Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Bernhard Roos SPD vom 19.02.2018 Vegetationsrückschnitt entlang von Schienentrassen Die in den zurückliegenden Monaten gehäuft aufgetretenen Sturmereignisse haben bundesweit und somit auch im Freistaat Bayern für den Ausfall ganzer Schienenabschnitte mit den damit verbundenen Beeinträchtigungen des Verkehrs gesorgt, weil Bäume entwurzelt wurden oder abgebrochen und auf den Schienen oder in den Oberleitungen zum Liegen gekommen sind. Ich frage daher die Staatsregierung: 1. Welche gesetzlichen Regelungen stehen derzeit einem konsequenten Rückschnitt der Vegetation entlang von Schienentrassen – vergleichbar mit der Situation an Autobahnen – entgegen? 2. Beabsichtigt die Staatsregierung eigene Initiativen, um diese hindernde Gesetzeslage zu beseitigen? 3. Welche eigenen Maßnahmen ergreift die Staatsregierung , um den Schienenverkehr auch nach Sturmereignissen zu gewährleisten? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr in Abstimmung mit dem Staatsministerium für Ernährung , Landwirtschaft und Forsten vom 16.03.2018 Vorbemerkung: An Autobahnen werden die ersten vier bis sechs Meter neben dem Fahrbahnrand von Bäumen bzw. höherem Aufwuchs frei gehalten, da dieser Bereich für die sichere Straßenbenutzung von besonderer Bedeutung ist. Die Verkehrssicherheit erfordert hier insbesondere das Erhalten der Sichtbeziehungen an Anschlußstellen und in Kurven, Raum für die Beschilderung und Sicherheitseinrichtungen sowie eine funktionierende Entwässerung. Zur Verringerung der Gefahren für die Verkehrsteilnehmer beim Abkommen von Fahrzeugen von der Fahrbahn bestehen außerdem Regelungen über die im Einzelfall maßgeblichen Mindestabstände zwischen Bäumen und Fahrbahnrand beim Neu-, Aus- und Umbau überörtlicher Straßen sowie bei Neupflanzungen . Die Staatsbauverwaltung ist zudem bemüht, geschlossene Gehölzpflanzungen in regelmäßigem Abstand durch Rückschnitt und „Auf-den-Stock-Setzen“ zu verjüngen und einen vitalen, gestuften Gehölzaufbau dauerhaft zu erhalten. Außerdem wird der Straßenseitenraum auch im Hinblick auf ein ansprechendes Landschaftsbild bewusst optisch abwechslungsreich gestaltet. Dazu gehört auch die Erhaltung von mit Gräsern und Kräutern bestandenen Offenlandflächen. Die geschilderten Maßnahmen finden regelmäßig auf Grundstücken statt, die sich im Besitz des jeweiligen Straßenbaulastträgers befinden und infolge einer Planung rechtlich als Bestandteil der Straße gelten. Entsprechend handelt es sich nicht um Wald bzw. Waldflächen im Sinne des Bayerischen Waldgesetzes (BayWaldG). Im Ergebnis bestehen entlang der genannten Straßen häufig Flächen bzw. Randstreifen ohne Baumbestand, die jedoch nicht in der Absicht angelegt sind, das Umstürzen von Bäumen auf die Fahrbahn zu vermeiden bzw. einen ungestörten Straßenverkehr zu gewährleisten, sondern aus den genannten anderen Erfordernissen. Diese sind nicht auf den Schienenverkehr übertragbar. So müssen im spurgeführten Verkehr keine Vorsorgemaßnahmen für von der Fahrbahn abkommende Fahrzeuge getroffen werden und wegen des grundlegend anderen Verkehrsprinzips (Fahren im Raumabstand auf gesicherten Fahrwegen statt Fahren auf Sicht) besteht vielerorts auch kein sicherheitliches Erfordernis , über den eigentlichen Bahnkörper hinaus Sichtbeziehungen zu gewährleisten. 1. Welche gesetzlichen Regelungen stehen derzeit einem konsequenten Rückschnitt der Vegetation entlang von Schienentrassen – vergleichbar mit der Situation an Autobahnen – entgegen? Die Beseitigung aller Bäume in einem Abstand zur Fahrbahn , der die abstrakte Gefahr eines Umfallens auf die Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de–Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 15.06.2018 Drucksache 17/21230 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/21230 Fahrbahn ausschließt, ist kein Ziel der Vegetationspflege an Autobahnen. Auf die Vorbemerkung wird hingewiesen. Dafür besteht auch keine Rechtsgrundlage. Die Staatsregierung verweist zudem auf die Antwort zu Frage 2 der Schriftlichen Anfrage des Abgeordneten Bernhard Roos (SPD) vom 06.11.2017 betreffend Zugausfälle und -verspätungen aufgrund von Sturmschäden. Das BayWaldG steht einem Rückschnitt nicht entgegen, soweit Flächen nicht als Wald, sondern als Bestandteil des Verkehrsweges anzusehen sind, sei es aufgrund entsprechender Beplanung oder wenn bei Trassen, die vor der Geltung entsprechender Fachgesetze errichtet wurden, sich aufgrund regelmäßig stattfindender Pflege niemals ein geschlossener Bestand etablieren konnte. Im Übrigen beurteilen sich die Möglichkeiten des Vegetationsrückschnitts danach, ob es sich bei der betroffenen Fläche um Wald im Sinne des BayWaldG handelt. Ist dies der Fall und soll für Erfordernisse des Verkehrswegs ein Rückschnitt über den beschriebenen Rahmen hinaus erfolgen, so ist regelmäßig der Tatbestand einer Rodung im Sinne des Art. 9 Abs. 2 Satz 1 BayWaldG erfüllt, also der Beseitigung von Wald zugunsten einer anderen Bodennutzungsart. Solche Rodungen bedürfen einer Erlaubnis nach Art. 9 BayWaldG. Nach der Systematik der Vorschrift besteht auf die Erlaubnis in der Regel ein Rechtsanspruch, ggf. unter Auflagen wie beispielsweise Ersatzaufforstungen an anderer Stelle, um die Ziele des BayWaldG zu wahren. Die wenigen Ausschlusstatbestände, bei denen die Erlaubnis im Regelfall zu versagen ist, dürften mit Blick auf die Lage der Schienenwege in Bayern nur sehr selten vorliegen. Die Erlaubnis kann aber auch in diesen Fällen erteilt werden, wenn zwingende Gründe des öffentlichen Wohls eine Rodung erfordern. 2. Beabsichtigt die Staatsregierung eigene Initiativen, um diese hindernde Gesetzeslage zu beseitigen? Die bestehenden gesetzlichen Regelungen sind kein Hindernis . Mit dem BayWaldG wird ein wichtiges Ziel verfolgt, nämlich die Waldfläche zu erhalten und erforderlichenfalls zu vermehren. Das Gesetz steht einem verstärkten Rückschnitt entlang der Verkehrswege nicht strikt entgegen, gewährleistet aber im Einzelfall gebotene Ausgleichsmaßnahmen . Größtes Hemmnis für Rückschnitte in größerem Umgriff um die Bahntrassen als bisher ist, dass die in Rede stehenden Flächen regelmäßig nicht im Eigentum der Schienenwegbetreiber stehen, sondern Dritten gehören. Eingriffe in fremdes Eigentum zu dem Zweck, den Fahrplanbetrieb der Eisenbahn auch bei außergewöhnlichen Witterungsereignissen aufrechtzuerhalten, sind mit Blick auf die rechtsstaatliche Eigentumsgarantie schwer zu rechtfertigen. Zur Abwehr einer etwaigen Gefahr für den Schienenverkehr, die nur aufgrund der Existenz des Schienenwegs an sich bestehen kann, müssen die Eisenbahnen primär Abwehrmaßnahmen im eigenen Wirkbereich ergreifen. Voraussetzung für umfassendere Rückschnittmaßnahmen wäre daher der Eigentumserwerb an den betroffenen Flächen durch die Schienenwegbetreiber. 3. Welche eigenen Maßnahmen ergreift die Staatsregierung , um den Schienenverkehr auch nach Sturm ereignissen zu gewährleisten? Es ist primär Aufgabe der Schienenwegbetreiber, organisatorische Maßnahmen für die Beseitigung von Sturmfolgen zu treffen, insbesondere für eigenes Personal und Gerät zu sorgen. Die Staatsregierung drängt bei den Eisenbahninfrastrukturunternehmen stets darauf, Störungen so schnell wie möglich zu beseitigen. Insbesondere für die im Laufweg flexibleren Züge des Personenfern- und Güterverkehrs wäre es zudem hilfreich, mehr elektrifizierte Ausweichstrecken zu haben. Die Staatsregierung setzt sich aus diesem Grund gegenüber dem zuständigen Bund für eine Erhöung des Anteils elektrifizierter Strecken ein. Im Übrigen werden die Schienenwegebetreiber bei der Sturmfolgenbeseitigung nach Möglichkeit auch von den örtlichen Feuerwehren unterstützt . Die Staatsregierung unterstützt die Wahrnehmung dieser Aufgabe durch die Feuerwehren im Bereich der Ausbildung sowie der Fahrzeugförderung. Für die sachgerechte Ausbildung steht eine große Eisenbahnübungsanlage an der Staatlichen Feuerwehrschule Geretsried zur Verfügung, auf der in Zusammenarbeit mit der DB Netz AG entsprechende Lehrgänge durchgeführt werden. Ferner bieten alle drei bayerischen Feuerwehrschulen „Technische Hilfeleistungslehrgänge “ an, die den Einsatzkräften der Feuerwehren das nötige Rüstzeug unter anderem zur Bewältigung von Sturmereignissen an Schienenwegen vermitteln. Ferner fördert der Freistaat die Einsatzfahrzeuge der Feuerwehren, die letztlich auch bei Sturmereignissen ausrücken.