Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Markus Rinderspacher SPD vom 04.01.2018 Umsetzung bzw. Vollzug des Bayerischen Integrationsgesetzes I Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Wie vielen Personen im Sinne des Art. 4 Abs. 2 Baye risches Integrationsgesetz (BayIntG) wurden im Jahr 2017 nach Art. 4 Abs. 4 Satz 1 BayIntG die notwendi gen Kosten für die Heranziehung eines Dolmetschers oder Übersetzers von welcher Behörde in welcher Höhe auferlegt? b) Wie vielen Personen im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Satz 1 BayIntG wurde im Jahr 2017 die Bewilligung und Auszahlung von landesrechtlichen Leistungen und Angeboten unter Berufung auf Art. 12 Abs. 1 Satz 2 oder 3 BayIntG verweigert? c) Bei wie vielen Personen wurde im Jahr 2017 eine Ver wirkung des Anspruchs auf eine landesrechtliche Leis tung oder ein Angebot nach Maßgabe der Nrn. 1 und 2 des Art. 12 Abs. 2 Satz 1 BayIntG festgestellt? 2. a) Wurde im Jahr 2017 von der Möglichkeit des Wider rufs oder der Rücknahme der Erlaubnis für den Be trieb einer Kindertageseinrichtung nach Art. 5 Abs. 4 BayIntG wegen eines Verstoßes gegen Verpflich tungen nach Art. 5 Abs. 1 und 2 BayIntG und Art. 6 BayIntG Gebrauch gemacht? b) Um welche Kindertageseinrichtungen handelt es sich? c) Was waren in den einzelnen Fällen die genauen Grün de für den Widerruf oder die Rücknahme der Erlaubnis für den Betrieb der Kindertageseinrichtung? 3. a) Welche Gemeinden, Landkreise und Bezirke in Bay ern haben im Jahr 2017 die Benutzung ihrer öffentli chen, dem Gemeingebrauch dienenden Einrichtungen von einer vorherigen Belehrung der und dem aus drücklichen Anerkenntnis der bestehenden Vorschrif ten durch den Benutzer oder die Benutzerin nach Art. 21 Abs. 5 Satz 2 Gemeindeordnung (GO), Art. 15 Abs. 5 Satz 2 Landkreisordnung (LKrO), Art. 15 Abs. 5 Satz 2 Bezirksordnung (BezO) abhängig gemacht? b) Wie viele Personen in Bayern wurden im Jahr 2017 durch welche Sicherheitsbehörde verpflichtet, an ei nem Grundkurs über die Rechts und Werteordnung bei welchem privaten oder öffentlichen Träger (Amt/ Behörde, Kommune, Migrationsdienst o. Ä.) teilzu nehmen, weil sie den Tatbestand von Handlungen im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 BayIntG erfüllt haben? 4. a) Gegen wie viele Personen in Bayern wurden im Jahr 2017 Geldbußen nach Art. 13 Abs. 3 BayIntG und in welcher Höhe verhängt, weil sie einer vollziehbaren Anordnung, an einem Grundkurs über die Rechts und Werteordnung teilzunehmen, nicht Folge geleistet oder die Durchführung eines solchen Grundkurses be hindert haben? b) Gegen wie viele Personen in Bayern wurden im Jahr 2017 Geldbußen in welcher Höhe nach Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayIntG wegen Verstoßes gegen eines der Verbote nach Art. 14 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 BayIntG ver hängt? c) Wie oft wurden Personen im Jahr 2017 nach Art. 12 Abs. 3 BayIntG welche landesrechtlichen Leistungen und Angebote in den Fällen des Art. 13 Abs. 3 BayIntG oder Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayIntG gekürzt oder ganz oder teilweise versagt? 5. a) Wie viele Geldbußen wurden im Jahr 2017 nach Art. 14 Abs. 2 (Unterlaufen der verfassungsmäßigen Ordnung) verhängt? b) In welchen konkreten Fällen war dies der Fall? 6. a) Wie oft hat im Jahr 2017 die Polizei von der Befug nis, die Identität einer Person festzustellen, die sich an einem Ort aufhält, der als Unterkunft oder dem sons tigen, auch vorübergehenden Aufenthalt von Asyl bewerbern und unerlaubt Aufhältigen dient (s. Art. 13 Abs. 1 Nr. 2c Polizeiaufgabengesetz – PAG), Ge brauch gemacht? b) Wie oft hat im Jahr 2017 die Polizei von der Befugnis, eine Wohnung, die als Unterkunft oder dem sonstigen, auch vorübergehenden Aufenthalt von Asylbewerbern und unerlaubt Aufhältigen dient, gemäß Art. 23 Abs. 3 Nr. 3 PAG zu betreten, Gebrauch gemacht? 7. a) In wie vielen Fällen wurden im Jahr 2017 nach Kennt nis der Staatsregierung die Bestimmungen des Art. 17a vollzogen, die sich auf die Gemeindeordnung, Landkreisordnung und Bezirksordnung beziehen? b) In wie vielen Fällen wurden im Jahr 2017 nach Kennt nis der Staatsregierung die Bestimmungen des Art. 17a vollzogen, die sich auf eine „ausgeglichene Bewohnerstruktur“ beziehen? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de–Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 08.06.2018 Drucksache 17/21195 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/21195 Antwort des Staatsministeriums für Arbeit und Soziales, Familie und Integration in Abstimmung mit dem Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr vom 15.03.2018 1. a) Wie vielen Personen im Sinne des Art. 4 Abs. 2 Bayerisches Integrationsgesetz (BayIntG) wurden im Jahr 2017 nach Art. 4 Abs. 4 Satz 1 BayIntG die notwendigen Kosten für die Heranziehung eines Dolmetschers oder Übersetzers von welcher Behörde in welcher Höhe auferlegt? Bei Art. 4 Abs. 4 Satz 1 BayIntG handelt es sich um eine Ermessensentscheidung. Der Staatsregierung ist nicht be kannt, wie vielen Personen Kosten in welcher Höhe in An wendung dieser Norm auferlegt wurden. Da eine Behörde in diesem Sinne jede Stelle ist, die Aufgaben der öffentli chen Verwaltung wahrnimmt, müssten sämtliche Stellen im Freistaat Bayern abgefragt werden, die unter diese Defini tion fallen. Eine Abfrage aller Behörden in Bayern wäre mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden. b) Wie vielen Personen im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Satz 1 BayIntG wurde im Jahr 2017 die Bewilligung und Auszahlung von landesrechtlichen Leistungen und Angeboten unter Berufung auf Art. 12 Abs. 1 Satz 2 oder 3 BayIntG verweigert? c) Bei wie vielen Personen wurde im Jahr 2017 eine Verwirkung des Anspruchs auf eine landesrechtliche Leistung oder ein Angebot nach Maßgabe der Nrn. 1 und 2 des Art. 12 Abs. 2 Satz 1 BayIntG festgestellt ? Der Staatsregierung ist nicht bekannt, ob bzw. bei wie vielen Personen landesrechtliche Leistungen und Angebote nach Art. 12 Abs. 1 BayIntG nicht bewilligt oder ausgezahlt wur den, oder die landesrechtliche Leistung oder das Angebot nach Art. 12 Abs. 2 Satz 1 BayIntG verwirkt wurde. Eine Abfrage aller hier betroffenen Behörden in Bayern wäre mit einem unverhältnismäßigen Aufwand verbunden. 2. a) Wurde im Jahr 2017 von der Möglichkeit des Widerrufs oder der Rücknahme der Erlaubnis für den Betrieb einer Kindertageseinrichtung nach Art. 5 Abs. 4 BayIntG wegen eines Verstoßes gegen Verpflichtungen nach Art. 5 Abs. 1 und 2 BayIntG und Art. 6 BayIntG Gebrauch gemacht? b) Um welche Kindertageseinrichtungen handelt es sich? c) Was waren in den einzelnen Fällen die genauen Gründe für den Widerruf oder die Rücknahme der Erlaubnis für den Betrieb der Kindertageseinrichtung ? Eine einmalige Abfrage bei den zuständigen Vollzugsbe hörden im Rahmen der gleichlautenden Schriftlichen An frage vom 29.06.2017 ergab für den Zeitraum 01.01.2017 bis 18.07.2017, dass in keinem Fall die Betriebserlaubnis aufgrund des Art. 5 Abs. 4 BayIntG widerrufen oder zurück genommen wurde. Wegen des unverhältnismäßig hohen Aufwands wurde von einer erneuten Sonderabfrage abge sehen. Der Staatsregierung liegen darüber hinaus keine Hinweise auf entsprechende Fälle vor. 3. a) Welche Gemeinden, Landkreise und Bezirke in Bayern haben im Jahr 2017 die Benutzung ihrer öffentlichen, dem Gemeingebrauch dienenden Einrichtungen von einer vorherigen Belehrung der und dem ausdrücklichen Anerkenntnis der bestehenden Vorschriften durch den Benutzer oder die Benutzerin nach Art. 21 Abs. 5 Satz 2 Gemeindeordnung (GO), Art. 15 Abs. 5 Satz 2 Landkreisordnung (LKrO), Art. 15 Abs. 5 Satz 2 Bezirksordnung (BezO) abhängig gemacht? Den Kommunen wird durch Art. 21 Abs. 5 Satz 2 GO, Art. 15 Abs. 5 Satz 2 LKrO und Art. 15 Abs. 5 Satz 2 BezO ein Ermessen eingeräumt. Der Staatsregierung ist nicht be kannt, welche Kommunen von diesem Ermessen Gebrauch gemacht haben. Um die Frage zu beantworten, bedürfte es daher einer bayernweiten Abfrage bei allen Bezirken, Land kreisen und Gemeinden unter Einbeziehung von allen kom munalen Stellen, die öffentliche Einrichtungen im Sinne von Art. 24 GO, Art. 15 LKrO und Art. 15 BezO betreiben. Bereits auf Ebene der Bezirke, Landkreise und Gemeinden wären dies 2.134 Stellen. Berücksichtigt man, dass die Kommunen ihrerseits ihre entsprechenden Einrichtungen einbeziehen müssten, würde sich diese Zahl noch vervielfachen. Eine solche Abfrage ist in der zur Verfügung stehenden Zeit nicht mit vertretbarem Aufwand zu leisten. b) Wie viele Personen in Bayern wurden im Jahr 2017 durch welche Sicherheitsbehörde verpflichtet, an einem Grundkurs über die Rechts- und Werteordnung bei welchem privaten oder öffentlichen Träger (Amt/Behörde, Kommune, Migrationsdienst o. Ä.) teilzunehmen, weil sie den Tatbestand von Handlungen im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Satz 1 und 2, Abs. 2 BayIntG erfüllt haben? 4. a) Gegen wie viele Personen in Bayern wurden im Jahr 2017 Geldbußen nach Art. 13 Abs. 3 BayIntG und in welcher Höhe verhängt, weil sie einer vollziehbaren Anordnung, an einem Grundkurs über die Rechts- und Werteordnung teilzunehmen, nicht Folge geleistet oder die Durchführung eines solchen Grundkurses behindert haben? Bislang wurden nach Kenntnis der Staatsregierung kei ne Personen zur Teilnahme an Kursen nach Art. 13 Abs. 1 Satz 1 und 2 BayIntG verpflichtet. Deshalb wurde auch kei ne Geldbuße gemäß Art. 13 Abs. 3 BayIntG wegen Nichtteil nahme oder Störung von derartigen Kursen verhängt. b) Gegen wie viele Personen in Bayern wurden im Jahr 2017 Geldbußen in welcher Höhe nach Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayIntG wegen Verstoßes gegen eines der Verbote nach Art. 14 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 BayIntG verhängt? Bislang wurden keine Geldbußen gemäß Art. 14 Abs. 2 BayIntG verhängt. Drucksache 17/21195 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 c) Wie oft wurden Personen im Jahr 2017 nach Art. 12 Abs. 3 BayIntG welche landesrechtlichen Leistungen und Angebote in den Fällen des Art. 13 Abs. 3 BayIntG oder Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayIntG gekürzt oder ganz oder teilweise versagt? Der Staatsregierung ist nicht bekannt, dass bislang landes rechtliche Leistungen und Angebote gemäß Art. 12 Abs. 3 BayIntG gekürzt oder versagt wurden. Eine Abfrage aller hier betroffenen Behörden in Bayern wäre mit einem unver hältnismäßigen Aufwand verbunden. 5. a) Wie viele Geldbußen wurden im Jahr 2017 nach Art. 14 Abs. 2 (Unterlaufen der verfassungsmäßigen Ordnung) verhängt? Es wird auf die Beantwortung der Frage 4 b verwiesen. b) In welchen konkreten Fällen war dies der Fall? Es wird auf die Beantwortung der Frage 4 b verwiesen. 6. a) Wie oft hat im Jahr 2017 die Polizei von der Befugnis , die Identität einer Person festzustellen, die sich an einem Ort aufhält, der als Unterkunft oder dem sonstigen, auch vorübergehenden Aufenthalt von Asylbewerbern und unerlaubt Aufhältigen dient (s. Art. 13 Abs. 1 Nr. 2c Polizeiaufgabengesetz – PAG), Gebrauch gemacht? b) Wie oft hat im Jahr 2017 die Polizei von der Befugnis , eine Wohnung, die als Unterkunft oder dem sonstigen, auch vorübergehenden Aufenthalt von Asylbewerbern und unerlaubt Aufhältigen dient, gemäß Art. 23 Abs. 3 Nr. 3 PAG zu betreten, Gebrauch gemacht? Eine Erfassungs und Meldepflicht für die Polizeipräsidien gegenüber der Staatsregierung besteht lediglich für größere Kontrollaktionen, die einen erhöhten Personalansatz bzw. logistischen Aufwand erfordern. Für das Jahr 2017 wurden gemäß dieser Meldepflicht von den Verbänden der Baye rischen Landespolizei 110 durchgeführte größere Kontroll maßnahmen gemeldet, bei denen insgesamt 7.624 Per sonen einer Identitätsfeststellung nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 2c PAG unterzogen wurden. Statistische Erhebungen von regelmäßig unterhalb dieser Schwelle stattfindenden Kontrollen bzw. Kontrollaktionen erfolgen aufgrund des unverhältnismäßig hohen Aufwands nicht standardisiert. In diesem Zusammenhang darf auf die Drs. 17/19781, bei der einmalig darüber hinausgehende Zahlen (auch „kleine rer“ Kontrollmaßnahmen mit Stand 10.09.2017) erhoben wurden, verwiesen werden. 7. a) In wie vielen Fällen wurden im Jahr 2017 nach Kenntnis der Staatsregierung die Bestimmungen des Art. 17a vollzogen, die sich auf die Gemeindeordnung , Landkreisordnung und Bezirksordnung beziehen? Es wird auf die Antwort zu Frage 3 a verwiesen. b) In wie vielen Fällen wurden im Jahr 2017 nach Kenntnis der Staatsregierung die Bestimmungen des Art. 17a vollzogen, die sich auf eine „ausgeglichene Bewohnerstruktur“ beziehen? Die zuständigen Behörden haben nach Art. 5 Satz 5 und 6 Wohnungsbindungsgesetzes (BayWoBindG), § 3 Abs. 3 der Durchführungsverordnung Wohnungsrecht (DVWoR) bei jeder Benennung für eine geförderte Woh nung von vornherein die Strukturkomponente in ihrer Ent scheidung zu berücksichtigen. Die Staatsregierung hat die vollziehenden Behörden frühzeitig auf diese Änderungen durch Art. 17a BayIntG hingewiesen. Im Übrigen besteht keine Erfassungs und Meldepflicht der zuständigen Stellen hinsichtlich der einzelnen Maßnahmen zur Schaffung und Erhaltung ausgeglichener Bewohnerstrukturen.