Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Kerstin Celina BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 02.01.2018 Teilhabegeld für Gehörlose in Bayern Ähnlich wie bei blinden und hochgradig sehbehinderten Menschen entstehen auch bei gehörlosen und hochgradig hörbehinderten Menschen behinderungsbedingte Mehrkosten durch benötigte Assistenzleitungen, Gebärdendolmetscher und technische Hilfsmittel. Ohne diese technischen und personengebundenen Hilfen ist für gehörlose und stark hörbehinderte Menschen eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben nicht möglich. In einigen Bundesländern gibt es deshalb bereits einen finanziellen Nachteilsausgleich in Form eines Gehörlosengelds für diese Personengruppe. Nachdem sich die Hoffnung auf die Einführung eines Bundesteilhabegelds im Zuge des Bundesteilhabegesetzes nicht erfüllt hat, besteht nun auch in Bayern ein akuter Handlungsbedarf. Die Einführung eines Teilhabegelds für gehörlose und an Taubheit grenzende hörbehinderte Menschen wäre ein wichtiger Schritt auf dem Weg in eine inklusive Gesellschaft. Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung: 1. a) Wie viele gehörlose und an Taubheit grenzende hörbehinderte Menschen leben derzeit in Bayern? b) Wie kann die gesellschaftliche Teilhabe gehörloser und hochgradig hörbehinderter Menschen in den Bereichen Kommunikation, Bildung, Gesundheit und Mobilität verbessert werden? c) Führt die Staatsregierung zu diesem Thema Gespräche mit den Fachverbänden der gehörlosen und hörbehinderten Menschen in Bayern? 2. a) Haben gehörlose und hochgradig hörbehinderte Menschen einen vergleichbaren behinderungsbedingten Mehrbedarf wie blinde, hochgradig sehbehinderte oder taubblinde Menschen? b) Welchen besonderen Bedarf an medizinisch-technischen Hilfsmitteln haben gehörlose und hochgradig hörbehinderte Menschen? c) Welchen besonderen Assistenz- und Dolmetscherbedarf haben auf die Gebärdensprache angewiesene gehörlose und hochgradig hörbehinderte Menschen? 3. a) Haben gehörlose und hochgradig hörbehinderte Menschen nicht schon aus Gründen der Gleichbehandlung sinnesbehinderter Menschen den Anspruch auf einen finanziellen Nachteilsausgleich analog zum Blindengeld ? b) Verstößt die Verweigerung von finanziellen Hilfen für gehörlose und hörbehinderte Menschen gegen das Diskriminierungsverbot des Grundgesetzes und den Teilhabeanspruch der UN-Behindertenrechtskonvention ? c) Wie will die Staatsregierung die Versorgungslücke für gehörlose und an Taubheit grenzende hörbehinderte Menschen schließen? 4. a) Wie beurteilt die Staatsregierung die Einführung eines Gehörlosengelds durch verschiedene Bundesländer? b) Wie könnte aus Sicht der Staatsregierung ein gesetzlicher Anspruch auf Gehörlosengeld in Bayern am besten umgesetzt werden? c) Welche Höhe müsste ein Gehörlosengeld nach Auffassung der Staatsregierung haben, um eine halbwegs gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu gewährleisten? 5. a) Welche Konsequenzen ergeben sich aus der rechtlichen Anerkennung der Gebärdensprache als eigenständige Sprache für die gehörlosen und hochgradig hörbehinderten Menschen in Bayern? b) Wie wird der Anspruch auf Assistenz bei behördlichen Verfahren in Bayern konkret umgesetzt? c) Wer trägt die notwendigen Kosten für Gebärdendolmetscher und Kommunikationsassistenten in außerbehördlichen Bereichen des alltäglichen Lebens wie Kindertagestätten, Schulen, Arbeit, Justiz, Kultur, Sport und Religion? 6. a) Welche speziellen Anlauf- und Beratungsstellen für Gehörlose und hochgradig Hörbehinderte gibt es in Bayern? b) Wie werden gehörlose und hochgradig hörbehinderte Menschen im Beratungsangebot von Schuldner- und Insolvenzberatung, Vermögensberatung, Familienund Erziehungsberatung, Pflege- und Patientenberatung , Selbsthilfegruppen, Verbraucherzentralen, Sozialverbänden und Gewerkschaften berücksichtigt? c) Wer trägt die notwendigen Kosten für Dolmetscher und technische Hilfsmittel beim Schulbesuch und im Studium? 7. a) Gibt es in Bayern ein flächen- und bedarfsdeckendes Angebot an Gebärdensprach- und Schriftdolmetschern sowie Kommunikationsassistenten? b) Steht auch in kurzfristigen Angelegenheiten, wie Arztbesuchen ein ausreichendes Angebot an Assistenz zur Verfügung? c) Welche Schritte unternimmt die Staatsregierung, um das Angebot an Gebärdensprachdolmetschern und Kommunikationsassistenten zu verbessern? 8. a) Welche Kosten für medizinisch notwendige Hörgeräte und andere technische Hilfen wie Cochlea-Implantate werden von den Krankenkassen übernommen? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de – Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 05.04.2018 Drucksache 17/20560 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/20560 b) Wer trägt die Hilfsmittelkosten, z. B. für spezielle Hörgeräte für Menschen mit an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit, die die Krankenkassen-Festbeträge übersteigen? c) Wer trägt die Kosten für behinderungsbedingt benötigte spezielle Hilfsmittel im häuslichen Bereich wie Lichtsignalanlagen, Lichtwecker, Vibrationsalarme, spezielle Rauchmelder und zusätzliche Beleuchtung? Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration im Einvernehmen mit den Staatsministerien des Innern, für Bau und Verkehr, für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst, für Gesundheit und Pflege, der Justiz sowie für Umwelt und Verbraucherschutz vom 01.02.2018 1. a) Wie viele gehörlose und an Taubheit grenzende hörbehinderte Menschen leben derzeit in Bayern? In Bayern ist nach Mitteilung des Zentrums Bayern Familie und Soziales (ZBFS) bei 8.929 Menschen eine Gehörlosigkeit festgestellt, zudem gibt es 65.442 schwerhörige Menschen in allen Schweregraden (Stand 31.12.2016). Ein Behinderungsmerkmal „an Taubheit grenzend“ gibt es allerdings nicht. Hier wird nur zwischen „gehörlos“ und „schwerhörig “ unterschieden. b) Wie kann die gesellschaftliche Teilhabe gehörloser und hochgradig hörbehinderter Menschen in den Bereichen Kommunikation, Bildung, Gesundheit und Mobilität verbessert werden? Politik für hörbehinderte Menschen hat seit jeher einen hohen Stellenwert in Bayern. Ein wichtiger Schwerpunkt dieser Politik ist der Ausbau der barrierefreien Kommunikation . Dieser Gedanke findet sich auch in der UN-Behindertenrechtskonvention und wird von Bayern nachhaltig unterstützt. Beispielhaft genannt seien in diesem Zusammenhang die Anerkennung der Deutschen Gebärdensprache als eigenständige Sprache (siehe auch Frage 5 a), die bayerische Kommunikationshilfenverordnung (siehe auch Frage 5 a bis c, die Förderung des GIB-BLWG (Bayerisches Institut zur Kommunikationsförderung für Menschen mit Hörbehinderung), die Einführung des Studiengangs Gebärdensprachdolmetschen , die staatliche Förderung der Beratungsdienste der überregionalen Offenen Behindertenarbeit (siehe auch Frage 6 a) und der Dolmetschervermittlungsstellen (siehe auch Frage 6 a) in jedem Bezirk. Diese Politik wird stetig fortentwickelt. Die Staatsregierung steht daher in ständigem Kontakt zu den Akteuren der Verbände und Organisationen für Menschen mit Hörbehinderung. Ideen und Anregungen liefert auch der Runde Tisch Hörbehinderung, zu dem die Staatsregierung jährlich 1–2 Mal einlädt (siehe auch Frage 1 c). Der stetige Austausch des Runden Tisches stellt sicher, dass die Anliegen von Menschen mit Hörbehinderung zur Verbesserung ihrer Situation aus ihren Reihen zeitnah eingebracht und weiter verfolgt werden. Für hörbehinderte Menschen besteht die Möglichkeit, Leistungen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach §§ 53 ff des Zwölften Buches Sozialgesetzbuchs (SGB XII) in Anspruch zu nehmen. Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es, eine drohende Behinderung zu verhüten oder eine vorhandene Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die Menschen mit Behinderung in die Gesellschaft einzugliedern. Zu den Leistungen der Eingliederungshilfe gehören beispielsweise Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung und zum Besuch einer Hochschule sowie heilpädagogische Hilfen für noch nicht eingeschulte Kinder. Ebenso bietet die Eingliederungshilfe Hilfen zur Förderung der Verständigung mit der Umwelt sowie Hilfen zur Teilhabe am gemeinschaftlichen und kulturellen Leben. Eine Leistungsgewährung im Rahmen der Eingliederungshilfe kommt insoweit in vielen Bereichen des täglichen Lebens in Betracht. Grundvoraussetzung ist, dass kein vorrangiger Leistungsträger (wie z. B. die Krankenversicherung , die Rentenversicherung oder die Agentur für Arbeit) zur Bedarfsdeckung verpflichtet ist. Sozialhilfeleistungen erhält grundsätzlich außerdem nicht, wer sich zumutbar selbst helfen kann. Demzufolge ist – in Abhängigkeit von der Leistungsart – auch eine Prüfung von Einkommen und Vermögen der leistungsberechtigten Person bzw. seiner Eltern durchzuführen. Über das Vorliegen der Leistungsvoraussetzungen hat der zuständige Bezirk zu entscheiden. Im Rahmen des Bundesteilhabegesetzes werden sich für Menschen mit Behinderung Verbesserungen ergeben, die sich auch auf die gesellschaftliche Teilhabe erstrecken (z. B. Verbesserung bei der Einkommens- und Vermögensprüfung ). Schülerinnen und Schüler mit einer Hörbehinderung werden an Regelschulen und Förderschulen unterrichtet. An Regelschulen unterrichtete Schülerinnen und Schüler erhalten – je nach Schulart unterschiedlich – Unterstützung durch Lehrkräfte für Sonderpädagogik (insbesondere im Mobilen Sonderpädagogischen Dienst), ggf. durch Förderlehrkräfte oder durch zusätzliche Stunden aus dem eigenen Lehramt. Die Unterstützung wird seit dem Schuljahr 2011/2012 durch je 100 Stellen zusätzlich für die Inklusion ausgebaut. Einschließlich des Haushalts 2018 sind es bereits insgesamt 800 Stellen im Schuljahr 2018/2019. Das vom Ministerratsbeschluss am 04.04.2017 beschlossene Bildungspaket sieht weitere je 100 Stellen für die Jahre 2019 und 2020 vor (dann zusammen 1.000 Stellen zusätzlich für die Inklusion). Die (in der Mehrheit kommunalen) Schulaufwandsträger unterstützen durch Maßnahmen zur Barrierefreiheit, insbesondere durch Schallschutzmaßnahmen. Die Kommunen werden dabei durch den Freistaat mit Mitteln des Finanzausgleichs unterstützt. Unter Nr. 3.3 (Inklusion) in den neuen geltenden Vollzugshinweisen zur Schulbauverordnung vom 15.09.2017 heißt es dazu: „Der Einhaltung der Vorschriften zur Barrierefreiheit kommt für die Inklusion besondere Bedeutung zu. Bauordnungsbehörden und die Schulaufsichtsbehörden haben hierauf im Rahmen ihrer Befugnisse zu achten. Schallschutzmaßnahmen nach DIN 18041 zur Hörsamkeit in kleinen bis mittelgroßen Räumen sind förderfähig“. Beratung erhalten Erziehungsberechtigte durch die verschiedenen Beratungsangebote im schulischen Bereich. Für den Bereich der Grund-, Mittel- und Förderschulen wurde auch auf Initiative der interfraktionellen Arbeitsgruppe des Bildungsausschusses des Landtags die interdisziplinäre Inklusionsberatung am Schulamt eingerichtet. Sie kann im Hinblick auf die vielfältigen Fragestellungen und Zuständigkeiten eine Lotsenfunktion einnehmen. Für den Bereich der Hochschulen wird auf den Bericht Drucksache 17/20560 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 des Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst zur Selbsteinschätzung der Hochschulen bezüglich der Barrierefreiheit (sog. Ampelbericht) vom 07.07.2016 (Az. SI – H 2489.4 – 10b.35959) verwiesen. Der Freistaat unterstützt finanziell den Forschungs- und Praxisverbund inklusive Hochschule und barrierefreies Bauen (vgl. Homepage des Verbunds unter Federführung der Universität Würzburg: http://www.uni-wuerzburg.de/inklusion/start seite/). Die Hochschule Landshut beschäftigt sich speziell mit dem Thema „Gehörlos studieren in Bayern“. Die Ergebnisse des Forschungsverbunds bleiben abzuwarten. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur Hilfsmittelversorgung ist die Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) „allein die medizinische Rehabilitation; also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und Organfunktion einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolgs, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder soziale Rehabilitation ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme.“ Für gehörlose Menschen, die als Mitglied einer Krankenkasse medizinische Maßnahmen benötigen, gilt, dass gesetzliche Krankenkassen die Kosten für eine Gebärdensprachdolmetscherin oder einen Gebärdensprachdolmetscher übernehmen, wenn der Einsatz aus medizinischen Gründen notwendig ist (§ 17 Abs. 2 SGB I; § 19 Abs. 2 Satz 4 SGB X). Von diesem Anspruch mit umfasst sind auch anspruchsberechtigte Familienmitglieder und gehörlose Begleitpersonen einer hörenden Patientin bzw. eines hörenden Patienten, falls die Anwesenheit der gehörlosen Person zwingend notwendig ist, z. B. bei gehörlosen Eltern von hörenden Kindern. Bei einer ambulanten Untersuchung im Krankenhaus oder bei einem stationären Krankenhausaufenthalt haben Gehörlose Anspruch auf Gebärdensprachdolmetscherleistungen , sofern der Einsatz von Dolmetschenden aus medizinischen Gründen notwendig ist (§ 17 Abs. 2 SGB I, § 19 Abs. 2 Satz 4 SGB X; § 6 Abs. 1 SGB IX; § 6 des Gesetzes zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen – BGG). Die Teilhabe im Bereich Mobilität ist grundsätzlich für Gehörlose bereits heute gut möglich, da die Orientierung im Wesentlichen über die visuelle Wahrnehmung erfolgt. Für gehörlose Fußgänger ist es wichtig, gefährliche Situationen auch dann zu erkennen, wenn akustische Signale nicht wahrgenommen werden können. Ein mögliches Gefahren -Szenario entsteht beispielweise, wenn ein Rettungsfahrzeug eine Ampelanlage mit rotem Signal überqueren will und das Martinshorn des Rettungsfahrzeugs von einem gehörlosen Menschen nicht wahrgenommen wird. Als technische Lösungsmöglichkeit ist hier eine Vorrangschaltung zur Priorisierung von Einsatzfahrzeugen denkbar. Diese bietet mehr Sicherheit, nicht nur für Gehörlose, sondern für alle Verkehrsteilnehmer. Hierbei wird in die normale Programmsteuerung der Ampelanlage eingegriffen, so dass für die von den Rettungsfahrzeugen befahrenen Routen „Grün“ und für die anderen, querenden Verkehrsströme „Rot“ signalisiert wird. Dieser Ansatz wird in der Praxis bereits praktiziert, z. B. mittels Funktechnik in Würzburg bei der Ausfahrt der Feuerwache. Eine flächendeckende Umsetzung und Ausstattung der Ampelanlagen und aller Rettungsfahrzeuge ist aber nicht zielführend, da die bisherigen technischen Entwicklungen und Anwendungsfälle für eine Vorrangschaltung z. B. für Feuerwehr, Polizei, Rettungsfahrzeuge , öffentlichen Personennahverkehr z. T. unterschiedlich sind, und es im Rahmen der Digitalisierung zukunftsfähigere Möglichkeiten geben wird. Eine schnellere und flächendeckend leichter umsetzbare Lösung könnte eine von der (Straßen-)Infrastruktur unabhängige Entwicklung sein. Dafür könnte das verbreitete Smartphone als Plattform herangezogen werden. Speziell für Gehörlose könnte die Bereitstellung einer mobilen Handy -App, die das akustische Signal des Einsatzfahrzeugs in eine für den gehörlosen Menschen erkennbare Warnung, z. B. einen Vibrationsalarm, umsetzt, zu mehr Sicherheit führen. Nach derzeitigem Kenntnisstand gibt es bereits Techniken zum Erkennen und Filtern von Geräuschen wie Sprache oder Musik. Diese App könnte dann Gehörlose nicht nur an Lichtsignalanlagen, sondern auch bei anderen Verkehrssituationen vor Einsatzfahrzeugen warnen. Geeignete Lösungen könnten nach den Wünschen der Gehörlosenverbände von der Industrie entwickelt werden. Für Menschen mit sensorischen Einschränkungen ist im Bereich des öffentlcihen Personennahverkehr (ÖPNV) die Anwendung des Zwei-Sinne-Prinzips von zentraler Bedeutung . Dies gilt insbesondere für Fahrgastinformationen, die nach diesem Prinzip über zwei Sinne zu übermitteln sind. Die Digitalisierung leistet einen entscheidenden Beitrag zur Umsetzung des Zwei-Sinne-Prinzips für gehörlose und hochgradig hörbehinderte Menschen. Durch die Bereitstellung von Echtzeitinformationen im öffentlichen Personenverkehr via Internetdienste/Apps und Anzeigetafeln an Haltestellen und in Fahrzeugen wird gewährleistet, dass auch gehörlose und hochgradig hörbehinderte Menschen über aktuelle Störungen und Verspätungen informiert sind. Der Anteil entsprechend ausgestatteter Fahrzeuge und Haltestellen nimmt kontinuierlich zu. Auch die Möglichkeit des Ticketkaufs via Internetdienste/ Apps und Automaten verbessert die Teilhabe von gehörlosen und hörbehinderten Menschen am öffentlichen Personenverkehr . Es ist ferner darauf zu achten, dass neben akustischen Warnsystemen (z. B. bei Schließung der Türen) ebenso optisch wahrnehmbare Signale installiert werden. Diese sind bereits bei vielen der heutigen (Schienen-)Fahrzeuge vorhanden . Im Individualverkehr leisten vor allem moderne Navigationssysteme einen entscheidenden Beitrag für gehörlose und hörbehinderte Menschen. Diese bieten neben der Orientierung auch visuelle Informationen über Staus und Umleitungen . Aufgrund eines Landtagsbeschlusses aus dem Jahr 2001 (Drs. 14/8286) werden bei allen Neubau-, Umbau- oder Sanierungsmaßnahmen staatlicher Gebäude, in die Lautsprecheranlagen fest installiert werden, grundsätzlich Induktionsleitungen oder gleichwertige Vorrichtungen für Hörbehinderte mit eingebaut. c) Führt die Staatsregierung zu diesem Thema Gespräche mit den Fachverbänden der gehörlosen und hörbehinderten Menschen in Bayern? Im Februar 2010 wurde der „Runde Tisch Neuordnung der Politik für Menschen mit Hörbehinderung“ ins Leben gerufen ; der Name wurde inzwischen angepasst und lautet nun „Runder Tisch Hörbehinderung“. Seither treffen sich regelmäßig ein bis zwei Mal im Jahr alle in diesem Bereich Tätigen (Betroffenenverbände, Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe, Verbände der freien Wohlfahrtspflege, weitere Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/20560 Institutionen, die mit dem Thema „Hörbehinderung“ befasst sind, sowie Finanzierungsgeber), um sich in allen Belangen von Menschen mit Hörbehinderung auszutauschen. Bei Bedarf werden auch andere Institutionen und Ressorts mit eingebunden (s. a. PI/G-4254-3/1442 I: SANFR „Bayern barrierefrei – Maßnahmen für Menschen mit einer Hörbehinderung “). 2. a) Haben gehörlose und hochgradig hörbehinderte Menschen einen vergleichbaren behinderungsbedingten Mehrbedarf wie blinde, hochgradig sehbehinderte oder taubblinde Menschen? Der Staatsregierung liegen diesbezüglich keine Erkenntnisse vor. b) Welchen besonderen Bedarf an medizinisch-technischen Hilfsmitteln haben gehörlose und hochgradig hörbehinderte Menschen? Eine pauschale Beantwortung dieser Frage ist nicht möglich , da die Hilfsmittelversorgung immer eine individuelle Betrachtungsweise erfordert. Der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) erstellt zwar ein systematisch strukturiertes Hilfsmittelverzeichnis, in dem von der Leistungspflicht der Krankenkassen umfasste Hilfsmittel aufzuführen sind. Das Verzeichnis verkörpert ständiger Rechtsprechung zufolge aber keine abschließende und die Leistungspflicht der Krankenkassen im Sinne einer Positivliste beschränkende Regelung, sondern hat die Funktion einer unverbindlichen Auslegungs- und Orientierungshilfe. Für hochgradig schwerhörige Menschen kommen insbesondere Hörgeräte in Betracht. Reicht eine Hörgeräteversorgung nicht aus oder ist sie nicht möglich, können ggf. z. B. folgende Hilfsmittel Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) sein: Übertragungsanlagen, sofern sie zur Befriedigung von allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens erforderlich sind, z. B. um im Rahmen der Frühförderung die Sprachentwicklung und/oder Sprachförderung hörbehinderter, hörhilfenversorgter bzw. mit Cochlea-Implantat(CI)-versorgter Kinder zu fördern. Darüber hinaus kommen in bestimmten Fällen auch Signalanlagen , wie z. B. Blitz- und Vibrationswecker, Lichttürklingeln und optische Rauchmelder in Betracht. c) Welchen besonderen Assistenz- und Dolmetscherbedarf haben auf die Gebärdensprache angewiesene gehörlose und hochgradig hörbehinderte Menschen? Bei der Beeinträchtigung des Gehörs handelt es sich um eine zunächst unsichtbare Behinderung. Die Hindernisse und Barrieren für Menschen mit Hörbehinderung bestehen in den fehlenden Möglichkeiten zur Kommunikation in allen Lebensbereichen. Allerdings wirkt sich diese Behinderung unmittelbar im Alltagsgeschehen aus. So sind Menschen mit Hörbehinderung für alltägliche Gespräche im Austausch mit den Mitmenschen häufig auf Unterstützung in der Kommunikation angewiesen. Dieser Unterstützungsbedarf variiert allerdings stark je nach persönlicher Sprachkompetenz, Zeitpunkt des Eintritts sowie Art und Schwere der Hörbehinderung . 3. a) Haben gehörlose und hochgradig hörbehinderte Menschen nicht schon aus Gründen der Gleichbehandlung sinnesbehinderter Menschen den Anspruch auf einen finanziellen Nachteilsausgleich analog zum Blindengeld? b) Verstößt die Verweigerung von finanziellen Hilfen für gehörlose und hörbehinderte Menschen gegen das Diskriminierungsverbot des Grundgesetzes und den Teilhabeanspruch der UN-Behindertenrechtskonvention ? Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts steht dem Gesetzgeber bei der Gewährung von Sozialleistungen ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Es bleibt ihm überlassen, wie er soziale Probleme löst. Der Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers ist bei gewährender Sozialpolitik größer als bei einschränkenden Maßnahmen ; willkürliche Leistungsunterschiede sind jedoch verfassungswidrig. Außerdem kann niemand allein daraus, dass einer Gruppe aus besonderem Anlass besondere Vergünstigungen zugestanden werden, für sich ein verfassungsrechtliches Gebot herleiten, genau dieselben Vorteile in Anspruch nehmen zu dürfen. Aus der Zweckbestimmung des Blindengelds, einen Ausgleich für die blindheitsbedingten Mehraufwendungen zu gewähren, ist klar ersichtlich, dass das Blindengeld keine willkürliche Begünstigung darstellt, sondern sachlich begründet ist. Die Leistungen an blinde, taubblinde, hochgradig sehbehinderte und taubsehbehinderte Menschen nach dem Bayerischen Blindengeldgesetz stehen deshalb nicht im Widerspruch zum allgemeinen Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes. Das Gleiche gilt für den Teilhabeanspruch aus der UN- Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Die UN-BRK hat als ratifizierter völkerrechtlicher Vertrag innerstaatlich den Rang eines einfachen Bundesgesetzes. Die Grundrechte des Grundgesetzes werden jedoch völkerrechtskonform ausgelegt, soweit der Grundrechtsschutz dadurch nicht gemindert oder eingeschränkt wird. Vor diesem Hintergrund korrespondieren die verfassungsrechtlichen mit der völkerrechtlichen Betrachtung der finanziellen Hilfen für gehörlose und hörbehinderte Menschen. Ziel der UN-BRK ist es, Menschen mit Behinderungen und ihre Belange von Anfang an mit dem Ziel der gleichberechtigten Teilhabe in allen Lebensbereichen mit einzubeziehen. Dazu haben die Vertragsstaaten der UN-BRK alle geeigneten Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und sonstigen Maßnahmen zur Umsetzung der in der Konvention anerkannten Rechte zu treffen (Art. 4 Abs. 1a UN-BRK). Die Vertragsstaaten werden also dazu verpflichtet, positive Maßnahmen zu ergreifen, um die volle Verwirklichung der in der UN-BRK genannten Rechte zu ermöglichen. Hinsichtlich der wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte (WSK-Rechte) der UN-BRK ist diese Verpflichtung gemäß Art. 4 Abs. 2 UN-BRK allerdings insoweit zu spezifizieren , dass diese Rechte schrittweise zu realisieren, d. h. nach und nach im Rahmen der bestehenden politischen und finanziellen Spielräume zu verwirklichen sind. Denn die betreffenden Vorschriften unterstehen dem Progressionsvorbehalt nach Art. 4 Abs. 2 UN-BRK und formulieren oftmals Ziele, nicht aber konkrete Maßnahmen mit der Folge, dass diese Regelungen in der Regel nicht unmittelbar anwendbar sind. Da die Umsetzung der WSK-Rechte außerdem typischerweise die Gestaltung von Leistungs- und Teilhaberechten im Rahmen der Gewährleistungspflicht betrifft, kommt dem Gesetzgeber hierbei – wie allgemein im Bereich des Leis- Drucksache 17/20560 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 5 tungsrechts – ein weiter Gestaltungsspielraum zu. In diese Kategorie fällt auch die Förderung der gleichberechtigten Teilhabe gehörloser und hörbehinderter Menschen. So ist es den Vertragsstaaten überlassen, wie sie diese Teilhabe ermöglichen wollen, sei es durch finanzielle Hilfen oder aber auch durch andere Formen der Unterstützung. Der Verzicht auf eine finanzielle Leistung für gehörlose und hörbehinderte Menschen analog dem Blindengeld steht daher nicht in Widerspruch zur Förderung des Teilhabeanspruchs der UN- Behindertenrechtskonvention für diese Personengruppe. c) Wie will die Staatsregierung die Versorgungslücke für gehörlose und an Taubheit grenzende hörbehinderte Menschen schließen? Aufgrund der Vielfalt der für gehörlose und für an Taubheit grenzende hörbehinderte Menschen angebotenen Unterstützungsmöglichkeiten gibt es keine Versorgungslücke, die zu schließen wäre. 4. a) Wie beurteilt die Staatsregierung die Einführung eines Gehörlosengelds durch verschiedene Bundesländer ? Aufgrund des Föderalismusprinzips bleibt es den einzelnen Bundesländern überlassen, in welchen Bereichen und auf welche Art sie die Schwerpunkte ihrer Politik für behinderte Menschen setzen wollen. b) Wie könnte aus Sicht der Staatsregierung ein gesetzlicher Anspruch auf Gehörlosengeld in Bayern am besten umgesetzt werden? Zum aktuellen Zeitpunkt plant die Staatsregierung keine Einführung eines Gehörlosengelds. Die Frage einer gesetzestechnischen Ausgestaltung eines Gehörlosengelds kann daher dahinstehen. c) Welche Höhe müsste ein Gehörlosengeld nach Auffassung der Staatsregierung haben, um eine halbwegs gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu gewährleisten? Die Teilhabe gehörloser Menschen am gesellschaftlichen Leben wird bereits durch eine Reihe von Unterstützungsmaßnahmen , z. B. im Rahmen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII, gewährleistet. Ein Gehörlosengeld ist deshalb nicht erforderlich. 5. a) Welche Konsequenzen ergeben sich aus der rechtlichen Anerkennung der Gebärdensprache als eigenständige Sprache für die gehörlosen und hochgradig hörbehinderten Menschen in Bayern? Die Anerkennung der deutschen Gebärdensprache als eigenständige Sprache war ein wichtiger Schritt, um die Situation der gehörlosen Menschen zu verbessern. Diese Maßnahme wurde im Jahr 2002 auf Bundesebene gesetzlich verankert und auf Landesebene im Jahr 2003 mit dem Bayerischen Behindertengleichstellungsgesetz ebenfalls geregelt. Neben der Anerkennung der deutschen Gebärdensprache haben hörbehinderte Menschen in Bayern nunmehr auch das Recht, gegenüber Trägern öffentlicher Gewalt in deutscher Gebärdensprache zu kommunizieren. Die Kosten für eine Kommunikationshilfe, meist für eine Gebärdensprachdolmetscherin bzw. für einen Gebärdensprachdolmetscher , werden erstattet. Näheres dazu regelt die Bayerische Kommunikationshilfenverordnung (BayKHV) (siehe auch Frage 5 b). b) Wie wird der Anspruch auf Assistenz bei behördlichen Verfahren in Bayern konkret umgesetzt? Die BayKHV regelt die Kostenerstattung von Kommunikationshilfen an hör- oder sprachbehinderte Personen im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens oder an hör- oder sprachbehinderte Eltern nicht hör- oder sprachbehinderter Kinder, soweit die Verwendung von Gebärdensprache oder anderen Kommunikationshilfen zur Wahrnehmung eigener Rechte in einem Verwaltungsverfahren oder zur Kommunikation der Berechtigten mit der Kindertageseinrichtung, Tagespflegestelle oder Schule erforderlich ist. Die Kostenerstattung für Gebärdensprachdolmetscherinnen und -dolmetscher erfolgt dabei nach den Honorarsätzen für die Leistung der Sachverständigen und Dolmetscher des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG). c) Wer trägt die notwendigen Kosten für Gebärdendolmetscher und Kommunikationsassistenten in außerbehördlichen Bereichen des alltäglichen Lebens wie Kindertagestätten, Schulen, Arbeit, Justiz , Kultur, Sport und Religion? Im Rahmen der Eingliederungshilfe nach dem SGB XII kommt eine Übernahme von Kosten für Gebärdensprachdolmetscher und Kommunikationsassistenten in vielen Bereichen des täglichen Lebens in Betracht (siehe auch Frage 1 b). Kostenträger sind die Bezirke als überörtliche Sozialhilfeträger . Diese haben auch über einen etwaig bestehenden Leistungsanspruch zu entscheiden. Leistungen der Eingliederungshilfe kommen nur dann in Betracht, sofern die Hilfe nicht von einem vorrangig verpflichteten Kostenträger erbracht wird. Gegebenenfalls ist auch eine Überprüfung von Einkommen und Vermögen vorzunehmen. Für die Kommunikation hör- oder sprachbehinderter Eltern nicht hör- oder sprachbehinderter Kinder mit Kindertagesstätten und Schulen ist die Kostenübernahme unter Frage 5 b dargestellt. Im Lebensbereich Arbeit kann das Zentrum Bayern Familie und Soziales (ZBFS – Inklusionsamt –) Kostenträger für Gebärdensprachdolmetscherinnen und -dolmetscher sowie Kommunikationsassistentinnen und -assistenten sein, wenn der Bedarf an den genannten Leistungen im Zusammenhang mit der Sicherung eines Arbeitsplatzes steht. Die Kosten können im Rahmen der begleitenden Hilfe nach § 185 Abs. 2 ff SGB IX in Verbindung mit weiteren Vorschriften der Schwerbehinderten-Ausgleichsabgabeverordnung übernommen werden. Es ist der Arbeitsplatzbegriff des Teils 3 des SGB IX zugrunde zu legen, d. h. auch bei Beamten oder bei Selbständigen können die Kosten vom Inklusionsamt getragen werden. Bei Teilzeitbeschäftigten muss der Arbeitszeitumfang wöchentlich mindestens 15, in Inklusionsbetrieben mindestens zwölf Stunden betragen. Das Inklusionsamt leistet nur, wenn kein vorrangiger Kostenträger vorhanden ist. Für die Bezuschussung der Leistungen von Gebärdensprachdolmetscherinnen und -dolmetschern durch das Inklusionsamt gibt es verwaltungsinterne Leitlinien, sogenannte Empfehlungen. Dolmetscherinnen und Dolmetscher, die von einem Gericht , einer Staatsanwaltschaft oder einem Gerichtsvollzieher herangezogen werden, werden nach § 9 Abs. 3 des Gesetzes über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen , Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen , ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Seite 6 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/20560 Dritten (JVEG) aus der Staatskasse vergütet. In Zivil- oder Strafverfahren der ordentlichen Gerichte werden die Auslagen des Gerichts für Gebärdensprachdolmetschende grundsätzlich nicht erhoben (Nr. 9005 Abs. 3 und 4 der Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes – GKG); in den Zivilverfahren gilt dies insbesondere unabhängig von der Frage des Obsiegens oder Verlierens im Verfahren. Eine Ausnahme ist für den Bereich der Strafund Bußgeldverfahren vorgesehen. Nach Abs. 3 und 4 der Anmerkung zu Nr. 9005 des Kostenverzeichnisses (KV) zum GKG können Auslagen für Gebärdensprachdolmetschende erhoben werden, wenn das Gericht dem Beschuldigten oder Betroffenen diese nach § 464c der Strafprozessordnung (StPO) oder die Kosten nach § 467 Abs. 2 Satz 1 StPO, auch in Verbindung mit § 467a Abs. 1 Satz 2 StPO, auferlegt hat. Für Gerichtsverfahren in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit sieht das Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) ebenfalls vor, dass Beträge, die an Gebärdensprachdolmetschende (§ 186 Abs. 1 des Gerichtsverfassungsgesetzes – GVG) gezahlt werden, nicht erhoben werden (Abs. 2 der Anmerkung zu Nr. 31005 KV-GNotKG). Entsprechendes gilt für Familiensachen einschließlich der Vollstreckung durch das Familiengericht und für Verfahren vor dem Oberlandesgericht über die Anerkennung ausländischer Entscheidungen in Ehesachen nach § 107 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit – FamFG – (Abs. 2 der Anmerkung zu Nr. 2005 KV-FamGKG) sowie im Bereich der Tätigkeit der Gerichtsvollzieher (Abs. 2 der Anmerkung zu Nr. 703 KV-GvKostG). In der Verwaltungsgerichtsbarkeit erfolgt gemäß § 186 Abs. 1 GVG die Verständigung mit einer hörbehinderten Person nach ihrer Wahl mündlich, schriftlich oder mithilfe einer die Verständigung ermöglichenden Person, die vom Gericht heranzuziehen ist. Demnach können Dolmetscherleistungen herangezogen werden. Soweit eine Wahl i. S. d. § 186 Abs. 1 GVG nicht getroffen wird oder eine ausreichende Verständigung in der gewählten Form nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist, kann das Gericht gemäß § 186 Abs. 2 GVG entsprechende Anordnungen treffen. Nach dem Gerichtskostengesetz (Anlage 1 GKG KV 9005 (3)) fallen im Bereich der Verwaltungsgerichtsbarkeit die Kosten für den Einsatz einer Gebärdensprachdolmetscherin oder eines -dolmetschers bzw. einer Kommunikationsassistentin oder -assistenten der Staatskasse zur Last. Die Förderung von Maßnahmen im Sport erfolgt auf Grundlage der Richtlinien über die Gewährung von Zuwendungen des Freistaates Bayern zur Förderung des außerschulischen Sports (Sportförderrichtlinien – SportFöR) vom 30.12.2016, AllMBl 2017, S. 14 ff. Darin ist eine ausdrückliche Förderung der Kosten für Kommunikationshilfen nicht vorgesehen. Gleichwohl erhalten zum einen die Sport- und Schützenvereine eine sog. Vereinspauschale (vgl. Teil 1 Abschnitt B SportFöR). Hiermit können die Vereine die Aufwendungen für deren Sportbetrieb, u. a. im personellen Bereich, tragen. Hier ist auch der erforderliche Einsatz von Kommunikationshilfen denkbar. Zum anderen erhält der Bayerische Gehörlosensportverband e. V. Sportfördermittel des Freistaates Bayern für die Durchführung von Lehrgangsmaßnahmen im Breiten- und Nachwuchsleistungssport (vgl. Teil 2 Abschnitte E und F SportFöR). Im Rahmen der Lehrgangsmaßnahmen sind auch Honorare für Referenten i. H. v. bis zu 80 Prozent förderfähig. Soweit erforderlich könnten hierbei auch Gebärdensprachdolmetscherleistungen berücksichtigt werden. Des Weiteren erhält der Verband jährlich eine zusätzliche Förderung für Gebärdensprachdolmetscherkosten für Gehörlose im Sportbereich. Bei kirchlichen Amtshandlungen der evangelischen Kirche in ihren hörenden evangelischen Gemeinden haben einzelne Gehörlose die Möglichkeit, einen Gebärdensprachdolmetschenden in Anspruch zu nehmen, wenn die Amtshandlung (Taufe, Trauung, Konfirmation, Beerdigung) nicht durch einen Gehörlosenseelsorger durchgeführt werden kann. Innerhalb der katholischen Gemeinden ist die Kostenübernahme von Dolmetschereinsätzen für gehörlose Mitglieder nicht einheitlich geregelt. Generell können Gehörlose bei ihrer hörenden Gemeinde um den Einsatz einer Dolmetscherin oder eines Dolmetschers bitten. Nach Abklärung der Gemeinde mit der katholischen Gehörlosenseelsorge gewährleistet diese die Kommunikation entweder durch eigene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter oder organisiert den Dolmetschereinsatz . Taufe und Trauung gehörloser Gemeindemitglieder sowie die Beerdigung werden in der Regel durch die Gehörlosenseelsorge übernommen. 6. a) Welche speziellen Anlauf- und Beratungsstellen für Gehörlose und hochgradig Hörbehinderte gibt es in Bayern? In jedem Regierungsbezirk gibt es Beratungsdienste für hörbehinderte Menschen, die im Rahmen der Offenen Behindertenarbeit von den Bezirken und der Staatsregierung gefördert werden. In den Jahren 2013 bis 2016 wurde im Rahmen einer Modellförderung die Öffnung der Beratungsdienste für schwerhörige Menschen und CI-Träger erprobt. Seit 2017 kann diese Förderung bayernweit in die Regelförderung übernommen werden. Mit Blick auf die speziellen Bedürfnisse taubblinder Menschen wird mit dem Fachdienst Integration Taubblinder Menschen (ITM) ein spezieller bayernweit agierender überregionaler Dienst der Offenen Behindertenarbeit mit Sitz in München gefördert. Für die Vermittlung von Gebärdensprachdolmetscherinnen und -dolmetschern besteht ein bayernweites Netz an staatlich geförderten Dolmetschervermittlungsstellen, auf das Privatpersonen und Institutionen gleichermaßen zugreifen können. Derzeit werden auch neue vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration geförderte Beratungsstellen im Rahmen der ergänzenden unabhängigen Teilhabeberatung aufgebaut, die insbesondere Peer-Beratung von Betroffenen für Betroffene anbieten. b) Wie werden gehörlose und hochgradig hörbehinderte Menschen im Beratungsangebot von Schuldner - und Insolvenzberatung, Vermögensberatung, Familien- und Erziehungsberatung, Pflege- und Patientenberatung, Selbsthilfegruppen, Verbraucherzentralen , Sozialverbänden und Gewerkschaften berücksichtigt? Inklusion bedeutet, dass Menschen mit Behinderung ihr Leben nicht mehr an vorhandene Strukturen anpassen müssen, sondern dass Staat und Gesellschaft Strukturen schaffen, die jedem Menschen – auch den Menschen mit Behinderung, somit auch denen mit einer Hörbehinderung – eine umfassende Teilhabe ermöglichen. Das Ziel einer möglichst umfassenden Teilhabe wird daher nur gelingen, wenn Drucksache 17/20560 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 7 deren Umsetzung als Aufgabe aller wahrgenommen wird. Die Gestaltung der Lebenswelten von Menschen mit Behinderung im Hinblick auf eine möglichst umfassende Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ist bereits seit vielen Jahren zentraler Bestandteil der Politik in Bayern und findet ihre Umsetzung in allen Ressorts der Staatsregierung. Im Rahmen der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung sind alle Beratungsangebote, wie sie u. a. durch Sozialverbände, Gewerkschaften oder im Rahmen der Vermögensberatung bereitgestellt werden, an diesem Anspruch zu messen. Die Schuldner- und die Insolvenzberatung stehen selbstverständlich auch gehörlosen und hochgradig hörbehinderten Menschen zur Verfügung. Nach Information der Sprecherin des Fachausschusses „Schuldnerberatung“ haben die Betroffenen bislang immer zu den entsprechenden Terminen eine Gebärdensprachdolmetscherin bzw. einen Gebärdensprachdolmetscher mit beigezogen. Die Finanzierung des Einsatzes der entsprechenden Dolmetschenden wurde jeweils eigenständig durch die Betroffenen geregelt. Mit dem Projekt „Ehe- und Familienberatung für gehörlose und schwer hörgeschädigte Menschen“ wird eine professionelle Beratung von gehörlosen und schwer hörgeschädigten Menschen als niedrigschwelliges Beratungskonzept in Bayern ermöglicht. Das Beratungskonzept wird für Südbayern in München sowie für Nordbayern in Nürnberg und Würzburg (Außenstelle zu Nürnberg) angeboten. In der GKV, die im SGB V geregelt ist, sowie in der Sozialen Pflegeversicherung, die im SGB XI geregelt ist, ist eine spezielle Rechtsgrundlage für die Übernahme von Dolmetscherkosten nicht vorgesehen. Nach § 17 Abs. 2 SGB I und § 19 Abs. 1 Satz 2 SGB X in Verbindung mit der Verordnung zur Verwendung von Gebärdensprache und anderen Kommunikationshilfen im Verwaltungsverfahren nach dem Behindertengleichstellungsgesetz (Kommunikationshilfenverordnung – KHV) haben hörbehinderte Menschen jedoch das Recht, sowohl bei der Ausführung von Sozialleistungen , insbesondere auch bei ärztlichen Untersuchungen und Behandlungen, als auch im sonstigen Verkehr mit Sozialleistungsträgern die Deutsche Gebärdensprache zu verwenden . Die durch Verwendung der Gebärdensprache und anderer Kommunikationshilfen entstehenden Kosten sind vom zuständigen Sozialleistungsträger zu tragen. Dies gilt auch für die Inanspruchnahme von Pflegeberatung . Gehörlose und hochgradig hörbehinderte Menschen, die pflegebedürftig sind oder einen Antrag auf Leistungen der Pflegeversicherung stellen wollen, haben in gleicher Weise wie andere Pflegebedürftige auch Anspruch auf Pflegeberatung . Die Pflegekasse zieht in solchen Fällen zum Beratungsgespräch eine zertifizierte Gebärdensprachdolmetscherin bzw. einen Gebärdensprachdolmetscher hinzu. Nach der Richtlinie des Freistaates zur Förderung von Selbsthilfegruppen für Inklusion und Teilhabe von Menschen mit Behinderung oder chronischer Krankheit werden Selbsthilfegruppen auch von Menschen mit Hörbehinderung direkt finanziell unterstützt. Die Aufwendungen auch für Gebärdensprachdolmetschende können davon bestritten werden , wenn sie im Rahmen entsprechender förderfähiger Veranstaltungen anfallen. In Fällen, in denen ein gehörloser Mensch in einer Selbsthilfegruppe mit Hörenden (z. B. Krebs) einen Dolmetscherdienst benötigt, müsste dagegen ggf. ein individueller Anspruch im Rahmen der Eingliederungshilfe geltend gemacht werden. Die Verbraucherzentrale Bayern und der Verbraucherservice Bayern bieten ihre Informationen und Beratungen auf den verschiedensten niederschwelligen Kontaktwegen allen Verbraucherinnen und Verbrauchern in Bayern an. Dabei können gehörlose und hochgradig hörbehinderte Menschen die gewünschten Informationen schriftlich in Papierform in den 31 Beratungsstellen und bei vielen weiteren Informationspunkten erhalten. Zusätzlich sind diese natürlich auch online abrufbar. Insbesondere für gehörlose und hochgradig hörbehinderte Menschen bieten sich die verschiedenen schriftlichen Kontaktwege der Online-Beratung über die jeweilige Homepage an. Sehr häufig – und vor allem bei komplexen Sachverhalten – suchen die Betroffenen jedoch die persönliche Beratung in der Beratungsstelle. Ist dies der Fall, kommen sie meist mit einer Begleitperson, die das Beratungsgespräch z. B. mithilfe von Übersetzung in Gebärdensprache unterstützt . Das Evangelische Bildungswerk München e. V. (EBW) ist einer von 14 anerkannten „Stützpunkten Verbraucherbildung Bayern“, die als regionale Partner die Verbraucherbildung für Erwachsene vor Ort stärken. Sie verpflichten sich, einen Programmschwerpunkt Verbraucherbildung im Bereich Finanzen und digitale Welt zu schaffen, dabei nach Möglichkeit besondere und verletzliche Zielgruppen anzusprechen und vorgegebene Qualitätskriterien zur Produktund Anbieterneutralität einzuhalten. Das EBW München legt dabei einen Schwerpunkt auf innovative und inklusive Veranstaltungen zur „Medienkompetenz für Gehörlose“ („Medien -Treff“). Der „Medien-Treff“ mit Gebärdensprache ist ein Angebot, bei dem sich gehörlose Menschen über neue Entwicklungen in der Digitalen Welt (u. a. zum Thema Social Media, Smartphone) informieren und weiterbilden können. Es werden erfahrene Trainerinnen und Trainer eingesetzt, die von Dolmetscherinnen und Dolmetschern in Gebärdensprache simultan gedolmetscht werden. Die Kurse waren im Jahr 2017 bereits sehr gut besucht und werden 2018 fortgesetzt . Das EBW organisiert darüber hinaus Fortbildungen zum Thema „Leichte und Einfache Sprache“, die Referierende qualifiziert, ihre Seminarinhalte auch in leichter und einfacher Sprache kommunizieren zu können. Zielgruppen sind v. a. Menschen mit Lernschwierigkeiten und Deutschlernende . Die entsprechend fortgebildeten Referierenden bieten im Anschluss Informationsveranstaltungen zu den Themen Finanzen/Altersvorsorge/Versicherungen in leichter und einfacher Sprache an. c) Wer trägt die notwendigen Kosten für Dolmetscher und technische Hilfsmittel beim Schulbesuch und im Studium? Wie bereits unter Frage 1 b dargestellt, sind im Rahmen der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen nach dem SGB XII u. a. Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung sowie zum Besuch einer Hochschule zu erbringen. Der zuständige Bezirk hat für den konkreten Leistungsfall im Rahmen der durchzuführenden Bedarfsfeststellung eine Übernahme der vorgenannten Kosten zu prüfen. Eine Kostentragung durch den Bezirk kommt allerdings nur dann in Betracht, sofern kein vorrangiger Kostenträger für eine Leistungsgewährung zuständig ist und auch die Schule, Hochschule oder Universität die notwendige Unterstützung nicht selbst zur Verfügung stellt. In Abhängigkeit von der Leistungsart ist hier außerdem eine Heranziehung aus dem Einkommen und Vermögen abzuklären. In diesem Rahmen kann ein Anspruch beispielsweise auf einen Integrationshelfer für den Bereich der Schule (Schulbegleitung) durch Seite 8 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/20560 eine Gebärdensprachdolmetscherin bzw. einen Gebärdensprachdolmetscher bestehen. Soweit an Hochschulen Induktionsschleifen oder ggf. ein Hilfsmittelpool mit Frequenzmodulationsanlagen (so die Universität Würzburg) vorhanden ist, wird dies von den Hochschulen bzw. dem Freistaat finanziert. 7. a) Gibt es in Bayern ein flächen- und bedarfsdeckendes Angebot an Gebärdensprach- und Schriftdolmetschern sowie Kommunikationsassistenten? b) Steht auch in kurzfristigen Angelegenheiten wie Arztbesuchen ein ausreichendes Angebot an Assistenz zur Verfügung? c) Welche Schritte unternimmt die Staatsregierung, um das Angebot an Gebärdensprachdolmetschern und Kommunikationsassistenten zu verbessern? Die Staatsregierung arbeitet seit langem daran, die Bereitstellung von Dolmetscherleistungen für Menschen mit Hörbehinderung weiter zu verbessern. So wurde, um die Zahl der zur Verfügung stehenden Gebärdensprachdolmetschenden in Bayern zu erhöhen, der Studiengang Gebärdensprachdolmetschen an der Hochschule Landshut zum Wintersemester 2015/2016 neu eingerichtet. Durch die jährlich abgehenden Absolventen dieses Studiengangs wird der Bestand an Dolmetscherinnen und Dolmetschern laufend verstärkt und ausgebaut. Zusätzlich bietet das vom Freistaat und den Bezirken geförderte GIB-BLWG in Nürnberg entsprechende Fortund Weiterbildungen für Gebärdensprachdolmetscher, Gebärdensprachdozenten, Schriftdolmetscher, Audioberater sowie für Taubblindendolmetscher und Taubblindenassistenten an. Im Internetauftritt des GIB-BLWG finden sich umfassende Informationen zum Thema Hörbehinderung sowie Suche und Finanzierung von Dolmetscherleistungen für alle Lebenssituationen. Dort sind die Kontaktadressen aller bayerischen Dolmetschervermittlungsstellen abrufbar, ebenso wie eine Liste der Gebärdensprachdolmetscher, der Schriftdolmetscher und vieles mehr. Für die Vermittlung von Dolmetscherleistungen besteht ein bayernweites Netz an geförderten Dolmetschervermittlungsstellen , auf das Privatpersonen und Institutionen gleichermaßen zugreifen können. Die Dolmetschervermittlungsstellen werden durch die Bezirke und die Staatsregierung gefördert. Das Zusammenspiel dieser Maßnahmen und Angebote sollte den Zugang zu den benötigten Dolmetscherleistungen für Menschen mit Hörbehinderung sukzessive vereinfachen. Probleme bei der Versorgung mit erforderlichen Gebärdensprachdolmetschenden zulasten der landesunmittelbaren Kranken- und Pflegekassen in Bayern sind nicht bekannt . 8. a) Welche Kosten für medizinisch notwendige Hörgeräte und andere technische Hilfen wie Cochlea- Implantate werden von den Krankenkassen übernommen ? b) Wer trägt die Hilfsmittelkosten, z. B. für spezielle Hörgeräte für Menschen mit an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit, die die Krankenkassen-Festbeträge übersteigen? Für die Versorgung mit Hörgeräten zulasten der GKV gilt das Gebot eines möglichst weitgehenden Ausgleichs des Funktionsdefizits, und zwar unter Berücksichtigung des aktuellen Stands des medizinischen und technischen Fortschritts . Der Anspruch auf Hilfsmittel umfasst zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen. Ein CI ersetzt die Funktion des Innenohrs, indem das Implantat den Hörnerv mithilfe elektrischer Impulse reizt. Wenn alle medizinischen und persönlichen Voraussetzungen erfüllt sind, trägt die Krankenkasse die Kosten für den Eingriff und die medizinische Nachsorge vollständig. Die Höhe der Kosten ist der Staatsregierung nicht bekannt, sie wird eigenverantwortlich zwischen den Partnern der Selbstverwaltung verhandelt. Der GKV-Spitzenverband bestimmt Hilfsmittel, für die Festbeträge festgesetzt werden. Hierzu gehören u. a. die Hörhilfen. Festbeträge sollen so bestimmt werden, dass eine in der Qualität gesicherte und wirtschaftliche, aufzahlungsfreie Versorgung mit Hilfsmitteln sichergestellt ist. Die Festbeträge haben sich an in der Realität vorhandenen, preisgünstigen Versorgungsmöglichkeiten auszurichten. In den Verträgen der Krankenkassen werden die Einzelheiten der Versorgung konkretisiert. Kosten, die den Festbetrag überschreiten, darf die Krankenkasse nicht übernehmen. Hierdurch soll den Versicherten ein Anreiz zur Wahl preisgünstiger Hilfsmittel gegeben werden, ohne ihren Anspruch auf das im Einzelfall medizinisch erforderliche Mittel einzuschränken (vgl. BT-Drs. 11/2237, S. 173). Die jeweiligen Festbeiträge können dem Internetauftritt des GKV-Spitzenverbands entnommen werden (https://www. gkv-spitzenverband.de/). Dort sind diese direkt verlinkt unter https://www.gkv-spitzenverband.de/krankenversicherung/ hilfsmittel/festbetraege_3/festbetraege.jsp. c) Wer trägt die Kosten für behinderungsbedingt benötigte spezielle Hilfsmittel im häuslichen Bereich wie Lichtsignalanlagen, Lichtwecker, Vibrationsalarme , spezielle Rauchmelder und zusätzliche Beleuchtung? Der Anspruch gesetzlich Krankenversicherter auf Hilfsmittel umfasst nach dem Hilfsmittelverzeichnis des GKV-Spitzenverbands bei medizinischer Notwendigkeit grundsätzlich auch Kommunikationshilfen für Gehörlose und Menschen mit hochgradiger Schwerhörigkeit. Hierzu gehören ggf. auch die aufgeführten Lichtsignalanlagen , Lichtwecker, Vibrationsalarme und spezielle Rauchmelder . Anders als bei Hörgeräten, die eine Hörbehinderung unmittelbar ausgleichen, sind die Krankenkassen bei solchen Hilfsmitteln zum Ausgleich von direkten und indirekten Folgen der Behinderung (sog. mittelbarer Behinderungsausgleich ) nach höchstrichterlicher Rechtsprechung nur für einen Basisausgleich eintrittspflichtig. Es geht hier nicht um einen Ausgleich im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Möglichkeiten eines gesunden Menschen. Denn Aufgabe der GKV ist in allen Fällen allein die medizinische Rehabilitation , also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolgs, um ein selbstständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder Drucksache 17/20560 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 9 soziale Rehabilitation ist Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme . Soweit die Kosten für Hilfsmittel wegen Krankheit oder Behinderung nicht von der Krankenversicherung oder anderen zuständigen Leistungsträgern zu leisten sind und Pflegebedürftigkeit (d. h. mindestens Pflegegrad 1) vorliegt, haben gehörlose und hochgradig hörbehinderte Menschen Anspruch gegenüber der Pflegeversicherung auf Versorgung mit Pflegehilfsmitteln, die zur Erleichterung der Pflege oder zur Linderung der Beschwerden des Pflegebedürftigen beitragen oder ihm eine selbstständigere Lebensführung ermöglichen (§ 40 Abs. 1 Satz 1 SGB XI). Die Pflegekasse überprüft die Notwendigkeit der Versorgung mit den beantragten Pflegehilfsmitteln unter Beteiligung einer Pflegefachkraft oder des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (§ 40 Abs. 1 Satz 2 SGB XI).