schuss. 1.2 In welcher Form wurden im konkreten Fall der aktuellen „Jugendbefragung 2017“ im Landkreis Würzburg die erforderlichen Gremien beteiligt (bitte Datum und Gremium, unterschieden nach Datenschutzbeauftragte, kommunalpolitische Gremien , schulische Foren und sonstige angeben und ob der konkrete Fragebogen vorlag und genehmigt wurde)? Mit Schreiben vom 21.02.2017 beantragte das Landratsamt Würzburg beim Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst die Genehmigung einer Jugendumfrage an öffentlichen Schulen im Landkreis Würzburg. Dem Landratsamt Würzburg wurde mit KMS vom 02.05.2017 mitgeteilt, dass die vorgesehene Jugendbefragung nicht die inhaltlichen Grundvoraussetzungen für die Genehmigung einer Erhe bung an Schulen erfüllt. Eine Genehmigung erfolgte nicht. Auf die Möglichkeiten und Grenzen der Amtshilfe öffentlicher Schulen bei der Durchführung einer ansonsten außer halb der Schulen laufenden Erhebung wurde hingewiesen (s. auch Nr. 4.1). Das Einver ständnis, die Fragebögen , die zu Hause ausgefüllt wurden, über die Schulen zu verteilen und wieder einzusammeln, hat das Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst mit genanntem Schreiben erteilt. Sowohl die Jugendlichen als auch die beteiligten Schulen und Elternbeiräte wurden vorab über die Jugendumfrage, deren Ablauf sowie über die Freiwilligkeit der Teilnahme informiert. Die bei der Umfrage verwendeten Fragebögen entsprachen in etwa den bereits 2011 eingesetzten Bögen, die unter Beteiligung von kommunalpolitischen Vertretern der Gemeinde und der Jugendarbeit erstellt wurden. Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/19734 2. Welche konkreten Daten dürfen Jugendämter für ihre Arbeit sammeln und speichern (bitte Rechtsgrundlage angeben)? Gemäß §§ 62 Abs. 1, 63 Abs. 1 SGB VIII dürfen Sozialdaten nur erhoben und gespeichert werden, soweit dies zur Erfüllung der jeweiligen Aufgabe erforderlich ist. Die Erhe bung und Speicherung von personenbezogenen Daten darf sich daher nur auf solche Daten beziehen, die für die Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben zwingend erforderlich sind. 2.1 Wie erhalten Jugendämter diese benötigten Daten? Die Jugendämter erhalten die zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgaben erforderlichen Daten soweit möglich durch Verwendung statistischer Auswertungen (z. B. des Statistischen Landesamtes) und durch die Verarbeitung eigener erhobener Daten (z. B. von den Standesämtern gemeldete Geburten ). Zudem führen zahlreiche Jugendämter regelmäßig Befragungen von Einrichtungen, Diensten und Veranstaltungen der Jugendarbeit sowie von jungen Menschen und Personensorgeberechtigten gem. § 80 Abs. 1 SGB VIII durch. 2.2 Welche darüber hinausgehenden Daten wurden in den Jugendbefragungen erhoben? 3. Wo wurden „Jugendbefragungen“ gemäß § 80 SGB VIII in Befragungen in Bayern seit der Kommunalwahl 2008 in Landkreisen und kreisfreien Städten durchgeführt? 3.1 Wie wurde von der Staatsregierung deren Rechtmäßigkeit in Bezug auf datenschutz- und beteiligungsrechtliche Belange vor und während der Umsetzung sowie bei der Verwertung der Ergebnisse sichergestellt? 3.2 Wie erfolgt die Auswertung der ausgefüllten Fragebögen der Jugendumfrage 2017 (bitte bei der Antwort auf den Personenkreis eingehen, der Zugriffsrechte besitzt und auf die konkreten Arbeitsschritte bis zu den Planungen zukünftiger Maßnahmen, die auf den Daten beruhen)? 4. Wer hat bei den Jugendbefragungen entschieden, ob die Fragen in den Jugendbefragungen mit dem Ziel „Wünsche, Bedürfnisse und Interessen“ nach SGB VIII vereinbar sind? Eine Zuständigkeit der Staatsregierung besteht hier nicht (s. Vorbemerkung). Erkenntnisse hierzu liegen daher nicht vor. 4.1 Sind die einzelnen Fragen in den Fragebögen der Jugendbefragungen des Landkreises Würzburg in den Jahren 2011 und 2017 nach Meinung der Staatsregierung vereinbar mit den Rechtsgrundlagen und Zielen der Jugendbefragung, z. B. Fragen wie „warst Du schon einmal Opfer von Cybermobbing “ und „wer war für das Mobbing gegen Dich verantwortlich“ oder „wie belastend sind für Dich Schwierigkeiten/Ärger mit FreundInnen, Streit mit Eltern und Geschwistern, Gewalt in der Familie, Geldsorgen, Angst vor Überforderung, Bedrohungen , Hänseleien” etc. oder auch Fragen nach der Höhe des Taschengeldes? Hierzu wurde eine rechtsaufsichtliche Prüfung durch die Regierung von Unterfranken durchgeführt. Nach der Stellungnahme des Landratsamts Würzburg vom 11.12.2017 kann die Regierung von Unterfranken weder hinsichtlich der Jugendbefragung 2011 noch hinsichtlich der Jugendbefragung 2017 ein Fehlverhalten oder gar eine Rechtswidrigkeit feststellen . Dieser Ansicht schließt sich die Staatsregierung an. Gemäß §§ 79 f. SGB VIII haben die Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Gesamtverantwortung für die Erfüllung der Aufgaben nach dem SGB VIII und im Rahmen ihrer Planungsverantwortung u. a. den Bedarf unter Berücksichtigung der Wünsche, Bedürfnisse und Interessen der jungen Menschen zu ermitteln. Um diesem Auftrag gerecht zu werden, hat das Landratsamt Würzburg die Befragung 2017 unter strikter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben und in Anlehnung an die Jugendumfrage 2011 durchgeführt; der entsprechende Beschluss des Jugendhilfeausschusses wurde am 30.11.2015 einstimmig gefasst. Die bei der Umfrage verwendeten Fragebö gen entsprachen in etwa den bereits 2011 eingesetzten Bögen, die unter Beteiligung von kommunalpolitischen Vertretern, Vertretern der Gemeinde und der Jugendarbeit erstellt wurden (vgl. auch Antwort zu Frage 1.2). Die Ergebnisse der Jugendbefragung 2011, an der knapp 3.000 Jugendliche (über 20 Prozent) teilgenommen haben , wurden im Forum Jugendhilfe des Landkreises Würzburg einer breiten Öffentlichkeit vorgestellt und haben in der Folge Angebote und Veranstaltungen der öffentlichen und verbandlichen Jugendarbeit sowie des erzieherischen Kinder- und Jugendschutzes nachhaltig beeinflusst. Beispielhaft sind zu nennen neue Formate der politischen Jugendbildung , Ausbau der inklusiven Jugendarbeit, Kooperationsprojekte Jugendarbeit und Schule und die Entwicklung mig rationssensibler Konzepte. 4.2 Sind die einzelnen Fragen bei den anderen in Bayern durchgeführten Jugendbefragungen nach Meinung der Staatsregierung vereinbar mit den Rechtsgrundlagen und Zielen der Jugendbefragung (bitte begründen, falls Fragen nicht von den Rechtsgrundlagen und Zielen gedeckt sind)? 5. Wie wird die Anonymität der erhobenen Daten konkret sichergestellt (bitte auf die Art und Weise und den Ort der Erhebung sowie die Kontrolle bzw. Untersuchung der Fragebögen auf Rückverfolgbarkeit von Daten und den Einbezug von Datenschutzbeauftragten eingehen)? Eine Zuständigkeit der Staatsregierung besteht hier nicht (s. Vorbemerkung). Erkenntnis se hierzu liegen daher nicht vor. 5.1 Hält die Staatsregierung eine Identifizierung einzelner Teilnehmer im konkreten Fall der vom Landkreis Würzburg durchgeführten „Jugendbefragung 2017“ für ausgeschlossen, wenn die in EINEM Umschlag gesammelten schriftlich ausgefüllten Fragebögen oder mit einer einzelnen PIN online eingegebenen Fragebögen anzugebenden Daten die Fragen und gleichzeitig folgende persönliche Daten umfassen: Geschlecht, Geburtsjahr sowie die Frage, ob der Teilnehmer in Deutschland geboren ist oder nicht, welche Staatsangehörigkeit er/sie besitzt, welche Sprache zuhause am häufigsten gesprochen wird, aus welchem Land die beiden Elternteile kommen, wer mit dem Jugendlichen konkret in der Wohnung wohnt (Geschwister, Elternteile, Großelternteile, Partner eines Elternteils) und in welcher Gemeinde der Jugendliche wohnt, wobei die einzelnen Gemeinden zum Teil auch unter 1.000 Einwohnern umfassen (Gelchsheim 801, Sonderhofen 848) und die größte Gemeinde nur knapp über 11.000 Drucksache 17/19734 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 5 Einwohner hat (https://de.wikipedia.org/wiki/ Landkreis_W%C3%BCrzburg#St.C3.A4dte_und_ Gemeinden), während dagegen z. B. bei Wahlen der Stimmzettel und die persönlichen Daten von vornherein in zwei getrennten Wahlurnen abgegeben werden, um eine Verknüpfung von Daten und Stimmzetteln von vornherein auszuschließen? Die durch die Jugendumfrage gewonnenen Daten werden nicht vom Landratsamt Würzburg, sondern von der Universität Würzburg, Institut für empirische Bildungsfor schung, gesondert und nicht online zugänglich passwortgeschützt gespeichert und sind nur dem Institutsleiter und einer Mitarbeiterin , somit nicht Dritten, zugänglich. Es erfolgt weder eine personen- noch gemeindebezogene Auswertungen; es wird ledig lich eine Auswertung auf Landkreisebene durchgeführt . Nach der digitalen Erfassung der Fragebögen werden diese nach einer kurzen Kontrollzeit vernichtet; ebenso er - folgt nach der wissenschaftlichen Auswertung die Löschung der digitalisierten Fra gebögen, sodass auch auf diesem Weg keine Möglichkeit besteht, aus einzelnen Fragebögen Rückschlüsse zu ziehen. Im Übrigen wird auf die Antwort zu Frage 4.1 verwiesen. 5.2 Hält die Staatsregierung eine Identifizierung einzelner Teilnehmer bei anderen Jugendbefragungen für möglich? 6. Wie wurden die Jugendlichen zur freiwilligen Teilnahme an den verschiedenen Befragungen aufgefordert (bitte unterscheiden nach Information über persönliches Anschreiben, Information in der Schule, Information im Internet oder an Orten, an denen sich die Jugendlichen aufhalten)? 6.1 Wie stellt die Staatsregierung sicher, dass die Eltern und Erziehungsberechtigten die konkreten Fragen bei den Jugendbefragungen kennen und ggf. eigene Bedenken mit den Jugendlichen erörtern können? 7. Wie viele Jugendliche nahmen an den vergangenen Jugendbefragungen teil (bitte in Beziehung setzen zur Zahl der in dem Landkreis oder der kreisfreien Stadt lebenden Jugendlichen)? 7.1 Inwieweit konnten bei den bisherigen Befragungen aus den Rückläufen statistisch relevante Informationen gezogen werden (bitte erläutern, inwieweit die Rückläufe den üblichen statistischen Anforderungen genügten, die Wünsche, Interessen und Bedürfnisse der in der Region lebenden Jugendlichen in den verschiedenen Altersklassen und Geschlechtern abzubilden)? 7.2 Welche konkreten Maßnahmen wurden aus den in vergangenen Jugendbefragungen gewonnenen Informationen bereits umgesetzt? 8. Wie werden die Fragebögen aus den bisherigen Jugendbefragungen weiterbehandelt (aufgehoben , gespeichert oder vernichtet – hier bitte den Zeitpunkt angeben)? 8.1 Kann ausgeschlossen werden, dass Teilnehmer der vergangenen Befragungen auch heute noch aus dem vorhandenen Datenmaterial identifiziert werden können? 8.2 Wer hat Zugriff auf die in den bisherigen Befragungen erhobenen Informationen? Eine Zuständigkeit der Staatsregierung besteht hier nicht (s. Vorbemerkung). Erkenntnisse hierzu liegen daher nicht vor.