Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Martina Fehlner SPD vom 16.11.2017 Illegale Abwasserentsorgung bei Hotelschiffen auf Bay erns Flüssen Nach einem Medienbericht vom 18.10.2017 im „Main-Echo“ leiten Hotelschiffe Abwasser fast täglich in den Main bei Aschaffenburg und Miltenberg. Die Wasserschutzpolizei möchte zukünftig mit einem Schwerpunktprogramm gezielt gegen diese Praktik vorgehen. Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung: 1. a) Teilt die Staatsregierung die Feststellung der Wasserschutzpolizei , dass Hotelschiffe zunehmend ihr ungeklärtes Abwasser illegal in Bayerns Flüsse ableiten? b) Sind außer dem Main weitere bayerische Flüsse davon besonders betroffen? 2. In welchem Umfang (d. h. wie oft und von wem) werden derzeit entsprechende Kontrollen durchgeführt? 3. Welche Maßnahmen wird das angekündigte Schwerpunktprogramm der Wasserschutzpolizeien umfassen ? 4. Verfügt die Wasserschutzpolizei über genügend Personal , um verstärkt Kontrollen auf den Flüssen durchzuführen ? 5. Welche technischen und rechtlichen Möglichkeiten gibt es für die Behörden, nachzuweisen, dass ein bestimmtes Schiff seine Kläranlage nicht sachgemäß betreibt ? 6. Welche rechtliche Handhabe gibt es, Reedereien in die Pflicht zu nehmen, das Abwasser in den vorgeschriebenen schiffseigenen Anlagen zu reinigen? 7. Gibt es Untersuchungen und Erfahrungswerte, in welchem Umfang die illegale Abwasserentsorgung die Wasserqualität der bayerischen Flüsse und möglicherweise Flora und Fauna an den Ufern beeinträchtigt? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucher schutz im Einvernehmen mit dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr vom 08.01.2017 Vorbemerkung: Die Sammlung, Abgabe und Annahme von Abfällen in der Rhein- und Binnenschifffahrt ist durch das CDNI-Übereinkommen geregelt. Dieses nach seiner französischen Bezeichnung abgekürzte Übereinkommen wurde 1996 von Belgien, Deutschland, Frankreich, Luxemburg, den Niederlanden und der Schweiz in Straßburg unterzeichnet, ist am 01.11.2009 in Kraft getreten und wurde mit einem Ausführungsgesetz des Bundes (Binnenschifffahrt-Abfallübereinkommen -Ausführungsgesetz) in deutsches Recht überführt. Nach dem CDNI-Übereinkommen darf häusliches Abwasser von Fahrgastschiffen, die für die Beförderung von mehr als 50 Personen zugelassen sind, nicht mehr unbehandelt in die Gewässer eingeleitet werden. Der Schiffsführer ist verpflichtet , das Abwasser in geeigneter Weise gesammelt bei einer Annahmestelle an Land abzugeben oder es mit einer zugelassenen Bordkläranlage aufzubereiten. Nähere Regelungen dazu, insbesondere zu den Parametern und Grenzwerten für die Bordkläranlagen, enthalten die Verordnungen auf der Grundlage des CDNI, die am 17.12.2010 und am 22.11.2016 in Kraft getreten sind. Das Typgenehmigungsverfahren für Bordkläranlagen sowie weitere Regelungen sind in der Binnenschiffsuntersuchungsordnung beschrieben . Für die Überwachung der Einhaltung der Vorschriften des CDNI „auf dem Wasser“ ist in Bayern seit einer entsprechenden Änderung der Abfallzuständigkeitsverordnung die Wasserschutzpolizei zuständig. Im Rahmen dieser Zuständigkeit wird auch überwacht, ob die Regeln für den Umgang mit häuslichem Abwasser auf Fahrgastschiffen eingehalten werden. Daneben führt das Landesamt für Umwelt im Auftrag des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz derzeit ein Projekt durch, bei dem in enger Zusammenarbeit mit der Wasserschutzpolizei an verschiedenen Standorten in Bayern Schiffskläranlagen auf Fahrgastschiffen stichpunktartig beprobt werden, um Erfahrungswerte über deren Zustand und Reinigungsleistung zu sammeln. 1. a) Teilt die Staatsregierung die Feststellung der Was serschutzpolizei, dass Hotelschiffe zunehmend ihr ungeklärtes Abwasser illegal in Bayerns Flüsse ableiten? In Rahmen der Überwachungstätigkeit der Wasserschutzpolizei und des o. g. Projekts wird u. a. die Einhaltung der Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de–Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 22.06.2018 Drucksache 17/19810 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/19810 vorgegeben Grenzwerte des CDNI-Übereinkommens im Ablauf der Bordkläranlage durch das Landesamt für Umwelt geprüft. Eine Beprobung des Abwassers erfolgt derzeit ausschließlich im Rahmen des o. g. Projekts durch das Landesamt für Umwelt. Bei der Analyse der genommenen Proben konnte in einzelnen Fällen festgestellt werden, dass die Bordkläranlage der Fahrgastkabinenschiffe nicht die geforderte Reinigungsleistung im Ablauf erzielte. Eine Zunahme der Einleitung von ungeklärtem Abwasser in Bayerns Flüsse ist aus diesen Untersuchungen und der sonstigen Überwachungstätigkeit nicht belegbar. b) Sind außer dem Main weitere bayerische Flüsse davon besonders betroffen? Unter den Anwendungsbereich des CDNI fallen in Bayern die Bundeswasserstraßen Main, Main-Donau-Kanal und Donau. Im Hinblick auf die Einhaltung der Anforderungen des CDNI an Fahrgastschiffe ist eine besondere Betroffenheit einzelner Wasserstraßen nicht erkennbar. 2. In welchem Umfang (d. h. wie oft und von wem) werden derzeit entsprechende Kontrollen durch geführt? Insgesamt wurden im Kalenderjahr 2017 von den zuständigen Beamten der Bayerischen Polizei (Wasserschutzpolizei ) bis zum 30.11.2017 613 allgemeine Fahrgastschiffskontrollen durchgeführt. Im Rahmen dieser Kontrollen werden u. a. auch die Anforderungen des CDNI überprüft. Daneben werden im Rahmen des o. g. Projekts derzeit stichprobenartig spezielle Kontrollen und Beprobungen der Schiffskläranlagen durch das Landesamt für Umwelt zusammen mit den örtlichen Wasserschutzpolizeigruppen durchgeführt. Bisher fanden sechs derartige spezifische Kontrollkampagnen mit jeweils eintägiger Dauer an verschiedenen Standorten in Bayern statt. 3. Welche Maßnahmen wird das angekündigte Schwerpunktprogramm der Wasserschutzpolizei en umfassen? Die Bayerische Polizei (Wasserschutzpolizei) hat hierzu kein Schwerpunktprogramm angekündigt. Die Wasserschutzpolizei wird weiterhin allgemeine Kontrollen von Fahrgastschiffen durchführen. Im Rahmen dieser Kontrollen wird u. a. auch die Abwasserentsorgung der Fahrgastschiffe geprüft. 4. Verfügt die Wasserschutzpolizei über genügend Personal, um verstärkt Kontrollen auf den Flüssen durchzuführen? Neun Dienststellen der Bayerischen Polizei übernehmen die wasserschutzpolizeilichen Aufgaben an den Bundeswasserstraßen in Bayern. Die Personalausstattung der Bayerischen Polizei (Wasserschutzpolizei) reicht zur Bewältigung der ihr übertragenen Aufgaben, auch vor dem Hintergrund aktueller Herausforderungen, aus. 5. Welche technischen und rechtlichen Möglichkei ten gibt es für die Behörden, nachzuweisen, dass ein bestimmtes Schiff seine Kläranlage nicht sach gemäß betreibt? Die technischen Anforderungen an Schiffskläranlagen auf Fahrgastschiffen sowie der Umgang mit dem anfallenden Klärschlamm sind durch das CDNI-Übereinkommen, das Binnenschifffahrt-Abfallübereinkommen-Ausführungsgesetz und die Binnenschiffsuntersuchungsordnung geregelt. Beispielweise müssen Grenzwerte für bestimmte Abwasserparameter im Ablauf der Bordkläranlage eingehalten werden . Eine Probenahme und anschließende Analytik auf die einzuhaltenden Abwasserparameter geben Aufschluss, ob die Schiffskläranlage die rechtlichen Anforderungen erfüllt. Weiterhin ist der Klärschlamm an den Anlegestellen gegen Nachweis zu entsorgen. Weitere technische Möglichkeiten zur Überwachung von Schiffskläranlagen gem. CDNI-Übereinkommen werden im Rahmen des Projekts am Landesamt für Umwelt erarbeitet und mit Projektende den zuständigen Behörden zur Verfügung gestellt. Festgestellten Verstößen geht die Wasserschutzpolizei nach und leitet die erforderlichen Maßnahmen (z. B. Ordnungswidrigkeitenverfahren ) ein. 6. Welche rechtliche Handhabe gibt es, Reedereien in die Pflicht zu nehmen, das Abwasser in den vorge schriebenen schiffseigenen Anlagen zu reinigen? Nach dem CDNI-Übereinkommen ist die Einleitung von häuslichem Abwasser in das Gewässer für Fahrgastschiffe, die für die Beförderung von mehr als 50 Personen zugelassen sind, verboten. Ausgenommen von dem Verbot sind Fahrgastschiffe, die über eine zugelassene Bordkläranlage verfügen, welche die vorgegeben Grenz- und Überwachungswerte einhält. Weiterhin schreibt auch die Binnenschiffsuntersuchungsordnung vor, dass Fahrgastschiffe für die Sammlung und Entsorgung häuslicher Abwässer über geeignete Sammeltanks verfügen müssen oder mit Bordkläranlagen ausgestattet sein müssen, die den speziellen Anforderungen entsprechen. Es obliegt dem jeweiligen Schiffsführer, diesen Verpflichtungen nachzukommen. Festgestellten Verstößen geht die Wasserschutzpolizei nach und leitet die erforderlichen Maßnahmen ein. 7. Gibt es Untersuchungen und Erfahrungswerte, in welchem Umfang die illegale Abwasserentsor gung die Wasserqualität der bayerischen Flüsse und möglicherweise Flora und Fauna an den Ufern beeinträchtigt? Eine abschließende Aussage ist erst nach Abschluss des Projekts des Landesamts für Umwelt und aller Untersuchungen möglich. Nach derzeitigem Kenntnisstand ist eine nachweisbare Beeinträchtigung der Gewässerqualität aufgrund der sich einstellenden Verdünnung aber nicht zu erwarten .