Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Markus Ganserer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 26.02.2014 Hafenvertrag zwischen der Stadt Nürnberg und dem Freistaat Bayern/Neue Fassung vom Dezember 2013 Am 11. November 1966 wurde vom Freistaat Bayern und der Stadt Nürnberg der sog. Hafenvertrag unterzeichnet, der Bau und Betrieb des Hafens zwischen den Beteiligten regeln sollte. Bereits seit Jahren gibt es Forderungen, ca. 25 Hektar im an das Hafengelände grenzenden Eibacher Forst, die als Gewerbefläche des Hafenindustrie-Gebiets Süd ausgewiesen sind, aus dem Flächennutzungsplan herauszunehmen. Dadurch soll dieses Naherholungsgebiet geschützt werden. Aktuell fordern Nürnberger Stadträte, dieses Gebiet zum Bannwald zu erklären. Damals wie heute verweisen die Gegner einer Umwandlung auf den Hafenvertrag, in dem diese Fläche als Planungsgebiet des Hafens festgeschrieben wurde. Laut aktuellen Pressemeldungen wurde dieser Hafenvertrag im Dezember 2013 in einer neuen Fassung und unter Beibehaltung des Passus über die gewerbliche Entwicklung des Hafenindustrie-Gebiets Süd fortgeschrieben. Vor diesem Hintergrund frage ich die Staatsregierung: 1. Seit wann wurde über die Fortschreibung des Hafenvertrags verhandelt und wann wurde sie unterzeichnet ? 2. Von wem genau wurden diese Verhandlungen vonseiten der Vertragspartner geführt und unterzeichnet (Name und Funktion)? 3. Wie genau ist der Inhalt bezüglich der Gewerbefläche im Eibacher Forst? 4. a) Kann die Stadt Nürnberg im Rahmen ihrer Planungshoheit frei darüber entscheiden, ob das Hafenindustrie -Gebiet Süd südlich der Wiener Straße komplett aus dem Flächennutzungsplan gestrichen wird? b) Wenn nein, welche konkreten rechtlichen Hürden sprechen dagegen? 5. Kann der Hafenvertrag die Entscheidung der Stadt Nürnberg, das Hafenindustrie-Gebiet Süd südlich der Wiener Straße komplett aus dem Flächennutzungsplan zu nehmen, rechtlich verhindern, bzw. welche Konsequenzen würden sich aufgrund des Hafenvertrages aus dieser Entscheidung ergeben? 6. Auf welcher rechtlichen Grundlage hätte die Stadt Roth ein Mitspracherecht über die Entscheidung der Stadt Nürnberg, im Rahmen ihrer Planungshoheit das Hafenindustrie-Gebiet Süd südlich der Wiener Straße komplett aus dem Flächennutzungsplan zu streichen, so wie es in den Zeitungsberichten dargestellt wurde? 7. a) Kann die Stadt Nürnberg einen Entwurf für eine Rechtsverordnung zur Ausweisung des Waldes südlich der Wiener Straße vorlegen? b) Aufgrund welcher Rechtsgrundlage könnte die Stadt Nürnberg daran gehindert werden? c) Würde die Staatsregierung der Erklärung der betroffenen Waldfläche zum Bannwald widersprechen? d) Würde ein entsprechender Widerspruch die Erklärung zum Bannwald seitens der Stadt Nürnberg generell verhindern können? Antwort des Staatsministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 23.05.2014 1. Seit wann wurde über die Fortschreibung des Hafenvertrags verhandelt und wann wurde sie unterzeichnet ? Am 23.12.2013 ist zwischen den Gesellschaftern der Hafen Nürnberg-Roth GmbH – der Stadt Nürnberg, der Stadt Roth sowie der Bayernhafen GmbH & Co. KG – ein Nachtrag zu dem am 31.07.1995 geschlossenen Konsortialvertrag unterzeichnet worden. In diesem Nachtrag sind ausschließlich Fragen der zukünftigen Unternehmensfinanzierung der Hafen Nürnberg-Roth GmbH geregelt. Das HafenindustrieGebiet Süd war nicht Gegenstand dieses Nachtrags. Verhandlungen über die Fortschreibungen des Hafenvertrags vom 11.11.1966 wurden seitens der Staatsregierung im vergangenen Jahr nicht mit der Stadt Nürnberg geführt. Eine Änderung des Hafenvertrags ist im Jahr 2013 nicht erfolgt . 2. Von wem genau wurden diese Verhandlungen vonseiten der Vertragspartner geführt und unterzeichnet (Name und Funktion)? Es wird auf die Beantwortung der Frage 1 verwiesen. 3. Wie genau ist der Inhalt bezüglich der Gewerbefläche im Eibacher Forst? Es wird auf die Beantwortung der Frage 1 verwiesen. Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de –Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de – Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 04.07.2014 17/2133 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/2133 4. a) Kann die Stadt Nürnberg im Rahmen ihrer Planungshoheit frei darüber entscheiden, ob das Hafenindustrie -Gebiet Süd südlich der Wiener Straße komplett aus dem Flächennutzungsplan gestrichen wird? Im derzeit geltenden Flächennutzungsplan der Stadt Nürnberg ist das Hafenindustrie-Gebiet Süd als „gewerbliche Baufläche“ dargestellt. Ein Bebauungsplan besteht für dieses Gebiet nicht. Auch im Regionalplan der Industrieregion Mittelfranken ist diese Darstellung nur nachrichtlich und nicht als Ziel der Raumordnung enthalten, an das die Bauleitplanung der Stadt Nürnberg gem. § 1 Abs. 4 BauGB gebunden wäre. Sowohl die Aufstellung als auch die Änderung von Flächennutzungs - und Bebauungsplänen obliegt gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Baugesetzbuch (BauGB) der Gemeinde in eigener Verantwortung. Die Gemeinde hat nach § 1 Abs. 3 Satz 1 BauGB Bauleitpläne aufzustellen bzw. zu ändern, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist. Ein Anspruch auf Aufstellung bzw. Änderung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht nicht und kann gemäß § 1 Abs. 3 Satz 2 BauGB auch nicht durch Vertrag begründet werden. Diese kommunale Planungshoheit ist Ausfluss des in Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz und Art. 11 Abs. 2 Bayerische Verfassung verankerten kommunalen Selbstverwaltungsrechts. Aus diesem Grund enthält auch der Hafenvertrag vom 11.11.1966 keine öffentlich-rechtliche Verpflichtung der Stadt Nürnberg, die bisherige Darstellung des Flächennutzungsplans aufrechtzuerhalten bzw. einen Bebauungsplan mit entsprechenden Festsetzungen aufzustellen. Vielmehr kann die Stadt Nürnberg im Rahmen der Gesetze selbst darüber entscheiden, ob und mit welchem Inhalt sie zur Gewährleistung der städtebaulichen Entwicklung und Ordnung in ihrem Stadtgebiet Bauleitpläne aufstellt oder ändert. b) Wenn nein, welche konkreten rechtlichen Hürden sprechen dagegen? Siehe die Antwort zu Frage 4 a. 5. Kann der Hafenvertrag die Entscheidung der Stadt Nürnberg, das Hafenindustrie-Gebiet Süd südlich der Wiener Straße komplett aus dem Flächennutzungsplan zu nehmen, rechtlich verhindern, bzw. welche Konsequenzen würden sich aufgrund des Hafenvertrages aus dieser Entscheidung ergeben ? Eine rechtlich verbindliche Verpflichtung der Stadt Nürnberg, den bisherigen Flächennutzungsplan bzgl. des Hafenindustrie -Gebietes Süd in der bisherigen Form aufrechtzuerhalten bzw. eine Bauleitplanung mit entsprechenden Festsetzungen aufzustellen, begründet sich aus den vertraglichen Vereinbarungen mit dem Freistaat Bayern vom 11.11.1966 nicht (siehe Antwort zu Frage 4). Einwendungen gegen die o. a. Änderung des Flächennutzungsplans der Stadt Nürnberg können grundsätzlich nur im Rahmen des Bauleitplanverfahrens (vgl. §§ 3 und 1 Abs. 8 BauGB) vorgebracht werden. 6. Auf welcher rechtlichen Grundlage hätte die Stadt Roth ein Mitspracherecht über die Entscheidung der Stadt Nürnberg, im Rahmen ihrer Planungshoheit das Hafenindustrie-Gebiet Süd südlich der Wiener Straße komplett aus dem Flächennutzungsplan zu streichen, so wie es in den Zeitungsberichten dargestellt wurde? Die Stadt Roth ist nicht Vertragspartnerin des Hafenvertrages , sondern als Mitgesellschafterin der Hafen NürnbergRoth GmbH Vertragspartnerin des Konsortialvertrages mit einem Anteil von 1%. Im Rahmen eines etwaigen Bauleitplanverfahrens wäre jedoch das interkommunale Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 2 BauGB zu beachten. Danach sind die Bauleitpläne benachbarter Gemeinden aufeinander abzustimmen. Dabei können sich Gemeinden auch auf die ihnen durch Ziele der Raumordnung zugewiesenen Funktionen sowie auf Auswirkungen auf ihre zentralen Versorgungsbereiche berufen. Ob eine Gemeinde benachbart i. S. d. § 2 Abs. 2 BauGB ist, bemisst sich danach, ob die Gemeinde durch die Planung in ihren Belangen abwägungserheblich berührt werden kann. 7. a) Kann die Stadt Nürnberg einen Entwurf für eine Rechtsverordnung zur Ausweisung des Waldes südlich der Wiener Straße vorlegen? Die Rechtsverordnung über die Erklärung zum Bannwald nach Art. 11 BayWaldG erfolgt gemäß Art. 37 BayWaldG durch die zuständige Kreisverwaltungsbehörde im Benehmen mit der örtlich zuständigen unteren Forstbehörde. Bei einem – wie hier – kreisübergreifenden Bannwald ist gemäß Art. 37 Abs. 3 Satz 2 BayWaldG die Kreisverwaltungsbehörde zuständig, in deren Gebiet der überwiegende Teil des Waldes liegt. Demgemäß wurde die Verordnung vom 24.02.2005 über den Bannwald „Lorenzer Reichswald südwestlicher Teil“ durch das Landratsamt Roth erlassen. Auch Änderungen dieser Bannwaldverordnung infolge Gebietserweiterungen oder -verkleinerungen erfolgen daher durch die federführend zuständige Kreisverwaltungsbehörde, also das Landratsamt Roth, selbst wenn die potenziell zu ändernde Fläche ausschließlich in der Gemarkung der Stadt Nürnberg liegen sollte. Der Stadt Nürnberg ist es selbstverständlich unbenommen, hierzu einen Vorschlag zu unterbreiten. b) Aufgrund welcher Rechtsgrundlage könnte die Stadt Nürnberg daran gehindert werden? Siehe die Antwort zu Frage 7 a. c) Würde die Staatsregierung der Erklärung der betroffenen Waldfläche zum Bannwald widersprechen ? Siehe die Antwort zu Frage 7 a. d) Würde ein entsprechender Widerspruch die Erklärung zum Bannwald seitens der Stadt Nürnberg generell verhindern können? Das BayWaldG sieht kein förmliches Widerspruchsverfahren gegen den Erlass einer Rechtsverordnung nach Art. 11 i. V. m. Art. 37 BayWaldG vor. Die Verordnung kann allgemein im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO angegriffen werden.