Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Markus Rinderspacher SPD vom 06.11.2017 Chinesisch kontrollierte Unternehmen und Investi tionen in Bayern I Ich frage die Staatsregierung, ob ihr Kenntnisse zu den nachfolgenden Fragen vorliegen: 1.1 Wie viele chinesisch kontrollierte Firmen gibt es in Bayern seit 2009 (bitte nach Jahren, Regierungsbezirken , Landkreisen, kreisfreien Städten aufschlüsseln)? 1.2 Wie viele und welche konkreten Übernahmen bayerischer Unternehmen durch chinesische Firmen haben seit 2009 stattgefunden (bitte nach Jahren und im Einzelnen aufschlüsseln)? 1.3 In welchen Branchen fanden seit 2009 chinesische Übernahmen, Fusionen und Neugründungen in Bayern statt (bitte nach diesen drei Kriterien und Branchen aufschlüsseln)? 2.1 In welcher Höhe haben chinesische Unternehmen Investitionen in Bayern seit 2009 getätigt (bitte nach Jahren und Regierungsbezirken, Landkreisen und kreisfreien Städten aufschlüsseln)? 2.2 In welchen Branchen wurden die chinesischen Investitionen in welcher Höhe seitdem getätigt (bitte nach Jahren und Regierungsbezirken, Landkreisen und kreisfreien Städten aufschlüsseln)? 2.3 Welchen Anteil machen die chinesischen Investitionen im Vergleich zu anderen ausländischen Investitionen in Bayern aus (bitte Angabe in absoluten Zahlen und prozentual)? 3.1 Wie viele Joint Ventures zwischen bayerischen und chinesischen Unternehmen sind seit 2009 entstanden (bitte nach Regierungsbezirken, Landkreisen und kreisfreien Städten aufschlüsseln)? 3.2 In welchen Branchen sind die Joint Ventures überwiegend entstanden? 3.3 Welche sogenannten feindlichen Übernahmen in Bayern durch chinesische Unternehmen sind der Staatsregierung bekannt? 4.1 Wie viele Beschäftigte gibt es in chinesischen Unternehmen in Bayern (bitte nach Jahren, Regierungsbezirken , Landkreisen, kreisfreien Städten aufschlüsseln )? 4.2 Welche Kenntnisse hat die Staatsregierung über die Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer in chinesisch kontrollierten Unternehmen in Bayern? 4.3 Welche konkreten chinesisch kontrollierten Unternehmen in Bayern kamen seit 2009 in den Genuss bayerischer Wirtschaftsförderung (bitte nach Jahren, Fördersumme , Förderprojekt)? 5.1 Inwieweit erfolgt eine Kontrolle der chineschen Investitionen in besonders sensiblen Branchen, um der Aufgabe von technischem Know-how und dem Verlust von Schlüsseltechnologien zu begegnen? 5.2 Wie lassen sich sogenannte feindliche Übernahmen durch chinesische Konzerne verhindern? 5.3 Welche Risiken können aus Sicht der Staatsregierung für die hiesige Wirtschaft prinzipiell entstehen, wenn Investoren aus China deutsche Unternehmen kaufen? Antwort des Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie vom 08.01.2018 1.1 Wie viele chinesisch kontrollierte Firmen gibt es in Bayern seit 2009 (bitte nach Jahren, Regierungs bezirken, Landkreisen, kreisfreien Städten auf schlüsseln)? 1.2 Wie viele und welche konkreten Übernahmen bay erischer Unternehmen durch chinesische Firmen haben seit 2009 stattgefunden (bitte nach Jahren und im Einzelnen aufschlüsseln)? 1.3 In welchen Branchen fanden seit 2009 chinesische Übernahmen, Fusionen und Neugründungen in Bayern statt (bitte nach diesen drei Kriterien und Branchen aufschlüsseln)? 2.1 In welcher Höhe haben chinesische Unternehmen Investitionen in Bayern seit 2009 getätigt (bitte nach Jahren und Regierungsbezirken, Landkrei sen und kreisfreien Städten aufschlüsseln)? 2.2 In welchen Branchen wurden die chinesischen In vestitionen in welcher Höhe seitdem getätigt (bitte nach Jahren und Regierungsbezirken, Landkrei sen und kreisfreien Städten aufschlüsseln)? 2.3 Welchen Anteil machen die chinesischen Investi tionen im Vergleich zu anderen ausländischen In vestitionen in Bayern aus (bitte Angabe in absolu ten Zahlen und prozentual)? 3.1 Wie viele Joint Ventures zwischen bayerischen und chinesischen Unternehmen sind seit 2009 ent standen (bitte nach Regierungsbezirken, Landkrei sen und kreisfreien Städten aufschlüsseln)? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de–Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 22.06.2018 Drucksache 17/19796 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/19796 3.2 In welchen Branchen sind die Joint Ventures über wiegend entstanden? 3.3 Welche sogenannten feindlichen Übernahmen in Bayern durch chinesische Unternehmen sind der Staatsregierung bekannt? 4.1 Wie viele Beschäftigte gibt es in chinesischen Unternehmen in Bayern (bitte nach Jahren, Regie rungsbezirken, Landkreisen, kreisfreien Städten aufschlüsseln)? Zu diesen Fragen liegen der Staatsregierung keine amtlichen Statistiken bzw. gesicherten Daten vor. Auf der Basis der Veröffentlichungen der Bundesbank zu den ausländischen Direktinvestitionen in Deutschland, verschiedenen Studien von Wirtschaftsberatungsunternehmen und Wirtschaftsforschungsinstituten, den Aktivitäten von Invest in Bavaria und anderen Quellen hat die Staatsregierung folgende Einschätzungen: Laut einer Studie im Auftrag der Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V. vom Mai 2017 (Ausländische Direktinvestitionen – ein Blick auf das Investitionsengagement Bayerns und Chinas) lag der Bestand an Direktinvestitionen aus China in Bayern 2014 bei 341 Mio. Euro (Deutschland insgesamt 1,6 Mrd. Euro, das entspricht einem Anteil von 0,3 Prozent am gesamten Bestand ausländischer Direktinvestitionen ). Dieser Bestand dürfte sich mit dem starken Anstieg der chinesischen Direktinvestitionen in Deutschland (2016: 11 Mrd. Euro) sehr deutlich erhöht haben. In Bayern haben zu diesem Anstieg u. a. die Übernahmen von Linde Hydraulics (Aschaffenburg), von KUKA (Augsburg ), von Krauss-Maffei (München) und von Preh (Bad Neustadt) beigetragen. Trotz dieses starken Anstiegs ist der Anteil der chinesischen Direktinvestitionen am gesamten Zufluss und Bestand an Direktinvestitionen nach wie vor gering. Der weit überwiegende Anteil an Direktinvestitionen stammt aus EU-Staaten und den USA. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die Daten zu den Auslandsinvestitionen aufgrund ihrer statistischen Verfügbarkeit zwar oft als Messgröße für die internationale Kapitalverflechtung herangezogen werden, dass aber daraus nicht unmittelbar auf die Beherrschungsverhältnisse geschlossen werden kann. Die Staatsregierung geht davon aus, dass aktuell ca. 300 chinesische Unternehmen Sitz oder Niederlassung in Bayern haben. Chinesische Direktinvestitionen zielen – soweit bekannt – vor allem auf die von der chinesischen Regierung im Plan „Made in China 2025“ definierten Branchen (u. a. Robotik, Automotive, Medizin/Pharma, Biotechnologie). 4.2 Welche Kenntnisse hat die Staatsregierung über die Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer in chinesisch kontrollierten Unternehmen in Bayern? Laut einer Studie mit Beteiligung der Hans-Böckler-Stiftung werden die Mitbestimmungsrechte der Arbeitnehmer gewahrt . Die dort befragten Betriebsräte äußern ein hohes Maß an Zufriedenheit mit den chinesischen Eigentümern. 4.3 Welche konkreten chinesisch kontrollierten Unter nehmen in Bayern kamen seit 2009 in den Genuss bayerischer Wirtschaftsförderung (bitte nach Jah ren, Fördersumme, Förderprojekt)? Entsprechend den Förderrichtlinien ist Fördervoraussetzung regelmäßig der Unternehmenssitz in Bayern, nicht die Herkunft der Eigentümer. Die zur Beantwortung der Frage notwendigen Daten werden daher nicht erfasst. 5.1 Inwieweit erfolgt eine Kontrolle der chineschen In vestitionen in besonders sensiblen Branchen, um der Aufgabe von technischem Knowhow und dem Verlust von Schlüsseltechnologien zu begegnen? Die Möglichkeiten einer Kontrolle richten sich nach den Bestimmungen des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung . 5.2 Wie lassen sich sogenannte feindliche Übernah men durch chinesische Konzerne verhindern? Ausländische Investitionen unterliegen in Deutschland – unabhängig vom Herkunftsland – den Bestimmungen des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung . Im Juli 2017 hat das Bundeskabinett eine Änderung der Außenwirtschaftsverordnung beschlossen und damit Vorschläge aus einem entsprechenden bayerischen Entschließungsantrag im Bundesrat teilweise aufgegriffen. Durch die Änderung werden bei ausländischen Investitionen umfassendere Prüfungen möglich als bislang. Die Bundesregierung legt dabei künftig einen erweiterten Sicherheitsbegriff zugrunde. Sie hat den Tatbestand der Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung weiter ausgelegt und auch auf kritische Infrastrukturen, wie etwa IT-Netzwerke, ausgedehnt. Aus bayerischer Sicht sind diese Änderungen im Außenwirtschaftsrecht zweckmäßig, weil bei ausländischen Investitionen künftig auf Grundlage eines erweiterten Sicherheitsbegriffs umfassendere Prüfungen auf nationaler Ebene möglich sind als bislang. 5.3 Welche Risiken können aus Sicht der Staatsregie rung für die hiesige Wirtschaft prinzipiell entste hen, wenn Investoren aus China deutsche Unter nehmen kaufen? Aufgrund ihrer starken Exportorientierung und ihrer überdurchschnittlichen Verflechtung in weltweite Wertschöpfungsketten ist die bayerische Wirtschaft besonders auf offene Märkte und freien Güter- und Kapitalverkehr angewiesen . Zur Wahrung unserer technologischen Souveränität muss andererseits besonders in sensiblen Hochtechnologiebereichen und Schlüsseltechnologien ein ausgewogener Weg gefunden werden zwischen der Offenheit für ausländische Investoren und dem Schutz vor gezielter wettbewerbsverzerrender staatlich gelenkter Industriepolitik. Unternehmen aus anderen Ländern, unterstützt durch den dortigen Staat, sollten nicht gezielt und hin und wieder auch zu nicht marktkonformen Preisen industrielle Kernkompetenzen aufkaufen können. Wir wollen nicht, dass Deutschland so die Technologieführerschaft verliert. Durch die vorgesehene Änderung des Außenwirtschaftsgesetzes kann diesem Anliegen in Zukunft besser Rechnung getragen werden.