Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Florian von Brunn SPD vom 01.12.2017 Ergebnisse aus dem „Luchsprojekt Bayern“ und dem „Managementplan Luchse in Bayern“ Seit gut 30 Jahren hat der Luchs im ostbayerischen Raum wieder eine Heimat gefunden. Doch der Luchs kann in Konflikt mit den Nutzungsansprüchen mit Interessengruppen aus Jagd, Forst und Landwirtschaft geraten. Der 2008 eingerichtete Managementplan für Luchse soll die Rahmenbedingungen für den Umgang mit dieser streng geschützten Tierart abstecken. Angesichts der aktuellen Zahlen von Luchstötungen besteht offensichtlich Handlungsbedarf. Daher frage ich die Staatsregierung: 1. a) In welcher Höhe wurden seit 2008 Haushaltsmittel (mit Angabe der finanzierten Maßnahmen, Haushaltsstellen sowie beteiligten Behörden und Institutionen) für das „Luchsprojekt Bayern“ sowie den „Managementplan Luchse in Bayern“ zur Verfügung gestellt? b) Welcher Anteil der o. g. Haushaltsmittel fließt in die aktive Wiederansiedlung von Luchsen? c) Welcher Anteil der o. g. Haushaltsmittel fließt in die Prävention von Wilderei? 2. a) In welcher Höhe wurden in den letzten 15 Jahren Ausgleiche aus dem Luchsfonds gezahlt? b) Welche bei Nutztierhaltern anfallenden Schäden werden durch den Luchsfonds ausgeglichen? c) In welchem Zeitrahmen nach Antrag auf Ausgleichszahlung erfolgten die Ausgleichszahlungen? 3. a) In welcher Höhe wurden seit 2008 Haushaltsmittel (mit Angabe der finanzierten Maßnahmen, Haushaltsstellen sowie beteiligten Behörden und Institutionen) zur Verfügung gestellt, um die Akzeptanz und Toleranz gegenüber dem Luchs zu stärken? b) Wie bewertet die Staatsregierung die Wirkung der akzeptanzfördernden und präventiven Maßnahmen und öffentlichen Kampagnen seit 2008? c) Genügt nach Auffassung der Staatsregierung der Umfang der Öffentlichkeitsarbeit und Information zu Gesetzeslage, Naturschutzrelevanz, Gefährdung und Meldeverfahren? 4. a) Ist nach Einschätzung der Staatsregierung angesichts der aktuellen Zahlen von Wildereifällen der „Managementplan Luchse in Bayern“ ausreichend? b) Welche Defizite sieht die Staatsregierung bei der Prävention und Fahndung solcher Delikte? c) Inwiefern wird der „Managementplan Luchse in Bayern “ internationalen Standards bei Prävention und Verfolgung von Naturschutzkriminalität gerecht? 5. a) Welche Umsetzungsmaßnahmen hat die Staatsregierung aus der Untersuchung der Auswirkungen von Landschaftszerschneidung durch überörtliche Verkehrsinfrastruktur in Bayern (Landesamt für Umwelt [2008]: Konzept zur Erhaltung und Wiederherstellung von bedeutsamen Wildtierkorridoren an Bundesfernstraßen in Bayern) gezogen? b) Welche Erkenntnisse/Umsetzungsmaßnahmen zieht die Staatsregierung aus der Analyse möglicher Wanderwege und der Durchlässigkeit der vierstreifigen Bundesfernstraßen an Schnittstellen mit Wildtierkorridoren ? c) Welche potenziellen Wildtierlebensräume haben sich für den Luchs durch die Modellierung dieses Konzeptes ergeben? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz unter Einbindung des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr, des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie des Staatsministeriums der Justiz vom 31.01.2018 1. a) In welcher Höhe wurden seit 2008 Haushaltsmittel (mit Angabe der finanzierten Maßnahmen, Haushaltsstellen sowie beteiligten Behörden und Institutionen ) für das „Luchsprojekt Bayern“ sowie den „Managementplan Luchse in Bayern“ zur Verfügung gestellt? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de – Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 05.04.2018 Drucksache 17/20567 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/20567 Tabelle 1: Luchse in Bayern – Ausgaben staatliche Haushaltsmittel 2007–2016 Zeitraum Projektträger Projektpartner Eingesetzte Haushalts-mittel/Kofinanzierung Projektschwerpunkte /Maßnahmen 12/07–07/08 Naturpark Bayerischer Wald (BW) e. V. – Regierung von Niederbayern 35.500 Euro/EU-Interreg Monitoring, Erprobung Fotofalleneinsatz , Öffentlichkeitsarbeit , Betreuung Netzwerk Große Beutegreifer und Ausgleichsfonds 2009–2012 Nationalpark Bayerischer Wald (NPV BW) Nationalpark Sumava NPV BW 269.000 Euro/EU-Interreg Forschung Luchs- Reh-Rothirsch; Akzeptanzsteigerung in der Region 01/09–04/09 Bayerisches Landesamt für Umwelt (LfU) – LfU – 22.000 Euro Fotofallenmonitoring intensiv 03/09–12/09 Regierung von Niederbayern – Regierung von Niederbayern – 7.900 Euro Monitoring, Öffentlichkeitsarbeit , Betreuung Netzwerk Große Beutegreifer und Ausgleichsfonds 10/09–03/10 LfU – LfU – 31.000 Euro Fotofallenmonitoring intensiv 09/10–12/10 LfU – LfU – 24.800 Euro Fotofallenmonitoring intensiv 10/10–05/13 Trägergemein-schaft Wildland Stiftung , Bund Naturschutz , Landesbund für Vogelschutz StMUG – 137.000 Euro Monitoring, Öffentlichkeitsarbeit , Betreuung Netzwerk Große Beutegreifer und Ausgleichsfonds 09/12–12/12 LfU – LfU – 38.500 Euro Fotofallenmonitoring intensiv 03/13–05/13 Regierung der Oberpfalz – Regierung Oberpfalz 2.500 Euro Monitoring, Öffentlichkeitsarbeit 06/13–05/15 Regierung von Niederbayern Wildland Stiftung, Bund Naturschutz, Landesbund für Vogelschutz; WWF; Alka Wildlife, AOPK, CZ Umweltminist., NPV BW Regierung von Niederbayern 117.800 Euro – NPV BW 29.500 Euro/EU- Interreg Grenzüberschreitende Populationserfassung (über Fotofallen), Öffentlichkeitsarbeit , Betreuung Netzwerk Große Beutegreifer und Ausgleichsfonds 10/15–06/16 LfU – LfU – 25.000 Euro Fotofallenmonitoring extensiv Drucksache 17/20567 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 b) Welcher Anteil der o. g. Haushaltsmittel fließt in die aktive Wiederansiedlung von Luchsen? Eine aktive Wiederansiedlung von Luchsen findet in Bayern nicht statt. Ein Ende 2015 im Landkreis Regen aufgegriffener , offensichtlich verwaister Jungluchs wurde jedoch gesund gepflegt und im August 2016 in der nördlichen Oberpfalz wieder freigelassen (vgl. Tabelle 1; 12/2015–05/2017). Diese Maßnahme (Fang, Gesundpflege, Wiederfreilassung, begleitendes Monitoring) erfolgte im Rahmen des Vollzugs von § 45 Abs. 5 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG). c) Welcher Anteil der o. g. Haushaltsmittel fließt in die Prävention von Wilderei? Hintergrund zur Unterscheidung „Wilderei“ und „illegale Nachstellung“: – „Wilderei“ bezeichnet das unbefugte Nachstellen/Aneignen von dem Jagdrecht unterliegendem Wild unter Verletzung eines fremden Jagd- oder Jagdausübungsrechts. – „Illegale Nachstellung“ bezieht sich auf das Nachstellen von geschonten bzw. geschützten Tierarten. Deshalb wird im Folgenden der weiter gefasste Begriff „illegale Nachstellung“ verwendet. Die Arbeiten des Luchsmanagements bestehen im Wesentlichen aus – Gewährleistung eines robusten und aussagekräftigen Monitorings zur Bestandsabschätzung (insbesondere durch Einsatz von Fotofallen), – fachlich fundierter und sachlicher Öffentlichkeitsarbeit, – Dokumentation und Bewertung möglicher Nutztierrisse, – Vermittlung zwischen jagdlichen und forstlichen Interessen . 2. a) In welcher Höhe wurden in den letzten 15 Jahren Ausgleiche aus dem Luchsfonds gezahlt? Der Luchsfonds wurde Anfang 1998 vom Naturpark Bayerischer Wald, Landesbund für Vogelschutz in Bayern e. V., und Naturschutz in Bayern e. V. und dem bayerischen Jagdverband als rein privater Fonds ins Leben gerufen. 2008 wurde er zum „Ausgleichsfonds Große Beutegreifer“ (also auch für durch Wolf und Bär verursachte Schäden) weiterentwickelt . Träger ist die Trägergemeinschaft „Ausgleichsfonds Große Beutegreifer“ mit Wildland-Stiftung Bayern, Bund Naturschutz in Bayern e. V., Landesbund für Vogelschutz in Bayern e. V. und World Wide Fund For Nature (WWF) (https:// www.lfu.bayern.de/natur/wildtiermanagement_grosse_beu tegreifer/ausgleichsfonds/index.htm). Der Ausgleichsfonds gleicht die erstattungsfähigen Schäden grundsätzlich zu 100 Prozent aus. Er wird dabei vom Naturschutzfonds durch Teilerstattung der Zahlungen gefördert . Die Förderung durch den Naturschutzfonds und damit der Anteil öffentlicher Gelder am Schadensausgleich beträgt 80 Prozent. Die restlichen 20 Prozent werden von der Trägergemeinschaft des „Ausgleichsfonds Große Beutegreifer“ getragen. Die Organisation der Dokumentation möglicher Nutztierrisse sowie die Bewertung obliegen dem Landesamt für Umwelt . Seit Einrichtung des Luchsfonds im Jahr 1998 bis Ende 2017 sind bei 58 Ereignissen insgesamt 9.400 Euro Ausgleich für Nutztiere ausbezahlt worden. Dabei sind auch eine Reihe von Kulanzfällen (19 Ereignisse) eingerechnet. Pro Jahr wurden durchschnittlich 470 Euro bezahlt. b) Welche bei Nutztierhaltern anfallenden Schäden werden durch den Luchsfonds ausgeglichen? Seit 2008 entschädigt der „Ausgleichsfonds Große Beutegreifer “ Ereignisse, sofern die Gesamtbewertung der Indizien auf einen Luchs (bzw. Wolf oder Bär) als Verursacher hindeuten. Nicht erstattet werden Schadensbeträge, soweit eine Versicherung für den Schaden aufkommt oder diese im Rahmen anderer nationaler oder unionsweiter Maßnahmen erstattet werden. Schadensbeträge von unter 50 Euro und über 30.000 Euro werden nicht ausgeglichen. Es können von Luchs, Wolf oder Bär direkt verursachte Schäden an Nutztieren inklusive der Tierarztkosten ersetzt werden. Die Höhe des Tierwerts richtet sich nach festgelegten Sätzen, die auf der Basis des Marktwerts durch das Landesamt für Umwelt und die Landesanstalt für Landwirtschaft bestimmt und regelmäßig überprüft werden. Von den Untersuchungskosten durch den Tierarzt werden 80 Prozent ersetzt, unabhängig von der Anzahl der verletzten Tiere jedoch maximal 35 Euro pro Schadensereignis. Bei Behandlung eines verletzten Tieres können abweichend von dieser Begrenzung zusätzlich je Tier die Behandlungskosten zu 80 Prozent ersetzt werden, jedoch nicht mehr als 30 Prozent des Tierwerts (Untergrenze 20 Euro, Obergrenze 150 Euro). Es können von Luchs, Wolf oder Bär direkt verursachte Sachschäden ersetzt werden. Die Ausgleichszahlung darf 500 Euro pro Schadensereignis nur überschreiten, wenn ein besonderer Härtefall vorliegt. Zusätzlich zu den o. g. Schäden kann der Schaden ausgeglichen werden, der dem Betroffenen durch den mit einem Riss verbundenen Arbeitsaufwand für die Suche nach vermissten Tieren entsteht. Die Höhe des Arbeitsaufwands bestimmt sich nach der für die Suche tatsächlich aufgewendeten Zeit, wobei ein Stunden- Zeitraum Projektträger Projektpartner Eingesetzte Haushalts-mittel/Kofinanzierung Projektschwerpunkte /Maßnahmen 12/15–05/17 LfU Güterverwaltung Friedenfels , BaySF LfU – 49.100 Euro Fang, Gesundpflege Waisenluchs, Wiederfreilassung und Monitoring 07/16–06/17 LfU – LfU – 30.000 Euro Fotofallenmonitoring extensiv Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/20567 satz von 18 Euro pro Person zugrunde gelegt wird. Der Ersatz des Arbeitsaufwands darf den Wert der vermissten oder getöteten Tiere nicht übersteigen und nicht mehr als 300 Euro pro Schadensereignis betragen. c) In welchem Zeitrahmen nach Antrag auf Ausgleichszahlung erfolgten die Ausgleichszahlungen ? Die Zeitspanne zwischen Ereignis, Beantragung und Auszahlung ist nicht pauschal festzustellen, da dabei verschiedene Akteure beteiligt sind und mehrere Variablen ineinandergreifen. Das LfU empfiehlt nach Sichtung aller verfügbaren Unterlagen von Erst- und Zweitdokumentation sowie ggf. Ergebnissen genetischer Untersuchungen über die Art des Beutegreifers eine Auszahlung. Diese Empfehlung wird von der Trägergemeinschaft geprüft, die Auszahlung dann von der Wildland-Stiftung vorgenommen. 3. a) In welcher Höhe wurden seit 2008 Haushaltsmittel (mit Angabe der finanzierten Maßnahmen, Haushaltsstellen sowie beteiligten Behörden und Institutionen ) zur Verfügung gestellt, um die Akzeptanz und Toleranz gegenüber dem Luchs zu stärken? Die Maßnahmen zur Erhöhung der Akzeptanz und Toleranz gegenüber dem Luchs erfolgen im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit und werden entsprechend aus den zur Verfügung gestellten Projektmitteln für Öffentlichkeitsarbeit finanziert. Eine Differenzierung der Maßnahmen ist aufgrund der zum Teil engen Verzahnung nicht möglich, so dass hinsichtlich der verausgabten Haushaltsmittel auf die Antwort zu Frage 1 a verwiesen wird. b) Wie bewertet die Staatsregierung die Wirkung der akzeptanzfördernden und präventiven Maßnahmen und öffentlichen Kampagnen seit 2008? Die Anwesenheit des Luchses wird in der Bevölkerung ganz überwiegend positiv bewertet. Der Luchs ist als Sympathieträger fester Bestandteil des Tourismusmarketings des Bayerischen Walds, erscheint in vielen Prospekten und repräsentiert dabei eine naturnahe und erlebnisreiche Erholungslandschaft . Auch wenn er sich nicht sehen lässt, steigert der Luchs die Attraktivität der Region für Besucher und Touristen. c) Genügt nach Auffassung der Staatsregierung der Umfang der Öffentlichkeitsarbeit und Information zu Gesetzeslage, Naturschutzrelevanz, Gefährdung und Meldeverfahren? Es ist hinreichend bekannt, dass der Luchs eine besonders und streng geschützte Tierart ist. Das staatliche Informationsangebot wird vielfältig durch die Arbeit von Verbänden , Stiftungen und Umweltbildungseinrichtungen ergänzt . Die Medien haben sich in den letzten Jahren intensiv mit der Tierart beschäftigt und berichtet. Insgesamt ist es gelungen, das Thema Luchs ausreichend zu vermitteln und die positive Stimmung in der Öffentlichkeit für den Luchs zu stärken. Die Meldung von tot aufgefundenen Luchsen geschieht in der Regel unverzüglich – das Polizeipräsidium Oberpfalz hat unter dem Titel „Helfen durch richtiges Verhalten“ einen eigenen Flyer herausgegeben. Die Zusammenarbeit aller am Meldeverfahren beteiligten Stellen wurde in den letzten Jahren deutlich verbessert und funktioniert heute sehr zuverlässig . Das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz hat bei illegalen Tötungen von Luchsen für sachdienliche Hinweise, die zur Ergreifung des oder der Täter führen, eine Belohnung von 10.000 Euro ausgelobt. 4. a) Ist nach Einschätzung der Staatsregierung angesichts der aktuellen Zahlen von Wildereifällen der „Managementplan Luchse in Bayern“ ausreichend ? Die komplexe Thematik der Strafverfolgung von illegalen Nachstellungen erfolgt außerhalb des Managementplans in einer umfangreichen, zielgerichteten und spezialisierten Behandlung , unter anderem in dem Handlungskonzept „Luchs“ der Polizei. b) Welche Defizite sieht die Staatsregierung bei der Prävention und Fahndung solcher Delikte? Die illegalen Tötungen von streng geschützten Tieren sind keine klassischen Präventionsdelikte. Die Taten finden in der Regel nicht im Bereich der öffentlichen Wahrnehmbarkeit statt, Zeugen der Tathandlungen sind regelmäßig nicht vorhanden, was die Täterermittlung erheblich erschwert. c) Inwiefern wird der „Managementplan Luchse in Bayern“ internationalen Standards bei Prävention und Verfolgung von Naturschutzkriminalität gerecht ? Grundsätzlich erfolgen die strafrechtlichen Ermittlungen in Fällen der illegalen Tötung streng geschützter Tierarten unter Nutzung aller rechtlich und tatsächlich zur Verfügung stehenden Mittel unter Sachleitung der örtlich zuständigen Staatsanwaltschaft sowie in enger Abstimmung mit den zuständigen Umweltbehörden. 5. a) Welche Umsetzungsmaßnahmen hat die Staatsregierung aus der Untersuchung der Auswirkungen von Landschaftszerschneidung durch überörtliche Verkehrsinfrastruktur in Bayern (Landesamt für Umwelt [2008]: Konzept zur Erhaltung und Wiederherstellung von bedeutsamen Wildtierkorridoren an Bundesfernstraßen in Bayern) gezogen? Das LfU-Konzept zur Erhaltung und Wiederherstellung von bedeutsamen Wildtierkorridoren an Bundesfernstraßen in Bayern (2008) wird ebenso wie das Bundesprogramm Wiedervernetzung (2012) von der Staatsbauverwaltung bei der Planung von Ausbau- und Neubaumaßnahmen an Bundesfernstraßen berücksichtigt. Für die Planung von Tierquerungshilfen bieten diese Konzepte eine wichtige Orientierung über erforderliche Schwerpunktsetzungen. So konnten beispielsweise bei der Planung des sechsstreifigen Ausbaus der A 8 Augsburg – Ulm zwei Grünbrücken im Bereich der vom LfU modellierten Wildtierkorridore in den westlichen Wäldern bei Augsburg situiert werden (Scheppacher Forst und Adelsrieder Forst). Weitere Beispiele für die Berücksichtigung des LfU-Konzepts sind die Grünbrücken an der A 7 bei Oberthulba (Neuwirtshauser Forst) und der A 93 bei Rehau. Die aktuell in Bau befindliche Grünbrücke Spessart bei Rohrbrunn liegt außerdem in einem prioritären Wiedervernetzungsabschnitt des o. g. Bundesprogramms. Alle diese Bauwerke liegen laut LfU- Konzept in potenziellen Luchslebensräumen. Aktuell sind an Bundesfernstraßen in Bayern sieben Grünbrücken vorhanden; weitere sind in Planung. Daneben weisen rund 250 weitere Bauwerke wie große Talbrücken, Drucksache 17/20567 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 5 Landschaftstunnel u. Ä. eine gute bis sehr gute Eignung als Tierquerunghilfen auf. b) Welche Erkenntnisse/Umsetzungsmaßnahmen zieht die Staatsregierung aus der Analyse möglicher Wanderwege und der Durchlässigkeit der vierstreifigen Bundesfernstraßen an Schnittstellen mit Wildtierkorridoren? Tierquerungshilfen stellen einen wichtigen Bestandteil der Planung und der Kompensation beim Bau von Bundesfernstraßen dar. Dies gilt insbesondere im Bereich von Schnittstellen mit Wildtierkorridoren laut o. g. LfU-Konzept sowie in prioritären Wiedervernetzungsabschnitten laut Bundesprogramm Wiedervernetzung. Neben dem Bau von Grünbrücken liegt dabei das Augenmerk auch auf einer Optimierung vorhandener Bauwerke nach tierökologischen Kriterien. Wie gerade das LfU-Konzept zeigt, können Bauwerke der dort näher bezeichneten Kategorien A und B, zum Beispiel große Talbrücken, wichtige Funktionen im überörtlichen Biotopverbund erfüllen. Als positives Beispiel in diesem Sinne, das auch im LfU-Konzept entsprechend gewürdigt ist, kann der Autobahnabschnitt der A 6 zwischen Amberg und dem Autobahnkreuz Oberpfälzer Wald gelten. Aus Sicht der Staatsbauverwaltung wird dem Bau von Tierquerungshilfen und anderen Maßnahmen zur Wiedervernetzung von Lebensräumen künftig eine noch stärkere Bedeutung zukommen. Dadurch wird nicht nur ein wichtiger Beitrag zur Erhaltung der Biodiversität geleistet, es können auf diese Weise auch land- und forstwirtschaftliche Belange im gebotenen Umfang berücksichtigt werden. c) Welche potenziellen Wildtierlebensräume haben sich für den Luchs durch die Modellierung dieses Konzeptes ergeben? Die Modellierung stützt sich vor allem auf große, unzerschnittene Waldbereiche. Diese sind in Bayern: Bayerischer Wald, Oberpfälzer Wald, Großraum Fichtelgebirge, Frankenwald , Rhön, Spessart, Odenwald, mittlere und südliche Frankenalb sowie der Alpenraum. Als mögliche Trittsteine gelten darüber hinaus der Steigerwald und die großen Waldungen im Westen von Augsburg. Seite 6 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/20567