Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Christian Magerl BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 06.12.2017 Ungereimtheiten beim „Bericht über Kiesgrube/Deponie Odelsham“ Gemäß dem Landtagsbeschluss auf Drs.17/9019 erstattete die Staatsministerin für Umwelt und Verbraucherschutz Ulrike Scharf mit Schreiben vom 05.02.2016 einen „abschließenden Bericht“. Wie eine spätere Akteneinsicht ergab, sind einige Ungereimtheiten festzustellen. Auf diesen Bericht beziehen sich die folgenden Fragen. 1. Wieso heißt es in dem Bericht: „Es erfolgten keine Beanstandungen. Verstöße gegen Auflagen wurden nicht festgestellt“, obwohl in mindestens einem Fall ein Zwangsgeld gegen die Zosseder GmbH festgesetzt wurde (im Jahr 2012 5.000 Euro wegen Verfüllung von Material mit unerlaubt hohem PAK-Gehalt in der Kiesgrube ; PAK = polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe )? 2. a) Wie viele und welche weiteren Verstöße gegen die Auflagen wurden bislang festgestellt? b) Wie wurden diese geahndet? c) Falls diese Verstöße nicht geahndet wurden, weshalb nicht? 3. a) Wieso heißt es in dem Bericht: „Auch vom Landratsamt werden Ortseinsichten vorgenommen“, obwohl laut Akten durch das Landratsamt Rosenheim von 2008 bis 2016 keine Ortseinsichten vorgenommen worden waren? b) Wann wurden von welchen Behörden Ortseinsichten vorgenommen und welche Erkenntnisse wurden dabei gewonnen? 4. Wieso wurde von der Zosseder GmbH keine spezielle artenschutzrechtliche Prüfung angefordert, obwohl die Regierung von Oberbayern 2012 festgestellt hatte, dass mit dem Kiesabbau wegen der fehlenden Genehmigung unzulässigerweise begonnen worden war? 5. a) Wann wurde festgestellt, dass die Zosseder GmbH laut Bericht offenbar davon ausging, dass die erteilte Teilabbaugenehmigung völlig ausreiche und deshalb „keine weiteren Genehmigungen oder Unterlagen vorzulegen seien“? b) Wann wurde die Zosseder GmbH auf diesen Irrtum von wem hingewiesen? c) Falls dies nicht erfolgt sein sollte, weshalb nicht? 6. Wurde mittlerweile nachträglich eine Ausnahmegenehmigung erteilt, wenn ja, wann und aus welchen Gründen? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 05.01.2018 1. Wieso heißt es in dem Bericht: „Es erfolgten keine Beanstandungen. Verstöße gegen Auflagen wurden nicht festgestellt“, obwohl in mindestens einem Fall ein Zwangsgeld gegen die Zosseder GmbH festgesetzt wurde (im Jahr 2012 5.000 Euro wegen Verfüllung von Material mit unerlaubt hohem PAK-Gehalt in der Kiesgrube; PAK = polyzyklische aromatische Kohlenwasserstoffe)? Das mit Schreiben des Landratsamts Rosenheim vom 21.06.2012 fällig gestellte Zwangsgeld wurde deshalb verbeschieden , da bei einer Fremdüberwachung festgestellt wurde, dass bei ca. 60 m³ des verfüllten Materials die zulässigen Zuordnungswerte von Z-2 überschritten wurden. Das belastete Material wurde daraufhin ausgebaut und ordnungsgemäß entsorgt. Die als Grundlage für den Bericht vom 05.02.2017 vom zuständigen Landratsamt zur Verfügung gestellten Informationen enthielten keine Hinweise auf diesen Einzelfall. 2. a) Wie viele und welche weiteren Verstöße gegen die Auflagen wurden bislang festgestellt? b) Wie wurden diese geahndet? c) Falls diese Verstöße nicht geahndet wurden, weshalb nicht? Nach Aussage des zuständigen Landratsamts Rosenheim wurden im Zusammenhang mit der Kiesgrube Odelsham durch das Landratsamt Rosenheim keine weiteren Verstöße festgestellt. 3. a) Wieso heißt es in dem Bericht: „Auch vom Landratsamt werden Ortseinsichten vorgenommen“, obwohl laut Akten durch das Landratsamt Rosenheim von 2008 bis 2016 keine Ortseinsichten vorgenommen worden waren? b) Wann wurden von welchen Behörden Ortseinsichten vorgenommen und welche Erkenntnisse wurden dabei gewonnen? Nach Auskunft des Landratsamts Rosenheim wurden Ortseinsichten vorgenommen, diese wurden jedoch in den Akten nicht dokumentiert, da weder Beanstandungen noch besondere Vorkommnisse festgestellt wurden. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de–Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 22.06.2018 Drucksache 17/19790 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/19790 4. Wieso wurde von der Zosseder GmbH keine spezielle artenschutzrechtliche Prüfung angefordert, obwohl die Regierung von Oberbayern 2012 festgestellt hatte, dass mit dem Kiesabbau wegen der fehlenden Genehmigung unzulässigerweise begonnen worden war? Die Gemeinde Babensham beantragte für die Änderung ihres Flächennutzungsplans bei der höheren Naturschutzbehörde eine Inaussichtstellung der artenschutzrechtlichen Ausnahme für das Vorhaben und legte hierzu eine saP- Studie vor (Gutachten zur saP des Planungsbüros Köppel Landschaftsarchitekt vom 15.06.2007; saP = spezielle artenschutzrechtliche Prüfung). Die Inaussichtstellung der artenschutzrechtlichen Ausnahme durch die Regierung von Oberbayern gegenüber der Gemeinde Babensham erfolgte aufgrund dieser Unterlagen am 11.02.2008. Mit Bescheid vom 29.04.2008 wurde der Vorhabenträgerin vom Landratsamt Rosenheim eine Teilabgrabungsgenehmigung erteilt. Die wasserrechtliche Erlaubnis für den Kiesabbau mit anschließender Wiederverfüllung wurde nach Vorliegen sämtlicher Stellungnahmen am 13.08.2009 vom Landratsamt erteilt. Sämtliche in der Inaussichtstellung angekündigten artenschutzrechtlichen Auflagen wurden in den Bescheid übernommen. Eine saP-Studie für die Genehmigung eines Vorhabens umfasst – die erforderlichen fachlichen Grundlagen für die Prüfung artenschutzrechtlicher Verbotstatbestände und ggf. Ausnahmevoraussetzungen durch die Genehmigungsbehörde und – ein Konzept für die artenschutzrechtlichen Vermeidungs-, Minimierungs- und Ausgleichsmaßnahmen. Auf die Vorlage einer solchen Studie durch den Vorhabenträger kann im Einzelfall verzichtet werden, wenn und soweit die erforderlichen Informationen bereits vorliegen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Vorhabengenehmigung ein Bauleitplanverfahren mit Inaussichtstellung vorausgegangen ist und die Gemeinde im Rahmen dieses Verfahrens bereits eine vollständige saP-Studie einschließlich eines geeigneten Maßnahmenkonzepts vorgelegt hat, sich die Sachlage seitdem nicht in relevanter Weise verändert hat und die Umsetzung der erforderlichen Maßnahmen durch die Gemeinde und/oder den Vorhabenträger sichergestellt ist. Im vorliegenden Fall bestand aus Sicht der zuständigen Behörden vor Ort keine Veranlassung, von der Vorhabenträgerin eine erneute saP-Studie anzufordern, da die erforderlichen Informationen im Rahmen der Änderung des Flächennutzungsplans der Gemeinde Babensham der Regierung von Oberbayern vorgelegt wurden. Die erforderlichen artenschutzrechtlichen Maßnahmen wurden im wasserrechtlichen Bescheid des Landratsamts Rosenheim vom 13.08.2009 verbindlich festgelegt und auch beachtet bzw. sukzessive umgesetzt. 5. a) Wann wurde festgestellt, dass die Zosseder GmbH laut Bericht offenbar davon ausging, dass die erteilte Teilabbaugenehmigung völlig ausreiche und deshalb „keine weiteren Genehmigungen oder Unterlagen vorzulegen seien“? b) Wann wurde die Zosseder GmbH auf diesen Irrtum von wem hingewiesen? c) Falls dies nicht erfolgt sein sollte, weshalb nicht? 6. Wurde mittlerweile nachträglich eine Ausnahmegenehmigung erteilt, wenn ja, wann und aus welchen Gründen? Nachdem im Jahr 2012 von der Regierung von Oberbayern festgestellt wurde, dass für den bereits begonnenen Kiesabbau keine formale artenschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung vorlag, wurde von der höheren Naturschutzbehörde geprüft, ob im Nachhinein eine solche Genehmigung erteilt werden sollte; davon wurde aus folgenden Gründen abgesehen : Die von der Regierung von Oberbayern im Rahmen der Inaussichtstellung mitgeteilten Auflagen zum Artenschutz wurden vollständig in die wasserrechtliche Erlaubnis des Landratsamts Rosenheim integriert. Damit wurde den artenschutzrechtlichen Belangen materiell Rechnung getragen; dies wurde der Firma Zosseder mit Schreiben der Regierung von Oberbayern vom 14.12.2015 mitgeteilt. Eine nachträgliche artenschutzrechtliche Genehmigung hätte inhaltlich zu keinem anderen Ergebnis geführt. Da das Vorhaben bereits begonnen war und alle Maßnahmen wie vorgesehen umgesetzt wurden, wurde davon abgesehen, im Nachhi nein einen formalen artenschutzrechtlichen Genehmigungsbescheid zu erlassen.