Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Klaus Adelt SPD vom 21.11.2017 Wettbewerbsverzerrung durch Amazon II Ich frage die Staatsregierung: 1.1 Wie viele Marktplatzhändler handeln nach Kenntnis der Staatsregierung derzeit auf dem DE-Marktplatz von Amazon und eBay (bitte aufgeschlüsselt nach Plattform)? 1.2 Wie viele davon sind aktiv? 1.3 Aus welchen Ursprungsländern kommen nach Kenntnis der Staatsregierung die auf dem deutschen Markt von Amazon und eBay aktiven Händler (bitte aufgegliedert nach Ländern, Plattform, prozentual und Summe der Händler)? 2.1 Wie viele der aus Deutschland stammenden aktiven Händler haben ihren Sitz in Bayern (bitte aufgegliedert nach Regierungsbezirken und Plattform)? 2.2 Wie viele der entsprechenden Händler sind bei den Finanzämtern registriert (bitte aufgegliedert nach Ursprungsland und Plattform)? 3.1 Wie viel Umsatz wurde nach Kenntnis der Staatsregierung im Jahr 2016 auf dem DE-Markt von Amazon durch die Marktplatzhändler generiert? 3.2 Wie viel Umsatz wurde nach Kenntnis der Staatsregierung im Jahr 2016 auf dem DE-Markt von eBay durch die Marktplatzhändler generiert? 4.1 Wie erklärt sich die Staatsregierung ggf. den Umstand, dass Händler aus Drittstaaten auf den deutschen Onlinemarktplätzen von eBay und Amazon zwar aktiv , nicht aber bei deutschen Finanzämtern registriert sind? 4.2 Lässt sich daraus schlussfolgern, dass möglicherweise von diesen Händlern keine Umsatzsteuer berechnet wird? 4.3 Wie hoch schätzt die Staatsregierung den finanziellen Schaden für den Fiskus in Deutschland und Bayern ein, der 2016 durch die Nichtberechnung der Umsatzsteuer durch Marktplatzhändler entstanden ist? Antwort des Staatsministeriums für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Finanzen, für Landesentwicklung und Heimat vom 16.01.2018 1.1 Wie viele Marktplatzhändler handeln nach Kenntnis der Staatsregierung derzeit auf dem DE-Marktplatz von Amazon und eBay (bitte aufgeschlüsselt nach Plattform)? 1.2 Wie viele davon sind aktiv? Zu den Fragen 1.1 und 1.2 liegen der Staatsregierung keine belastbaren Erkenntnisse vor. In diesem Zusammenhang sei aber darauf hingewiesen, dass nach einer aktuellen stichprobenartigen Erhebung zu Informations- und Kommunikationstechnologien in Unternehmen 2017 des Landesamtes für Statistik und Datenverarbeitung inzwischen ca. 10,6 Prozent aller bayerischen Unternehmen über von mehreren Unternehmen genutzte Onlinemarktplätze zum Handel von Waren und Dienstleistungen Verkäufe tätigen. Eine Aufschlüsselung dieser Statistik nach Marktplätzen ist nicht möglich. 1.3 Aus welchen Ursprungsländern kommen nach Kenntnis der Staatsregierung die auf dem deutschen Markt von Amazon und eBay aktiven Händler (bitte aufgegliedert nach Ländern, Plattform, prozentual und Summe der Händler)? Ebenso wie zur Zahl der auf den Amazon- bzw. eBay-Marktplätzen aktiven Händler liegen keine Erkenntnisse über deren Herkunftsländer vor. Jedes in- oder ausländische Unternehmen kann über diese Onlinemarktplätze Waren an deutsche Kunden veräußern. Der Versand der Ware erfolgt dabei entweder direkt aus dem Land des Verkäufers an den Empfänger oder der Verkäufer nimmt zur Abwicklung der Warenversendung „Fulfillment-Dienstleistungen“ in Anspruch. Darunter ist die Gesamtheit aller Aktivitäten zu verstehen, die nach Abschluss eines Kaufvertrages für die Warenbelieferung des Kunden entstehen. Hierzu gehören insbesondere Lagerhaltung, Verpackung, Versand, Rechnungserstellung , Retouren-Management und die Kundenbetreuung während des Liefervorgangs. Diese Dienstleistungen werden oft von spezialisierten Logistikdienstleistern (z. B. DHL, Hermes) erbracht. Auch Amazon selbst bietet Fulfillment-Lösungen unter dem Namen FBA („Fulfillment by Amazon“) an. Die FBA-Leistungen umfassen nicht die steuerliche Abwicklung des Verkaufsvorgangs durch den Händler. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de–Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 15.06.2018 Drucksache 17/19825 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/19825 2.1 Wie viele der aus Deutschland stammenden aktiven Händler haben ihren Sitz in Bayern (bitte aufgegliedert nach Regierungsbezirken und Plattform )? 2.2 Wie viele der entsprechenden Händler sind bei den Finanzämtern registriert (bitte aufgegliedert nach Ursprungsland und Plattform)? 3.1 Wie viel Umsatz wurde nach Kenntnis der Staatsregierung im Jahr 2016 auf dem DE-Markt von Amazon durch die Marktplatzhändler generiert? 3.2 Wie viel Umsatz wurde nach Kenntnis der Staatsregierung im Jahr 2016 auf dem DE-Markt von eBay durch die Marktplatzhändler generiert? Zu den Fragen 3.1 und 3.2 liegen der Staatsregierung keine belastbaren Erkenntnisse vor. Laut einer Meldung der Branchenfachzeitung Lebensmittelzeitung vom 17.03.2017, die sich hierbei auf Schätzungen der Investmentbank Morgan Stanley beruft, betrug das Handelsvolumen, das Amazon über seinen deutschen Marktplatz 2016 abgewickelt hat, 23,2 Mrd. Euro. Inwieweit diese Schätzung richtig ist, kann nicht beurteilt werden. 4.1 Wie erklärt sich die Staatsregierung ggf. den Umstand , dass Händler aus Drittstaaten auf dem deutschen Onlinemarktplätzen von eBay und Amazon zwar aktiv, nicht aber bei deutschen Finanzämtern registriert sind? 4.2 Lässt sich daraus schlussfolgern, dass möglicherweise von diesen Händlern keine Umsatzsteuer berechnet wird? Versandhandelsgeschäfte von Anbietern aus Drittstaaten (außerhalb der EU) über große Onlinehandelsplattformen als sog. Fulfillment-Dienstleister unterliegen der deutschen Umsatzsteuer. Bayern ist für die Besteuerung von Unternehmen aus der Italienischen Republik, der Republik Österreich und der Republik Ungarn zuständig (vgl. § 1 Umsatzsteuerzuständigkeitsverordnung ). Es erfolgt daher keine konkrete Befassung mit Unternehmen aus Drittstaaten bzw. dem Steuerausweis in deren Rechnungen. In Bayern eingehende Anzeigen gegen Marktplatzhändler aus Drittstaaten (z. B. aus China) werden zur weiteren Bearbeitung an die zentral zuständigen Finanzämter der jeweiligen Bundesländer , im Beispielsfall Berlin-Neukölln, weitergeleitet. Die Staatsregierung hat diese Entwicklung bereits aufgegriffen und am Standort Zwiesel des Landesamts für Steuern das Kompetenzzentrum E-Commerce der Sondereinheit Zentrale Steueraufsicht (SZS) zur Online-Taskforce weiterentwickelt . Sie soll das Umsatzsteueraufkommen im elektronischen Geschäftsverkehr überwachen und Steuerausfälle durch eine effektive Kontrolle verhindern. Weiter besteht auf Betreiben der Länder seit 2016 eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die unter Beteiligung Bayerns Betrugstendenzen im Internethandel analysiert und mögliche Gegenmaßnahmen, wie z. B. die Einführung einer Haftungsregelung, erarbeitet. Eine solche wurde auch von der Konferenz der Finanzministerinnen und Finanzminister der Länder am 30.11.2017 unterstützt. Danach sollen Marktplatzbetreiber für nicht abgeführte Umsatzsteuer haften, wenn sie die steuerliche Registrierung eines Händlers nicht nachweisen können oder wenn sie vom Finanzamt auf Verfehlungen des Händlers hingewiesen werden. Ein Betreiber könnte die Haftung abwenden, indem er den Händler vom Marktplatz entfernt. Eine entsprechende Gesetzesinitiative soll im ersten Quartal 2018 starten. Entsprechende Gesetzesänderungen sind auch EUweit erforderlich. Nur eine einheitliche EU-weite Lösung verhindert systematische Steuerausfälle. Der Rat der Europäischen Union (Wirtschaft und Finanzen) hat in seiner Tagung am 05.12.2017 das Paket zur Modernisierung der Mehrwertsteuer im elektronischen Geschäftsverkehr beschlossen . Darin ist eine Bestimmung enthalten, wonach der Marktplatzbetreiber zur Sicherstellung der Besteuerung bei Lieferungen aus einem Drittland an europäische Privatkunden als originärer Steuerschuldner in Anspruch genommen werden kann. 4.3 Wie hoch schätzt die Staatsregierung den finanziellen Schaden für den Fiskus in Deutschland und Bayern ein, der 2016 durch die Nichtberechnung der Umsatzsteuer durch Marktplatzhändler entstanden ist? Entsprechende Zahlen bzw. Aufzeichnungen liegen nicht vor. Im Übrigen wird auf die Antwort zu den Fragen 4.1 und 4.2 hingewiesen.