Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Doris Rauscher SPD vom 18.012.2017 Situation und staatliche Unterstützung verwitweter Personen in Bayern Ich frage die Staatsregierung: 1.1 Wie hat sich die Zahl der verwitweten Frauen in Bayern in den vergangenen zehn Jahren entwickelt (falls möglich, bitte ausdifferenziert nach Altersklassen und aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken, Landkreisen und kreisfreien Städten)? 1.2 Wie hat sich die Zahl der verwitweten Männer in Bayern in den vergangenen zehn Jahren entwickelt (falls möglich, bitte ausdifferenziert nach Altersklassen und aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken, Landkreisen und kreisfreien Städten)? 2.1 Wie hat sich die Armutsgefährdungsquote verwitweter Frauen in Bayern in den vergangenen zehn Jahren entwickelt (falls möglich, bitte ausdifferenziert nach Altersklassen und aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken , Landkreisen und kreisfreien Städten)? 2.2 Wie hat sich die Armutsgefährdungsquote verwitweter Männer in Bayern in den vergangenen zehn Jahren entwickelt (falls möglich, bitte ausdifferenziert nach Altersklassen und aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken , Landkreisen und kreisfreien Städten)? 3.1 Wie hoch sind die Armutsgefährdungsquoten verwitweter Frauen und Männer in Bayern im Vergleich zu anderen Bundesländern (falls möglich, bitte ausdifferenziert nach Altersklassen und aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken, Landkreisen und kreisfreien Städten)? 3.2 Welche Gründe sieht die Staatsregierung dafür, dass die Armutsgefährdungsquoten sowohl verwitweter Frauen als auch Männer laut aktuellem Sozialbericht in Bayern deutlich höher liegen als im jeweiligen westdeutschen Durchschnitt, während die Armutsgefährdungsquoten lediger, verheirateter, geschiedener und dauerhaft getrenntlebender Frauen und Männer in Bayern niedriger ausfallen als im jeweiligen westdeutschen Durchschnitt? 3.3 Welche Gründe sieht die Staatsregierung dafür, dass die Armutsgefährdungsquote verwitweter Frauen in Bayern laut aktuellem Sozialbericht fast doppelt so hoch liegt wie die verwitweter Männer und auch wie die der bayerischen Bevölkerung insgesamt? 4.1 Hat die Staatsregierung Erkenntnisse darüber, wie sich die Armutsgefährdung verwitweter Personen mit Kindern von der ohne Kinder unterscheidet (falls ja, bitte um Nennung der aktuellen Quoten, wenn möglich auch der Entwicklung in den vergangenen zehn Jahren und aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken, Landkreisen und kreisfreien Städten)? 4.2 Falls Unterschiede vorliegen, worauf führt die Staatsregierung diese Unterschiede zurück? 4.3 Wie unterscheidet sich der Bezug staatlicher Leistungen für verwitwete Personen mit Kindern von Leistungsbezügen verwitweter Personen ohne Kinder? 5.1 Welche Maßnahmen hat die Staatsregierung auf Landes - und Bundesebene in den vergangenen Jahren ergriffen, um verwitwete Frauen und Männer besser zu unterstützen, insbesondere bzgl. der Bezahlbarkeit des Alltags (Unterstützung bei Arbeit, Mieten, Renten etc.)? 5.2 Welche Maßnahmen hat die Staatsregierung auf Landes - und Bundesebene in den vergangenen Jahren ergriffen, um speziell verwitwete Frauen und Männer mit Kindern besser zu unterstützen? 6.1 Wurden die in Frage 5.1 und 5.2 genannten Maßnahmen evaluiert – und wenn ja, wie fällt die (Zwischen-) Bilanz aus? 6.2 Welche weiteren Maßnahmen sind geplant? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration vom 25.01.2018 1.1 Wie hat sich die Zahl der verwitweten Frauen in Bayern in den vergangenen zehn Jahren entwickelt (falls möglich, bitte ausdifferenziert nach Altersklassen und aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken , Landkreisen und kreisfreien Städten )? 1.2 Wie hat sich die Zahl der verwitweten Männer in Bayern in den vergangenen zehn Jahren entwickelt (falls möglich, bitte ausdifferenziert nach Altersklassen und aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken , Landkreisen und kreisfreien Städten )? Die Zahl der verwitweten Frauen und Männer hat sich in Bayern und den Regierungsbezirken seit 2011 wie folgt entwickelt : Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de – Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 05.04.2018 Drucksache 17/20558 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/20558 Die Erfassung der Zahl von verwitweten Frauen und Männern für die Jahre bis 2010 folgte einer anderen statistischen Grundlage: Ab 2011 handelt es sich um Fortschreibungszahlen , die auf Ergebnissen des Zensus vom 09.05.2011 basieren. Von 1987 bis 2010 erfolgte die Fortschreibung auf Basis des Stichtags der Volkszählung 1987. Von einer Darstellung der Zahlen bis 2010 wurde daher abgesehen. Sie sind auf den Internetseiten des Bayerischen Landesamts für Statistik abrufbar unter: www.statistikdaten.bayern.de/ge nesis/. Dort ist auch die Zahl der verwitweten Frauen und Männer für jeden Landkreis und jede kreisfreie Stadt sowie für den Zeitraum bis 2010 auch differenziert nach Altersjahren abrufbar . Außerdem finden sich dort auch Angaben zu Frauen und Männern, deren Lebenspartnerin bzw. Lebenspartner verstorben ist. 2.1 Wie hat sich die Armutsgefährdungsquote verwitweter Frauen in Bayern in den vergangenen zehn Jahren entwickelt (falls möglich, bitte ausdifferenziert nach Altersklassen und aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken, Landkreisen und kreisfreien Städten)? 2.2 Wie hat sich die Armutsgefährdungsquote verwitweter Männer in Bayern in den vergangenen zehn Jahren entwickelt (falls möglich, bitte ausdifferenziert nach Altersklassen und aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken, Landkreisen und kreisfreien Städten)? Die Armutsgefährdungsquote misst nicht Armut, sondern den Anteil der Personen in Haushalten mit einem Nettoäquivalenzeinkommen unter 60 Prozent des Medians der Bevölkerung . Vorhandenes Vermögen wird nicht berücksichtigt. Im Rahmen der Sozialberichterstattung der amtlichen Statistik werden keine Armutsgefährdungsquoten differenziert nach Geschlecht und Familienstand sowie Regierungsbezirk und Kreis veröffentlicht. Entsprechende Daten liegen der Staatsregierung nicht vor. Für die Sozialberichterstattung wurden jedoch von der Staatsregierung Sonderauswertungen der Mikrozensusdaten in Auftrag gegeben. Eine solche Auswertung liegt für das Jahr 2014 vor. Demnach betrug im Jahr 2014 die Armutsgefährdungsquote von verwitweten Frauen in Bayern 20,6 Prozent. Die Armutsgefährdungsquote von verwitweten Männern lag 2014 in Bayern bei 10,9 Prozent. 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Bayern 692.035 688.020 684.108 681.071 677.269 674.930 Oberbayern 211.083 210.186 209.183 208.647 207.877 207.546 Niederbayern 69.796 69.320 69.031 68.778 68.415 68.207 Oberpfalz 65.459 65.109 64.697 64.372 64.025 63.560 Oberfranken 72.566 71.877 71.275 70.721 69.977 69.332 Mittelfranken 99.251 98.725 98.002 97.389 96.819 96.502 Unterfranken 75.244 74.745 74.188 73.802 73.249 73.039 Schwaben 98.636 98.058 97.732 97.362 96.907 96.744 Entwicklung der Zahl der verwitweten Frauen in Bayern und in den Regierungsbezirken Bayerns in den Jahren 2011 bis 2016, jeweils zum 31.12. Quelle: StMAS, eigene Darstellung nach BayLfStat Entwicklung der Zahl der verwitweten Männer in Bayern und in den Regierungsbezirken Bayerns in den Jahren 2011 bis 2016, jeweils zum 31.12 Quelle: StMAS, eigene Darstellung nach BayLfStat 2011 2012 2013 2014 2015 2016 Bayern 148.181 149.882 151.501 152.961 154.449 155.465 Oberbayern 45.608 46.228 46.938 47.446 48.171 48.659 Niederbayern 14.578 14.824 14.977 15.166 15.316 15.473 Oberpfalz 13.419 13.550 13.644 13.818 13.805 13.886 Oberfranken 15.116 15.182 15.225 15.333 15.389 15.549 Mittelfranken 21.159 21.347 21.562 21.793 21.994 21.994 Unterfranken 16.935 17.154 17.272 17.391 17.536 17.658 Schwaben 21.366 21.597 21.883 22.014 22.238 22.246 Drucksache 17/20558 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 3.1 Wie hoch sind die Armutsgefährdungsquoten verwitweter Frauen und Männer in Bayern im Vergleich zu anderen Bundesländern (falls möglich, bitte ausdifferenziert nach Altersklassen und aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken, Landkreisen und kreisfreien Städten)? Der Staatsregierung liegen keine Vergleichsdaten zu anderen Bundesländern vor. 3.2 Welche Gründe sieht die Staatsregierung dafür, dass die Armutsgefährdungsquoten sowohl verwitweter Frauen als auch Männer laut aktuellem Sozialbericht in Bayern deutlich höher liegen als im jeweiligen westdeutschen Durchschnitt, während die Armutsgefährdungsquoten lediger, verheirateter , geschiedener und dauerhaft getrenntlebender Frauen und Männer in Bayern niedriger ausfallen als im jeweiligen westdeutschen Durchschnitt ? Die erhöhte Armutsgefährdung verwitweter Personen in Bayern im Vergleich zu Westdeutschland ist in erster Linie auf die immer noch etwas höhere Armutsgefährdung der älteren Bevölkerung in Bayern zurückzuführen, die auf den heute noch teilweise unterdurchschnittlichen Rentenzahlungen infolge der bis in die 1970er-Jahre eher ländlichagrarisch geprägten Struktur Bayerns beruhen. So gehörten zum Jahresende 2016 rund 85 Prozent der verwitweten Personen in Bayern der Altersgruppe 65 Jahre und älter an, während dies z. B. nur auf rund 24 Prozent der geschiedenen , 26,7 Prozent der verheirateten, 2,7 Prozent der ledigen bzw. rund 20 Prozent der gesamten Bevölkerung zutraf. 3.3 Welche Gründe sieht die Staatsregierung dafür, dass die Armutsgefährdungsquote verwitweter Frauen in Bayern laut aktuellem Sozialbericht fast doppelt so hoch liegt wie die verwitweter Männer und auch wie die der bayerischen Bevölkerung insgesamt? Gerade ältere Frauen hatten im Vergleich zu Männern längere Familien- und Betreuungsphasen sowie ein geringeres Erwerbseinkommen. Da das deutsche Rentensystem lohnund beitragsbezogen (erwerbszentriert) ist, haben Frauen aufgrund ihrer Familienarbeit niedrigere eigene Rentenansprüche . Es ist zu erwarten, dass sich der Unterschied mit steigender Erwerbsbeteiligung der Frauen verringern wird. 4.1 Hat die Staatsregierung Erkenntnisse darüber, wie sich die Armutsgefährdung verwitweter Personen mit Kindern von der ohne Kinder unterscheidet (falls ja, bitte um Nennung der aktuellen Quoten, wenn möglich auch der Entwicklung in den vergangenen zehn Jahren und aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirken, Landkreisen und kreisfreien Städten)? Der Staatsregierung liegen hierzu keine Erkenntnisse vor. 4.2 Falls Unterschiede vorliegen, worauf führt die Staatsregierung diese Unterschiede zurück? Entfällt. 4.3 Wie unterscheidet sich der Bezug staatlicher Leistungen für verwitwete Personen mit Kindern von Leistungsbezügen verwitweter Personen ohne Kinder? Grundsätzlich stehen alle Familienleistungen auch verwitweten Personen mit Kindern offen (Kindergeld, Elterngeld, Landeserziehungsgeld, Bayerisches Betreuungsgeld etc.). Bei einigen Leistungen gibt es Regelungen, die insbesondere auch den Fall der Verwitwung berücksichtigen. Für verwitwete Personen mit Kindern besteht die Möglichkeit , Unterhaltsvorschuss zu beziehen. Allerdings werden Waisenbezüge der Kinder, die ebenfalls der Unterhaltssicherung dienen, angerechnet. Der Unterhaltsvorschuss wurde ab dem 01.07.2017 ausgeweitet und erreicht nun Alleinerziehende mit Kindern unter 18 Jahren (bisher 12 Jahre ); die bisherige Höchstbezugsdauer von 72 Monaten ist entfallen. Auswirkungen ergeben sich auch im Steuerrecht. Kinderfreibeträge können in der Regel auf den verwitweten Elternteil übertragen und von diesem allein umfassend geltend gemacht werden, wenn der verstorbene Partner ebenfalls Elternteil des Kindes war (näher: § 32 des Einkommensteuergesetzes – EStG –). Der verwitwete Elternteil ist dann alleinerziehend, kann also ggf. auch den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende in Anspruch nehmen, sofern er im Sinne des § 24b Abs. 3 EStG alleinstehend ist (keine andere volljährige Person im Haushalt). Soweit der notwendige Lebensunterhalt nicht selbst, insbesondere aus dem vorhandenen Einkommen und Vermögen , gedeckt werden kann, kommen Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II – Grundsicherung für Arbeitsuchende) oder nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII – Sozialhilfe) in Betracht. Die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende erhalten erwerbsfähige Personen sowie die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden nichterwerbsfähigen Personen. Sozialhilfeleistungen nach dem SGB XII sind nachrangig zu gewähren und kommen in Betracht, wenn keine Erwerbsfähigkeit im Sinne des SGB II vorliegt. Die Leistungsgewährung richtet sich jeweils nach den Verhältnissen des Einzelfalls. Bedarfe von Kindern werden entsprechend berücksichtigt. Die Leistungen nach dem SGB II und dem SGB XII umfassen im Wesentlichen den für die leistungsberechtigte Person maßgebenden Regelbedarf , den Bedarf für Unterkunft und Heizung und die Mehrbedarfe . Für alleinstehende verwitwete Personen gilt ein Regelsatz nach Regelbedarfsstufe 1. Dieser beträgt im Jahr 2018 monatlich 416 Euro. Dazu kommen noch die für einen Einpersonenhaushalt angemessenen Unterkunftskosten sowie die ggf. zustehenden Mehrbedarfe (z. B. bei Bedarf für eine kostenaufwändige Ernährung). Sofern die verwitwete Person mit Kindern in einem Haushalt lebt, wird zusätzlich zum Regelsatz nach der Regelbedarfsstufe 1 für jedes im Haushalt lebende Kind ein zusätzlicher Regelsatz anerkannt. Die Höhe dieses Regelsatzes ist altersabhängig. Dabei wird unterschieden nach drei Regelbedarfsstufen. Regelbedarfsstufe 4 gilt für Jugendliche vom Beginn des 15. bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres , Regelbedarfsstufe 5 für Kinder vom Beginn des siebten bis zur Vollendung des 14. Lebensjahres und Regelbedarfsstufe 6 für Kinder bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahres. Der zugehörige monatliche Regelsatz beträgt aktuell 316 Euro für Regelbedarfsstufe 4, 296 Euro für Regelbedarfsstufe 5 sowie 240 Euro bei Regelbedarfsstufe 6. Die Höhe der zu berücksichtigenden Unterkunftskosten richtet sich nach der Anzahl der in der Familie lebenden Personen , so dass auch hier der zusätzliche Wohnbedarf für Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/20558 Kinder entsprechend zu berücksichtigen ist. Für Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen, ist ein gesonderter Mehrbedarf vorgesehen . Die Höhe des Mehrbedarfs richtet sich nach dem Alter bzw. der Anzahl der in der Familie lebenden Kinder. Außerdem haben Kinder einen Anspruch auf das sog. Bildungs- und Teilhabepaket. Dieses umfasst: Schulbedarf, Aufwendungen für Schulausflüge und Klassenfahrten, bei Bedarf Lernförderung, Aufwendungen für die Schülerbeförderung , Mehraufwendungen für das gemeinschaftliche Mittagessen in der Schule, in Tageseinrichtungen oder während der Kindertagespflege, Bedarf für die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben in der Gemeinschaft. Anrechenbares Einkommen und Vermögen ist jeweils bei der Leistungsgewährung zu berücksichtigen. 5.1 Welche Maßnahmen hat die Staatsregierung auf Landes- und Bundesebene in den vergangenen Jahren ergriffen, um verwitwete Frauen und Männer besser zu unterstützen, insbesondere bzgl. der Bezahlbarkeit des Alltags (Unterstützung bei Arbeit, Mieten, Renten etc.)? 5.2 Welche Maßnahmen hat die Staatsregierung auf Landes- und Bundesebene in den vergangenen Jahren ergriffen, um speziell verwitwete Frauen und Männer mit Kindern besser zu unterstützen? Grundsätzlich werden die finanziellen Folgen des Tods eines (Ehe-)Partners durch verschiedene gesetzliche Leistungen für Hinterbliebene, z. B. im Rahmen der gesetzlichen Rentenversicherung , der Alterssicherung der Landwirte oder auch der Unfallversicherung, abgefedert. Darüber hinaus können die Partner die finanziellen Folgen des Versterbens im Rahmen des geltenden Erbrechts regeln. Dafür lässt das Erbrecht viel individuellen Gestaltungsspielraum. Gute Rahmenbedingungen für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sind insbesondere für verwitwete Frauen und Männer mit Kindern von großer Bedeutung. Hierzu tragen insbesondere bedarfsgerechte, qualitativ hochwertige Kinderbetreuungsangebote, der Ausbau der Ganztagsangebote und eine familienfreundliche Arbeitswelt bei. Die Staatsregierung hat in den vergangenen Jahren die zuständigen Kommunen erheblich unterstützt, den Ausbau der Kindertagesbetreuung massiv voranzutreiben. Im Zeitraum 2008 bis Ende 2024 stellt der Freistaat den Kommunen Investitionsmittel in Höhe von bis zu 1,62 Mrd. Euro (davon 696,1 Mio. Euro Bundesmittel und 922 Mio. Euro Landesmittel) zur Verfügung. Hinzu kommen Mittel aus dem kommunalen Finanzausgleich. Die Öffnungszeiten von Kindertageseinrichtungen sind infolge der kindbezogenen Förderung der Kindertagesbetreuung nach Maßgabe des Bayerischen Kinderbildungs- und -betreuungsgesetzes (BayKiBiG) und einer Sonderförderung in den Jahren 2015 und 2016 weitgehend flexibilisiert. Inzwischen bieten mehr als 50 Prozent aller BayKiBiG-geförderten Kindertageseinrichtungen in Bayern Öffnungszeiten von 45 und mehr Wochenstunden an. Die Staatsregierung unterstützt zudem das Bundesprogramm KitaPlus, das darüber hinaus Betreuungszeiten in Kindertageseinrichtungen und in der Kindertagespflege, z. B. an Wochenenden oder in der Nacht, refinanziert. Durch die flächendeckende Verfügbarkeit hochwertiger Angebote der Kindertagesbetreuung werden alleinerziehende Eltern bei der Fortführung oder Wiederaufnahme ihrer Berufstätigkeit unterstützt. Dies beeinflusst nicht nur die aktuelle Einkommenssituation und die berufliche Entwicklung positiv, sondern auch die Rentenbiographie und damit die Altersvorsorge. Um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in Bayern weiter zu verbessern, haben die Staatsregierung und die drei größten bayerischen Wirtschaftsverbände (vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V., – Bayerische Industrie- und Handelskammer – BIHK, Bayerischer Handwerkstag e. V. – BHT) am 22.07.2014 den „Familienpakt Bayern“ geschlossen. Schwerpunkte sind die Anpassung der Arbeitswelt an Familienbelange, die Unterstützung eines Kulturwandels in der Arbeitswelt sowie die strukturelle Unterstützung erwerbstätiger Familien bei der Kinderbetreuung und Pflege. Derzeit beteiligen sich bereits 439 Mitglieder und 42 Netzwerkpartner [Stand: 04.01.2018] am Familienpakt Bayern. Im Jahr 2017 konnte die Mitgliederzahl mehr als verdoppelt werden. Im Rahmen des Familienpakts veranstaltet die Staatsregierung den Unternehmenswettbewerb „Erfolgreich.Familienfreundlich “. Dieser ging am 13.09.2017 in die zweite Runde. Er richtet sich an kleine, mittlere und große Unternehmen mit Sitz bzw. Betriebsstätte in Bayern. Auch können privatwirtschaftlich organisierte Unternehmen der öffentlichen Hand mit Gewinnerzielungsabsicht am Wettbewerb teilnehmen. Die nächste Auszeichnung familienfreundlicher Unternehmen findet am 14.05.2018 statt. Wie bereits zu Frage 4.3 dargestellt, erhalten erwerbsfähige Frauen und Männer, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben und ihren Lebensunterhalt und den Lebensunterhalt der mit ihnen in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, insbesondere ihrem Einkommen und Vermögen, sichern können und die erforderliche Hilfe auch nicht von anderen erhalten (z. B. durch Unterhaltszahlungen), Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach den Vorschriften des SGB II. Bei den Leistungen wird nicht nach dem Grund für die Entstehung der Hilfebedürftigkeit unterschieden, sondern nach dem jeweiligen Bedarf. Die Leistungsberechtigten erhalten Arbeitslosengeld II (bzw. Sozialgeld für nichterwerbsfähige Kinder). Dieses umfasst einerseits den Regelbedarf, insbesondere für Ernährung, Kleidung, Körperpflege und Hausrat, andererseits auch Leistungen für angemessene Unterkunfts- und Heizkosten. Im Jahr 2016 wurden in Bayern rd. 177,1 Mio. Euro (D: rd. 2,45 Mrd. Euro) für Gesamtregelleistungen inkl. Kosten der Unterkunft ausbezahlt. Darüber hinaus erhalten die SGB–II-Leistungsberechtigten Leistungen zur Eingliederung in Arbeit, soweit diese zur Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit erforderlich sind. Spezifische Leistungen für hilfebedürftige verwitwete Personen sind weder angezeigt noch vorgesehen. Eine Integration von arbeitslosen und arbeitsuchenden Leistungsberechtigten – darunter auch von verwitweten Leistungsberechtigten – in den Arbeitsmarkt hängt neben den Bemühungen der Leistungsberechtigten, der Jobcenter und der Bundesagentur für Arbeit (BA) auch von der jeweiligen Situation potenzieller Arbeitgeber ab sowie davon, ob geeignete Stellen für diese Personengruppen zur Verfügung stehen. Den Jobcentern und der BA stehen zur Eingliederung in Arbeit und Ausbildung eine Vielzahl von Maßnahmen zur Verfügung. Die Staatsregierung kann die erforderlichen Aktivitäten der Jobcenter mit Maßnahmen auf Landesebene nur flan- Drucksache 17/20558 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 5 kieren. Der bayerische ganzheitliche Ansatz zur Bekämpfung von Langzeitarbeitslosigkeit verfolgt das Ziel, das „Weitervererben “ von Hartz–IV-Karrieren durch Verbindung von Arbeitsmarktmaßnahmen mit eltern- und kindbezogenen Maßnahmen der Jugendhilfe zu durchbrechen (sog. ganzheitlicher Ansatz). Die Maßnahmen verfolgen damit eine Doppelstrategie: – Eltern sollen aus der Langzeitarbeitslosigkeit herausgeholt werden. Ebenso sollen Kinder ihre Eltern eigenverantwortlich , als Vorbild und mit fester Tagesstruktur erleben. Bei gelingender Integration ist das Risiko der Armut und sozialen Ausgrenzung (gerade auch bei den Kindern) deutlich geringer. – Gleichzeitig werden spezielle Maßnahmen für ein gelingendes Aufwachsen der Kinder und Jugendlichen umgesetzt , damit diese aus eigener Kraft den Hartz–IV-Bezug nach Erreichen des erwerbsfähigen Alters vermeiden können. Dieser Ansatz wird nach erfolgreicher Durchführung von Modellprojekten in Nürnberg und Fürth nun in weiteren Regionen Bayerns genutzt werden, um die urbane Arbeitslosigkeit zu bekämpfen. Deshalb haben die Regionaldirektion (RD) Bayern der Bundesagentur für Arbeit und die Staatsregierung zusammen das Gesamtkonzept „CURA – Coaching von Familien zur Bekämpfung urbaner Arbeitslosigkeit“ entwickelt: Jobcenter (SGB II) und Jugendamt (SGB VIII) arbeiten intensiv zusammen, um mit individuell aufeinander abgestimmten Maßnahmen die Arbeitsmarktsituation der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in der Bedarfsgemeinschaft und auch die Gesamtsituation der Familie zu verbessern. Umgesetzt wird dieses Gesamtkonzept bereits in den Regionen Augsburg, Aschaffenburg und Hof. Weitere Regionen sollen 2018 folgen. Ferner unterstützt die Staatsregierung insbesondere Frauen, aber auch Männer, beim Wiedereinstieg in eine existenzsichernde Beschäftigung nach einer Familienphase mit den Orientierungsseminaren NEUER START sowie mit Projekten zur Verbesserung der Chancen von Frauen am Arbeitsmarkt. Aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Freistaates Bayern werden darüber hinaus zwölf bayerische Servicestellen gefördert, die in jedem Regierungsbezirk eine zielgerichtete und bedarfsgerechte Beratung für Frauen und Männer anbieten. Ziel ist die Aktivierung zur Selbsthilfe sowie der Abbau von Hemmnissen und Hürden, die der (Wieder-)Aufnahme einer Erwerbstätigkeit oder der Verbesserung der Erwerbssituation entgegenstehen. Eine abgeschlossene Berufsausbildung ist das Sprungbrett für ein selbstbestimmtes Leben unabhängig von staatlichen Transferleistungen. Um die Situation für Jugendliche und junge Erwachsene – insbesondere für leistungsschwächere und/oder individuell beeinträchtigte – in diesem Sinne nachhaltig zu verbessern, hat die Staatsregierung zusammen mit den Organisationen der Wirtschaft sowie der RD Bayern bereits 2014 die „Allianz für starke Berufsbildung in Bayern“ geschlossen. Ziel ist es, jedem ausbildungswilligen und ausbildungsfähigen jungen Menschen einen Ausbildungsplatz oder eine angemessene Alternative bereitzustellen , insbesondere auch für leistungsschwächere Jugendliche . Die Maßnahmen der Staatsregierung im Bereich der Arbeitsmarkt - und Strukturpolitik haben insgesamt maßgeblich mit dazu beigetragen, dass sich der Arbeitsmarkt und der Ausbildungsstellenmarkt in Bayern in den letzten Jahren hervorragend entwickelt haben. Mit einer Arbeitslosenquote von aktuell 2,9 Prozent (Dezember 2017) haben wir Vollbeschäftigung erreicht und wir haben die Jugendarbeitslosigkeit besiegt. Auf dem Ausbildungsstellenmarkt überstieg im September 2017 (aktueller Stand) die Zahl der unbesetzten Ausbildungsplätze (14.361) die Zahl der unversorgten Bewerber (1.243) bei weitem. Hiervon profitieren auch die verwitweten Frauen und Männer. Die gute Situation am Arbeits - und Ausbildungsstellenmarkt schafft beste Chancen für ein erfolgreiches Erwerbsleben unabhängig von Sozialleistungen . Im Bereich der gesetzlichen Rentenversicherung profitieren – soweit betroffen – auch Verwitwete von den Verbesserungen , die in den vergangenen Jahren im Rentenrecht vorgenommen wurden, Verwitwete mit Kindern insbesondere von der Mütterrente, für die sich die Staatsregierung eingesetzt hat. Rund 180 multidisziplinär ausgestattete Erziehungsberatungsstellen (einschließlich Nebenstellen und Außensprechstunden ) stehen Kindern, Jugendlichen und Eltern zur qualifizierten Klärung und Bewältigung individueller und familienbezogener Probleme zur Verfügung. In den Erziehungsberatungsstellen beraten multidisziplinäre Teams bei interfamiliären Problemen, Trennung, Scheidung, Umgang, Erziehungs- und Entwicklungsfragen sowie zunehmend zum verantwortungsvollen Umgang mit digitalen Medien und zu psychischen familiären Belastungen. Die Nicolaidis YoungWings Stiftung wurde im Jahr 1998 aus eigener Betroffenheit gegründet und ist Anlaufstelle für trauernde Kinder, Jugendliche und Erwachsene bis zum Alter von 49 Jahren. Begleitet werden Erwachsene, deren Lebenspartner /in verstorben ist sowie Kinder und Jugendliche nach dem Tod eines Elternteils. Die Nicolaidis YoungWings Stiftung bietet mit ihren Hilfeangeboten vielfältige Möglichkeiten , sich mit der eigenen Trauer auseinanderzusetzen. Im Laufe der vergangenen Jahre wurden verschiedene Projekte der Nicolaidis YoungWings Stiftung staatlich gefördert. Verwitwete Frauen und Männer mit Kindern erhalten darüber hinaus weitere finanzielle Leistungen des Staates. Diesbezüglich wird auf die Antwort zur Frage 4.3 verwiesen. 6.1 Wurden die in Frage 5.1 und 5.2 genannten Maßnahmen evaluiert – und wenn ja, wie fällt die (Zwischen -)Bilanz aus? Die Staatsregierung überwacht fortlaufend den Fortschritt des Ausbaus der Kindertagesbetreuung, der von den Kommunen entsprechend dem jeweiligen Bedarf mit finanzieller Unterstützung des Freistaates geplant und durchgeführt wird. Das Ausbautempo ist erheblich, lässt sich aber wegen des Fachkräftemangels und fehlender Grundstücke in den Ballungsräumen nur bedingt steigern. Im Schnitt können jährlich zusätzlich rund 12.000 Kinder betreut werden. Der Familienpakt Bayern hat in den letzten beiden Jahren einen konkreten Beitrag dazu geleistet, dass die bayerische Unternehmenswelt familienfreundlicher wird. Seit Beitritt zum Familienpakt haben die Mitgliedsunternehmen 218 Maßnahmen zur betrieblichen Familienfreundlichkeit ausgebaut, 166 weitere Maßnahmen wurden neu eingeführt oder sind geplant. Seit Beitritt zum Familienpakt bauten auch die Netzwerkpartner ihr bestehendes Angebot weiter aus. Dabei sind Schwerpunkte in den Bereichen „Wiedereinstieg “ (41 Prozent) und „Frauenförderung“ (22 Prozent) zu erkennen. Die Angebote des Familienpakts entsprechen den Wünschen und Anforderungen der Mitgliedsunterneh- Seite 6 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/20558 men. Die zur Verfügung gestellten Fachinformationen werden von 75 Prozent, die Möglichkeit zur Vernetzung von 69 Prozent der Mitgliedsunternehmen als hilfreich bewertet. 6.2 Welche weiteren Maßnahmen sind geplant? Im Bereich der Kindertagesbetreuung ist die Fortsetzung des bedarfsgerechten Ausbaus von Betreuungsplätzen bereits eingeleitet. Aktuell läuft das vierte Sonderinvestitionsprogramm mit einem Volumen von rund 178 Mio. Euro. Damit wird die Schaffung von zusätzlich 30.000 Betreuungsplätzen für Kinder von der Geburt bis zum Schuleintritt finanziell unterstützt. In der Zukunft wird der weitere Ausbau bzw. die Beschleunigung des Ausbaus der Tagesbetreuung im Grundschulbereich zunehmend in den Fokus rücken. Durch zielgenaue Weiterentwicklung einzelner Familienleistungen wie z. B. des Kindergelds und der Kinderfreibeträge sowie dem Kinderzuschlag sollen in Zukunft weitere Verbesserungen für – gerade auch finanziell belastete – Familien erreicht werden. Eine familienfreundliche Lebens- und Arbeitswelt zu schaffen, ist eine gesamtgesellschaftliche Dauer- und Zukunftsaufgabe . Den in den letzten zwei Jahren erfolgreich angestoßenen Wertewandel in den bayerischen Unternehmen gilt es auszubauen, stetig zu begleiten und breiter in der Unternehmenskultur zu verankern. Der „Familienpakt Bayern“ wird daher auch in der nächsten Legislaturperiode die bayerischen Unternehmen bei der Umsetzung familienbewusster Maßnahmen unterstützen. Das bisherige Angebot zur Unterstützung von Frauen und Männern beim Wiedereinstieg in eine existenzsichernde Beschäftigung nach einer Familienphase, von dem bei Betroffenheit auch verwitwete Personen profitieren, soll fortgeführt werden. Die „Allianz für starke Berufsbildung in Bayern“ wird fortgeführt . Die Allianzpartner stimmen auch in Zukunft ihre jeweiligen Maßnahmen jährlich aufeinander ab und passen diese flexibel auf die Bedürfnisse und Entwicklungen des Ausbildungsstellenmarkts in Bayern an. Die Staatsregierung setzt sich für einen höheren Freibetrag bei der Einkommensanrechnung von Erwerbseinkommen bei Hinterbliebenenrenten ein, um Witwen und Witwern die Ausübung einer Erwerbstätigkeit neben einem Rentenbezug zu erleichtern. Soweit betroffen würden verwitwete Frauen und Männer zudem auch von den von der Staatsregierung geforderten gezielten rentenrechtlichen Maßnahmen zur Vermeidung von Altersarmut profitieren. Hierzu zählen insbesondere die Anrechnung von drei Kindererziehungsjahren für alle Mütter oder Väter, eine bessere Förderung von Geringverdienern in der privaten und betrieblichen Altersversorgung sowie eine verbesserte Absicherung von Erwerbsgeminderten.