Schriftliche Anfrage des Abgeordneten Markus Ganserer BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 31.01.2018 Streit um Zuständigkeit beim Wolf In der Süddeutschen Zeitung vom 23.01.2018 wird über einen Streit zwischen den Staatsministerien für Umwelt und Verbraucherschutz (StMUV) sowie für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (StMELF) über die Zuständigkeiten beim künftigen Umgang mit dem Wolf bzw. Herdenschutz in Bayern berichtet. So haben sich bislang in mehreren Regionen Bayerns Wölfe angesiedelt, die sich bisher aber ruhig verhalten. Dennoch fordern Nutztierhalter schon seit Längerem endlich Beratungsmöglichkeiten für ungeklärte Fragen. Anstatt diese jedoch zu beantworten, streiten die Staatsministerin für Umwelt und Verbraucherschutz Ulrike Scharf und der Staatsminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten Helmut Brunner über die Zuständigkeiten und die weitere Vorgehensweise. Ich frage die Staatsregierung: 1. a) Wie viele Wölfe gibt es derzeit in Bayern? b) Wie viele davon sind standorttreu, durchziehend oder leben bereits in Rudeln mit Nachwuchs (bitte mit Angabe des jeweiligen Standorts)? c) Wie wird die weitere Entwicklung der Wolfspopulation in Bayern für die nächsten Jahre eingeschätzt? 2. a) Welche Schäden haben die Wölfe in Bayern bis jetzt verursacht (bitte regional angeben)? b) Welche Schadenssummen kamen dabei zustande (bitte regional angeben)? c) Welche Schäden an Nutztieren wurden dabei von den Wölfen verursacht (bitte regional angeben)? 3. a) Welche Fachstellen sind bisher für die Weidetierhalter in Bayern zuständig? b) Welche Beratungsleistungen werden dort den Weidetierhaltern angeboten? c) Wie viele Beamte an den verschiedenen Fachstellen sind bisher für die Weidetierhalter mit zuständig? 4. a) Welche Beratungsleistungen und/oder Publikationen wurden bislang von den oben angesprochen Stellen (z. B. Landesanstalt für Landwirtschaft – LfL) zum Thema Wolf und Weidetierhaltung/Landwirtschaft angeboten ? b) Wurden von den gleichen Stellen bereits Landwirte zu den Themen Wolf/Weidetierhaltung informiert? c) Wenn ja, in welcher Form? 5. Wie sieht die Staatsregierung den möglichen Aufbau einer Beratungsstelle für Weidetierhaltung im StMUV neben bereits vorhandenen Beratungsstellen im StMELF und untergeordneten Behörden im Zuge des Bürokratieabbaus? Antwort des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz unter Einbindung des Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten vom 23.03.2018 1. a) Wie viele Wölfe gibt es derzeit in Bayern? b) Wie viele davon sind standorttreu, durchziehend oder leben bereits in Rudeln mit Nachwuchs? (bitte mit Angabe des jeweiligen Standorts) c) Wie wird die weitere Entwicklung der Wolfspopulation in Bayern für die nächsten Jahre eingeschätzt ? In Bayern sind bisher nachgewiesen: ein Rudel im Grenzgebiet Bayerischer Wald/Böhmerwald mit drei Jungtieren, ein Paar auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr, ein standorttreuer Wolf auf dem Truppenübungsplatz Hohenfels sowie eine standorttreue Wölfin im Veldensteiner Forst. Genetische Spuren im Veldensteiner Forst legen die Vermutung nahe, dass die beiden bislang einzelnen Wölfe zu einem Paar zusammengefunden haben. 2017 gab es weitere gesicherte Nachweise aus den Landkreisen Main-Spessart, Ansbach, Bad Tölz/Wolfratshausen und Straubing. Diese vier Nachweise werden als nicht standorttreue Durchzügler eingeschätzt. Insgesamt wurden dem Landesamt für Umwelt (LfU) im Jahr 2017 279 Hinweise auf Wölfe gemeldet, die bis auf die vier genannten Nachweise alle nicht verifiziert werden konnten. Die weitere Entwicklung der Wolfspopulation in Bayern ist im Detail nicht vorhersagbar. 2. a) Welche Schäden haben die Wölfe in Bayern bis jetzt verursacht (bitte regional angeben)? b) Welche Schadenssummen kamen dabei zustande (bitte regional angeben)? c) Welche Schäden an Nutztieren wurden dabei von den Wölfen verursacht (bitte regional angeben)? Jahr Region Schaden Schadenssumme 2010 Landkreise Miesbach und Rosenheim 19 tote und 7 verschwundene Schafe 3.675,00 € Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de–Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 15.06.2018 Drucksache 17/21438 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/21438 Jahr Region Schaden Schadenssumme 2015 Landkreis Ebersberg 3 tote und mehrere verletzte Schafe 1.080,00 € Landkreis Miesbach 3 tote Lämmer 412,50 € 2016 Landkreis Nürnberger Land 1 totes Schaf und 1 verletztes Lamm 322,01 € 2017 Landkreis Bad Tölz 4 tote Lämmer 480,00 € 3. a) Welche Fachstellen sind bisher für die Weidetierhalter in Bayern zuständig? Speziell für Weidetierhalter kommen folgende Fachstellen in Betracht: – 2 Fachzentren L 3.4 Alm-/Alpwirtschaft, – 9 Fachzentren L 3.6 Rinderhaltung, – 1 Fachzentrum L 3.6 FR Fleischrinderzucht und Mutterkuhhaltung , – 2 Fachzentren L 3.8 Pferdehaltung, – 2 Fachzentren L 3.9 Kleintierhaltung, – 5 Fachzentren L 3.3 Ökologischer Landbau und – Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL): Institut für Tierernährung und Futterwirtschaft (ITE), Institut für Betriebswirtschaft und Agrarstruktur (IBA). Als Weidetiere kommen infrage: Rinder (Jungrinder, Ochsen, Mutter- und Ammenkühe), Schafe, Ziegen, Pferde, Gehegewild , Lamas, Alpakas sowie Geflügel in Freilandhaltung. b) Welche Beratungsleistungen werden dort den Weidetierhalter angeboten? Die Fachzentren (FZ) bieten in Zusammenarbeit mit den regional zuständigen Ämtern für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten folgende Leistungen an: – Beratung zur Erhaltung und Förderung der Agrobiodiversität inkl. Erhalt gefährdeter Nutztierrassen, – Beratung zur Unternehmensentwicklung inklusive wirtschaftlicher und sozioökonomischer Betrachtungen, – Stärkung der Marktkompetenz, Organisation und Durchführung von Veranstaltungen dazu zusammen mit der LfL, – Beratung zu Förderprogrammen, – Beratung zur Produktionstechnik in speziellen Fragestellungen (solange kein Verbundpartner diese Beratungsleistung anbietet), – Beratung in Vermarktungsfragen und – Zusammenarbeit mit Naturschutzbehörden und Landschaftspflegeverbänden bei Beweidungsprojekten. Die Beratung im Bereich der Produktionstechnik (Weideführung , Einzäunung etc.) ist bei Rind und Pferd Aufgabe der Verbundpartner. Für die Betriebszweige Mutterkuhhaltung und Kleintiere gibt es keinen anerkannten Verbundpartner. Hier umfasst das staatliche Beratungsangebot auch produktionstechnische Fragen wie z. B. Haltungssysteme, Fütterung , Beratung zu Zuchtprogrammen und Rassenwahl, Praxis der Weideführung, Weidepflege, Einzäunung und Weideeinrichtungen und Beratung zum Herdenschutz vor großen Beutegreifern. Die angewandte Forschung der LfL im Bereich Weidehaltung umfasst aktuell folgende Themen: – Erarbeitung und Erprobung von Konzepten zur Grünlandnutzung mit Tieren, – Untersuchungen zur Grünlandnutzung mit Weide, – Analyse und ökonomische Bewertung verschiedener extensiver Produktionsverfahren der Fleischerzeugung und – Zusammenstellung wichtiger Kenndaten zur Ökonomik des Futterbaus. c) Wie viele Beamte an den verschiedenen Fachstellen sind bisher für die Weidetierhalter mit zuständig ? Nachdem die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an den verschiedenen Fachstellen in sehr vielen Aufgabenbereichen tätig sind und entsprechende Aufzeichnungen nicht vorliegen , ist eine Zuordnung von Personen und damit die Angabe von konkreten Arbeitskapazitäten für diese spezielle Thematik nicht möglich. 4. a) Welche Beratungsleistungen und/oder Publikationen wurden bislang von den oben angesprochen Stellen (z. B. Landesanstalt für Landwirtschaft – LfL) zum Thema Wolf und Weidetierhaltung/Landwirtschaft angeboten? Beratungsanfragen zum Thema Herdenschutz werden sehr häufig gestellt, v. a. von Schafhaltern. Soweit die FZ produktionstechnische, also auf Fragen der Nutztierhaltung ausgerichtete Beratung durchführen, gibt es folgende Angebote: – Einzel- und Gruppenberatungen zu Weideführung und -pflege, Zäunung, Zufütterung und Witterungsschutz, – Einzel- und Gruppenberatungen zum Thema Herdenschutz und – Einzelbetriebliche Beratungen zur Umstellung bzw. Optimierung von Tierhaltungsverfahren. Folgende Publikationen haben den Schutz vor großen Beutegreifern zum Inhalt: – LfL-Information: Weidezäune zur Wolfabwehr − eine Kostenschätzung für Bayern, – Allgemeine Informationen zum Herdenschutz liefert das Institut für Tierzucht bei der LfL (http://www.lfl.bayern.de/ itz/herdenschutz/index.php). b) Wurden von den gleichen Stellen bereits Landwirte zu den Themen Wolf/Weidetierhaltung informiert? Das Thema ist aktuell Gesprächsinhalt bei fast jeder Beratung vor Ort oder in Veranstaltungen, mittlerweile auch schon bei Milchviehhaltern. Drucksache 17/21438 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 c) Wenn ja, in welcher Form? Für die Information der Landwirte werden auch in diesem Fall die üblichen Wege gewählt: – im Rahmen von Veranstaltungen, Almbauerntagen, Fachtagungen zur Fleischrinder-, Ziegen- und Schafhaltung, – als Einzelberatung (telefonisch, persönlich oder per Mail), – in Rundschreiben, Jahresberichten, sonstigen Printmedien , Internet, – in der Erwachsenenbildung (Bildungsprogramm Landwirt – BiLa). 5. Wie sieht die Staatsregierung den möglichen Aufbau einer Beratungsstelle für Weidetierhaltung im StMUV neben bereits vorhandenen Beratungsstellen im StMELF und untergeordneten Behörden im Zuge des Bürokratieabbaus? Die Zuständigkeiten bei der Beratung der Weidetierhalter in Sachen Herdenschutz werden derzeit im Rahmen der Erstellung des „Managementplans Wölfe in Bayern Stufe 3“ geklärt.