Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Katharina Schulze BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 21.02.2018 Waffenkontrollen in Bayern Das Staatsministerium des Innern und für Integration bzw. das damalige Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr erhebt die waffenbehördliche Praxis zu Aufbewahrungskontrollen seit 2009 in einem zweijährigen Turnus. Die Erhebung für den Zeitraum 2015/2016 wurde Anfang Januar 2017 eingeleitet (vgl. die Schriftliche Anfrage der Abgeordneten Ludwig Hartmann und Katharina Schulze – BÜND- NIS 90/DIE GRÜNEN – vom 20.12.2016, Drs. 17/15397). Daher frage ich die Staatsregierung: 1.1 Wie oft wurden Waffenhaltende in Bayern in den Jahren 2015 und 2016 kontrolliert (Vor-Ort-Kontrolle der sicheren Waffenaufbewahrung; bitte absolut und prozentual zur Anzahl der registrierten Waffenhalter)? 1.2 Wie oft werden Waffenhaltende in Bayern im Durchschnitt kontrolliert? 1.3 Wie verteilten sich die Kontrollen in den Jahren 2015 und 2016 aufgeschlüsselt nach angemeldeten und unangemeldeten sowie verdachtsunabhängigen und anlassbezogenen Kontrollen auf die Regierungsbezirke (absolut und prozentual)? 2.1 Wie häufig wurden im Zuge der Kontrollen in den Jahren 2015 und 2016 Verstöße gegen waffenrechtliche Bestimmungen festgestellt (z. B. nicht registrierte Waffen , falsche Verwahrung etc.)? 2.2 Wie hat sich die Anzahl dieser Verstöße in den einzelnen Regierungsbezirken in den Jahren 2015 und 2016 entwickelt (absolut und prozentual zur Anzahl der registrierten Waffenhalter)? 3. Wie hat sich die Anzahl der bayernweiten Verurteilungen nach dem Waffengesetz (WaffG) – aufgeschlüsselt nach WaffG und dem Kriegswaffenkontrollgesetz (KrWaffKontrG) – jeweils in den Jahren 2015 bis 2017 entwickelt? 4.1 Wie viele Personen sind derzeit bayernweit für die Kontrolle eines gesetzes- und richtlinienkonformen Waffenbesitzes zuständig (aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirk )? 4.2 Wie hat sich die Anzahl dieser Waffenkontrolleure bei den zuständigen Behörden für die Jahre 2015 bis 2017 jährlich entwickelt (aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirk )? 5.1 Wie viele Schusswaffen wurden bayernweit in den Jahren 2015 bis 2017 unbrauchbar gemacht oder in der Waffenverwertungsstelle vernichtet (bitte nach Kalenderjahr und Waffenart aufschlüsseln)? 5.2 Wie viele dieser Waffen wurden in den Jahren 2015 bis 2017 jährlich freiwillig gemeldet (bitte nach Kalenderjahr aufschlüsseln)? 5.3 Wie viele dieser Waffen wurden in den Jahren 2015 bis 2017 im Rahmen behördlicher Kontrollen festgestellt (bitte nach Kalenderjahr aufschlüsseln)? 6.1 Wie viele halbautomatische Schusswaffen waren zum 31.12.2017 in Bayern registriert? 6.2 Wie hat sich deren Zahl seit dem Jahr 2013 entwickelt (bitte nach Kalenderjahr aufschlüsseln)? 7.1 Wie viele meldepflichtige Waffen waren seit 2013 jeweils zum Jahresende laut Nationalem Waffenregister als „abhandengekommen“ gemeldet (bitte nach Stichtag 31.12. und nach Jahren getrennt auflisten)? 7.2 Welche Maßnahmen werden gegenüber den Inhaberinnen und Inhabern der waffenrechtlichen Erlaubnis in solchen Fällen ergriffen? 8. Welche Verbesserungsmöglichkeiten im Sinne eines stärkeren Schutzes der Bevölkerung vor Waffen sieht die Staatsregierung bei der derzeitigen Waffengesetzgebung (insbes. Waffenerlaubnis, -kontrollen, -handel, Straf- und Ordnungswidrigkeitsverfahren)? Drucksachen, Plenarprotokolle sowie die Tagesordnungen der Vollversammlung und der Ausschüsse sind im Internet unter www.bayern.landtag.de–Dokumente abrufbar. Die aktuelle Sitzungsübersicht steht unter www.bayern.landtag.de–Aktuelles/Sitzungen/Tagesübersicht zur Verfügung. 17. Wahlperiode 22.06.2018 Drucksache 17/21491 Bayerischer Landtag Seite 2 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/21491 Antwort des Staatsministeriums des Innern und für Integration im Einvernehmen mit dem Staatsministerium der Justiz vom 28.03.2018 1.1 Wie oft wurden Waffenhaltende in Bayern in den Jahren 2015 und 2016 kontrolliert (Vor-Ort-Kontrolle der sicheren Waffenaufbewahrung; bitte absolut und prozentual zur Anzahl der registrierten Waffenhalter)? 1.2 Wie oft werden Waffenhaltende in Bayern im Durchschnitt kontrolliert? 1.3 Wie verteilten sich die Kontrollen in den Jahren 2015 und 2016 aufgeschlüsselt nach angemeldeten und unangemeldeten sowie verdachtsunabhängigen und anlassbezogenen Kontrollen auf die Regierungsbezirke (absolut und prozentual)? Im Zeitraum vom 01.01.2015 bis 31.12.2016 wurden in Bayern insgesamt 16.649 Aufbewahrungskontrollen durchgeführt . Zum Stichtag 31.12.2015 waren bayernweit 211.667 legale Waffenbesitzer im Nationalen Waffenregister (NWR) erfasst, zum Stichtag 31.12.2016 211.050. Eine exakte prozentuale Darstellung der Waffenkontrollen für den genannten Zeitraum ist auch mathematisch nicht möglich, da die Daten für die Waffenkontrollen für einen Zeitraum von zwei Jahren erhoben wurden und die Zahl der Waffenbesitzer sich täglich ändert. Ausgehend von der Annahme, dass sich die Zahl der Waffenbesitzer in Bayern in den Jahren 2015 und 2016 nicht verändert hat und konstant bei dem Wert von 211.050 (Stichtag 31.12.2016) lag, wurden 7,9 Prozent aller Waffenbesitzer (bzw. jeder 12,68te Waffenbesitzer) kontrolliert. Die Aufbewahrungskontrollen verteilen sich auf den Zeitraum 01.01.2015 bis 31.12.2016 wie folgt: absolut: Tabellen zu Fragen 1.1 bis 1.3 wegen Verdacht verdachtsunabhängig angemeldet unangemeldet angemeldet unangemeldet Mittelfranken 20 48 477 713 Niederbayern 3 12 643 753 Oberbayern 118 70 2.605 3.386 Oberfranken 4 15 283 497 Oberpfalz 3 19 328 526 Schwaben 27 21 1.943 934 Unterfranken 26 13 2.269 893 Bayern gesamt 201 198 8.548 7.702 prozentual: wegen Verdacht verdachtsunabhängig angemeldet unangemeldet angemeldet unangemeldet Mittelfranken 9,95 24,24 5,58 9,26 Niederbayern 1,49 6,06 7,52 9,78 Oberbayern 58,71 35,35 30,47 43,96 Oberfranken 1,99 7,58 3,31 6,45 Oberpfalz 1,49 9,6 3,84 6,83 Schwaben 13,43 10,61 22,73 12,13 Unterfranken 12,93 6,57 26,54 11,59 Bayern gesamt 100 100 100 100 Drucksache 17/21491 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Seite 3 2.1 Wie häufig wurden im Zuge der Kontrollen in den Jahren 2015 und 2016 Verstöße gegen waffenrechtliche Bestimmungen festgestellt (z. B. nicht registrierte Waffen, falsche Verwahrung etc.)? Bei den im Zeitraum vom 01.01.2015 bis 31.12.2016 durchgeführten Aufbewahrungskontrollen erfolgten insgesamt 1.566 Beanstandungen. 2.2 Wie hat sich Anzahl dieser Verstöße in den einzelnen Regierungsbezirken in den Jahren 2015 und 2016 entwickelt (absolut und prozentual zur Anzahl der registrierten Waffenhalter)? Die Daten wurden für den Zeitraum 01.01.2015 bis 31.12.2016 insgesamt erhoben. Wie sich die Anzahl der Verstöße jeweils in den Jahren 2015 und 2016 entwickelt hat, kann deshalb nicht dargestellt werden. Im Gesamtzeitraum 01.01.2015 bis 31.12.2016 erfolgte in den Regierungsbezirken folgende Anzahl an Beanstandungen : – Mittelfranken: 95, – Niederbayern: 71, – Oberbayern: 889, – Oberfranken: 152, – Oberpfalz: 72, – Schwaben: 131, – Unterfranken: 156. 3. Wie hat sich die Anzahl der bayernweiten Verurteilungen nach dem Waffengesetz (WaffG) – aufgeschlüsselt nach WaffG und dem Kriegswaffenkontrollgesetz (KrWaffKontrG) – jeweils in den Jahren 2015 bis 2017 entwickelt? Im Jahr 2015 erfolgten nach der Strafverfolgungsstatistik für Bayern 1.236 Verurteilungen wegen Straftaten nach dem Waffengesetz (WaffG) und 19 Verurteilungen wegen Straftaten nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz (KrWaffKontrG); im Jahr 2016 waren es demnach 1.721 Verurteilungen wegen Straftaten nach dem WaffG und 22 wegen Straftaten nach dem KrWaffKontrG. Die Anzahl der Verurteilungen ist somit bayernweit angestiegen , hinsichtlich der Verurteilungen nach dem WaffG um 39,2 Prozent, hinsichtlich des KrWaffKontrG um 15,8 Prozent . Die Entwicklung der Anzahl der Verurteilungen im Jahr 2017 kann nicht dargestellt werden, da die Strafverfolgungsstatistik für das Jahr 2017 noch nicht vorliegt. 4.1 Wie viele Personen sind derzeit bayernweit für die Kontrolle eines gesetzes- und richtlinienkonformen Waffenbesitzes zuständig (aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirk)? Der Personalbestand der Waffenbehörden, die für den Vollzug des Waffengesetzes insgesamt zuständig waren, wurde zum Stichtag 31.12.2016 erhoben. Dabei beziehen sich die Daten jeweils auf ein Vollzeitstellenäquivalent: – Mittelfranken: 15,24 Vollzeitstellen, – Niederbayern: 20,18 Vollzeitstellen, – Oberbayern: 57,15 Vollzeitstellen, – Oberfranken: 17,80 Vollzeitstellen, – Oberpfalz: 12,65 Vollzeitstellen, – Schwaben: 23,21 Vollzeitstellen, – Unterfranken: 18,17 Vollzeitstellen, – Bayern gesamt: 164,40 Vollzeitstellen. 4.2 Wie hat sich die Anzahl dieser Waffenkontrolleure bei den zuständigen Behörden für die Jahre 2015 bis 2017 jährlich entwickelt (aufgeschlüsselt nach Regierungsbezirk)? Die Daten über die Anzahl der Mitarbeiter bei den Waffenbehörden wurden zuletzt zum Stichtag 31.12.2016 erhoben. Die Erhebung erfolgt in einem Zweijahresrhythmus. Eine Entwicklung für die Jahre 2015 bis 2017 ist deshalb derzeit nicht darstellbar. 5.1 Wie viele Schusswaffen wurden bayernweit in den Jahren 2015 bis 2017 unbrauchbar gemacht oder in der Waffenverwertungsstelle vernichtet (bitte nach Kalenderjahr und Waffenart aufschlüsseln)? In den Jahren 2015 bis 2017 wurde die folgende Anzahl an Waffen im Landeskriminalamt (BLKA) verwertet: Waffenart 2015 2016 2017 Erlaubnispflichtige Kurzwaffen 3.888 4.099 4.301 Erlaubnispflichtige Langwaffen 3.516 3.498 4.011 Vollautomatische Selbstladewaffen 43 124 93 Erlaubnisfreie Schusswaffen 4.869 5.360 5.754 Summe Schusswaffen 12.316 13.081 14.159 Hieb- und Stoßwaffen, Messer etc. 5.679 6.640 7.657 Waffenteile, Optik, Sonstiges 3.058 5.530 3.975 Gesamtsumme 21.053 25.251 25.791 5.2 Wie viele dieser Waffen wurden in den Jahren 2015 bis 2017 jährlich freiwillig gemeldet (bitte nach Kalenderjahr aufschlüsseln)? 5.3 Wie viele dieser Waffen wurden in den Jahren 2015 bis 2017 im Rahmen behördlicher Kontrollen festgestellt (bitte nach Kalenderjahr aufschlüsseln)? Der Staatsregierung liegen hierzu keine Daten vor. 6.1 Wie viele halbautomatische Schusswaffen waren zum 31.12.2017 in Bayern registriert? In Bayern waren zum Stichtag 31.12.2017 insgesamt 308.581 halbautomatische Schusswaffen im NWR registriert . 6.2 Wie hat sich deren Zahl seit dem Jahr 2013 entwickelt (bitte nach Kalenderjahr aufschlüsseln)? Für das Kalenderjahr 2013 liegen der Staatsregierung keine Daten vor. Seit dem Jahr 2014 hat sich die Anzahl der halbautomatischen Schusswaffen wie folgt entwickelt: – 31.12.2014: 155.148, – 31.12.2015: 201.408, – 31.12.2016: 250.666. Bei diesen Daten ist zu berücksichtigen, dass die Datenbereinigung des NWR erst zum 31.12.2017 abgeschlossen Seite 4 Bayerischer Landtag · 17. Wahlperiode Drucksache 17/21491 wurde. Damit erfolgte auch eine retrograde Erfassung bzw. Bereinigung der im NWR gespeicherten Schusswaffen, sodass die bis 2013 durch die Waffenbehörden im NWR gespeicherten Daten erst bis Ende 2017 auch eindeutig einer bestimmten Waffenart zugeordnet werden können. 7.1 Wie viele meldepflichtige Waffen waren seit 2013 jeweils zum Jahresende laut Nationalem Waffenregister als „abhandengekommen“ gemeldet (bitte nach Stichtag 31.12. und nach Jahren getrennt auflisten)? In Bayern waren folgende Waffen und Waffenteilen mit dem Status „abhandengekommen“ im NWR registriert: – 31.12.2017: 2.860, – 31.12.2016: 2.148, – 31.12.2015: 1.808, – 31.12.2014: 1.529. Für das Jahr 2013 liegen der Staatsregierung keine Daten vor. 7.2 Welche Maßnahmen werden gegenüber den Inhaberinnen und Inhabern der waffenrechtlichen Erlaubnis in solchen Fällen ergriffen? Die Besitzer von abhandengekommen Waffen und Waffenteilen haben das Abhandenkommen der zuständigen Waffenbehörde gemäß § 37 Abs. 2 WaffG anzuzeigen. Die Waffen und Waffenteile werden daraufhin mit dem Status „abhandengekommen“ im NWR gespeichert. Darüber hinaus sieht das Waffengesetz keine weiteren Maßnahmen gegenüber den Besitzern der Waffen und Waffenteile vor. 8. Welche Verbesserungsmöglichkeiten im Sinne eines stärkeren Schutzes der Bevölkerung vor Waffen sieht die Staatsregierung bei der derzeitigen Waffengesetzgebung (insbes. Waffenerlaubnis, -kontrollen, -handel, Straf- und Ordnungswidrigkeitsverfahren )? Das deutsche Waffenrecht hat bereits einen sehr hohen Schutzstandard etabliert, der auf den zentralen Voraussetzungen der Eignung, der Zuverlässigkeit und des Bedürfnisses beruht. Die Staatsregierung achtet bei Änderungen im Waffenrecht stets darauf, dass diese tatsächlich geeignet und erforderlich sind, die öffentliche Sicherheit zu erhöhen, und ihr Nutzen auch in einem angemessenen Verhältnis zu Aufwand und Eingriffstiefe steht. Waffenrechtliche Regelungen , die keinen echten Sicherheitsgewinn bedeuten würden oder deren Folgen unverhältnismäßig wären, lehnt die Staatsregierung dagegen konsequent ab. In Bayern ist es gelungen, ein effektives System der waffenrechtlichen Zuverlässigkeitsprüfung zu etablieren, das gewährleistet, dass den Waffenbehörden die bei anderen Sicherheitsbehörden vorhandenen Erkenntnisse bei der Beurteilung der Zuverlässigkeit zur Verfügung stehen. Da ein solches System nicht in allen Ländern existiert, unterstützt die Staatsregierung auf Länderebene das Ziel, im Rahmen der waffenrechtlichen Zuverlässigkeitsprüfung eine Regelabfrage bei den Verfassungsschutzbehörden einzuführen.