Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Hans Jürgen Fahn FREIE WÄHLER vom 23.11.2017 Genehmigungspraxis von Eingriffen in FFH-Gebiete in Bayern Ich frage die Staatsregierung: 1. Welche Bedeutung misst die Staatsregierung dem besonderen Schutzstatus der FFH-Gebiete (Schutzgebiete von europäischer Bedeutung mit auch europarechtlich geschützten Arten) zu? 2.1 Ist es richtig, dass laut Art. 34 und Art. 44 Bundesnaturschutzgesetz Eingriffe in FFH-Gebiete, die besonders geschützte Arten betreffen, nur in besonderen Fällen, als Ausnahme, genehmigt werden können bzw. sollen? 2.2 Wenn ja, unter welchen Voraussetzungen ist dies der Fall? 2.3 Und, wenn nein, warum? 3.1 Wie sieht die derzeitige Praxis in Bayern aus, d. h. in welchen konkreten Fällen (bitte aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken und Landkreisen für die Jahre 2000–2016) wurden solche Ausnahmegenehmigungen tatsächlich erteilt? 3.2 Wie wurde dies jeweils begründet? 4.1 Wie viele solcher Eingriffsprojekte (bitte aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken und Landkreisen) wurden von der Staatsregierung für die Jahre 2000–2016 tatsächlich untersagt? 4.2 Wie lautete die jeweilige Begründung? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 22.12.2017 Zu 1.: Europäische Vogelschutzgebiete und Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung, sog. FFH-Gebiete, bilden gemeinsam das europäische ökologische Netz „Natura 2000“. Dieses verfolgt das Ziel, das ebenso vielfältige wie unersetzliche Naturerbe Europas zu schützen. Hierbei handelt es sich um ein hohes Gut. Bayern hat mit Erlass der Bayerischen Natura-2000-Verordnung , die am 01.04.2016 in Kraft getreten ist, nach den Europäischen Vogelschutzgebieten auch die bereits vor über zehn Jahren an die EU gemeldeten FFH-Gebiete rechtsverbindlich festgesetzt und seine diesbezüglichen europarechtlichen Pflichten erfüllt. Zu 2.1, 2.2, 2.3: Die Beurteilung von Eingriffen in Natura-2000-Gebiete stellt sich nach dem FFH-Recht differenziert dar: Gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) ist entscheidend, ob der jeweilige Eingriff bzw. das jeweilige Projekt zu einer erheblichen Beeinträchtigung der Schutzgüter des betroffenen Natura-2000-Gebiets führen kann. Dies ist im Rahmen einer Verträglichkeitsabschätzung bzw. -prüfung zu klären. Sofern eine erhebliche Beeinträchtigung eintreten kann, ist das Projekt gem. § 34 Abs. 2 BNatSchG grundsätzlich unzulässig. In engen Ausnahmefällen besteht die Möglichkeit, das Projekt dennoch zuzulassen. Dies ist der Fall, wenn für die Verwirklichung des Projekts zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses vorliegen und keine zumutbaren Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, gegeben sind (vgl. § 34 Abs. 3 BNatSchG). Für bestimmte, sog. prioritäre Arten und Lebensraumtypen, gelten erhöhte Anforderungen (vgl. § 34 Abs. 4 BNatSchG). Sofern eine Ausnahme erteilt werden kann, müssen zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes Natura-2000 bestimmte Ausgleichsmaßnahmen (sog. Kohärenzmaßnahmen ) vorgesehen werden (vgl. § 34 Abs. 5 BNatSchG). Für bestimmte Natura-2000-Arten sind über die Vorschriften des FFH-Rechts hinaus die Vorgaben des besonderen Artenschutzes, insbesondere die dort geregelten Zugriffs-, Besitz-, und Vermarktungsverbote, einschlägig (vgl. § 44 Abs. 1, 2 BNatSchG). Eine Ausnahme von diesen Verboten kann erteilt werden, wenn zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses vorliegen, keine Alternative gegeben ist und sich der Erhaltungszustand der Populationen der betroffenen Arten nicht verschlechtert (vgl. § 45 Abs. 7 BNatSchG). Zu 3.1: Hierzu liegen der Staatsregierung keine Informationen vor. Zuständig ist die jeweilige Behörde gem. Art. 22 BayNatSchG. Zu 3.2: Siehe Frage 3.1. Zu 4.1: Von der Staatsregierung wurden keine Projekte untersagt . Zuständig ist die jeweilige Behörde gem. Art. 22 BayNatSchG. Im Übrigen siehe Frage 3.1. Zu 4.2: Siehe Frage 4.1. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de–Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 14.06.2018 Drucksache 17/19780 Bayerischer Landtag