Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ulrike Müller FREIE WÄHLER vom 07.04.2014 Emissionsgrenzwerte für Abfallmitverbrennung in Zementwerken Ich frage die Staatsregierung: 1. Für welche sich derzeit in Betrieb befindlichen Zementwerke in Bayern wurde die Mitverbrennung von Abfällen genehmigt? a) Bei welchen dieser Anlagen wird Klärschlamm verfeuert ? b) Welche Mengen Klärschlamm, Sondermüll und Industriemüll werden jährlich in bayerischen Zementwerken verfeuert? 2. Welche Grenzwerte gelten für die Emissionen von Ge- samtstaub, Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid, Ammoniak , Quecksilber und Gesamtkohlenstoff in Abfallmitverbrennungsanlagen ? a) Unterscheiden sich diese Grenzwerte von den entsprechenden Grenzwerten in Abfallverbrennungsanlagen , und wenn ja, inwieweit und warum? 3. Welche Fälle von Grenzwertüberschreitungen gab es seit dem Jahr 2005 bei den Grenzwerten von Abfallmitverbrennungsanlagen ? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz vom 19.05.2014 1. Für welche sich derzeit in Betrieb befindlichen Zementwerke in Bayern wurde die Mitverbrennung von Abfällen genehmigt? Alle sechs bayerischen Zementwerke haben eine Genehmigung für die Mitverbrennung von Abfällen. Dies sind die Zementwerke Burglengenfeld, Harburg, Karlstadt, Rohrdorf, Solnhofen und Triefenstein-Lengfurt. a) Bei welchen dieser Anlagen wird Klärschlamm verfeuert ? Die Mitverbrennung von Klärschlamm ist in den Zementwerken Burglengenfeld, Harburg und Karlstadt genehmigt. b) Welche Mengen Klärschlamm, Sondermüll und Industriemüll werden jährlich in bayerischen Zementwerken verfeuert? Beispielhaft werden Zahlen für die Jahre 2012 und 2013 angegeben : – Klärschlamm: 2012 insgesamt ca. 41.700 t (Trockenmasse) 2013 insgesamt ca. 42.900 t (Trockenmasse) Für die Beantwortung der Frage nach der Verfeuerung von Sondermüll und Industriemüll wird entsprechend der Systematik in der Verordnung zur Umsetzung des europäischen Abfallverzeichnisses (Abfallverzeichnisordnung) zwischen gefährlichen und nicht gefährlichen Abfällen unterschieden. – gefährliche Abfälle (i. W. Lösemittel und Altöle, Dachpappe): 2012: insgesamt ca. 50.500 t 2013: insgesamt ca. 46.300 t – nicht gefährliche Abfälle (ohne Klärschlamm, i. W. Altreifen, produktions-spezifi- sche Gewerbeabfälle, sog. Ersatzbrennstoffe aus heizwertreichen Abfällen, Papierfangstoffe/Papierschlämme, Tiermehl): 2012: insgesamt ca. 589.600 t 2013: insgesamt ca. 583.700 t 2. Welche Grenzwerte gelten für die Emissionen von Gesamtstaub, Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid, Ammoniak, Quecksilber und Gesamtkohlenstoff in Abfallmitverbrennungsanlagen? Die Emissionsgrenzwerte für Abfallmitverbrennungsanlagen (unter Berücksichtigung der Übergangsregeln nach § 28 der 17. BImSchV) ergeben sich aus § 9 der Verordnung über die Verbrennung und die Mitverbrennung von Abfällen (17. BImSchV) vom 2. Mai 2013. Gemäß § 9 Abs. 2 der 17. BImSchV gelten bei der Mitverbrennung von Abfällen in Zementwerken die Emissionsgrenzwerte nach Anlage 3 Nr. 2 der 17. BImSchV. Den Nummern 2.1 und 2.2 der Anlage 3 der 17. BImSchV können jeweils die Emissionsgrenzwerte für Gesamtstaub, Schwefeldioxid, Stickstoffdioxid, Ammoniak, Quecksilber und Gesamtkohlenstoff angegeben als Tagesmittelwerte bzw. als Halbstundenmittelwerte entnommen werden. a) Unterscheiden sich diese Grenzwerte von den entsprechenden Grenzwerten in Abfallverbrennungsanlagen und wenn ja, inwieweit und warum? Gemäß § 9 Abs. 3 der 17. BImSchV gelten bei Zementwerken die Grenzwerte des § 8 für Abfallverbrennungsanlagen, wenn mehr als 40 % der gefahrenen Feuerungswärmeleistung aus gefährlichen Abfällen einschließlich des für deren Verbrennung zusätzlich benötigten Brennstoffs erzeugt wird. Diese Regelung trifft für die bayerischen Zementwerke jedoch nicht zu, da diese Schwelle von 40 % bei allen bayerischen Zementwerken deutlich unterschritten wird. Die Grenzwerte für das Abgas von Zementöfen in den Nummern 2.1 und 2.2 der Anlage 3 der 17. BImSchV unterscheiden sich von den Grenzwerten im Abgas von Abfallverbrennungsanlagen des § 8 der 17. BImSchV bei Staub, Stickstoffdioxid und Ammoniak wie folgt: Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 27.06.2014 17/2068 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/2068 Parameter Abfallverbrennungs anlagen mg/m³ Anlagen zur Herstellung von Zementklinkern oder Zementen mg/m³ TM HSM JM TM HSM JM Staub 5 20 - 10 30 - Stickstoffoxide 150 400 100* 200* 400* 200* Ammoniak 10 15 - 30 60 - TM: Tagesmittelwert; HSM: Halbstundenmittelwert; JM: Jahresmittelwert * gilt ab 01.01.2019; für Zementwerke gelten bis zum 31.12.2018 sog. Mischgrenzwerte (max. TMW 500 mg/m³) entsprechend der 17. BImSchV i. d. F. vom 14.08.2013, zuletzt geändert durch Verordnung vom 27.01.2009 Unterschiede bei den Emissionsbegrenzungen ergeben sich aus grundsätzlich unterschiedlichen und nicht vergleichbaren Verfahrenstechniken bei den beiden Prozessen (Rostfeuerung für Abfallbeseitigung/Herstellung von Zement in Drehrohröfen). Die Unterschiede bei der Emissionsbegrenzung von Staub begründen sich durch schwierigere Abscheidebedingungen aufgrund einer im Vergleich zu Abfallverbrennungsanlagen wesentlich höheren Staubbeladung im ungereinigten Abgas von Zementwerken. Die sehr hohe Staubbeladung ist durch die Zuführung der gemahlenen Rohmaterialmischung in den Brennprozess und nicht durch den Abfalleinsatz bedingt. Entsprechend der verfügbaren Abgasreinigungstechnik sind aufgrund der schwierigeren Ausgangsbedingungen bei der Staubabscheidung in Zementwerken höhere Grenzwerte erforderlich. Die höheren Stickstoffoxidgrenzwerte begründen sich durch die zur Zementklinkerherstellung notwendigen sehr hohen Brenntemperaturen (Flammentemperaturen bis 2.000°C), die im Vergleich zu Abfallverbrennungsanlagen zu einem wesentlich höherem Stickstoffoxidniveau im ungereinigten Abgas führt. Entsprechend der verfügbaren Abgasreinigungstechnik sind aufgrund der schwierigeren Ausgangsbedingungen höhere Grenzwerte erforderlich. Höhere Ammoniakemissionsgrenzwerte im Vergleich zu Abfallverbrennungsanlagen sind i. W. durch rohmaterialbedingte Ammoniakemissionen begründet, die i. W. bei der Trocknung der natürlichen Rohstoffe im Zyklonwärmetauscher von Zementwerken entstehen können und die deshalb zu zusätzlichen Ammoniakemissionen führen können. Die Grenzwerte von Schwefeldioxid, Gesamtkohlenstoff und Quecksilber bei Zementwerken entsprechen den Grenzwerten von Abfallverbrennungsanlagen. Gemäß der Nr. 2 der Anlage 3 der 17. BImSchV kann die zuständige Behörde bei Zementwerken für diese Parameter jedoch Ausnahmen genehmigen, sofern diese Ausnahmen aufgrund der Zusammensetzung der natürlichen Rohstoffe erforderlich sind und ausgeschlossen werden kann, dass durch den Einsatz von Abfällen zusätzliche Emissionen entstehen. 3. Welche Fälle von Grenzwertüberschreitungen gab es seit dem Jahr 2005 bei den Grenzwerten von Abfallmitverbrennungsanlagen? Im Zeitraum 2005–2013 sind die folgenden Grenzwertüberschreitungen in bayerischen Zementwerken aufgetreten: Staub Vereinzelt Überschreitungen von Halbstunden- und Tagesmittelwerten i. d. R. aufgrund von sicherheitstechnisch bedingten Abschaltungen, Betriebsstörungen, Stromausfällen oder im Anfahrbetrieb. Hinweis: Strengere Anforderungen durch die Verschärfung der 17. BImSchV bei der Begrenzung der Staubemissionen im Rahmen der Mitverbrennung von Abfällen in Zementwerken haben in den letzten Jahren bereits zur Umstellung von Elektrofiltertechnologie auf Gewebefiltertechnologie geführt. Weitere Anlagen werden voraussichtlich noch umgerüstet. Durch diese Technologie sind i. d. R. keine sicherheitstechnisch bedingten Filterabschaltungen mehr erforderlich, die sehr häufig für Grenzwertüberschreitungen bei Staub verantwortlich sind. Stickstoffoxide Vereinzelt Überschreitungen von Halbstunden- und Tagesmittelwerten i. d. R. aufgrund von Betriebsstörungen und Stromausfällen. Hinweis: Strengere Anforderungen durch die Verschärfung der 17. BImSchV bei der Begrenzung der Emissionen an Stickstoffoxiden haben in den letzten Jahren zur Ertüchtigung von Anlagen zu Minderungen von Stickstoffoxidemissionen geführt. Weitere Optimierungen laufen derzeit. Soweit erforderlich wurde oder wird zurzeit auf neue Techniken (selektive katalytische Reduktionsverfahren) umgestellt . Eine von zwei deutschen SCR-Anlagen wird in einem bayerischen Zementwerk eingesetzt. Schwefeloxide Vereinzelt Überschreitungen von Halbstunden- und Tagesmittelwerten aufgrund des rohstoffbedingten Eintrags von Schwefelverbindungen. Die in den Rohstoffen für die Schwefeloxidemissionen ursächlichen geogenen Sulfidgehalte können abhängig von Lagerstätte und Abbauort schwanken. Aufgrund des hohen Rohmaterialeinsatzes (i. d. R. > 100 t/h) in Zementwerken konnte bei Überschreitungen in Werken mit hohem Sulfidgehalt in den Lagerstätten nicht immer rechtzeitig gegengesteuert werden. Quecksilber Vereinzelt Überschreitungen von Halbstunden- und Tagesmittelwerten i. d. R. aufgrund des rohstoffbedingten Eintrags von quecksilberhaltigen Verbindungen (z. B. im Ton). Die in den Rohstoffen vorhandenen geogenen Quecksilbergehalte können abhängig von der Lagerstätte und dem Abbauort schwanken. Aufgrund des hohen Rohmaterialeinsatzes in Zementwerken konnte bei Überschreitungen nicht immer rechtzeitig gegengesteuert werden. Chlorwasserstoff Vereinzelt Überschreitungen von Halbstunden- und Tagesmittelwerten in einer Anlage. Werden gasförmige anorganische Chloride im Abgas von Zementwerken nachgewiesen , so ist dies im Allgemeinen auf feinste Kornfraktionen von Alkalichloriden im Reingasstaub zurückzuführen. Sie können Messgasfilter passieren und das Vorliegen der gasförmigen Verbindungen vortäuschen. Benzol Überschreitungen bei zwei Messungen im Rahmen von Einzelmessungen . Diese Grenzwertüberschreitungen sind seit 2011 aufgrund geänderter Anlagentechnik nicht mehr aufgetreten und liegen zwischenzeitlich weit unter dem Grenzwert .