Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Margit Wild SPD vom 27.03.2014 WissZeitVG an der Universität Regensburg Im Mai 2011 hat das Bundesarbeitsgericht definiert: „Wissenschaftliche Tätigkeit ist alles, was nach Inhalt und Form als ernsthafter planmäßiger Versuch zur Ermittlung der Wahrheit anzusehen ist. Sie ist nach Aufgabenstellung und anzuwendender Arbeitsmethode darauf angelegt, neue Erkenntnisse zu gewinnen und zu verarbeiten, um den Erkenntnisstand der jeweiligen wissenschaftlichen Disziplin zu sichern oder zu erweitern.“ Demnach scheinen viele befristet angestellte Lehrkräfte der Universität Regensburg zu Unrecht unter das WissZeitVG zu fallen. Aktuell klagt Herr. B. gegen seine Befristung und wird aller Voraussicht nach auch Recht bekommen. Ich frage daher die Staatsregierung: 1. Wie viele Personen an der Universität Regensburg waren seit 2008 als Lehrkraft befristet angestellt (bitte aufgeschlüsselt nach Fakultät, Institut und Lehrstuhl)? 2. Wie viele dieser befristetet angestellten Lehrkräfte sind keiner wissenschaftlichen Tätigkeit nachgegangen, sondern waren nur zu Zwecken der Lehre angestellt (bitte aufgeschlüsselt nach Fakultät, Institut und Lehrstuhl)? 3. Wie erklärt die Staatsregierung diese rechtsfehlerhafte Beschäftigung? 4. Werden künftig Lehrkräfte an den bayerischen Universitäten nicht mehr ausschließlich für Lehre angestellt, sodass sie unter das WissZeitVG fallen, oder werden künftig verstärkt Lehrkräfte unbefristet eingestellt? Antwort des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 14.05.2014 1. Wie viele Personen an der Universität Regensburg waren seit 2008 als Lehrkraft befristet angestellt (bitte aufgeschlüsselt nach Fakultät, Institut und Lehrstuhl )? Zur Entwicklung der Anzahl befristet beschäftigter Lehrkräfte für besondere Aufgaben an der Universität Regensburg in den Jahren 2008 bis 2012 wird anliegende Übersicht der amtlichen Statistik übermittelt. In der amtlichen Statistik wird die Anzahl befristet beschäftigter Lehrkräfte für besondere Aufgaben nach Fachgebieten und Fächergruppen aufgeschlüsselt erfasst. Die Fächergruppen Sport, Rechts-, Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, Mathematik, Naturwissenschaften, Humanmedizin/Gesundheitswissenschaften sowie Kunst, Kunstwissenschaft mussten aus datenschutzrechtlichen Gründen aggregiert werden. Aus Gründen des Datenschutzes dürfen Tabellen, die Tabellenfelder enthalten, in denen nur ein oder zwei Personen aufgeführt sind (sog. 1er- und 2er-Zahlen), nicht weitergegeben werden, da sonst Rückschlüsse auf konkrete Personen möglich wären. 2. Wie viele dieser befristet angestellten Lehrkräfte sind keiner wissenschaftlichen Tätigkeit nachgegangen, sondern waren nur zu Zwecken der Lehre angestellt (bitte aufgeschlüsselt nach Fakultät, Institut und Lehrstuhl)? Die Frage geht davon aus, dass eine Lehrtätigkeit keine wissenschaftliche Tätigkeit i. S. d. Wissenschaftszeitvertragsgesetzes sein kann. Aus der Sicht des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst ist das Urteil des BAG vom 01.06.2011 (7 AZR 827/09) aber so zu verstehen , dass die wissenschaftliche Tätigkeit von Lehrkräften für besondere Aufgaben bejaht werden kann. Denn im Urteil des BAG vom 01.06.2011 heißt es: „Zur wissenschaftlichen Dienstleistung kann auch die Vermittlung von Fachwissen und praktischen Fertigkeiten an Studierende und deren Unterweisung in der Anwendung wissenschaftlicher Methoden gehören (vgl. Preis WissZeitVG § 1 Rn. 14). Wissenschaftliche Betätigung ist eine Lehrtätigkeit aber nur dann, wenn dem Lehrenden die Möglichkeit zur eigenständigen Forschung und Reflexion verbleibt ; die wissenschaftliche Lehrtätigkeit ist insofern von einer unterrichtenden Lehrtätigkeit ohne Wissenschaftsbezug abzugrenzen.“ Bei befristeten Lehrkräften für besondere Aufgaben ist deshalb für die Anwendbarkeit des WissZeitVG entscheidend , ob die Erbringung wissenschaftlicher Dienstleistungen für das Arbeitsverhältnis prägend ist. Ob dies der Fall ist, Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 23.06.2014 17/2028 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/2028 kann jeweils nur anhand einer konkreten und detaillierten Einzelfallbeurteilung entschieden werden. Dem steht aus der Sicht des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst das Urteil des Arbeitsgerichts Regensburg Az. 7 Ca 1828/13 vom 15.04.2014, das in dem der Schriftlichen Anfrage zugrunde liegenden Ausgangsfall zu einem von der hier vertretenen Auffassung abweichenden Ergebnis gelangt, jedenfalls solange nicht entgegen, als dieses Urteil nicht rechtskräftig ist. Nach Auffassung des Staatsministeriums kann bei Lehrkräften für besondere Aufgaben im akademischen Bereich vielmehr grundsätzlich von einer dem WissZeitVG unterliegenden wissenschaftlichen Tätigkeit ausgegangen werden. Auch wenn dieser Personenkreis eine hohe Lehrleistung zu erbringen hat, verbleibt ihm Zeit für die fortlaufende Beschäftigung mit den Gegenständen der abgehaltenen Lehrveranstaltungen und die wissenschaftliche Reflexion ihrer Sujets: Diese ist wesentlicher Bestandteil der Tätigkeit auch befristet angestellter Lehrkräfte für besondere Aufgaben und spiegelt sich zudem in den Einstellungsvoraussetzungen dieses Personenkreises, denn bei einer Unterrichtsverpflichtung von 13 bis 18 Lehrveranstaltungsstunden pro Woche von jeweils 45 Minuten beträgt die Lehrtätigkeit auch während der Vorlesungszeit maximal rund ein Drittel der Arbeitszeit. Im Gegensatz dazu betrug die Lehrtätigkeit in dem Fall, der mit dem BAG-Urteil vom 01.06.2011 entschieden und bei dem die Anwendbarkeit des WissZeitVG abgelehnt wurde, zwei Drittel der Arbeitszeit. 3. Wie erklärt die Staatsregierung diese rechtsfehlerhafte Beschäftigung? Zur Frage, ob das WissZeitVG bei Lehrkräften für besondere Aufgaben anwendbar ist, gibt es bislang noch keine ein- heitliche bzw. höchstrichterliche Rechtsprechung. Aufgrund der Begründung des BAG-Urteils vom 01.06.2011 geht das Staatsministerium für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst aber davon aus, dass der Anwendungsbereich des WissZeitVG bei Lehrkräften für besondere Aufgaben eröffnet sein kann (s. Antwort zu Frage 2). Deshalb ist eine Befristung der Arbeitsverträge mit Lehrkräften für besondere Aufgaben nach dem derzeitigen Stand der Rechtsprechung nicht per se rechtswidrig. 4. Werden künftig Lehrkräfte an den bayerischen Universitäten nicht mehr ausschließlich für Lehre angestellt , sodass sie unter das WissZeitVG fallen, oder werden künftig verstärkt Lehrkräfte unbefristet eingestellt ? Anhand der Ergebnisse der in Bezug auf befristete Beschäftigungen an der Universität Regensburg und an anderen Universitäten laufenden gerichtlichen Überprüfungen wird zu analysieren sein, ob Korrekturbedarf aufgrund fehlerhafter Beurteilungen im Einzelfall oder aufgrund fehlerhafter zugrunde gelegter Beurteilungsmaßstäbe besteht. Nur falls sich aufgrund einer verfestigten und in der rechtlichen Bewertung von der bisherigen Sichtweise des Staatsministeriums und der Universitäten in grundsätzlicher Weise abweichenden Rechtsprechung Korrekturbedarf hinsichtlich der generell im Universitätsbereich verwendeten Beurteilungsmaßstäbe herausstellen sollte, wird dies Auswirkungen auf die allgemeine Einstellungspraxis der Universitäten bei Lehrkräften für besondere Aufgaben haben.