Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katharina Schulze, Dr. Sepp Dürr BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 15.04.2014 Organisierte Kriminalität: Bundesweite Durchsuchungen der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth und des Polizeipräsidiums Mittelfranken Am 2. April 2014 gab die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth eine Pressemitteilung mit dem Titel „Organisierte Kriminalität : Bundesweite Durchsuchungen der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth und des Polizeipräsidiums Mittelfranken“ heraus. Im Text wird explizit darauf hingewiesen, dass die 14 Beschuldigten „überwiegend nigerianischer Herkunft“ seien, ohne dass die Relevanz der Nennung der Herkunft für den beschriebenen Sachverhalt erkennbar ist. Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung: 1. Wie bewertet die Staatsregierung die Tatsache, dass die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth in ihrer Pressemitteilung vom 2. April 2014 die Herkunft der Beschuldigten explizit erwähnt, ohne dass die Relevanz der Nennung der Herkunft für den beschriebenen Sachverhalt erkennbar ist? 2. Existieren landesweite Anweisungen des Innenministeriums zum Umgang mit Herkunftsangaben von Tatverdächtigen , Zeug(inne)n, Verurteilten etc. in Pressemitteilungen von Polizei und Staatsanwaltschaften? 2.1 Wenn ja, wie lauten diese? 2.2 Wenn nein, sind entsprechende Anweisungen künftig geplant? 3. Existieren landesweite Schulungs-, Sensibilisierungs- und Informationsangebote des Justizministeriums für Gerichte im Hinblick auf Pressemitteilungen und insbesondere hinsichtlich der Nennung der Herkunft von Angeklagten, Zeug(inne)n, Verurteilten etc.? 3.1 Wenn ja, wie sind diese konkret ausgestaltet? 3.2 Wenn nein, sind entsprechende Angebote künftig ge- plant? Antwort des Staatsministeriums der Justiz vom 19.05.2014 Die Schriftliche Anfrage wird im Einvernehmen mit dem Bayerischen Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr wie folgt beantwortet: 1. Wie bewertet die Staatsregierung die Tatsache, dass die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth in ihrer Pressemitteilung vom 2. April 2014 die Herkunft der Beschuldigten explizit erwähnt, ohne dass die Relevanz der Nennung der Herkunft für den beschriebenen Sachverhalt erkennbar ist? In der Pressemitteilung wird geschildert, dass die Tätergruppe europaweit mit gefälschten Ausweisen Konten bei Kreditinstituten eröffnete. Vor diesem Hintergrund war die Nationalität der Beschuldigten nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth für die Information der Öffentlichkeit und die Sensibilisierung der Kreditinstitute von überwiegendem Interesse (vgl. Richtlinien für die Zusammenarbeit der bayerischen Justiz mit der Presse vom 17. November 2000 [JMBl 2000, S. 178] sowie Nr. 12.1 der Richtlinien für die publizistische Arbeit nach den Empfehlungen des Deutschen Presserates). 2. Existieren landesweite Anweisungen des Innenministeriums zum Umgang mit Herkunftsangaben von Tatverdächtigen, Zeug(inne)n, Verurteilten etc. in Pressemitteilungen von Polizei und Staatsanwaltschaften ? Entsprechende Anweisungen des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr für den Polizeibereich existieren nicht. Aufgrund der Tatsache, dass der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz diese Thematik wiederkehrend in seine Prüfungen einbezieht und dabei keine strukturellen Mängel mitgeteilt hat, wird für den Erlass solcher Anweisungen für die Bayerische Polizei keine Veranlassung gesehen. Die Medienarbeit im Justizbereich erfolgt nach den Richtlinien für die Zusammenarbeit der bayerischen Justiz mit der Presse vom 17. November 2000 (JMBl 2000, S. 178). Ziffer III.3 Buchstabe c dieser Richtlinien enthält allgemein eine Regelung zur Weitergabe personenbezogener Daten in Strafsachen. 2.1 Wenn ja, wie lauten diese? Ziffer III.3 Buchstabe c der Richtlinien für die Zusammenarbeit der bayerischen Justiz mit der Presse vom 17. November 2000 (JMBl 2000, S. 178) lautet: „Personenbezogene Daten dürfen an die Presse nur dann weitergegeben werden, wenn die Beteiligten darin eingewilligt haben oder das Verfahren gerade im Hinblick auf die Person des Betroffenen oder die besonderen Umstände der Tat für die Öffentlichkeit von überwiegendem Interesse ist. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 23.06.2014 17/2032 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/2032 Sofern weitere Angaben, wie beispielsweise der Wohnort, das Alter, der Beruf oder eine Partei- oder Vereinsmitgliedschaft im Einzelfall eine Identifizierung des Betroffenen ermöglichen , gilt Satz 1 entsprechend. Bei der Entscheidung, ob und in welchem Umfang personenbezogene Daten an die Presse übermittelt werden, sind die schutzwürdigen Belange der Betroffenen und der Grundsatz der Unschuldsvermutung gegen das Informationsinteresse der Öffentlichkeit abzuwägen. Bei der Abwägung sind namentlich die privaten und beruflichen Folgen einer Veröffentlichung für den Beschuldigten , für das Opfer und für deren Angehörige, die Schwere, die Umstände und die Folgen der Tat, der Grad des Tatverdachts und der Verfahrensstand zu berücksichtigen . Hinsichtlich der Bekanntgabe personenbezogener Daten von jugendlichen und heranwachsenden Beschuldigten an die Presse ist besondere Zurückhaltung zu üben. Eine Übermittlung personenbezogener Daten von Opfern, Zeugen und Familienangehörigen an die Presse hat in der Regel zu unterbleiben. Bei der Weitergabe personenbezogener Daten ist in Stellungnahmen von Wertungen zulasten des Betroffenen abzusehen . Eine Herausgabe von Bildaufnahmen und -aufzeichnungen mit personenbezogenen Daten an die Presse zum Zweck der Berichterstattung ist nur mit Einwilligung der Betroffenen zulässig.“ 2.2 Wenn nein, sind entsprechende Anweisungen künftig geplant? Auf die Antworten zu Fragen 2 und 2.1 wird Bezug genommen . 3. Existieren landesweite Schulungs-, Sensibilisierungs - und Informationsangebote des Justizministeriums für Gerichte im Hinblick auf Pressemitteilungen und insbesondere hinsichtlich der Nennung der Herkunft von Angeklagten, Zeug(inne)n, Verurteilten etc.? Das Bayerische Staatsministerium der Justiz hat für die Pressesprecherinnen und Pressesprecher der Gerichte und Staatsanwaltschaften in Bayern seit 2011 jährlich eine Fortbildung zur Presse- und Medienarbeit auf Landesebene veranstaltet. 2014 werden entsprechend der Bedarfslage wenigstens drei solche Tagungen durchgeführt; eine davon hat bereits im April 2014 stattgefunden. Es ist vorgesehen, das Fort- bildungsangebot auch künftig so zu gestalten, dass allen bestellten Pressesprecherinnen und Pressesprechern die zeitnahe Teilnahme an einem Presseseminar ermöglicht werden kann. Darüber hinaus stehen für bayerische Richterinnen und Richter, Staatsanwältinnen und Staatsanwälte in begrenzter Zahl Plätze an verschiedenen bundesweit angebotenen Fortbildungen der Deutschen Richterakademie (DRA) zum Thema Pressearbeit zur Verfügung. Im Jahr 2014 werden z. B. die Tagungen „Kontakt mit den Medien (Presseseminar )“, „Justiz und Öffentlichkeit“ sowie „Justiz, Medien, Medienrecht – Presseseminar“ angeboten. Das Presseseminar „Kontakt mit den Medien“ an der Deutschen Richterakademie wird vom Bayerischen Staatsministerium der Justiz veranstaltet . 3.1 Wenn ja, wie sind diese konkret ausgestaltet? Die landesweit durch das Staatsministerium der Justiz angebotenen Fortbildungsveranstaltungen zu Presse- und Medienarbeit richten sich an die Pressesprecherinnen und Pressesprecher der Gerichte und Staatsanwaltschaften; sie dauern in der Regel zwei bis drei Tage. Als Referentinnen und Referenten fungieren erfahrene Pressesprecherinnen und Pressesprecher sowie Journalistinnen und Journalisten , damit die Teilnehmenden von den Erfahrungen beider Seiten profitieren können. Das Programm der landesweiten Fortbildungsveranstaltungen beinhaltet rechtliche und organisatorische Grundlagen der Pressearbeit sowie Workshops zu inhaltlichen Fragen wie dem presserechtlichen Auskunftsanspruch, ergänzt durch praktische Übungen zur Kommunikation und zur Formulierung von Medienerklärungen. Sowohl in den theoretischen als auch in den praktischen Fortbildungseinheiten wird darauf geachtet, die Sensibilität der Teilnehmenden im Hinblick auf alle personenbezogenen Daten zu schärfen. Die differenzierte Rechtsprechung zur Frage der Zulässigkeit der Weitergabe personenbezogener Daten wird eingehend behandelt und anhand von Einzelfällen bearbeitet. Soweit es in den Beispielsfällen oder einzelnen praktischen Übungen relevant wird, wird konkret auch die Herkunft Betroffener als Einzelaspekt der personenbezogenen Daten thematisiert. 3.2 Wenn nein, sind entsprechende Angebote künftig geplant? Entfällt.