Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Horst Arnold SPD vom 21.11.2017 Versuchstierhaltung der tierärztlichen Fakultät der Ludwig -Maximilians-Universität München Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Wie stellt sich die aktuelle Lage der Versuchstierhaltung der tierärztlichen Fakultät der Ludwig-Maximilians -Universität München (LMU) unter dem Aspekt der räumlichen Gegebenheiten derzeit dar? b) Wie stellt sich die aktuelle Lage der Versuchstierhaltung der tierärztlichen Fakultät der LMU hinsichtlich der vorgehaltenen Arten dar? c) Wie stellt sich die aktuelle Lage der Versuchstierhaltung der tierärztlichen Fakultät der LMU hinsichtlich des dafür eingesetzten wissenschaftlichen und sonstigen Personals der Fakultät dar? 2. Inwieweit sind die Planungen zur Unterbringung der Versuchstierhaltung in dem dafür bereits seit 2002 erworbenen Gelände in Oberschleißheim gediehen? 3. Trifft es zu, dass die Hundezucht, die Hundezuchthaltung , Katzenzucht sowie die Katzenzuchthaltung am Oberwiesenfeld in München bis 2020 aufgegeben werden sollen? 4. Welche aktuellen Forschungsprojekte mit internationalem Bezug laufen derzeit am Lehrstuhl für Tierernährung und Diätetik? 5. Ist der Staatsregierung bekannt, dass eine gute Hunde - und Katzenzucht sowie deren Haltung ein unverzichtbarer und fundamentaler Bestandteil für die tierärztliche Forschung und Lehre darstellt, Hunde und Katzen in Westeuropa die häufigsten und wichtigsten Patienten in den tierärztlichen Praxen und deshalb auch wichtiger Bestandteil in der veterinärmedizinischen Ausbildung sind und die derzeit in der LMU vorhandenen Einrichtungen fast einmalig in Deutschland sind und somit auch ein herausragendes Alleinstellungsmerkmal der Veterinärmedizin an der LMU darstellen ? 6. Welche Finanzmittel wurden bislang aufgebracht, um die Verlagerung der Tierhaltung und des Lehrstuhls auf dem seit 2002 aufgekauften Gelände am Kalterbachweg in Oberschleißheim durchzuführen (Planungskosten , Architektenkosten, Grundstückskosten etc.), gegliedert nach jährlichem Aufkommen seit 2002? 7. Inwieweit spielen Erwägungen bezüglich des Tierwohls bei der weiteren Entwicklung von Versuchstierhaltungen eine Rolle? Antwort des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 16.01.2018 1. a) Wie stellt sich die aktuelle Lage der Versuchstierhaltung der tierärztlichen Fakultät der Ludwig-Maximilians -Universität München (LMU) unter dem Aspekt der räumlichen Gegebenheiten derzeit dar? b) Wie stellt sich die aktuelle Lage der Versuchstierhaltung der tierärztlichen Fakultät der LMU hinsichtlich der vorgehaltenen Arten dar? Die aktuelle Lage der Versuchstierhaltung an der tierärztlichen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) stellt sich infolge der derzeit bestehenden Verteilung auf mehrere Standorte noch in vielen Bereichen in kleinen, dezentral organisierten Einheiten dar. An den verschiedenen Lehrstühlen/Einrichtungen der Fakultät bestehen Versuchstierhaltungen zu den dort benötigten Versuchstierspezies : – Lehrstuhl für Pharmakologie, Toxikologie und Pharmazie: nichtinfektiöse Haltung von Nagern (Ratten und Mäuse), – Lehrstuhl für Physiologie und Lehrstuhl für Physiologische Chemie: nichtinfektiöse Haltung von Nagern (Ratten und Mäuse), nichtinfektiöse Haltung von Geflügel (Hühner), – Lehrstuhl für Tierschutz, Verhaltenskunde, Tierhygiene und Tierhaltung: nichtinfektiöse Haltung von Nagern (Ratten und Mäuse), nichtinfektiöse Haltung von Geflügel (Legehennen, Enten, Puten), nichtinfektiöse Haltung von Pelztieren (Chinchillas und Nerze), – Lehrstuhl für Fischkrankheiten und Fischereibiologie: nichtinfektiöse Haltung von Fischen, – Lehrstuhl für Bakteriologie und Mykologie und Lehrstuhl für Virologie: infektiöse (bis Sicherheitsstufe 2) Haltung von Nagern und kleinen Säugetieren (Ratten, Mäuse, Hunde), nichtinfektiöse Haltung von kleinen Wiederkäuern (Schafe als Blutspender), – Lehrstuhl für Molekulare Tierzucht und Biotechnologie: nichtinfektiöse Haltung von Nagern (Ratten und Mäuse ), spezifisch Pathogen-freie (SPF)-Schweinehaltung (Großtiermodelle für die translationale Forschung), – Lehrstuhl für Hygiene und Technologie der Milch: nichtinfektiöse Haltung von Nagern (Mäuse), Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de–Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 15.06.2018 Drucksache 17/20064 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/20064 – Lehrstuhl für Tierernährung und Diätetik: nichtinfektiöse Haltung von Hunden und Katzen, nichtinfektiöse Haltung von Geflügel (Wachteln), – Chirurgische und Gynäkologische Kleintierklinik: nichtinfektiöse Haltung von Kaninchen, – Institut für Tierpathologie: nichtinfektiöse Haltung von Nagern (Ratten und Mäuse), – Klinik für Vögel, Kleinsäuger, Reptilien und Zierfische: infektiöse Haltung von Geflügel (derzeit nicht betrieben). Neben diesen dezentralen Versuchstiereinrichtungen gibt es zwei zentrale Einrichtungen: – Standort Oberwiesenfeld mit der Einschränkung, dass die hier befindlichen Versuchstiereinrichtungen auch den verschiedenen Lehrstühlen zugeordnet sind und somit bereits in der oben angeführten Aufzählung angegeben worden sind. – Lehr- und Versuchsgut der tierärztlichen Fakultät am Standort Oberschleißheim, welches zum jetzigen Stand ein rein landwirtschaftlicher Betrieb ist, der derzeit nur eingeschränkt für Tierversuche genutzt werden kann (d. h. nur Versuche mit landwirtschaftlichen Nutztieren, die sich mit den derzeit vorhandenen Haltungsstrukturen und -bedingungen durchführen lassen). Im Zuge der anstehenden räumlichen Konzentration auf dem Tierärztlichen Campus Oberschleißheim wird eine komplette Neustrukturierung der Versuchstierhaltung an der tierärztlichen Fakultät erfolgen, welche zu einer Zentralisierung nach Tierspezies oder Versuchsart (infektiös/nichtinfektiös ) führt. c) Wie stellt sich die aktuelle Lage der Versuchstierhaltung der tierärztlichen Fakultät der LMU hinsichtlich des dafür eingesetzten wissenschaftlichen und sonstigen Personals der Fakultät dar? Die Betreuung der derzeitigen dezentralen Tierhaltungen erfolgt durch den Lehrstühlen zugeordnetes Personal. Der Einsatz des wissenschaftlichen Personals erfolgt projektbezogen über Plan- und Drittmittelstellen. Nach der räumlichen Konzentration wird die Betreuung der Tierhaltungen zentral durch die Bildung von Tierpflegerpools am Veterinärwissenschaftlichen Department der tierärztlichen Fakultät erfolgen. 2. Inwieweit sind die Planungen zur Unterbringung der Versuchstierhaltung in dem dafür bereits seit 2002 erworbenen Gelände in Oberschleißheim gediehen ? Das staatseigene Gelände (vorher: Bayerische Staatsforsten ) war mit Wirkung vom 01.08.2002 auf den Einzelplan 15 übertragen worden (abgesehen von Kosten für die Neuvermessung des Grundstücks fielen dabei keine Kosten an). Damit erfolgte ein Flächenausgleich für abgegebene Flächen (für Kiesabbau und Autobahnbau); ferner wurde die Möglichkeit zur Unterbringung von nichtinfektiösen Tierhaltungen , vorrangig der Lehrstühle für Tierernährung und Diätetik sowie für Tierschutz, Verhaltenskunde, Tierhygiene und Tierhaltung, geschaffen. Die Planung sah im Wesentlichen drei Haltungsbereiche (Hundestall, Katzenstall, Mehrzweckstall ) vor. In der weiteren Planung hat man sich anstelle vieler kleiner und im laufenden Betrieb sehr aufwendiger und personalintensiver Tierhaltungen sowie im Hinblick auf die Anforderungen durch den Tierschutz für ein neues übergeordnetes Versuchstierkonzept entschieden, welches durch eine Konzentration auf bestimmte Tierarten und eine Bündelung der Ressourcen vor allem die drittmittelstarken und zukunftsträchtigen Forschungsschwerpunkte der Fakultät stärkt. Entsprechend wurde das bisher geplante Konzept auf den Mehrzweckstall reduziert. Die Planung für die Katzen- und Hundehaltung wurde aufgegeben, was dazu führt, dass der Mehrzweckstall nunmehr auf dem Gelände des Lehr- und Versuchsgutes realisiert werden kann (Hunde und Katzen wären für die am Lehr- und Versuchsgut untergebrachten landwirtschaftlichen Nutztiere ein zu großes Hygienerisiko gewesen). Die Erstellung der Haushaltsunterlage-Bau für den Neubau des Mehrzweckstalls auf dem Gelände des Lehr- und Versuchsguts ist für das 1. Quartal 2018 geplant. Die Fertigstellung ist für 2020 geplant. 3. Trifft es zu, dass die Hundezucht, die Hundezuchthaltung , Katzenzucht sowie die Katzenzuchthaltung am Oberwiesenfeld in München bis 2020 aufgegeben werden sollen? Dies trifft zu. Die Nutzungen der tierärztlichen Fakultät der LMU am Standort Oberwiesenfeld sollen insgesamt aufgegeben werden. Damit kann nicht nur eine räumliche Konzentration auf dem Tierärztlichen Campus Oberschleißheim erreicht, sondern auch die Voraussetzung für die am Oberwiesenfeld geplante Wohnbebauung geschaffen werden. 4. Welche aktuellen Forschungsprojekte mit internationalem Bezug laufen derzeit am Lehrstuhl für Tierernährung und Diätetik? Nach Auskunft der LMU und des Lehrstuhls gibt es derzeit vier Forschungsbereiche mit internationalem Bezug: – Energiebedarf und Energiebewertung: Da für Hunde und Katzen überwiegend Alleinfutter verwendet werden, sind Energiebedarf und Energiebewertung Schlüsselthemen für die richtige Einschätzung des erforderlichen Nährstoffgehalts im Futter, denn sie bestimmen die tägliche Futtermenge . Die aus dieser Projektlinie hervorgegangenen Daten wurden von der National Academy of Sciences in Washington und dem Subcommitee for Dog and Cat Nutrition verbindlich übernommen. Das betreffende Kapitel in Nutrient Requirements of Dogs and Cats wurde von der Lehrstuhlinhaberin, Frau Prof. Dr. Ellen Kienzle, verfasst . Auch die Gesellschaft für Ernährungsphysiologie hat die Methode der Energiebewertung für Deutschland ebenso wie die European Pet Food Industry Federation (FEDIAF) für Europa übernommen. Mittlerweile wurde sie auch durch das European Committee for Standardization für alle Mitgliedsstaaten (EN 16967) verbindlich übernommen. Weitere in diesem Zusammenhang zu nennende Bereiche sind: – Calcium (Ca)- und Phosphor (P)-Stoffwechsel sowie Skelettgesundheit der Fleischfresser, – P-Stoffwechsel und Nierengesundheit bei Hund und Katze , – Ernährung und Zahngesundheit (Kooperationsprojekt mit Mars Care & Treats in Birstall, UK). Drucksache 17/20064 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 5. Ist der Staatsregierung bekannt, dass eine gute Hunde- und Katzenzucht sowie deren Haltung ein unverzichtbarer und fundamentaler Bestandteil für die tierärztliche Forschung und Lehre darstellt, Hunde und Katzen in Westeuropa die häufigsten und wichtigsten Patienten in den tierärztlichen Praxen und deshalb auch wichtiger Bestandteil in der veterinärmedizinischen Ausbildung sind und die derzeit in der LMU vorhandenen Einrichtungen fast einmalig in Deutschland sind und somit auch ein herausragendes Alleinstellungsmerkmal der Veterinärmedizin an der LMU darstellen? Hunde und Katzen stellen neben den Heimtieren (Kaninchen , Meerschweinchen etc.) die bedeutendsten Haustierarten dar. An der tierärztlichen Fakultät werden sich aber infolge der Neuplanung keine Defizite insbesondere in der studentischen Ausbildung ergeben: In der studentischen Ausbildung wird der Bedarf an „Ausbildungstieren “ seit jeher überwiegend aus (Tier-)Patienten gedeckt. Die bei der nichtinfektiösen Haltung von Hunden und Katzen entstehende Lücke soll im Ausbildungsbereich zudem durch die Etablierung eines „Skills lab“ geschlossen werden und sich die Ausbildungssituation möglichst sogar deutlich verbessern. Hier können die Studenten an Tiermodellen (für Hund und Katze) die nötigen praktischen Fähigkeiten erlernen. Wie bisher werden in der klinischen Ausbildung auch weiterhin stationäre (Tier-)Patienten der Ausbildung der Studenten, dann am lebenden Tier, dienen. Im Forschungsbereich wurden entsprechend dem Zukunftskonzept der Fakultät von 2008 die Themengebiete „Translationale Medizin“, „Reproduktionsmedizin, -biologie und -biotechnologie“, „Infektion und Immunität“ sowie „Öffentliches Gesundheitswesen“ als Schwerpunkte definiert und die geplanten Tierhaltungen und Ressourcen darauf abgestimmt . Diese Schwerpunkte tragen ganz wesentlich zum nationalen und internationalen Renommee der Fakultät bei und der Erfolg und die Zukunftsfähigkeit dieser Weichenstellung sind durch umfangreiche Drittmitteleinwerbung und Publikationsleistungen belegt. Der anstehende Ruhestand der Lehrstuhlinhaberin für Tierernährung und Diätetik, welcher in die Phase der Veränderungen der Versuchstierhaltung an der tierärztlichen Fakultät fällt, lässt es auch nach Einschätzung der fachlich verantwortlichen tierärztlichen Fakultät aus Sicht der optimalen Nutzung von Ressourcen richtig erscheinen, hier zuerst eine Neubesetzung des Lehrstuhls abzuwarten, auch wenn dadurch eine gewisse vorübergehende Lücke bei den Möglichkeiten zur Haltung von Hunden und Katzen für nichtinfektiöse Versuche entstehen kann. Bei sich später abzeichnendem Bedarf für nichtinfektiöse Versuche an Hunden und Katzen kann eine entsprechende Versuchstierhaltung bei einem späteren Neubau der Medizinischen und Chirurgischen Kliniken für Kleintiere vorgesehen werden. 6. Welche Finanzmittel wurden bislang aufgebracht, um die Verlagerung der Tierhaltung und des Lehrstuhls auf dem seit 2002 aufgekauften Gelände am Kalterbachweg in Oberschleißheim durchzuführen (Planungskosten, Architektenkosten, Grundstückskosten etc.), gegliedert nach jährlichem Aufkommen seit 2002? Für die Gesamtmaßnahme sind nach Mitteilung der LMU folgende Kosten angefallen: 2002: Überweisung des Grundstücks (Freistaat Bayern; Forstverwaltung an Kultusverwaltung): kein Wertausgleich . 2003: Vermessungskosten für Grundstücksteilung: 1.059 Euro, Planungskosten: 39.905 Euro. 2004: Bauleitplanung/Änderung Flächennutzungsplan: keine Ausgaben. 2005: Bauleitplanung/Änderung Flächennutzungsplan: keine Ausgaben. 2006: Immissionsgutachten, Planungskosten: 18.438 Euro. 2007: Planungskosten: 58.217 Euro. 2008: Keine Ausgaben. 2009: Keine Ausgaben. 2010: Keine Ausgaben. 2011: Keine Ausgaben. 2012: Keine Ausgaben. 2013: Keine Ausgaben. 2014: Keine Ausgaben. 2015: Wettbewerbskosten: 60.000 Euro. 2016: Keine Ausgaben. 2017: Keine Ausgaben. Die angegebenen Kosten sind für die Planungen der Gesamtmaßnahme , nicht nur der (später aufgegebenen) Hunde- und Katzenhaltung, sondern auch für den Mehrzweckstall , der nunmehr am Lehr- und Versuchsgut realisiert wird, angefallen. 7. Inwieweit spielen Erwägungen bezüglich des Tierwohls bei der weiteren Entwicklung von Versuchstierhaltungen eine Rolle? Gerade die tierärztliche Fakultät und ihre Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen sind dem Tierwohl in besonderer Weise verpflichtet. Im Zuge der Aufnahme von Tierschutz als Staatsziel in das Grundgesetz (Art. 20a) im Jahre 2002 sowie durch die Änderung des Tierschutzgesetzes und der Verabschiedung einer Tierschutz-Versuchstierverordnung, beides im Jahre 2013, im Zusammenhang mit der Umsetzung der Richtlinie 2010/63/EU, haben sich die Anforderungen an eine Versuchstierhaltung weiter gesteigert. Gerade die bestmögliche Erfüllung dieser Anforderungen ist ein primäres Ziel in den Planungen der neuen Versuchstierhaltungsstrukturen am neuen Campus der tierärztlichen Fakultät in Oberschleißheim .