Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Prof. Dr. Peter Paul Gantzer SPD vom 01.02.2018 Abschiebungen Ich frage die Staatsregierung: 1. Wie viele ausreisepflichtige Flüchtlinge bzw. Asylbewerber gab es zum 01.01.2015, 01.01.2016, 01.01.2017 und 01.01.2018 in Bayern? 2. Wie viele Abschiebungen sind aus vorstehendem Personenkreis in den Jahren 2015 bis 2017 erfolgt? 3. a) Wie viele Abschiebungen waren in den vorbezeichneten Jahren geplant, konnten aber nicht durchgeführt werden? b) Welches waren die Gründe dafür (mit Einzelfällen)? 4. Welches ist der durchschnittliche Zeitaufwand einer Abschiebung für die durchführenden Polizeibeamten bis zur Abschiebung selbst? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 13.03.2018 1. Wie viele ausreisepflichtige Flüchtlinge bzw. Asylbewerber gab es zum 01.01.2015, 01.01.2016, 01.01.2017 und 01.01.2018 in Bayern? Es wird davon ausgegangen, dass sich die Frage auf ausreisepflichtige abgelehnte Asylbewerber bezieht. Ausländern , denen die Flüchtlingseigenschaft nach der Genfer Flüchtlingskonvention zuerkannt wurde, ist gemäß § 25 Abs. 2 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) eine Aufenthaltserlaubnis zu erteilen. Flüchtlinge sind nicht ausreisepflichtig und werden nicht abgeschoben. Ebenso verhält es sich mit Asylbewerbern . Einem Ausländer, der um Asyl nachsucht, ist zur Durchführung des Asylverfahrens der Aufenthalt im Bundesgebiet kraft Gesetzes gestattet (Aufenthaltsgestattung). Grundlage sind die Daten des Ausländerzentralregisters (AZR). Diese liegen lediglich zum Monatsende vor. Daher erfolgt die Auswertung zum Stichtag 30. bzw. 31. des jeweiligen Vormonats: – zum 31.12.2014: 14.421 Personen, wovon 8.910 Personen geduldet wurden; – zum 31.12.2015: 16.278 Personen, wovon 10.104 Personen geduldet wurden; – zum 31.12.2016: 16.578 Personen, wovon 9.991 Personen geduldet wurden; – zum 31.12.2017: 23.704 Personen, wovon 14.672 Personen geduldet wurden. 2. Wie viele Abschiebungen sind aus vorstehendem Personenkreis in den Jahren 2015 bis 2017 erfolgt ? Es wird darauf hingewiesen, dass eine im AZR vermerkte Ausreisepflicht nicht bedeutet, dass die betreffende Person auch abgeschoben werden kann. So laufen z. T. noch Ausreisefristen oder im Fall der Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet Eilrechtsschutzverfahren. Auch in Straf- oder Untersuchungshaft befindliche Ausreisepflichtige können nicht abgeschoben werden, solange die Staatsanwaltschaft nicht zugestimmt hat. Zahlreiche im AZR vermerkte Ausreisepflichtige sind bereits ausgereist, ohne den Behörden davon Kenntnis zu geben; bis zur Eintragung ihrer Ausreise, die erst erfolgen kann, wenn den Behörden dafür sichere Indizien vorliegen, werden sie im AZR weiter als ausreisepflichtig geführt. In der Zahl der Ausreisepflichtigen enthaltene Geduldete, die einen Asylfolgeantrag gestellt haben , sind für den Zeitraum nicht ausreisepflichtig, in dem das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge prüft, ob ein weiteres Asylverfahren durchgeführt wird. Die Zahl der aus Bayern erfolgten Abschiebungen betrug in den Jahren 2014 bis 2017: Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de–Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 08.06.2018 Drucksache 17/21177 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/21177 – im Jahr 2014: 1.007 (freiwillige Ausreisen: 5.638); – im Jahr 2015: 4.195 (freiwillige Ausreisen: 13.390); – im Jahr 2016: 3.310 (freiwillige Ausreisen: 12.605); – im Jahr 2017: 3.282 (freiwillige Ausreisen: 13.101). 3. a) Wie viele Abschiebungen waren in den vorbezeichneten Jahren geplant, konnten aber nicht durchgeführt werden? Abschiebungsmaßnahmen werden von den 103 bayerischen Ausländerbehörden unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles geplant und eingeleitet. Eine statistische Erfassung dieser Maßnahmen erfolgt aus verwaltungsökonomischen Gründen nicht. Daten liegen ausschließlich über die vollzogenen Abschiebungen sowie über die bei der Polizeiinspektion Schubwesen bereits terminierten, aber noch vor dem Vollzug der Abschiebung stornierten Maßnahmen vor. Die Zahl der stornierten Abschiebungen betrug in den Jahren 2014 bis 2017: – im Jahr 2014: 657; – im Jahr 2015: 2.048; – im Jahr 2016: 1.810; – im Jahr 2017: 2.863. b) Welches waren die Gründe dafür (mit Einzelfällen )? 2014: – 258 Personen konnten nicht in Gewahrsam genommen werden; – 88 Personen waren reiseunfähig; – 27 Personen leisteten Widerstand beim Versuch der Abschiebung ; – 29 Personen legten Rechtsmittel ein; – 51 Personen wurde freie Ausreise gewährt; – 10 Personen stellten einen Asyl(folge)antrag; – 32 Personen befanden sich im sogenannten Kirchenasyl; – 162 Personen konnten aus sonstigen Gründen nicht abgeschoben werden (z. B. technischer Defekt des Transportmittels , Witterungsverhältnisse, Eheschließung, Fluguntauglichkeit, fehlender Strafverzicht der Staatsanwaltschaft ). 2015: – 1.085 Personen konnten nicht in Gewahrsam genommen werden; – 180 Personen waren reiseunfähig; – 44 Personen leisteten Widerstand beim Versuch der Abschiebung ; – 38 Personen legten Rechtsmittel ein; – 125 Personen wurde freie Ausreise gewährt; – 33 Personen stellten einen Asyl(folge)antrag; – 66 Personen befanden sich im sogenannten Kirchenasyl; – 477 Personen konnten aus sonstigen Gründen nicht abgeschoben werden (siehe oben). 2016: – 850 Personen konnten nicht in Gewahrsam genommen werden; – 122 Personen waren reiseunfähig; – 83 Personen leisteten Widerstand beim Versuch der Abschiebung ; – 38 Personen legten Rechtsmittel ein; – 45 Personen wurde freie Ausreise gewährt; – 35 Personen stellten einen Asyl(folge)antrag; – 167 Personen befanden sich im sogenannten Kirchenasyl ; – 470 Personen konnten aus sonstigen Gründen nicht abgeschoben werden (siehe oben). 2017: – 1.457 Personen konnten nicht in Gewahrsam genommen werden; – 162 Personen waren reiseunfähig; – 154 Personen befanden sich im sogenannten Kirchenasyl ; – 130 Personen leisteten Widerstand beim Versuch der Abschiebung ; – 49 Personen wurde freie Ausreise gewährt; – 40 Personen konnten wegen Schwierigkeiten bei der Beschaffung von Heimreisescheinen nicht abgeschoben werden (z. B. Gültigkeit, keine kurzfristige Ausstellung oder Verlängerung durch die Behörden des Zielstaates); – 36 Personen legten Rechtsmittel ein; – 27 Personen stellten einen Asyl(folge)antrag; – 808 Personen konnten aus sonstigen Gründen nicht abgeschoben werden (siehe oben). 4. Welches ist der durchschnittliche Zeitaufwand einer Abschiebung für die durchführenden Polizeibeamten bis zur Abschiebung selbst ? Zum durchschnittlichen Zeitaufwand einer Abschiebung für die durchführenden Polizeibeamten liegen keine Zahlen vor. Eine dezidierte Statistik zum durchschnittlichen Zeitaufwand einer Abschiebung wird nicht geführt und müsste mit unverhältnismäßigem Verwaltungsaufwand im Rahmen einer Einzelfallauswertung nachträglich erhoben werden. Neben den erforderlichen organisatorischen Maßnahmen zur Vorbereitung einer Abschiebung (z. B. Flugbuchungen, Aufenthaltsermittlungen, sonstige Sachbearbeitung) fallen bei allen beteiligten Behörden (Ausländerbehörden, Bayerische Polizei, Bundespolizei, ggf. Justizbehörden) regelmäßig nicht näher zu beziffernde Aufwände am Tag der Abschiebung an. So variieren die zeitlichen Aufwände der eingesetzten Polizeibeamten mitunter erheblich, abhängig vom aktuellen Aufenthaltsort der betroffenen Person zum Zeitpunkt der Ingewahrsamnahme (z. B. Abschiebungshaftanstalt oder Gemeinschaftsunterkunft) und von der Distanz zum Abflugflughafen bzw. zur Landesgrenze bei Landabschiebungen. Regelmäßig werden Abschiebungsmaßnahmen bayerischer Ausländerbehörden auch von außerbayerischen Flughäfen durch die Polizei vollzogen (z. B. Frankfurt am Main, Düsseldorf, Leipzig u. a.). Des Weiteren spielen bei Abschiebungsmaßnahmen nicht beeinflussbare Faktoren wie beispielsweise Wartezeiten, Verkehrsstaus, Flugverspätungen oder auch die Kooperationsbereitschaft des Betroffenen eine wesentliche Rolle.